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Alt 09.05.2013, 17:30
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
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Standard AW: Hinterblieben, nur wo?

Zitat:
Zitat von Morgana Beitrag anzeigen
... "Ich bin Single - Witwe ist so ein scheußliches Wort!" ...
Hallo Morgana,

jepp. Ist es auch. Für viele. Den meisten Menschen macht es Angst. Sie verweigern sich der Kenntnisname und fällt es trotzdem, weichen sie in großem Bogen aus.

Dabei stehen die Chancen eigentlich sehr gut, als Teil eines Paares nie zu Witwe oder Witwer zu werden. Immerhin halbe/halbe. Der Haken an der Geschichte ist nur: wem es in einer Paarbeziehung gelingt, nicht zu Witwe oder Witwer zu werden ... der oder die stirbt als Erster. Scheidung oder ähnliches jetzt mal außen vor.

Was heißt das: Single zu sein? Aus dem englischen übersetzt heißt single "einzeln". Sonst nix, völlig neutral und wertfrei. Wertbehaftet wird es erst durch umgangssprachlichen Gebrauch: Single = Alleinstehende/r ohne feste soziale Bindung, nur für sich selbst verantwortlich. Kein Partner, oft nicht mal Kinder oder sonst wer, auf die oder den Rücksicht zu nehmen wäre. Warum jemand Single ist, wird zunächst nicht in Frage gestellt und auch, daß und warum es für manche Menschen erstrebenswert ist, Single zu sein oder gar zu werden, steht beim Gebrauch des Begriffes in Bezug auf die eigene Person nicht zur Debatte.

Was heißt das: Witwe/Witwer zu sein? Zunächst: man hatte eine soziale Bindung an einen Menschen und der ist verstorben. Also = Alleinstehende/r ohne feste soziale Bindung, nur für sich selbst verantwortlich. Kein Partner, oft nicht mal Kinder oder sonst wer, auf die oder den Rücksicht zu nehmen wäre ....... Ich schreibe "oft", weil diese Kinder meist erwachsen sind und ihr Leben führen und man für die Gestaltung des eigenen Lebens auf sie dann prinzipiell nicht unbedingt Rücksicht nehmen muss. Analog zum vorigen Absatz: ist es erstrebenswert, irgendwann Witwe oder Witwer zu werden? Zunächst mal nicht. Oder doch? Hm, immerhin gewinnt man dabei ein längeres Leben als der verstorbene Partner? Kann man sich das wünschen? Das wäre dann schon eine seltsame Partnerschaft. Ich meine damit nicht den finalen Wunsch, daß der Partner/die Partnerin von ihren Leiden erlöst wird, was absolut verständlich und in Ordnung ist.

Wie aus den letzten Sätzen zu lesen, sind die beiden Begriffe nur schwer zu vergleichen.

Der Unterschied ist:

Ein Single lebt im Jetzt. Hat kaum Vergangenheit (oder sie ist uninteressant für alles weitere bzw. sie wird mit aller Gewalt verdrängt. Aus Angst?), allerdings verspricht dieses Wort auch nicht unbedingt eine Zukunft. Mit einem/einer Single zu leben kann/scheint einfach zu sein. Single zu sein ebenso und es scheint, daß auch die Zukunft "easy" sein müsste. So ist zumindest mein Empfinden. Zudem, gibt man das Wort in eine Suchmaschine ... die sich immer mehr durchdrückende Belegung des Wortes ist sofort klar. Es könnte jedoch auch heißen: zu keiner festen Bindung fähig. Für manche ein Vorteil, wenn man denn keine feste Bindung will und dieses Ansehen kann für den/die Single gefährlich werden, wenn sie oder er denn eben doch andere Vorstellungen hat.

Eine Witwe/ein Witwer hingegen hat eine Vergangenheit. Vor allem in den Augen Anderer: eine traurige, leidvolle, schmerzliche Vergangenheit. Wer will das schon? Wer will sich auf so was freiwillig einlassen? Sich mit dem Tod auseinander setzen? Doch nicht jetzt! Das bringt doch nur Probleme. Die können ja gar nicht mehr richtig lachen. Witwen und Witwer gelten auch heute noch oft als Unberührbare in vieler Hinsicht. Als Menschen, die keine neue Beziehung, gleich welcher Art, aufbauen können und wollen. Als Menschen, die ihr "Ende der Fahnenstange" erreicht haben.

Alles Quatsch mit Sauce. Natürlich kann eine/ein Single sehr ernsthaft und eine Witwe/ein Witwer herzlich lachen und lebensfroh sein. Doch Beide mit einem gänzlich anderen Hintergrund. Keiner dieser Hintergründe muss abstoßend sein, sofern man mit offenen und ehrlichen Augen hinschaut.

Auf der anderen Seite gibt es allerdings auch Menschen, die genau diesen Zustand ausnutzen möchten: Witwen und Witwer sind schließlich (jetzt wieder) frei(wild). Manche glauben sogar an eine Aufforderung, ein Signal zum anbaggern, wenn man sich ihnen als Witwe oder Witwer vorstellt: die müssen ja "ausgehungert" sein. Auch so ein Problem, über welches kaum jemand redet, das jedoch existiert, wie ich aus Erzählungen weiß. OK, das könnte jedenfalls ein Grund sein zu sagen: "Ich bin Single". Wirklich? Das Wort "Single" würde bei diesen Menschen den gleichen Reflex auslösen.


Ich schäme mich nicht, ein Witwer zu sein. Ich schreibe es nicht auf meine Stirn, doch ich verstecke mich ebenso wie du, Morgana, nicht hinter irgendwelchen Begriffen. Ich fände es zudem äußerst unehrlich Menschen gegenüber, die mich noch nicht kennen, zu behaupten, ich wäre "nur" Single und vor allem ... ich würde dabei Myriam verleumden. Ich glaube, deine Bekannte hat so einiges nicht wirklich verstanden, was ihr in ihrem Leben passiert ist?



Liebe Grüße und einen schönen Feiertag,

Helmut


PS: Bitte nicht missverstehen, ich habe nichts gegen Singles bzw. den Begriff. Jeder soll sein Leben so führen können, wie er/sie es möchte und ich freue mich für jeden, der damit gut durchs Leben kommt. Es geht mir nur darum: warum soll man vertuschen wollen, Witwe oder Witwer zu sein.

Frisch Trauernden mag vielleicht der ein oder andere Satz unangenehm aufstoßen oder unverständlich sein. Sorry, wenn ich nach 5 Jahren manches anders sehe und nicht immer ein Blatt vor den Mund nehmen kann. Vielleicht denkt ihr in 4 oder 5 Jahren zwar nicht so wie ich, doch ganz anders als heute? Was übrigens für alle meine Postings gilt.
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