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Alt 22.11.2005, 17:58
Barbara 64 Barbara 64 ist offline
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Ort: Deutschland/Hessen
Beiträge: 35
Standard AW: Zwei Jahre danach...

Du hattest Papa schon aufgegeben, als er im März 1992 mit der Diagnose Lungenkrebs nach Hause kam. Die Zeit bis zu seinem Tod an Heiligabend war für Dich im Grunde eine Wartezeit auf das sichere Ende. Eine Zeit, in der Du mir immer wieder gesagt hast, daß er sterben würde, bald schon...
Als Du nun selbst betroffen warst, war der Tod auch ein Thema, doch wichtiger waren Therapie und Hoffnung. Du hast viel gesprochen über Deine Gedanken und Gefühle, und ich habe Dir die sogenannte 'Wahrheit' gesagt. Es stand nicht gut für Dich, viele Jahre würden es wohl nicht mehr werden, doch es gab die Möglichkeit einer Chemo mit einer guten Prognose zumindest für eine Stagnation. Ich wollte mit Dir zu einem weiteren Arzt, wenigstens mit Deinen Unterlagen nach Heidelberg, doch Du wolltest das nicht. Du hattest Dich für die Chemo entschieden und basta.

Während der Woche, die Du noch im Krankenhaus bleiben mußtest, habe ich Dich täglich besucht. Du hattest viele kleine Wünsche, und Du hast 'Krankenhausbekleidung' gebraucht. Ich hatte während meiner Besorgungen für Dich immer wieder die Situation damals mit Papa im Kopf... Du warst sehr rigoros damals, und ich erinnere mich noch heute daran, wie weh mir Deine pragmatische Gleichgültigkeit tat... Es gab Momente, da hätte ich Dir am liebsten gesagt, daß Krankenhauskost doch völlig ok ist und ich an Flügelhemdchen auch nichts auszusetzen finde... Zum Glück war ich dann aber doch erwachsen genug, meine kleinen Racheimpulse nur in meiner Phantasie auszuleben.

Wir hatten kurze, doch sehr offene Gespräche, Mama, dies etwas, wofür ich sehr dankbar war und bin. Zum einen sicher deshalb, weil ich die Atmosphäre zwischen uns angenehmer fand, zum anderen, weil ich mich seit Papas Tod immer wieder gefragt habe, ob es an mir lag, daß Sterben zwischen ihm und mir kein Thema war. Ich glaube schon, daß er gewußt hat, daß es keine Heilung gibt, doch ich war mir nie sicher, ob er nicht doch hätte reden wollen, ob ich nicht hätte fragen sollen...
Ich hätte auch mit Dir lieber über Deine Lebenspläne geredet, doch in unseren Gesprächen über Sterben habe ich gespürt, daß ich nicht ausweiche, wenn ich das Gefühl habe, es ist ein Thema, und das hat mir ein gutes Gefühl für mich gegeben, eine Art von Sicherheit meiner Selbst, die ich vorher nicht so gewiß hatte.´

Du warst für mich 'wie neu', ich habe völlig neue Facetten von Dir erlebt; plötzlich waren Dinge, die Dir vorher Angst gemacht haben, kein Problem mehr. Daß sich in Extremsituationen die Prioritäten ändern, daß wir Dinge auf einen Schlag anders sehen und empfinden weiß ich aus eigener Erfahrung, daß sich irgendwie die ganze Persönlichkeit 'umdreht', kam für mich unerwartet. Und ich frage mich bis heute, welches war Dein wahres Ich...


Ein Traum, ein Traum ist unser Leben
Auf Erden hier.
Wie Schatten auf den Wolken schweben
Und schwinden wir.
Und messen unsre trägen Tritte
Nach Raum und Zeit;
Und sind (und wissen's nicht) in Mitte
Der Ewigkeit...

Johann Gottfried Herder
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