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Alt 19.06.2006, 20:46
Claudi61161 Claudi61161 ist offline
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Standard AW: Du fehlst mir, und ich möchte von Dir erzählen

Die Trauerrede für mein Bärchen, mein Goldstück, mein Leben

Thomas Eydt * 26.07.1958 + 10.04.2006



Nur geborgt
Was wir besitzen, ist nur geborgt:
Worin wir wohnen, was wir haben, wer wir sind.
Die wir lieben sind nur geborgt.
Wann sie gehen entscheiden wir nicht
Wir entscheiden,
ob wir die Erinnerung als Geschenk annehmen wollen.

Diese Worte formulierte Renate Salzbrenner um den Verlust ihres Sohnes zu überleben

Ich nutze sie für den Anfang der Trauerfeier für Thomas Eydt,
denn wir sind heute hier zusammengekommen um sich vom gemeinsamen Erdenweg von ihm zu verabschieden. Möge diese Zeit hier mit dazu beitragen
die gemeinsam erlebte Wegstrecke als Geschenk wahrnehmen zu können.

Thomas verstarb am 10. April, trotz der schweren Erkrankung doch unerwartet und plötzlich, kurz vor der erneuten Heimkehr in sein zu Hause hier in Neustadt Wied. Zurück bleiben im besonderen zwei Frauen für die er beide ein Goldstück war – und ist. Seine Mutter Ruth und Sie liebe Claudia Eydt, Sie beide möchte ich hier besonders herzlich begrüßen neben allen die gekommen sind, um das Leben von Thomas zu würdigen und um an Ihrer Seite zu sein. Gut dass Sie gekommen sind!

Sie liebe Frau Eydt, haben zu dieser Trauerfeier eingeladen und geben dadurch Angehörigen und Freunden die Möglichkeit für einen bewussten gemeinsamen öffentlichen Abschied von ihm - nach seinem, für viele dann doch sehr überraschenden Tod. Mit den Lichtzeichen haben sie Ihrer Verbundenheit mit Thomas Ausdruck verliehen, den ersten Kontakt aufgenommen.
Auch wenn er ihnen jetzt nicht mehr „Lebe wohl“ sagen kann, so können Sie doch ihm noch mal ganz nahe sein, sich erinnern an Ihn, sich sein Bild ins Gedächtnis rufen und so dieses Leben würdigen, das seinen Abschluss gefunden hat.
Gemeinsam werden sie wahrnehmen was sie vermissen werden, wo er ihnen fehlen wird - wie er das Leben von jedem Einzelnen von Ihnen prägte und auch, dass Sie dadurch zusammen verbunden bleiben - denn bei jedem von Ihnen sind auch Spuren ihres Lebens.

Claudia Eydt wählte für diese Zeit schicksalhaft in ihr Leben gekommene Lieder. Auf der Fahrt zu Ihren Mann ins Krankenhaus hörte sie das folgende, das Vater Unser von Hanne Haller und wir nutzen es auch als Kraftspender
für die kommende Zeit.

Wieviel „sich verloren fühlen“ mussten sie, liebe Frau Eydt, in den letzten Tagen ertragen, wie oft ja sagen zu diesem Amen.

Seit dem Tod von Thomas sind schon ....oder erst...? ein paar Tage vergangen, für viele von Ihnen ist das was geschehen ist noch immer unbegreiflich. Es tut weh daran zu denken, dass das Leben einfach so weitergeht. So wie in den letzten Tagen schon. Es tut weh von ihm zu sprechen und dabei schon, mehr oder weniger bewusst, die Vergangenheitsform zu wählen. Schon zu sagen: er war , er hatte, er hätte noch gerne.

Sie spüren die Folgen seines zu frühen Todes so deutlich,
weil Ihnen ein geliebter und geschätzter Mensch genommen wurde
sie aber weiterleben dürfen
Auch Renate Salzbrenner ging das auch so,
Ich zitiere noch mal die Worte des Anfangs der Trauerfeier,
sie formulierte nach dem Tod ihres Kindes
Nur geborgt
Was wir besitzen, ist nur geborgt:
Worin wir wohnen, was wir haben, wer wir sind.
Die wir lieben sind nur geborgt.
Wann sie gehen entscheiden wir nicht
Wir entscheiden, ob wir die Erinnerung als Geschenk annehmen wollen

So lassen wir uns jetzt ein auf die geborgte Zeit mit Thomas
dessen Start ins Erdenleben in Bad Godesberg war. Aufbruchstimmung war im Land und auch bei seinen Eltern, die aus dem Osten Deutschlands kommend sicher auch für ihr Kind im aufblühenden Westdeutschland gute Perspektiven sahen. Hinter Thomas26758, so finden sie ihn im weltweiten Netz -übers Internet -, Hinter Thomas26758 verbirgt sich nicht nur der Name, sondern auch das Geburtsdatum des ersten Sohnes von Ruth, der am 26. 7. 1958 zu Gast auf diese Welt kam. Die äußeren Rahmenbedingungen erscheinen gut, allerdings nur auf den ersten Blick. Der Vater verlies die Familie, verschwand aus deren Leben. Zum Glück gab es Hans-Joachim Domina in der Nähe der beiden und dann auch an ihrer Seite. Aber, es blieb Schmerz – gut vorstellbar, zumal es, durch die Gesetzgebung in diesem unserem Land, verhindert wurde dass die neue Familie einen Namen tragen konnte. Er war angenommen, aber auch auf Dauer verletzt- für mich gut nachvollziehbar.
Die Schulzeit und die Zeit des Heranwachsens teilte er mit dem jüngeren Sohn Wolfram, Die liebevolle Sorge der Eltern galt Beiden. Seine Mutter Ruth berichtete, dass der Vater von Wolfram für Thomas gerade in den schwierigeren Phasen, auf dem Weg zum Erwachsen werden ein besonders
guter und verständnisvoller Begleiter war. Einige Jahre später war dann sogar der Arbeitsplatz der Beiden im gleichen Werk.
Dazwischen galt es anzukommen, er erprobte sich und scheiterte, Niederlagen die es zu meistern galt, da nutzte ihm seine Standfestigkeit, Er gründete seinen eigenen Hausstand, bezog ein Zimmer und später ne Wohnung in Niederbachem , bestand bei Tiefbauarbeiten im Straßenbau und leistete seinen Wehrdienst. Vielleicht trug auch diese Schulung dazu bei , dass er offener wurde auch für den Rat der Eltern, er hatte sich die Hörner abgestoßen,
und es folgten die Jahre des gemeinsamen Arbeitsplatzes bei Boge und einige Jahre in der Endkontrolle.
7Jahre Kontinuität in seinem Leben in der Zeit vom 23.-30. Lebensjahr , Sicherheit des Angekommensein, aber auch schon der Anfang sich in die Möglichkeiten die das Leben ihm bot zu fügen. Die Verbindung mit den Eltern festigte sich auch ohne dass man ständig zusammen sein musste. Die Mutter erinnert sich schmerzlich an das Schöne das er in ihr Leben brachte und was ihr jetzt unendlich fehlt. Telefongespräche mit dem guten Zuhörer – ihm konnte man Sorgen mitteilen, der fehlende Blumenstrauß am vergangenen Osterfest. Er half wenn er konnte und war dabei zuverlässig und seltens in schlechter Laune.
Ein Leben wo ihm die „Decke groß genug“ erschien „nach der er sich streckte“ -wenn dann nicht Einschränkungen eingetreten wären, die ihn sehr belasteten und für sein weiteres auf dieser Welt zu Gast sein sogar einschränkten. Lange Krankenhausaufenthalte wurden durch die Folge eines Zeckenbisses nötig und eine Einschränkung seines Gehens blieb. Zusätzliche Verunsicherung und eine Neuorientierung wurde beruflich nötig.
In Köln wurde ihm eine Umschulung zum Industriemechaniker angeboten und Wolfgang Richter kam und blieb in seinem Leben. Neben den Erinnerungen ans zusammensitzen und ans Kartenspiel hörte ich jetzt wieder „von dem lieben Kerl“ – Männer beschrieben ihn so, für 2 Frauen in seinem Leben war er ein Goldstück. Aber auch vom zurückgezogen sein, der Computer kam erstmals, wenn nur zum Spielen, in sein Leben. Geprägt war die Zeit von der Sorge um seine Gesundheit und auch unsere Gesetzgebung nötigte ihn zum Überlebenskampf. Als seine finanzielle Existenz erfolgreich von ihm erkämpft worden war, erlebte Wolfgang seltener die Notwendigkeit ihn mühevoll zur Aktivität in der Welt zu ermuntern - wieder einmal hatte er geschafft sich zu arrangieren. Und musste dann, trotz seiner persönlich großen Leistung erkennen, dass seine an den Tag gelegte Zielstrebigkeit und der erfolgreiche Abschluss der Umschulung ihm den Start ins Leben mit nem körperlichen Handycab nicht erleichterten. Wolfgang tauchte ab und an mal in Niederbachem auf, teilte mit ihm diese neue schmerzliche Erfahrung und erlebte auch das erneute Ankommen.
Im Unternehmen Elgeba fand er seinen Arbeitsplatz, und er hatte einen festen Platz – was ihm gut tat, wo er sich auch bei wechselnden Einsatzorten bewährte. Wieder brauchte er eher Zaghafte Ermutigung, man musste ihn andeuten, erzählte mir Bernd Buslei, der Kollege im Werk und auch als Mensch bis zu seinem Tod von Thomas an der Seite des Paares. Bernd erinnerte sich an verschiedenste Situationen wo es ein Leichtes war Thomas zum Tun „über den festen Platz hinaus“ zu motivieren. Gut dass es bei Elgeba solche Menschen gibt, herzlich bitte ich Sie da weiterzumachen und will bei dieser Gelegenheit
Richard Weizäcker zitieren, der sagte „Es ist normal verschieden zu sein“

Das Sein von Thomas war geprägt von Freundlichkeit - wenn es auch jedem mal unpässlich sein kann. Er wurde beschrieben als ein hilfsbereiter Mensch– wer ihn fragte stieß auf tatkräftige Hände und auch auf offene Ohren. Auf ihn war Verlass – man konnte auf ihn zählen. Geschätzt wurde er aber auch für seine Verschwiegenheit- ihm konnte man sich anvertrauen. Er hörte zu und schwieg – sicher ein Wesenszug der sein Leben erschwerte, aber ...... es ist normal verschieden zu sein.

Und es ist schön in seiner Verschiedenartigkeit geliebt zu werden. Das Leben von Thomas hielt eine solche Liebe noch für ihn bereit. Im Internet trafen sich unter dem Raumnamen „Behindert Na und“ Claudia und Thomas. Sein Benutzername - er hatte sich mit „Stubenhocker“ angemeldet, war für Claudia aus Hanau ein Anlass ihn anzudeuen, sie reizte ihn zu Widerspruch und seit 1999 hatte er noch einen
Grund mehr Zeit am PC zu verbringen. Gesucht hatten sie beide nur nette Unterhaltung – zumindestens steht es so auf der von ihm gestalteten Hompage unter Thomas 26758 im Internet. Eindeutig wurde mehr daraus, mit Worten hin und her lernten sie sich kennen. Erfahrungen, Vorstellungen, Träume konnten sie sich mitteilen. Und sie wurden mutig dies in der realen Welt zu überprüfen.
Am 03.02.2001 traf man sich an der A3 Ausfahrt Honnef/Linz um im Konvoi nach Bad Godesberg zu fahren. Am 10.03.2001 waren die beiden in Königswinter unterwegs und Claudia war sich da schon sicher, den Mann fürs Leben gefunden zu haben, auch wenn Thomas dem möglichen Trauungstermin – 14 Tage später dort – mit gemischten Gefühlen sah und das zu früh für ihn war.
Der 185 cm große Jeansträger mit dem Bäuchlein wurde bedingungslos geliebt. Er wurde ihr Bärchen, ihr Goldstück, ihr Leben. Sichworte des Glücks der Beiden auch im Internet noch wahrzunehmen: Seine Maschinen, die Urlaube in Österreich, der Nordsee, dem Pfälzerwald und im letzten Jahr in Sachsen, das Wochenenddomizil – wenn auch, wie die verschiedenen Motorräder selten genutzt - sind Zeugnisse dieser Zeit des gemeinsam Gast auf dieser Welt zu sein. Gefestigt wurde das Band der beiden durch die Hochzeit am 10.10. 2003 und gerade, aber auch auf den Tag genau, 2 1/2 Jahre waren sie ein Ehepaar. An Thomas Seite war eine Frau, die ihn achtete – liebevoll und in tiefster Wertschätzung. Er lies sein Leben durch sie bereichen und war an verlässlich an ihrer Seite . Zunehmend dann durch ihre Entscheidung zu Ihm zu ziehen. Er war ihr wichtiger als ihr sicherer Arbeitsplatz bei der Zulassungsbehörde in Hanau und auch die Nähe zu ihrem erwachsenen werdenden Sohn Christian. Ihn gut versorgt und auch wissend um die zwischenzeitliche Bindung der Beiden kam sie in Wachtberg an. Die Junggesellenwohnung wurde heimliger und durch den Umzug nach Neustadt
war das gemeinsame Nest geschaffen. Immer wieder gönnten sich die beiden an Erinnerungstagen eine gute Zeit im Balkan Restaurant Adria in Windhagen / Stockhausen, ein Bitburger-Spiegel der Beiden erinnert daran.Er machte vieles ihr zu liebe z.B auch den Chris-Normen-Konzertbesuch, die Grenze war bei Andrea Berg erreicht, aber Chaffeur für seine Frau wollte er sein. Er durfte sein wie er war – er liebte und wurde geliebt. Ein Lebensgefühl das die beiden Zukunftspläne schmieden lies. Das Ergebniss ist in der Wiedtalstr.17 zu sehen, der KFZ-Zulassungsdienst Eydt.
Für mich wiederholt sich jetzt was - plötzlich ist alles anders.,nur dass dieses mal nicht nur Krankheit in sein Leben kam.
Das noch immer unfassbare tritt ein.
Nach der jetzt todbringenden Diagnose Anfang März im Uniklinikum Bonn bleibt zwar erst noch Hoffnung diesen Kampf um sein Leben nicht zu verlieren.
Gemeinsam mit seinen Eltern hoffte Claudia, mit den Menschen die heute auch hier sind, und einigen die uns in Gedanken verbunden sind, auf das Wunder.
Es gibt eine Pause bei der Therapie die er zu Hause verbringt und für die Zeit nach der 2.Chemo stand das Pflegebett zu Hause schon bereit. Der geplante Wechsel von Bonn nach Neustadt wurde wg. aufgetretenem Fieber, am 10. April, verschoben und dann passierte das Unbegreifliche : Thomas stirbt.

Für ihn keine Möglichkeit mehr auf dieser Welt Gast zu sein – nicht für sich und auch nicht für all diejenigen die heute hier zusammengekommen sind.
In der Anzeige aus Anlass seines Todes in der Zeitung schrieb seine Frau für ihn:

Ich bin von Euch gegangen, aber nicht aus euren Herzen,
drum vergesst mich nicht und denkt an mich.


Bärchen, ich kann Dich gar nicht vergessen, denn Du bist und warst, das liebste was es gibt, gab.


Dein kleiner Engel
Claudia
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