Einzelnen Beitrag anzeigen
  #62  
Alt 20.10.2009, 15:21
Stefans Stefans ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 426
Standard AW: Krebs als Chance

Hallo Rudolf,

Zitat:
Zitat von Rudolf Beitrag anzeigen
nachdem ich von Dir nur Vorwürfe wahrgenommen habe, du aber andererseits eine sachliche Debatte willst
Ich bin auch nur ein Mensch. Einer, der den liebsten Menschen auf der Welt, mit dem er sein halbes Leben verbracht hat, hat elendig sterben sehen. Und der damit noch lange nicht seinen Frieden geschlossen hat. Und schon immer impulsiv war, und dafür heute alle x Beiträge von der Moderation verwarnt wird

Zitat:
habe ich mir die Frage erlaubt, welchen konstruktiven Beitrag du denn leisten möchtest, weniger zum Umgang mit Krebs, sondern zum Thema hier.
Wo ist der Unterschied? "Krebs als Chance" als Thema hier betrifft doch den Umgang mit Krebs, was sonst? Nicht den medizinischen, OK, aber der ist ja ohnehin austauschbar. OP, Chemo, AHT, ReHa, usw. - kennt jeder hier, darum geht es mir auch nicht.

Zitat:
Das, was du als „Krebspersönlichkeit“ beschreibst, meine ich nicht. Es geht eher in Richtung „pessimistische Lebenseinstellung“.
Das ist nach meinem Verständnis das gleiche. Die Theorie solcher Persönlichkeitscharakterisierung lautete doch, dass ein "guter", "positiver" seelischer Umgang mit sich selbst auch irgendwie der physischen Gesundheit zu Gute kommt. Das glaube ich auch. Ich kenne Depressionen seit fast 30 Jahren, meine Frau auch. Und sicher ist es so, dass Menschen mit einer derart krankhaft pessimistischen Lebenseinstellung tendenziell auch physisch ungesund leben.

Der Zusammenhang zwischen klinischen Diagnosen, die man als Laie im Ganzen grob unter „pessimistische Lebenseinstellung“ fassen kann, wie (larvierte / reatardierte / latente / endogene / exogene usw.) Depression, Borderline, vegetative Dystonie, bipolare Störung, dementia praecox (Schizophrenie), Psychose usw. usf. fassen kann, und einer selbststörerischen Lebensweise... der ist einfach da. Menschen, die über lange Zeit seelische Not leiden, sind nunmal anfällig für Alkoholismus, exzessiven Tabakkonsum, Drogenmissbrauch u.a.

Dass das über die Jahrzehnte nicht gesund ist und Krebs ähnlich fördern kann wie andere Krankheiten, finde ich schlüssig. Nur: die medizinische Wissenschaft und Statistik sagt im Detail etwas anderes. Dass Rauchen LK fördert, darüber gibt es sicher kaum noch Diskussionen. Aber genau so wenig darüber, dass Rauchen BK (an dem meine Frau gestorben ist) nicht fördert. So what?

Wenn die Welt gerecht wäre, hätte ich längst LK bekommen müssen, aber nicht meine Frau an BK sterben...

Zitat:
Hier fand ich u. a. den letztlich sehr schönen Bericht einer Frau, deren Mann an Krebs starb, als sie 39 J. alt war. In ihrer Trauer und vielleicht auch Enttäuschung oder Wut sagte sie: mir kommt kein Mann mehr ins Haus, jeder würde im Vergleich mit IHM schlechter abschneiden. Und dann, keine zwei Jahre später, schickte sie ihrer Freundin per SMS ihre neue Handynummer. Diese kam nie an, aber abends rief ein Mann bei ihr an. Sie telefonierten, telefonierten . . . und wenige Wochen später trafen sie sich erstmals. „Ich lebe wieder, ich liebe wieder, ich kann wieder lachen,“ schreibt sie begeistert.

Kann man sich an diese Freude nicht anschließen?

Die Trauer um ihren Mann wird vielleicht nie ganz enden, aber daneben kann neues Leben sich entfalten.
Natürlich. Mir geht's nicht anders. Ich kenne die Frau, die ich nach meiner Frau am meisten auf der Welt liebe, seit fast 10 Jahren. Und praktisch zeitgleich mit dem Tod meiner Frau ist nach ebenso langen über 20 Jahren ihre Ehe zerbrochen. Sie ist einsam, und ich auch. Die würde ich vom Fleck weg heiraten, und meine verstorbene Frau wäre sehr glücklich darüber. Die hat aber erstmal die Schnauze von Männern voll, sowas kommt ihr nicht mehr ins Haus. Abwarten, wie das in 1, 3, oder 5 Jahren aussieht. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt

Zitat:
Für mich ist das ganze Leben ein Lernvorgang. „Reif werden zum Tode“ ist der Titel eines Buches von Elisabeth Kübler-Ross.

So verstehe ich mein Leben. Es ist ein langer Weg, er kann schmerzhaft sein, seelisch und körperlich.
Meine Frau war auch Kübler-Ross-Fan. Kein Wunder, schließlich war sie im Erstberuf Krankenschwester und damit immer nahe am Thema Tod und Sterben, schon lange, bevor sie Krebs hatte. "Reif werden zum Tode" klingt mir etwas zu pathetisch. Ich würd's eher formulieren wie meine Mutter: "Man wird alt wie 'ne Kuh, und lernt immer noch dazu."

Und je älter man wird (ist zumindest bei mir so), desto weniger weiss man vom Leben. Zumindest lösen sich mit zunehmendem Alter all die Sicherheiten, Überzeugungen, Vorurteile und Vernunftgründe, mit denen man sein Leben früher so bequem gedankenlos gestalten konnte, immer mehr in Luft auf. Und irgendwann steht man dann ganz nackig und hilflos da

Viele Grüße,
Stefan
Mit Zitat antworten