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Alt 16.07.2017, 11:43
amunet amunet ist offline
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Standard AW: Trauerverarbeitung - kein Stein mehr auf dem anderen

Hallo Marlene,
eure Situation ist wirklich schwierig,um es mal vorsichtig auszudrücken! Mit normaler Trauerverarbeitung hat das nichts mehr zu tun. Einen wirklichen Rat kann ich dir leider nicht geben aber so wie ich das sehe wäre eine psychologische Behandlung wohl das beste für deine Mutter.Ich glaube Trauergruppen werden in diesem Fall auch nicht helfen.Du schreibst das dein Vater das 60 Jahre mitgemacht hat also schätze ich das deine Mutter so um die 80 sein muss? Wenn sie natürlich jede Behandlung ablehnt kann man wenig machen.Die Einsicht das man Hilfe braucht muss von selber kommen.Ich kann mir nicht vorstellen das eine Mutter mit solch einer Situation in der ihr jetzt steckt zufrieden ist.Mal ganz abgesehen vom Tod deines Vaters,was ja schon schlimm genug für sie ist,auch noch das Kind und Freunde "verlieren"?
Du fragst ob andere wohl genauso sind? Kann ich dir nicht beantworten aber schildern wie ich mit dieser Situation umgehe.Ich bin übrigens "erst 46 J"alt.
Mein Mann 54 Jahre, ist vor etwas über 4 Wochen an Lungenkrebs gestorben.Wir wussten das die Prognose nicht gut war also kam sein Tod nicht überraschend aber aufgrund einer Lungenentzündung dann doch sehr plötzlich.Man denkt das man Zeit hatte sich auf diesen Tag vorzubereiten,sich vorzustellen wie das ist wenn der geliebte Mensch nicht mehr da ist,aber dem ist nicht so! Von einer Minute zur anderen ist alles anders
Die Welt die ich kannte existiert nicht mehr,alle Pläne die man hatte sind auf einmal nichts mehr wert.Alles erscheint vollkommen sinnlos und egal.Ich denke das deine Mutter genau die gleichen Gefühle hat aber die Trauer in eine grosse Wut auf alles und jeden verwandelt hat.Ich bin sehr dankbar das mein Sohn 26J mit Freundin,meine Eltern,Schwager und meine beste Freundin jederzeit für mich da sind.Allerdings respektiere ich deren Leben welches für sie ja relativ normal weitergeht.Ich freue mich wenn jemand vorbeikommt und ich mich unterhalten kann (die Stille ist das schlimmste).Auch ich habe Probleme den vertrauten Umgang der Paare untereinander zu sehen.Einfache Sätze wie:"Schatz bringst du mal einen Teller mit raus",oder ähnliches erinnern mich daran das ich das nicht mehr habe.Letzte Woche habe ich mitten im Supermarkt angefangen zu weinen nur weil ein älteres Ehepaar vor mir lief und ich dachte:"Schön,die dürfen zusammen alt werden und warum durften wir das nicht"? Das hat nichts mit Neid oder das ich anderen etwas nicht gönne zu tun,es macht mich nur wahnsinnig traurig.ICH weine dann,DEINE MUTTER teilt aus.Vielleicht ist es so leichter für sie...Ich glaube nicht das sie realisiert das sie mit diesem Verhalten alles noch schlimmer macht.
Ich gehe zu einer Onkopsychologin um das ganze erlebte zu verarbeiten.Sieben Monate hoffen,bangen,kämpfen und stark sein haben Spuren hinterlassen.Mir helfen diese Gespräche sehr und ich hoffe das auch ich eines Tages wieder Licht am Ende des Tunnels sehe.
Sorry das es jetzt so ein Roman geworden ist
Liebe Grüsse:amunet
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Mein Mann:kleinzelliges Bronchialkarzinom
ED:Ende November 2016
Gestorben am:14.6.2017 mit nur 54 Jahren
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