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Alt 04.01.2014, 13:21
evelyn-wieda evelyn-wieda ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Allen ein gutes 2014 mit vielen positiven, starken, lebensfrohen Momenten und ein harzliches Hallo in die Runde.

@ Thorsten
vielen Dank für die guten Denkanstöße und deine Sichtweise, die ich voll und ganz teile. Dein Satz: "man muss daran arbeiten, wieder die Möglichkeit zu haben, auch an etwas anderem zu sterben". Finde ich prägend und unwahrscheinlich aussagekräftig. Weil wirklich keiner und niemand weiß, wann er über die Regenbogenbrücke geht.

Ferner schreibst du: Der Tod hält sich an keine Reihenfolge und er ist auch nicht fair - er gibt noch nicht mal vor, fair zu sein.

Ja, der Tod ist nicht fair, er muss es auch nicht sein, weil er zum Leben gehört, er ist ein Teil davon, auch wenn er das letzte Glied des Lebens ist. Leider ist gerade dieses letzte Lebensglied in unserer Gesellschaft, bei vielen Menschen ein Tabuthema. Der Tod wird meistens tot geschwiegen bis die Wahrscheinlichkeit seiner Bekanntschaft in die Gegenwart tritt und dann löst dieser Gedanke, diese Möglichkeit unwahrscheinlich Angst, Hilflosigkeit und Ohnmacht aus.
Warum ist das so?
Muss man überhaupt Angst haben? Wovor hat man Angst? Warum fühle ich mich so hilflos und ohnmächtig bei diesen Gedanken?

All diese Fragen und mehr habe ich mir gestellt und ich habe Antworten gefunden und mit diesen gefunden Antworten fiel es mir plötzlich gar nicht mehr schwer, den Tod zu akzeptieren.

Nach dieser Phase habe ich alle Dinge geregelt, die ich regeln konnte, die jeder regeln kann und es hat mir die Möglichkeiten eröffnet, mein Leben als wichtig, als einzigartig, als liebenswert und wertvoll zu betrachten. Die Sichtweise auf das Leben hat sich geändert und ist klarer geworden, so dass ich bewusst das Jetzt und Hier genieße und lebe, spontan Dinge tue, ausprobiere und das ich darauf achte, dass meine Wünsche Realität werden.
Trotzdem oder grade deshalb habe ich Zukunftspläne, Träume. Und auch das macht für mich mein Leben lebenswert.

Thorsten, noch einmal Danke!

@ Nachtrose
Du schreibst: "Blöd ist natürlich nur, daß man bei Krebs plötzlich auf eine Einbahnstraße geschoben wird und nicht mehr die Wahl hat abzuzweigen. Aus diesem Weg muß man nun das Beste rausholen."

Ja, das ist so richtig im Allgemeinen, denn meiner Meinung nach beginnt diese „Einbahnstraße“ bereits mit der Geburt. So wäre es einfach schön, dass man immer und von Anfang an versucht, „das Beste herauszuholen“ und den Weg auf dieser Einbahnstraße bewusst zu leben, auf ihr geht es immer nur vorwärts oder man bleibt stehen, jedoch ein Rückwärtsgehen ist nicht möglich, denke ich.

Danke dir für deine Worte.

@ Diaboli
Über deine Worte: "… und ich mich dann nur noch um die schönen Dinge drehen wird, neben meinen Arztbesuchen und was so die Krankheit von mir verlangt."
habe ich lange nachgedacht und festgestellt, dass es für mich nach wie vor Dinge gibt, die mir unangenehm sind oder die ich nicht mag, aber die ich mit einer total anderen Sichtweise betrachte, so dass ich sie gut annehmen kann. Überhaupt finde ich das Leben einfach interessant und spannend und lerne unwahrscheinlich viel dazu – das Leben ist für mich einfach bunter, ja vielfältiger geworden und die Grenzen zwischen schön oder unschön, hell oder dunkel, gut oder schlecht verschwimmen, weil für mich alles in mein Leben gehört.

Außerdem schreibst du: "... ich will, dass sie wissen, mein Leben war gut und richtig und prall."
Ja, das will ich auch. Tolle Aussage! Auf keinen Fall will ich auf Krankheit oder so etwas reduziert werden, sondern ich möchte, dass meine Familie, meine Lieben und Bekannten mich als die Frau in Erinnerung haben, die lebt, genießt, lacht, froh ist, tiefsinnige Gespräche führen mag, glaubt, liebt …

Danke dir dafür!

@ Cecil
Oh ja, genau diesen Denkfehler: "Krank werden immer nur die anderen."?
hatte ich auch und ich hatte meine Zukunftspläne auf verdammt wacklige Beine gestellt.
Peng, brach auch prompt mein damaliges Zukunftshaus zusammen.

Dabei ist es so bekloppt und komisch, dass ich erst mit der Diagnose begann zu leben, ich meine wirklich zu leben, was für mich bedeutet, dass das Jetzt und Hier ganz wichtig ist und ich dieses bewusst erlebe, denn nur im Jetzt lebe ich! Das bedeutet jedoch nicht, dass ich blauäugig in den Tag hinein trudle, sondern meine Zukunft im Auge habe und in sie investiere, aber mit anderen Prioritäten.

Ich danke allen für die interessanten Denkanstöße und die gute Diskussion.
Alles Gute
Evelyn
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