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Alt 07.02.2020, 03:15
lotol lotol ist offline
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Standard AW: Non-Hodgkin-Lymphom ("böse" bösartig), Runde2 der Therapie an über 75-Jährigem

Hallo,

ab Zyklus 3 laufen auch die weiteren der insgesamt 6 geplanten Zyklen der 2. Therapie etwas anders ab als die ersten beiden Zyklen.

Genau genommen laufen die jeweiligen Zyklen (bei mir) nun drei Tage lang hintereinander ab.
Zeitlich in Abständen von 1 Monat.

An allen drei Tagen nehme ich nach dem Frühstück und Abendessen jeweils eine Tablette ein, die vorbeugend gegen virale Infektionen wirkt.
(Spezifikation findet man im DocCheck-Flexikon unter dem Suchwort cotrimoxazol)

Am ersten Tag konditioniert man (daheim) den Körper damit auf die an den beiden nächsten Tagen kommende intravenöse Zufuhr der krebsbekämpfenden Mittel.

Am zweiten und dritten Tag nehme ich zusätzlich dazu auch noch synthetisch hergestelltes Cortisol ein, das in unseren Körpern an sich ein natürlich hergestelltes Produkt der Nebennierenrinde ist.
(Spezifikation findet man im o.g. Flexikon unter prednisolon o.ä.)

Die Tabletten bleiben beim Versuch, sie herunterschlucken zu wollen, ganz gerne mal irgendwo hängen/pappen.
Damit sie das nicht tun können, ziehe ich sie über Butter und "schmiere" sie damit ein.
Danach "flutschen" sie völlig problemlos durch die Speiseröhre in den Magen.

Am zweiten Tag wird (nach wie vor ambulant) der Antikörper (Obinutuzumab) und Bendamustin zugeführt.
Und am dritten Tag nur noch Bendamustin.

Ich sage den behandelnden Schwestern zwar immer:
"Stellt bitte die max. Tropfgeschwindigkeit ein - ich vertrage das schon".

"Erweichen" lassen sie sich aber nur bei der Bendamustin-Zufuhr.
Bei der Antikörper-Zufuhr dürfen sie das nicht tun, weil dabei wohl jederzeit unerwünschte Reaktionen auftreten könnten.

Solche Reaktionen traten bisher bei mir nicht auf.
Ich sah sie aber manchmal im ABC bei anderen Patienten:
Da wird die Infusion sofort unterbrochen, der Patient wieder hochgepäppelt und der behandelnde Arzt entscheidet ob bzw. wann die Infusion weiterlaufen darf.

Der gesamte Tabletten-Einsatz am zweiten und dritten Tag führt immer zu Quackern und Rumoren im Magen - verbunden mit Blähungen.
Mag auch damit zusammenhängen, daß ich zum Frühstück schon lange vor den Therapien nur 2 Eier (sind schwefelhaltig) und Kaffee mit Milch und Zucker verspeise.
Das genügt mir bis zum nächsten Essen, weil ich mich nachmittags, abends und nächtens mit kcal "vollfresse", damit überhaupt etwas an mir "hängen bleibt".
Auch während der Therapien esse ich - meistens Schokolade oder anderes süßes Zeug.

Bei den Infusionen bemerke ich rein gar nichts.
Nur danach muß ich ca. stündlich pinkeln.
Erst nach ca. 6 Stunden werden die Intervalle größer bis normal.

Die verabreichten Mengen der Anti-Krebsmittel sind erstaunlich gering:
Obinutuzumab: jeweils 1000mg
Bendamustin: jeweils 130mg
Wenn man bedenkt, daß dies bißchen Kampfmittel Krebs plattmachen kann, ist das schon phänomenal.

Doch zurück zum Zyklus 3:
Am zweiten Tag erfolgte auch noch eine US-Untersuchung durch die Ärztin, die vorher all das an "verdächtigen" LK feststellte, was zur sofortigen Umstellung auf eine 2. Therapie führte.

Das Ergebnis war:
1) Der größte meiner LK (im linken Oberschenkel, ca. 4cm lang und mit einem D von ca. 2,5-3cm) wurde auf ca. 0,5 x 0,4 cm zurückgebildet

2) Der zweitgrößte LK (in der rechten Achsel) wurde erstmalig "vermessen".
Er hat noch ca. 2cm Länge und einen D von ca. 1cm

3) Absolut nichts mehr ist von den LK zu erkennen, welche den Darm "einschnürten"

4) Alle Organe (incl. Milz) sind unauffällig bzw. normal

5) Zwischendrin sind auch keine abartigen Bildungen im gesamten Bauchraum erkennbar

Im üblichen Gespräch mit meiner Onkologin, der die Ergebnisse vorlagen, fragte sie mich, wie es mir geht.
Antwortete:
Gut.

Sie sagte:
Steht in Einklang mit der US-Untersuchung sowie den Blutwerten, die alle i.O. sind.
Was will man mehr?

Dann besprach ich mit ihr die sehr unterschiedlich schnelle Rückbildung der größten LK (im Oberschenkel und der rechten Achsel).

Sie sagte dazu:
Im Oberschenkel-LK war der Krebs wesentlich aktiver als in der Achsel, weshalb er dort auch schneller niedergemacht werden konnte.

Haben Sie aber keine Sorge:
Auch der LK in der Achsel wird sich zurückbilden.
Wir haben ja immerhin noch 4 Zyklen vor uns, in denen wir alles erneut Krebsige niedermachen können.
Sie können auch sicher darin sein, daß im Zeitraum, den wir dadurch gewinnen können, der Fortschritt bzgl. effektiver Lymphom-Therapien weiter voranschreiten wird.

Wir machen zunächst weiter, wie geplant.
Sieht bisher ja ganz gut und erfolgversprechend aus.
Und nach den 6 Zyklen schauen wir uns das Ergebnis an.
Wenn es so gut wie bei der 1. Therapie (sehr gute Remission) ist, brauchen wir keine weiteren Erhaltungs-Zyklen anzuhängen.

Sprach auch noch die stark unterschiedlichen aber dennoch sehr ähnlichen Reaktionen meines Körpers vor der 1. Therapie und vor der 2. Therapie an.
So nach dem Motto:
Hinterher kann man ja alles erheblich besser einordnen und weiß dann auch, daß Derartiges noch keineswegs lebensbedrohlich ist.

Sie sagte dazu:
Genau so verhält sich das.
Man weiß meistens nicht so genau, wie man körperliche Signale einordnen muß.
Aber es gibt sie - wenn auch in unterschiedlicher Art.
Die bei jedem Menschen auch ganz anders sein können.

Aber dennoch gibt es sie.
Zwar individuell unterschiedlich, jedoch bei jedem Menschen an sich gleichartig und sich wiederholend auftretend.
Sie wissen nun, daß Ihr Körper auf beginnend krebsige LK mit Essens-Aversionen reagiert.

Bei jemand anders mögen die Körper-Signale ganz anders gelagert sein.
Man sollte sie aber niemals ignorieren, weil sie zuverlässig funktionieren.

Liebe Lymphomiker:
Versucht bitte all das richtig einordnen zu können.
Und beherzigt dabei immer das Motto von uns Lymphomikern:
"Nerven behalten"!

Denn so schnell stirbt man einem Lymphom - jedenfalls aus meiner Sicht - ganz gewiß NICHT.

Ich bin sehr froh darüber, daß sich offensichtlich immer wieder neue Wege eröffnen, um ein Lymphom überleben zu können.

Zwar bin ich geborener Optimist, aber gleichermaßen auch nüchterner Realist.

Realistisch gesehen hat es mir die 1. Therapie ermöglicht, ca. 3,5 Jahre länger leben zu können.
Hätte ich diese Therapie nicht "durchgemacht", würde ich (vermutlich) schon längst "unter der Grasnarbe liegen".
"Abgekratzt" an so einem Drecks-Lymphom.

Optimistisch gesehen wird sich das Rezidiv meines Lymphoms aber höchstwahrscheinlich in eine erneute Remission "umwandeln" lassen.

Ist dann letztlich nur die Frage, wie lange mein Körper sowas immer wieder "mitmachen" kann.
Bisher machte/macht er das ganz gut mit.
Kann ich ja schließlich auch erwarten, wenn er immer bekommt, wonach er verlangt.

Liebe Grüße
lotol
__________________
Krieger haben Narben.
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1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR
Nach ca. 3 Jahren Rezidiv

2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung

Geändert von lotol (07.02.2020 um 03:30 Uhr) Grund: Korrekturen
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