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Alt 12.04.2010, 01:43
Benutzerbild von karpatenkarla
karpatenkarla karpatenkarla ist offline
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Registriert seit: 29.11.2009
Ort: Unterfranken
Beiträge: 176
Standard AW: Bammel vor Docotaxel

Hallo

Vielen vielen Dank für Eure lieben Worte, ich weiß ja, daß keiner lacht oder
daß man sich hier bestimmt nicht schämen muß bei Euch.

Es ist nur, sorry wenn ich vulgär werde, ich hab sowas von die Schnauze
voll. Ich hab keinen Bock mehr auf die ganze Scheiße. Ich will mein altes
Leben wieder haben. Ich sitze seit November zuhause und kriege den Arsch
nicht hoch, meine Blutwerte fangen jetzt langsam das spinnen an und über-
haupt könnte ich alle erschießen, erschlagen, ankotzen oder was weiß ich.
Ich kann das blöde Gelaber von meiner Familie, Partner, Freunden nicht mehr
ertragen, dieses: guck mal, jetzt hast Du es bald geschafft, nur noch 2x
Chemo, blablabla. (Hab die vorletzte übrigens am Dienstag, wenn das Blut
morgen paßt.) Daß ich für den Rest meines Lebens zur Nachsorge rennen muß
wie seit 10 Jahren zur Vorsorge, verstehen die das nicht? Ich habe das Gefühl
meine Lieben denken echt, nach allem, dann ist es wieder gut. Nix ist gut.
Ich muß mein Leben bzw. meine Einstellung dazu völlig überdenken.

Mein restliches Leben werde ich mit dem Thema Krebs konfrontiert sein, ich
muß das lernen! Wie soll ich denn sonst meinen Job machen, ich kann doch
nicht bei jeder Krebspatientin in Tränen ausbrechen.

Ich mag kein Pieksen mehr, ich bin noch nicht einmal operiert, die Amputation
bd. Brüste stehen noch an, dann vielleicht noch Bestrahlung, der Gentest
läuft nicht nur - er schleicht. Vielleicht als letztes Sahnehäubchen noch eine
Chemo hinterher - zur Sicherheit. Ich will ja auch alles machen, ich will ja
auch ein wenig Sicherheit. Ich weiß, es gibt keine im Leben, ich hasse es.

Die einzige Sicherheit die es gibt ist meine Entscheidung zu leben oder es mir
zu nehmen und das ist auch das einzige Recht, was ich mir von niemanden
wegnehmen lasse, wenn mich schon sonst keiner gefragt hat, ob ich
überhaupt auf dieser beschissenen Welt leben will.

Ich habe zugenommen wie ein Walroß, so fühle ich mich. Ich will meine
langen Haare wieder haben!!!!!! Und ich habe es so satt die Normalität
der anderen zu ertragen. Die Welt dreht sich weiter, das weiß ich. Ob mit
oder ohne mich.

Ich will wieder arbeiten gehen, ich will wieder Quad fahren, ich will wieder
raus hier, tanzen gehen, auf Konzerte. Ich will... ich will... ich will...
Wie ein kleines trotziges Kind.

Anstatt froh zu sein, daß ich eine gute Behandlung bekomme, Freunde,
Familie und vor allem mein Partner sich liebevoll um mich kümmern,
wäre ich am liebsten gaaanz weit weg, damit ich in Ruhe vor mich hinbrüten,
fluchen, schreien kann - ohne auch noch ständig ein schlechtes Gewissen
den Menschen gegenüber zu haben, die mich lieben und sich um mich sorgen.

Verdammte Scheiße aber auch. So, jetzt hab ichs doch geschrieben.

(Meine Tasten vom Schleppschlopp sind heilgeblieben).

Es gibt hier in diesem Forum soviele schreckliche Schicksale, soviele
Angehörige, Hinterbliebene, soviele Tränen.... und ich jammer und schände
und schimpfe... was mir wieder das Gefühl gibt, eine egoistische, in Selbst-
mitleidverfallene blöde Kuh zu sein, die einfach den Arsch nicht hochkriegt.
Und das schlechte Gewissen wird größer und größer.

Und dann fühle ich mich noch beschissener und zweifle sogar an meiner
"Daseinsberechtigung", wenn es ganz übel ist.

Ach diese Chemo macht mich einfach fertig, obwohl ich weiß, andern geht
es viel viel schlimmer.
Erst der heiße Kopf, dann kommen die Knochenschmerzen, dann der Soor und
wenn der ganze körperliche Wahn sich wieder etwas beruhigt meldet sich die
Psyche und will auch noch ihren Teil, dann heule ich jeden Tag, will alles
abbrechen, will weg, mag nicht mehr, versuche mein Leben, die Tage bis zur
nächsten einfach "wegzuschlafen".

Ich habe nicht das Gefühl zu sterben, wenn der Kopf durchdreht,
ich habe das Gefühl zu verwehen - ganz langsam - jeden Tag ein Stück mehr,
bis gar nichts mehr von mir übrig ist.

Und das ist genau das, was ich nie wollte.

Ich habe eine gute und vernünftige Einstellung zum Tod, aber dieses
Verwehen - kann es nicht anders beschreiben - nimmt mir meine Seele mit,
vernebelt meine Sinne, meinen Geist, kann nicht mehr klar denken. Davor
habe ich Angst, das ist gefährlich für mich. Meine Wahrnehmung ist völlig
ge-/verstört, die Realität wird unreal. Der Tod ein freundliches Gesicht.

Die Ärzte sagen, davon hätten schon viele Chemopatienten berichtet von
diesem Gefühl. Hoffe, wenn die Chemo endlich rum ist, daß das wieder wird.
Sonst lande ich nicht auf dem OP-Tisch sondern erstmal da, wo die andern
den Schlüssel haben und nicht ich.

Jetzt habe ich doch soviel aufgeschrieben, ich wollte und will einfach nicht,
daß sich noch mehr Menschen sorgen. Ach was weiß ich, ich kann im Moment
einfach nicht klar denken, tut mir leid.

Will mich wieder haben.

Danke fürs Zuhören/lesen.

Bis bald
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