Thema: Angst
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Alt 06.04.2011, 14:37
Buffy23 Buffy23 ist offline
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Standard AW: Angst

Liebe Gartenmaus,

vielen Dank für die vielen Worte.

Das ist wirklich sehr schade, dass Dir die nötige Unterstützung von Deinem Mann fehlt. Dabei wäre das eine wichtige Stütze.

Nun zu Deinen Fragen :-).

Bei meinem Mann sind irgendwann während der Chemo auch die Haare ausgefallen und die erste Frage an unseren Arzt, ob die Chemo dann nicht richtig wirkt, wurde mit "doch, sie wirkt trotzdem" beantwortet. Jeder Körper und jede Zelle reagiert anders. Und die Chemotherapie wirkt noch viele Wochen und Monate nach.
Wenn Dein Körper die Nebenwirkungen nicht packt, dann bringt es auch nichts, die Chemo fortzusetzen, da die Qual einfach zu groß ist und der gesunde Teil zu sehr in Mitleidenschaft gezogen wird. Mein Mann war zwischen den Chemotherapien auch ein bis zwei Wochen auf der Palliativstation zum Aufpeppeln. Dort haben sie ganz andere Mittel und Möglichkeiten. Das hat uns allen sehr geholfen.

Wir sind eben nicht in der Klinik sondern haben das Glück eine Onkologische Schwerpunktpraxis hier zu haben, die uns auch betreut. Chemopatienten bekommen auch die Handy-Nummer des Arztes und das Krankenhaus, das meinen Mann operiert hat, kennt uns sehr gut und auch dort können wir uns immer an den entsprechenden Arzt wenden. Selbst der kassenärztliche Bereitschaftsdienst für die Nacht kennt uns mittlerweile und steht immer mit Rat und Tat zur Seite - ebenfalls ist unser Hausarzt sehr bemüht. Und da wir in so einem sicheren, medizinischen Netz aufgehoben sind, lässt es sich - besonders auch für mich und meine Verantwortung - viel "leichter" leben. Wenn du wissen willst, wieso, weshalb, warum das jetzt so gemacht wird, dann frage so oft nach, bis du es weißt :-).

Wir mussten unser Umfeld auch erst trainieren, dass wir wissen, was mein Mann für eine Diagnose bekommen hat und das auch so leben. Man kann mit uns über alles sprechen, ohne das wir gleich in Tränen ausbrechen oder nicht darüber reden wollen. Wir haben gemerkt, dass das die beste individuelle Psychotherapie für uns alles ist und einen auch wieder mehr zusammenschweißt. Unser Arzt spricht da auch sehr offen mit uns - ich will das ja wissen. Auch habe ich das Glück, dass mein sonst eher schweigsamer Mann sehr gut mit mir darüber sprechen kann und es eben nicht verdrängt. So ist er derzeit damit beschäftigt, das Haus innen und außen auf Vordermann zu bringen, mir zu zeigen, wie ich Wasser in der Heizung auffülle oder mir Ansprechpartner für dieses oder jenes aufkommende Problem zu sagen. Im ersten Moment fällt das sicher schwer, aber es bringt uns auch so nah zueinander, dass es fast unglaublich ist. Unseren Sohn lassen wir auch nie außen vor. Gerade für Kinder ist es wichtig, dass sie mit einbezogen werden. Auch ihm ist es schwer gefallen, sich mit der haarlosigkeit auseinander zu setzen. Aber wenn man versucht, alles so normal es einem möglich ist zu behandeln, kann man ganz gut damit klar kommen.
Die Eltern von meinem Mann verdrängen auch total und können es eigentlich nicht akzeptieren, dass eben nicht mehr operiert werden kann und das die Chemo eben den Verlauf nur verlangsamt und nicht rückgängig werden lässt. Aber so kann eben nicht jeder Mensch gleich mit so einer Situation umgehen.

Für mich als liebende Ehefrau (wir sind seit ich 14 Jahre und mein Mann 19 Jahre waren, ein Paar) ist es natürlich sehr schwer zu schultern - aber es geht - und am Ende sehen wir uns ja alle irgendwo wieder.

Im Übrigen hatte meine Mann eine onkologische Kur und ich eine psychotherapteutische Reha im gleichen Haus. Unser Kind war die Begleitperson und wurde ebenfalls betreut. Außerdem, vielleicht wäre das ja auch etwas für dich, gibt es Onkologische Rehazentren, in denen man Chemotherapie bekommt und gleichzeitig sehr gut betreut wird und einfach mal raus kommt - trotz alledem.

Meinem Mann haben angstlösende Medis geholfen, die Chemo besser zu vertragen. Er hat davon viel weniger erbrechen müssen (allerdings ist es ihm als Schlafmittel verkauft worden - die machen ja auch sehr müde - sonst hätte er sie nie genommen - schließlich hat er ja keine Angst :-) ).

Die Blauen Ratgeber kann ich Dir empfehlen - genauso den Krebsinformationsdienst der Uniklinik Heidelberg. Das ist eigentlich die Empfehlung der Onkologen. Viel Informationsmaterial bietet auch die Krebsgesellschaft e.V. an. Dort kann man auch kostenlos psycho-onkologische Betreuung bekommen, sowie weiteres Informationsmaterial oder die Verbindung zu Gesprächsgruppen. Je nach dem, wie man möchte.

Noch mal zum Thema Ernährung. In den Chemopausen kannst du auch parenterale Ernährung über Deinen Port zum Aufpeppeln bekommen. Die darf eben nur nicht zeitgleich mit Chemo in den Port laufen, da die Chemo sonst klumpen würde. Aber meinem Mann hat das sehr geholfen. Und da sein Zwerchfell komplett gerissen und quasi nicht mehr vorhanden ist und das sich auch sehr in Schmerzen beim Essen äußert, bekommt er täglich parenterale Ernährung. Die machen wir ganz problemlos zu hause und es kommt auch einmal die Woche jemand, zum Wechseln und Überprüfen.

So, habe ich was vergessen?

Halte durch - ich habe in den vergangenen Jahren die Erfahrung gemacht, dass jede noch so schlimme Erfahrung für irgendetwas gut war. Man weiß es oft nur leider erst hinter her.

Ich grüße Dich ganz herzlich!
Buffy23
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