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Alt 21.01.2008, 13:33
Mosi-Bär Mosi-Bär ist offline
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Blinzeln AW: VORHER-NACHHER-Wie geht Ihr mit der Lebensumstellung um

Hallo Ihr Lieben,

ich wollte auch nochmal was zu diesem Thema beitragen, allerding betrifft es eine Diskussion, die schon ein wenig zurückliegt.

Da ging es um das, was die Gesellschaft mit dem Krebskranken macht - oder so ähnlich...

Ich wollte da mal was erzählen, denn die Gesellschaft hat ja grundsätzlich irgendwie auf alle Kranken Einfluß, beeinflußt ja auch den Kranken selber und auch dessen Entscheidungen und Gefühle.

Ich habe eine Bekannt, deren Mutter hatte diverse Hüft- und Knieoperationen. Nach der ersten OP riet ihr der Arzt dringend, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen.

Sie hat sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Sie meinte, sie wäre doch kein Krüppel (konnte nicht mehr normal laufen, hinkte). Für sie war es so, als würden ihr alle ansehen, daß sie einen Schwerbehindertenausweis hat und das war ihr peinlich. Dabei weiß das doch keiner, dem sie das nicht erzählt. Sie hat doch keinen Stempel auf der Stirn...

Nach der 2. OP hat sie dann zugestimmt, den Ausweis zu beantragen. Ihre Familie hat sie davon überzeugt, daß es ihr persönlich Vorteile bringt.

Nach der 3. OP riet man ihr, den Prozentsatz in ihrem Ausweis zu erhöhen. Auch das wollte sie nicht. Sie hatte stets das Gefühl, alle würden dann mit dem Finger auf sie zeigen.

Irgendwann riet man ihr, die Erwerbsminderungsrente zu beantragen. Dagegen hat sie sich dann genauso gewehrt. "Ich bin doch noch jung! Ich bin doch keine Rentnerin! Was sollen denn die anderen sagen?"

Ich bin der Meinung, wenn es Menschen so "peinlich" ist, den Schwerehindertenausweis zu beantragen oder die Rente, dann hat die Gesellschaft mit ihrer Einstellung Kranken, Behinderten und "Früh"-Rentnern gegenüber ("das sind doch alles Schmarotzer und die haben es ja so gut...") eine Menge Einfluß auf den Kranken gehabt.

Es hat mit Sicherheit auch sehr viel damit zu tun, welche Erfahrungen der Kranke in seinem Leben mit diesen Dingen und Einstellungen gemacht hat.

Bei mir waren die Worte "Schwerbehindertenausweis" und "Erwerbsminderungsrente" überhaupt nicht mit negativen Erfahrungen belegt und mir war es nicht im Geringsten "peinlich", die Anträge zu stellen. Mir ging es darum, daß man mir helfen kann, daß ich unterstützt werden, denn immerhin habe ich ja, um diese Dinge beantragen zu können, eine Menge durchgemacht.

Aber: Auch ich denke manchmal, wenn andere, die immer so blöde und "schlau" daherreden, wüßten, wie gut es mir im Moment körperlich geht und daß ich einen Schwerbehindertenausweiß mit 100% habe und die Erwerbsminderungsrente und eine Zusatzrente bekomme, sie würden mit Sicherheit sagen "Was für ein Schmarotzer! Die ruht sich auf unsere Kosten aus!"

Würde mich sehr interessieren, wie ihr darüber denkt.

Viele liebe Grüße
Mosi-Bär
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