Einzelnen Beitrag anzeigen
  #10  
Alt 07.11.2003, 11:18
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard An meine liebe Mama

Hallo liebste Mama,

heute geht es mir schon besser. Gestern war ein schlechter Tag, hab mich in den Schlaf geweint. So schlimm war es lange nicht mehr. Doch nun hat ein neuer Tag angefangen und den will ich nicht so schlimm erleben. War auch schon an Deinem Grab. Nachher geh ich auch noch einen Weihnachtsstern für Dich kaufen. Er soll Dein Grab noch schöner strahlen lassen. Habe Angst vor Sonntag. Was wird uns wohl dort erwarten? Ich hoffe Oma hat nicht überall Bilder von Dir aufgehangen. Auch wenn ich Dich liebe, ich kann es im Moment nicht ertragen in Deine Augen zu sehen. Es tut so verdammt weh. Da wünscht man sich die Zeit zurück, doch leider wird alles weitergehen. Ohne Dich, was ich nie für möglich hielt. Wie soll das werden, wenn das Baby da ist? An wen soll ich mich wenden, wenn ich was nicht weiss? An meine Schwiegermutter? Um Gottes Willen, da müsste ich bekloppt sein. Ich kann mich gut erinnern, wie wir uns gemeinsam über alles aufgeregt haben. Ich hab mich bei Dir immer so sicher und verstanden gefühlt. Und jetzt wo Du nicht mehr da bist, verschwört sich "da drüben" alles gegen mich. Alle wissen es besser, wie ich mein Leben zu leben habe, wie ich mich nun fühlen soll.Wie kann man bloss so von Eifersucht und Blindheit gelenkt sein? Aber die werden meine Wut und Enttäuschung noch zu spüren kriegen. Irgendwann ist der Bogen überspannt und dann gibt es kein Zurück mehr. So oft in letzter Zeit hab ich mich verteidigen müssen, ich fange langsam an zurückzubeissen. Das hab ich wohl von Dir, da bin ich auch sehr froh drüber. Ich hab schon so manches hinnehmen müssen, doch in Zukunft will ich alles anders machen. Ich ertrage es nicht länger die Fassade aufrecht zu erhalten. Ich hab auch oft das Gefühl, als ob ich nur noch verbittert bin. Ist ja auch kein Wunder. Da ist man noch so jung und eine Welt liegt in Trümmern vor einem. Das ist alles nicht gerecht und trotzdem müssen wir unser Schicksal so hinnehmen und es aktzeptieren. Versuchen das Beste daraus zu machen. Doch wann wird es endlich besser, wann höre ich auf zu weinen, wann kann ich wieder einmal nicht traurig sein?
Mama, Du fehlst mir so unendlich!
Mit Zitat antworten