Einzelnen Beitrag anzeigen
  #4  
Alt 12.03.2018, 16:32
Anni84 Anni84 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 25.11.2008
Beiträge: 38
Standard AW: Meine Mutter hat Knochenmarkkrebs - ich weiß nicht weiter

Hallo zukünftige Kollegin

hierfalsch hat recht, DEN klugen Rat gibt es sicherlich nicht. Ich kenn die Situation aber sehr sehr gut - bei mir kam die Diagnose meiner Mutter allerdings nicht im Studium, sondern im ersten Berufsjahr nach dem Ref - das erste Mal volles Deputat, und dann das. Ich gebe zu, ich hing erst mal in den Seilen. Während die großen Untersuchungen anstanden, habe ich es auch nicht geschafft, mich lockerflockig vor meine Jahrgangsstufe zu stellen Und genau wie du will man seine Freunde natürlich nicht dauernd belasten.

Was kann ich jetzt also über meine Erfahrungen sagen? Gönn dir Pausen, wenn du sie brauchst. Dein Körper und deine Seele geben dir da sehr deutlich Bescheid, glaub mir. Manchmal ist ein Tag vergraben und weinen auch durchaus wichtig und richtig. Ebenso wichtig und richtig ist aber auch, sich nicht NUR zu vergraben und nicht NUR zu weinen. Die Arbeit war für mich schließlich wirklich ein ganz wichtiger Ablenkungspunkt - einfach mal für ein paar Stunden nicht an das Thema Krebs denken. Das tut auf der einen Seite unheimlich gut, auf der anderen zeigt es einem aber auch, dass man wirklich einiges aushalten kann.

Entsprechend würde ich bei der Überlegung "Urlaubssemester - ja oder nein?" nicht hauptsächlich auf die äußeren Gegebenheiten blicken, sondern auch dich persönlich im Auge behalten. Ihr habt doch bestimmt ne Beratungsstelle, oder? Vielleicht ist ja auch ein Semester mit weniger Veranstaltungen möglich (insofern es kein Bachelor ist und du feste Punkte erreichen musst, wenn doch bin ich überfragt und verweise zur Beratungsstelle ), damit du etwas Druck rausnehmen kannst und ggf. öfters bei deiner Mutter sein kannst.
Was ich dir schlussendlich auch raten möchte, eben weil ich glaube, dass du das gut brauchen kannst: Finde heraus, wie man den psychologischen Dienst bei euch an der Uni erreichen kannst. Der erscheint a) in keiner Krankenakte (Stichwort Verbeamtung/Amtsarzt) und kann b) unheimlich gut tun: Man "kotzt" sich bei niemandem aus, den man nicht belasten will, sondern eben bei jemanden, dessen Job es sozusagen ist. Ich war nach der Diagnose meiner Ma selbst kurzzeitig in Behandlung und hab ein paar Werkzeuge in die Hand bekommen, mit meiner Sorge um sie besser umzugehen. Und zu hören, dass die Ängste und die Krise, die man in solchen Lagen durchlebt, absolut normal und menschlich sind, beruhigt auch einen selbst schon mal ungemein.

Und zu guter Letzt: Meine Freunde haben sich nie beschwert, wenn ich schlecht drauf war. Und wer nicht drüber reden wollte, hat mich entweder einfach nur gedrückt oder dafür gesorgt, dass ich den Kopf freibekomme. Freunde erkennt man daran, wie sie in Krisenzeiten zu einem stehen. Ich denke, es spricht für deinen Freundeskreis, wenn sie wirklich nachfragen, wie du zurecht kommst. Vertrau ihnen doch einfach, dass sie Interesse an dir und deiner Situation haben. Vielleicht wirst du positiv überrascht, wie gut es tut...

Ich sende dir ein großes Kraftpaket!
Mit Zitat antworten