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Alt 14.06.2009, 17:56
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Rena49 Rena49 ist offline
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Registriert seit: 11.11.2007
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Standard AW: Ohne Partner das Leben neu gestalten

Hallo Petra,
Ich habe schon vor ca. 1 1/2 Jahren von Dir gelesen und Deinen/Euren Lebens-/Leidensweg ein wenig mitverfolgt. Es hat mich sehr geschmerzt, daß es auch bei Euch trotz zunächst positiver Prognose dann heftig bergab ging und Du jetzt allein mit Deinem Leben klarkommen mußt.
Ich habe nie einen eigenen Thread gehabt, irgendwie fehlten mir, als mein Mann im Sept. 07 die Diagnose BSDK bekam, die richtigen Worte und auch die Zeit. Auch nach seinem Tod ging es mir so - und ich konnte auch zeitweise das Wort "Hoffnung" nicht mehr hören, mir kam es oft nur vor wie Augenwischerei und Kopf in den Sand stecken. Aber wer sie hat, sollte sich daran festhalten, wenn es ihm/ihr hilft.
Mein Leben ohne Partner begann ziemlich chaotisch - zunächst ging alles schief, was nur schiefgehen kann: die Witwenpension kam nicht, dafür waren alle Abbuchungen (KK usw.) genauso hoch wie vorher, anschließend ging im Haus alles kaputt und ich fühlte mich sooo allein und einsam, es war unbeschreiblich. Zum Glück hatte ich noch bzw. wieder Kontakt zu meinem Psychotherapeuten, der mich immer wieder aufgebaut hat und mich aus so manchem ganz tiefen Loch herausholte.
Im Sommer 2008 kam ich langsam zu dem Schluß, daß ich allein in "seinem" Haus nicht würde leben können (einen anderen Mann hätte ich mir dort aber auch überhaupt nicht vorstellen können). Und so fing ich an, mich nach Häusern oder einer Wohnung in meiner "alten Heimat" umzugucken (dank Internet geht das ja ganz gut) und unser Haus zum Verkauf vorzubereiten (was eine Unmenge an Arbeit mit sich brachte und neue teure Reparaturen).
Ich habe ganz in der Nähe meines Geburtsortes ein schnuckeliges kleines ganz neues Häuschen für mich gefunden, ganz neu und so rechtzeitig, daß ich noch einige Wünsche verwirklichen konnte). Und zur gleichen Zeit hatte mein Makler drei bis fünf ernsthafte Interessenten für das alte Haus - was in der heutigen Zeit eigentlich einem Wunder gleicht. Es hat geklappt: innerhalb von zwei Tagen war ich zweimal beim Notar, erst das alte ver- und anschließend das neue gekauft.
Es war eigentlich unglaublich: Mitte Oktober habe ich mein neues Zuhause kennengelernt, zwei Wochen später, als ich mir das Haus hier zum zweiten Mal angesehen hab (immerhin ca. 650 km weiter nordwärts), hab ich per Telefon dem Verkauf zugestimmt, Mitte November waren die Notartermine, Mitte Dezember bin ich aus dem alten aus- und Anfang Januar in das neue Haus eingezogen. Ich hab hier eine unheimlich gute und nette Nachbarschaft gefunden und auch sonst durch einen Verein eine Reihe lieber und netter Menschen - eigentlich bin ich immer noch ganz fassungslos, daß es sowas heutzutage noch gibt.
An meinem 60. Geburtstag kam mein ganzer Chor und hat mir ein Ständchen gebracht, anschließend haben wir bei mir gemeinsam Kaffee getrunken (die Torten haben die Chormitglieder gebacken!), so war der Tag, vor dem ich eine Heidenangst hatte, ein sehr schöner, der mir sicher lange in guter Erinnerung bleiben wird.
Die neue Umgebung hat dazu geführt, daß ich mit meinem Leben besser umgehen kann, mein Mann ist nicht mehr ganz so präsent wie in dem Haus, das ihm ja schon gehörte, bevor wir uns kannten, aber doch trotzdem nicht ganz fern. Es ist einfach leichter und besser zu ertragen. Und hier bin ich seinem "Grab" nähergerückt. Mein Mann hat ein Seebegräbnis erhalten - und ich hab es jetzt nicht mehr weit bis zur Ostsee. Dort kann ich schnell mal hinfahren, die Hand (oder jetzt im Frühjahr/Sommer auch die Füße) ins Wasser halten und ihm "Guten Tag" sagen. Und ich freu mich schon drauf, wenn ich demnächst ganz in der Ostsee baden gehe, dann laß ich mich endlich mal wieder streicheln.
Es kommen auch bei mir natürlich immer noch mal Zweifel, ob das alles so richtig war und ist, ob ich nicht doch besser in die Stadt gezogen wäre, ob ich dem ganzen tatsächlich gewachsen bin ... Aber insgesamt hab ich ein gutes Gefühl - und in die Stadt oder in eine Seniorenwohnung kann ich immer noch ziehen, wenn es dafür Zeit ist. Zur Zeit lebe ich mich hier richtig gut ein, versuche, mein Haus wohnlich und den Garten überhaupt zu gestalten und freue mich über jeden himmlischen Beistand, der mir gewährt wird, wenn mal nichts mehr geht.
Wenn es noch mal einen neuen Partner für mich geben sollte, wird auch der kommen - Partner darf man nicht "suchen", man muß sie "zulassen".
Liebe Petra, ich wünsche Dir - und auch allen anderen, die aus diesem traurigen Anlaß hier schreiben - eine möglichst schöne Woche, mit schönem Wetter und vielen angenehmen Aktivitäten.
Alles Liebe, Renate
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Lass meiner Trauer Flügel wachsen ...
Liebe baut Brücken vom Ich zum Du,
vom irdischen zum überirdischen Ufer.
Begrenzt ist das Leben,
doch unendlich die Erinnerung ...
Du bist nicht mehr da, wo Du warst,
aber Du bist überall, wo ich bin.
Wir sehen uns wieder,
irgendwo, irgendwie, irgendwann ...
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Mein Mann 18.01.1941 - 30.11.2007
Meine Mutter 18.09.1919 - 04.02.2006
Die Lübecker Bucht ist ihre letzte Ruhestätte
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