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Alt 07.11.2004, 02:58
Gast
 
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Standard Wichtigkeit - Pflegeperson - Aufklärungsarbeit

Liebe Michaela

In wie weit wir als Pflegepersonen die Aufklärung bei Krebs übernehmen sollten bezweifle ich doch sehr, ist vielmehr die Aufgabe der Ärzte. Ich glaube vielmehr, dass wir aber eine grosse Arbeit leisten können den Patienten aufzufangen wenn er die Diagnose erhalten hat.

Auch wenn ich als betroffene Anghörige sagen muss, dass hierzu sicher auch psychologisch gut geschultes Personal nötig ist, was aber noch wichtiger ist, Personal die Zeit haben und sich die Zeit nehmen dürfen, um mit dem Krebspatienten die nötigen Gepräche führen zu können.

Ich erhielt die Diagnose des Lungenkrebses meines Mannes an unserem Hochzeitstag, er war noch im CT und zog sich an nach der Untersuchung, als die Ärzte im Gang draussen über ihn und seinem Pancoast Tumor einen eher seltenen Tumortyp resp. Lage davon) unterhielten - sie äussersten sich sogar darüber wie schlecht die Prognose und wie schwer dieser Lungskrebstyp zu behandeln sei. Sie wussten nicht, dass ich nur ca. 2 Meter von ihnen entfernt im offenen Warteraum des Röntgeninstitutes sass, sie bemühten sich auch nicht leise zu sprechen oder gar zu kontrollieren ob jemand da war - immerhin war es Samstag morgen, es war eine Notfalluntersuchung und es war ansonsten keine weiteren patienten oder Angehörige da, also müssten sie davon ausgehen, dass ich die Frau war.

An diesem Abend feierten wir unseren Hochzeitstag und gingen in ein Konzert eines Freundes (er ist Tenorsänger), er war der erste der es erfuhr, ich konnte weder meinem Mann, meinen Söhnen noch meiner Mutter etwas sagen, weil wir offiziell die Diagnose erst am Montag erhalten sollten. Am Montag rief uns der HA an und sagte wir müssten sofort in die Praxis kommen. Er konnte, soweit es ihm möglich war, uns dann in 1,5 Stunden aufklären. Bisdahin musste ich alleine mit diesem Wissen umgehen - es war die Hölle, erst recht mit meinem med. Wissen!

Willy musste gleich am nächsten Morgen schon in die Klinik und die einzigen die sich Zeit nahmen mit ihm zu sprechen waren die Nachtschwestern, tagsüber war offenbar keine Zeit dazu. Die haben ihm dafür aber sehr geholfen und ihn in stundenlangen Gesprächen verteilt über die nächsten Wochen seine Ängste etwas nehmen können. Am meisten geholfen hat aber die Seelsorgerin der Klinik. Der zuständige Pneumologe, der die entgültige Aufklärung hätte machen müssen, liess uns wissen, dass wir für das Gespräch 1 Stunde einplanen müssen.... ganze 7 Minuten hat die Aufklärung gedauert mit Pieper- und Telefonstörungen und einem anderen Arzt der an seinen Compi wollte weil er einen Absturz hatte. Der Pneumologe spedierte uns dann aus dem Sprechzimmer raus und fragte uns auf dem Gang ob wir noch Fragen hätten, wir sagten nur - "Nein die kommen um 2 Uhr morgens wenn wir nicht schlafen können, aber dann schläft er ja!". Wir dachten nur, was für ein .... er sei, es sollte doch klar sein, das wir 1001 Fragen haben!

Aber wie gesagt, in meinen Augen liegt es nicht an uns als Pflegepersonal Patienten aufzuklären, also bei uns darf man das gar nicht, sondern es ist Aufgabe des Arztes, wir können nur den Patienten und seine Angehörigen auffangen und das gehört sehr wohl zu einer der sehr wichtigen Aufgaben in dieser Zeit.

Viel Glück und LG Liz mit Willy

Weitere Fragen kannst du uns direkt stellen liz.isler@gmx.ch
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