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Umgang mit dem Tod und Erinnerung
Guten Tag allerseits !
Ich hoffe, ich starte hier kein altbekanntes Thema das mit einer einfach Suche erledigt wäre und das hier jeden nervt. Ich bin nur in einer Situation, mit der ich nicht umgehen kann und wollte hier vlt. nach "Hilfe" fragen. Meine kleine Schwester ist vor drei Monaten im Alter von Anfang zwanzig Jahren gestorben. Bei ihr wurde vor knapp zwei Jahren Mundhöhlenkrebs diagnostiziert, der nach wenigen Monaten auf Lunge, Kopf und Hüfte metastasiert hat. Seit der ersten Diagnose habe ich so viel Schlimmes gesehen und erlebt, die erste OP, die Bestrahlung und angebliche Heilung, den absoluten Tiefpunkt mit der neuen Diagnose, ein paar Monate später. Bis schließlich das endgültige Urteil feststand. Dazu die von Anfang bis Ende inkompetente und gewissenlose Behandlung durch die Kliniken, die Geschäftemacherei mit dem Krebs. Daneben das absolute Verzweifeln meiner Eltern, die daran fast zerbrochen sind oder es mich nur nicht merken lassen wollen. Ich hatte aber auch nie zuvor eine so gute und intensive Beziehung zu meiner Schwester und meiner ganzen Familie, wie in dieser Zeit. Nun ging es Ende Januar zu Ende, Gott sei Dank nicht im KKH sondern einen Tag, nachdem sie wieder nach Hause durfte. Ich war dabei als sie starb und meine letzten Worte zu ihr waren "Wir sind bei dir". Dafür sollte ich dankbar sein, auch wenn es die schlimmste Erfahrung ist, die ich je gemacht habe. Und jetzt, noch relativ kurz danach, kämpfe ich mit dem Andenken, mit der Erinnerung. Ich weiß nicht, was ich fühlen soll und wie ich mit dem Tod umgehen soll. Ich habe Angst, sie zu vergessen und auch das, was ich erlebt habe. Natürlich habe ich noch viele Situationen mit ihr im Kopf, aber ich weiß nicht mehr, was ich gefühlt habe und es kommt mir eher vor, als würde ich einen fremden Familienfilm sehen. Dazu kommt halt auch, dass alles in eine gefühlt ferne Zeit "vor der Diagnose" und "nach der Diagnose" unterteilt ist. Ich schreibe hier recht wirr, da ich so vieles gerne ausdrücken will. In erster Linie geht es mir jedoch darum, wie ihr mit dem Tod einer nahestehenden Person umgeht. Habt ihr darüber geschrieben? (Mir hilft das gerade) Wie und in welcher Form? Was kann man noch machen, um auch in 20 Jahren noch eine gute Erinnerung zu haben ? Wenn es zu wirr ist, ignoriert mich einfach. Mir brennt so viel auf der Seele, dass ich auch nicht in Gesprächen mit meiner Familie\Freundin loswerden kann, mir fehlt momentan noch das rechte Medium. Aber das ist wieder ein anderer Aspekt. Ich dachte nur, wenn vlt. jemand weiß wie ich mich fühle, dann finde ich diesen jemand hier. |
#2
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AW: Umgang mit dem Tod und Erinnerung
Hallo Alex!
Ich habe in meinem Leben schon einige liebe Menschen verloren und kann mir vorstellen wie du dich fühlst! Das du deine Schwester je vergessen wirst glaube ich nicht, du hast jetzt nur die Angst davor! Das in der Phase des krank seins eure Familie enger aneinander gerückt ist ist normal und auch sehr schön. Das gleiche erlebe ich zur Zeit auch. Durch die Erkrankung meiner Mama sind wir alle noch näher beieinander, wenn das überhaupt geht. Ich merke das besonders bei mir und meinem Mann, wir haben das Gefühl das unsere Liebe zu einander immer größer wird, wie am ersten Tag, also frisch verliebt! Lass deiner Trauer freien lauf versteck sie nicht! Sei ganz lieb Mausi |
#3
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AW: Umgang mit dem Tod und Erinnerung
Hallo Alex!
Mir tut es verdammt leid, dass Du Deine Schwester verloren hast. In dem Alter... Mein Freund hat uns mit 48 Jahren verlassen müssen. Es ist jetzt 3 Monate her. Mir geht es soweit ganz gut, aber er fehlt mir sehr. Und an manchen Tagen geht dann halt gar nichts mehr.... Durch einen guten Tipp hier im Forum schreibe ich ihm fast täglich ein paar Zeilen in eine Art Tagebuch. So habe ich für mich das Gefühl, dass er irgendwie noch da ist und ich habe die Möglichkeit, mich bei ihm auszuheulen oder ihm einfach zu sagen, was am Tage so passiert ist. Dann habe ich eine Kiste mit vielen Dingen von ihm zusammengestellt. Darin sind viele persönliche Dinge oder Sachen, die er gerne gemocht hat. Vielleicht ist es für Dich auch eine gute Hilfe, alles auf dem Wege zu verarbeiten. Wünsche Dir für die nächste Zeit viel Kraft. LG Nicole
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Mein Schatz 19.04.1965 - 13.01.2014 Wir werden Dich nie vergessen. |
#4
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AW: Umgang mit dem Tod und Erinnerung
Hallo Alex,
wie traurig, was Du erlebt hast ... Aber ich möchte Dir versprechen: einen Menschen, den man liebt, vergisst man niemals!!!! Ich hatte das Gefühl auch manchmal und diese Angst. Und ich hatte auch Schuldgefühle, als ich mich irgendwann erwischte, dass ich ja lachte ... Wie kann ich nur lachen??? Ich habe mich regelrecht geschämt dafür ... Manchmal hat es etwas den Anschein, als wäre es so - dass man jemanden vergisst, weil man bemerkt, man weint nicht mehr 24 Stunden und hat auch mal kurz an etwas anderes gedacht ... aber nach kurzer Zeit bemerkt man, dass es nicht so ist, sondern dass sich die Trauer nach und nach ganz langsam verändert. Der Gedanke mit dem Tagebuch ist immer gut - ein Tagebuch in das Du Deiner Traurigkeit, Wut und allem Ausdruck verleihen kannst! Irgendwann, mit Abstand und Zeit die vergangen ist, stellt man dann beim nochmaligen Lesen fest, dass man dem, was man geschrieben hat, wieder ein kleines Stückchen "entwachsen" ist. Trauer dauert seine Zeit und diese Zeit kann phasenweise sehr schwer sein. Und ich glaube (so ist es bei mir), dass sie niemals ganz aufhört. ABER: sie verändert sich dahingehend, dass ich immer wieder neu lerne, loszulassen ... den Schmerz loszulassen und die Verbitterung und Wut - um Raum zu schaffen für die schönen Erinnerungen und Erlebnisse, die wir hatten - die geschenkte Zeit miteinander. Trauer verläuft in verschiedenen Phasen, die bei jedem unterschiedlich sind. Hab bitte Geduld mit Dir selbst. Den Worten von Dieter ist nichts hinzu zu fügen. Und wenn Du magst: schreibe Dir hier Deine Seele frei! Zitat:
Viel Kraft und sehr mitfühlende Grüße, Angie
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... meine Freundin Heike ist am 24. Mai 2010 mit 48 J ganz friedlich für immer eingeschlafen ... ... meine liebe Freundin Lilli44 - auch Du hast für immer Deinen Platz in meinem Herzen ... ... I`ll see you when the sun sets!!! |
#5
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AW: Umgang mit dem Tod und Erinnerung
Hallo Alex,
keine Angst, die Verbindung zu Menschen, die wir geliebt haben, bleibt für immer. Manches läßt sich auch im Nachhinein besprechen und viel klarer sehen, als unter den Belastungen und der Erschütterung die mit dem Mittragen der Krankheit und des Sterbens einher gehen. Wenn Du darüber etwas lesen möchtest, so würde ich Dir die Bücher von Elisabeth Kübler Ross empfehlen. Ich habe die ersten Menschen, die mir sehr viel bedeuteten vor vielen Jahrzehnten verloren und spreche heute mit Ihnen, als seien sie lebendig - nur können sie jetzt viel entspannter zuhören und mich besser verstehen . Außerdem halte ich es durchaus für möglich, dass sie tatsächlich aus einer anderen Ebene zu uns kommen und uns etwas mitteilen. Und zwar genau dann, wenn wir in Gefahr sind bzw. uns dieser Schwelle nähern, die wir "Tod" nennen. Das allerdings ist etwas, das man wohl erfahren muß, um es zu glauben. Sei zuversichtlich, atme, lebe Dein Leben und sei gespannt, auf das, was sich entwickeln möchte. Du brauchst wirklich keine Angst zu haben, dass etwas Wesentliches verloren gehen könnte! Alles Gute für Dich! Brigitte |
#6
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AW: Umgang mit dem Tod und Erinnerung
Vielen Dank für eure zahlreichen und tollen Antworten. Ich muss mich momentan einfach noch mühsam sortieren, das mit dem Tagebuch werde ich vlt. mal aufgreifen.
Vielen Dank! |
#7
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AW: Umgang mit dem Tod und Erinnerung
... oftmals hilft das Schreiben auch beim Sortieren - zumindest mir.
Alles Liebe! |
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