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Alt 20.03.2005, 00:09
Gast
 
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Standard PSA-Anstieg nach OP: Bestrahlung ja oder nein?

@reinardo

Man sollte sich hüten, Eindrücke und Fakten zu vermischen.

Zunächst zu der Frage Komplikationen (später zur Frage erfolgreiche OP):

Die Fakten sind die:

die Bestrahlung und die Operation haben nach einiger Zeit dieselben Raten an Komplikationen. Die Heilungsraten nach OP und nach Radiatio sind ebenfalls bekannt, stadienabhängig ist das nachzulesen.

Man darf nicht vergessen, daß die Unzufriedenen erheblich mehr scheinen, als sie wirklich sind. Das ist in der Arztpraxis nicht anders als im Forum. Der Aufwand, den man betreibt für einen, der viel Versorgung braucht, brennt sich natürlich wesentlich mehr ins Arzthirn als die MEnge an Leuten, die es zufrieden sind. Und: Im Forum schreiben -natürlich- nicht die, die zufrieden sind. Und: es schreiben auch nur die, die am Leben sind (das Letztere z.B. überbetont die sog. "Heilungsraten" alternativer Verfahren in Foren: die, denen nicht geholfen wurde, schreiben nicht mehr)

Forumsberichte von nicht erfolgreich verlaufenen Operationen sind kein Argument, s.o., da zählen alleine die nachlesbaren, nach strengen Kriterien erstellten Statistiken, s. cochrane z.B.

Einen Fakt zu Nachdenken: In D werden nur soviele Schließmuskelprothesen verkauft, wie es 0,8% der radikalen Prostatektomien entspräche (und dabei muß berücksichtigt werden, daß auch andere Erkrankungen mit diesem Hilfsmittel versehen werden), also weit unter 1% der ja immerhin vor einem Jahr noch Operationsfähigen ist soweit unzufrieden, daß sie einen künstlichen Schließmuskel benötigten.

Das entspricht absolut meinen Erfahrungen. Wir haben allerhand Patienten durch verschiedenste Formen der Behandlungen begleitet.

Die Nebenwirkungen werden keinesfalls beschönigend beschrieben. Wer mit Windeln herumläuft, hat entweder sich selber nicht gekümmert, oder einen Idioten als Urologen. Es gib diverseste Mittel, wenn man schon nicht trocken werden kann oder auch will (dazu gleich mehr), daß man ohne Windel auskommt: Kondomurinale, Penisverschlußbändchen usw. Aber: es gibt verschiene Maßnahmen, die Menschen zur Zufriedenheit trocken bekommen: die Sphinkterunterspritzung nach McGuire, damit haben wir schon mal in 2/3 der inkontinenten ( das sind 1 Jahr nach OP aber insgesamt weniger als 10%) Männer zufrieden trocken. Die Restlichen können einen künstlichen Schließmuskel bekommen. Genau dasselbe zur Potenz: man kriegt jeden Mann zur Gliedsteife, sodaß ein befriedigender Geschlechtsverkehr möglich ist (bis auf wirklich so seltene Ausnahmen, daß ich die alle 2-3 Jahre nur zu sehen bekomme), es kommt nur darauf an, wie weit Mann mit geht.

Zur Heilungsrate, der sog. Frage nach dem Erfolg:

Wer bei PSA>10 und Gleason 7 zehn Männer im Alter von 65 nicht operiert, wird sich klar sein müssen, daß er ca. 25 Jahre Leben vernichtet hat. Hätte er alle operiert, wären 5 Männer umsonst operiert. 5 OPs umsonst gegen 25 Jahre Leben. Das ist die Alternative bei dieser Situation, bei allem Geschmus um die Bedeutung der aus den Medien hochgeworbenen Potenz: Entweder in 50% umsonst operieren, oder in 50% je 5 Jahre Leben verweigern.

Was ist humaner? Leben nehmen, oder Lebensqualität im privaten Bereich einschränken? Diese Frage wird in dieser Situation jeder Betroffene sich so klar vor Augen führen müssen.

Nach PSA-Rezidiv einer OP ist immerhin mit 50%-iger Ansprechrate durch Bestrahlung zu rechnen, andersherum geht das nicht.

Vorher kann man nicht sagen, wer von einer solchen oder anderen Behandlung profitieren wird. Das weiß man immer nur hinterher, anhand des OP-Präparates. Auch ab PSA 10 und Gleason > 6 gibt es eine erhebliche Anzahl Leute, die geheilt werden. Diese nicht zu operieren hieße, denen diese Chance nehmen. Ob ein Patiend das Risiko auf sich nehmen will oder nicht, soll er aufgrund von Wissen (nicht von Gerüchten in Foren) aus großen Statistiken herauslesen. Da hilft die Meinung eines Operateurs eben nicht. Der sieht die Alternative nicht, der sieht das Leiden, das die Endversorgung mit sich bringt, nicht, auf Klartext: Die Herren Professoren sehen Patienten nicht sterben, denen sie die Heilungschance versagt haben aufgrund hehrer Gutmenschlichkeit.

Nochmal klipp und klar: wer nach Operation oder Bestrahlung für den Rest seines Lebens mit Windeln herumläuft oder dauernd impotent herzergreifend klagt, hats nicht kapiert. Ran an den PC, rein in die Bibliotheken, ran an den Urologen: Nachhaken, nachfragen. Aufwachen: Die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts sind lange vorbei.

(Meine Meinung ist: lieber vom Krebs geheilt, und vor dem Verkehr eine Spritze in den Schniedel nach OP, als von Dannen gegangen. Andere können das anders sehen. Aber vor die Alternative gestellt: Impotent und sonst fit, oder siech, im Übrigen dann auch nicht besonders potent, oder tot, wie würde wohl die Mehrheit entscheiden?)

Ich gebe Dir Recht: Information tut dringend not. Keine Frage. Die Therapieempfehlung kann immer nur für die spezielle Situation ausgesprochen werden.

Aber nicht vergessen: man wird hören von einer Mutter, die durch beherztes Auspusten der Kerze den Ausbruch eines Feuers verhindert hat, und der Feuerlöscherverkäufer wird wunderbare Tips haben, wie man Hochhäuserbrände in Nullkommanix löschen kann mit seinem wunderbaren Produkt. Der aber, der die Erfahrung im Löschen hat, ist eben der Feuerwehrmann. Mag einem gefallen oder nicht, ist so. Genau dasselbe mit den Urologen: es gibt einfach niemanden, der mehr uroonkologische Patienten pro Arzt sieht, nach den Onkologen sehen Urologen pro Arzt sogar die weitaus meisten Krebskranken. Muß nicht gefallen, ist aber rational betrachtet nun mal so.

Und Faktenlage rekrutiert sich weder aus der Meinung eines Forums, oder aus der Meinung eines Chirurgen, mag der nun amerikanisch oder deutsch sein: Behandeln muß am Ende der Urologe um die Ecke. Mag sein, der hat Verschiedenes verpennt, gibt sone und solche. Aber sone und solche gibts bei allen Fachrichtungen, auch in Foren und bei Chirurgen. Von daher: den Urologen suchen, der das bietet, was man sucht. Der Eine sucht den Urologen, der ihm die VErantwortung abnimmt und genau den Weg vorgibt (Ja, auch den Pat. gibt es noch!), der Andere sucht den, der ihn umfassend informiert, um dann selber entscheiden zu können (macht Urologen das Leben einfacher: die VErantwortung wird abgegeben). (Nebenbemerkung: ein Kassenpatient hat dazu nach §12 das Recht nicht, er hat das Anrecht auf notwendige... VErsorgung, ein Recht auf allumfassende Informnation ist darin nicht enthalten)
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