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  #1  
Alt 08.06.2011, 12:44
Sabrina. Sabrina. ist offline
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Registriert seit: 06.06.2011
Beiträge: 3
Standard AW: Glioblastom - alles furchtbar

Hallo Angie,

Ich habe noch einen Bruder der 2 Jahre älter ist. Er hat dieses Jahr sein Abi gemacht und ich bin dann nächstes Jahr dran.
Wir versuchen das alles möglichst ohne Hilfe zu schaffen, doch nun sind wir an einem Punkt angelangt, an welchem dies einfach nicht mehr geht. Wir können nicht jede Minute auf Mama aufpassen, da wir auch sehr daran kaputt gehen..

Aus diesem Grund kommt morgen ein Palliativ-Team zu uns nach Hause und spricht mit uns und Mama über alles. Diese wären dann immer sofort da, wenn irgendwas passieren sollte und Mama kann bei uns bleiben und muss nicht ins Krankenhaus. Das will sie nicht und dann wollen wir das auch nicht und hoffen, dass wir die Kraft aufbringen sie zu pflegen und einfach bei ihr zu sein.

In unsrer Nähe wohnen auch noch Mamas Schwester und ihr Bruder. Sie kümmern sich jetzt um die Finanzen, da dieses Problem auf Grund unseres Vaters nun auch noch hinzukommt.

Ich habe einfach nur große Angst vor dem was passieren soll. Momentan geht es meiner Mutter recht gut außer, dass sie Sprachprobleme hat und naja einfach sehr alt und vergesslich erscheint. Ich habe nun schon gemerkt, dass das rechte Bein schleift und unsere Hausärztin meinte, dass das nun alles schnell gehen kann. Das weitere Lehmungen eintreten, dass die Sprache noch schlechter wird und dass sie dann bald nicht mehr alleine Schlucken kann.
Ich will meine Mutter nicht leiden sehen.. und sie macht sich auch noch Gedanken um uns Kinder, was das Letzte ist was sie brauch... aber so sind Mütter denke ich.
Auf der einen Seite habe ich irgendwie aufgegeben auf der anderen Seite möchte ich das nicht und ich habe noch Hoffnung...
Wie lange musste denn Heike richtig leiden? Ich weiß nicht genau wie man das fragen soll aber davor habe ich am meisten Angst.

Liebe Grüße
Sabrina
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  #2  
Alt 09.06.2011, 00:45
Benutzerbild von HeikesFreundin
HeikesFreundin HeikesFreundin ist offline
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Ort: Lüneburg
Beiträge: 909
Standard AW: Glioblastom - alles furchtbar

Liebe Sabrina,

Du fragst, wie lange Heike "richtig" leiden musste.
Psychisch hatte sie unterschiedliche Phasen. Als die Ärzte ihr sagten dass sie für sie nichts mehr tun können ist natürlich klar, dass wir geschockt waren, denn uns beiden war klar dass mit dieser Aussage die letzte Phase ihres Lebens beginnen würde ...

Die wollten wir so optimal und gut verbringen für alle Beteiligten, wie nur irgend möglich - bzw ICH wollte das - für Heike und für ihre Kinder, weil ich wußte, was da auf sie zukommen würde.
Heike wollte auch erst nach Hause und die Kinder wollten das um jeden Preis auch. Ich konnte das mehr als verstehen, aber mir war bewußt, dass es für sie individuell nicht die Entscheidung war, die richtig gewesen wäre.

Heike wohnte damals in einer kleinen Wohnung im 2. Stock ohne Fahrstuhl und schon das Begleiten zur Toilette wurde schwierig, als sie noch etwas laufen konnte. Und mir war klar, dass Heike, wenn sie vom Krankentransport in ihre Wohnung gebracht würde, diese niemals mehr würde verlassen können - keinen Spaziergang mehr, kein Einkaufen mehr .... nur noch da liegen und warten auf das Lebensende.

Mir war auch klar, dass, wenn Heike dann sterben würde irgendwann die Geschwister untereinander sich wahrscheinlich Vorwürfe machen würden, dass Heike noch leben könnte, wenn nicht dieser oder jener etwas zu früh oder zu spät oder zu viel oder zu wenig gemacht hätte. Das passiert oft, wenn man den Schmerz nicht verkraftet.
Also sprach ich mit Heike ganz offen - noch im Krankenhaus - darüber, dass ich es als besser empfinde, wenn sie in ein Hospiz ginge, weil ich mir dabei gedacht habe:
- die Kinder sind keinen "Notfällen" ausgesetzt
- die Kinder können die Zeit mit Heike intensiver verbringen - und sie mit ihnen, wenn die Zeit nicht durch Pflege belastet ist, die ja nicht ohne ist
- und ich wußte (da ich selbst in dem Hospiz gearbeitet hatte), dass sowohl Heike als auch ihre Kinder die Möglichkeit des "Rückzugs" haben müssen, damit sie die Situation und die damit verbundenen Eindrücke irgendwie für sich verarbeiten können.

Nachdem ich ihr all das offen gesagt habe und ihr beschrieben habe, wie es im Hospiz aussieht und wie es dort ist, verlor sie ihre Bedenken, in - wie sie es nannte - ein "Sterbehaus" zu gehen. Sie entschied sich dafür und war in ihrer Entscheidung frei, denn ich hatte ihr versichert: wie sie sich auch entscheide - ich würde auch zuhause für sie da sein.
Also teilte sie ihren Kindern ihre Entscheidung mit und bat sie darum, sie zu respektieren. Auch Heike konnte zu dem Zeitpunkt kaum noch sprechen und hat immer wieder geweint. Sie hatte ja auch allen Grund dazu.

Das war eine Phase in der es ihr psychisch wirklich nicht gut ging, aber wer kann ihr das verdenken ...
Das war Freitags.

Am Samstag bekam ich einen Anruf vom Hospiz, dass Heike am Sonntag kommen könne. Ich fuhr nachts um halb 5 los, um den Transport um 9 Uhr begleiten zu können, das hatte ich ihr versprochen.
Auf der Fahrt wirkte sie sehr nachdenklich und ich merkte ihre Aufregung.
Wir sprachen kein Wort.

Im Hospiz angekommen, wurde sie sehr lieb begrüßt - wirklich laufen ging da nur noch mit Hilfe über 3-5- Meter und so schob die Schwester sie mit ihrem Rollstuhl durch das Zimmer, direkt auf die Terrasse. Die SOnne schien, die Mandelbäumchen blühten und wir bekamen einen Cappuccino und einen Ascher gebracht ;-)

Nach gefühlt endlos langer Zeit (es waren in echt vielleicht 5 Minuten) , in der Heike nachdenklich erschien und ich total angespannt war, sagte sie dann "ich fühle mich sauwohl hier".
Das war am 18. April letzten Jahres.

Von da an, war ich von morgens bis abends bei ihr - jeden Tag - und ihre Kinder besuchten sie. Es gab viel zu klären untereinander, zwischendurch immer wieder Tränen, denn jeder musste für und in sich einen Abschied finden.
Die traurigen Momente aber waren meist nicht so lang - es überwog eine Ausgeglichenheit. Oft gab es sogar Phasen, in der jeder zu vergessen schien, wo sie da war und auch warum. Ich weiß dass es unmöglich erscheint, aber wir hatten auch Zeiten da haben wir soooo sehr miteinander gelacht!

Am 8.5. hatten wir "hohen" Besuch von Heikes Jugendfreundin, die ich überall in Deutschland gesucht hatte - denn wir wußten nicht wie sie genau hieß. Aber Menschen mit Hirn und Seele bei verschiedenen Meldeämtern halfen wo sie konnten - und so konnte ein Treffen stattfinden. Es war einer von Heikes Herzenswünschen ihre Tina noch einmal zu sehen. Und Heike hat einen Bruder in Amerika, mit dem sie noch nie gesprochen hatte ... auch den haben wir gefunden und er sprach am Telefon mit ihr, auch wenn sie nichts mehr sagen konnte - sie freute sich.

Das war am 21. Mai.

Zwischendurch hatte Heike immer mal Kopfweh, aber das konnten sie gut behandeln mit Medikamenten.
Sie merkte dass sie schwächer wurde, nicht mehr rauchen mochte, keinen Appetit mehr hatte ... sie mochte nicht mehr aus dem Bett
und schlief viel.
Der Palliativarzt hatte bei unserer Ankunft gesagt:
"Frau M. - wenn Sie ihren Zustand oder Grübelei oder irgendetwas nicht mehr aushalten können, dann geben Sie mir ein Zeichen - dann lege ich Sie schlafen", was bedeutete, dass sie Medikamente bekam, damit sie überwiegend in einer Art Dämmerzustand war - aber auch immer wieder aufwachte. Diese Medikation bekam sie 3 Tage, genauer gesagt 2 1/2 Tage, dann machte sie sich ganz entschlossen und ich glaube bis heute, auch ganz bewußt "auf den Weg".

Also kann ich Dir alles in allem sagen:
psychisch ging es ihr öfter mal nicht so gut, wobei sie die Sorge um ihre Kinder mehr belastete als die Tatsache dass sie bald sterben wird.
Als sie merkte, dass sie das Wasser nicht mehr wirklich halten kann und eine Einlage brauchte, darunter hat sie sehr gelitten.
Die Sorge um die Kinder konnten wir in gemeinsamen "Gesprächen" weitestgehend ausräumen und so war viel Raum für Ruhe und Zeit mit ihren Kindern.

Und körperlich hatte sie wie gesagt ab und zu mal Kopfschmerzen, wobei wir dann immer schnell geklingelt haben und sie was dagegen bekam.

Das Ganze begann bei ihr mit einem Krampfanfall am 5. April letzten Jahres
und genau einen Monat später - am 5. Mai, bekam sie einen weiteren Krampfanfall. Und auch wenn ich von Beruf Altenpflegerin bin und so einiges weiß und sehe aus meiner Arbeit im Hospiz - ich war froh, dass ich den Notalarm drücken konnte und nicht allein damit gewesen bin.

Heike hat in der Zeit im Hospiz mal zum Ausdruck gebracht:
noch niemals in ihrem Leben habe sie sich so sicher gefühlt, so würdevoll behandelt und trotz aller Wut und Verbittertseins soviel Glück und Freude in sich gespürt.

Wir waren so oft mit dem Rolli unterwegs, haben uns beim E*eka um ie Ecke Eis gekauft, Sonnenstrahlen genossen, Wald und Wiesen geschnuppert, uns nassregnen lassen, am Teich gesessen und die Fische und Frösche beobachtet, auf der Terrasse gefrühstückt usw usw usw ........... das alles hätte sie in ihrer Wohnung nicht mehr erlebt.
Von den 36 Tagen im Hospiz hat Heike 31 Tage noch wirklich "gelebt" und sie selbst sagte: mehr und intensiver als jemals zuvor.

Es ist unsere Geschichte, aber ich hoffe,
dass Dir all das zu wissen ein wenig hilft.

Alles Liebe und vielleicht bis bald

Angie
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... meine Freundin Heike ist am 24. Mai 2010 mit 48 J ganz friedlich für immer eingeschlafen ...

... meine liebe Freundin Lilli44 - auch Du hast für immer Deinen Platz in meinem Herzen ...


... I`ll see you when the sun sets!!!

Geändert von HeikesFreundin (09.06.2011 um 00:50 Uhr)
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  #3  
Alt 09.06.2011, 19:05
Lilli44 Lilli44 ist offline
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Beiträge: 59
Standard AW: Glioblastom - alles furchtbar

Angie,mich berrühren deine Zeilen sehr.Bin gerade voller Traurigkeit.


Lilli44
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  #4  
Alt 09.06.2011, 19:19
Enya09 Enya09 ist offline
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Ort: Unterfranken
Beiträge: 18
Standard AW: Glioblastom - alles furchtbar

Liebe Angie,

ich sitze hier und heule.Und verneige mich vor Dir und Heike.
So würdevoll und geliebt gehen zu dürfen.....ich hätte es mir so sehr für
meine Eltern gewünscht.

Liebe Grüße
Andrea
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  #5  
Alt 10.06.2011, 10:44
parigo parigo ist offline
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Beiträge: 127
Standard AW: Glioblastom - alles furchtbar

Salut Angie

sende Dir nach langer Zeit , wiedermal Liebe Grüsse

Pascal
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Diana ist am 04.10.2010 um 7:30 gestorben
Diana Du bist immer noch meine Grosse Liebe, Dich als Frau zu haben war das Grösste Geschenk auf Erden, ich vermisse Dich und wünsche mir jeden Tag das wir so schnell wie möglich wieder vereint werden
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  #6  
Alt 10.06.2011, 20:31
Benutzerbild von HeikesFreundin
HeikesFreundin HeikesFreundin ist offline
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Standard AW: Glioblastom - alles furchtbar

Danke, lieber Pascal
denke oft an Dich und Diana
und freue mich sehr über Deine Grüße!

Auch wenn es mich interessiert:
weil ich weiß, wie schwer es ist frage ich nicht,
wie es Dir geht - wünsche Dir aber, dass
Du Zuversicht und Kraft an Deiner Seite hast
und Menschen, die auch jetzt noch immer
euer Schicksal mit Dir tragen.


Von Herzen liebe Grüße zurück,

Angie
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  #7  
Alt 15.06.2011, 02:00
Benutzerbild von HeikesFreundin
HeikesFreundin HeikesFreundin ist offline
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Standard AW: Glioblastom - alles furchtbar

Liebe Gabriela,

ich glaube, die Liebe eines Menschen ist das Einzige, was trägt.
Sie trägt alles, wenn sie aufrichtig ist -
läßt sensibel und unglaublich stark sein, wenn sie
denn aufrichtig ist. Sie läßt Menschen über sich
selbst hinauswachsen.

Und auch die Liebe ist es, die schlussendlich irgendwann
vom eigenen Egoismus weglenkt
und einen dahin führt, dem Menschen, den man als Kind,
als Freund oder auch als Partner liebt, das Ende jeglicher
Quälerei zu gönnen - ihn loszulassen,
aus seinem zu eng gewordenen Cocon schlüpfen zu lassen
und ihm die Flügel zu verleihen, mit denen er
fortfliegen kann und die er als braucht ...

Das Sterben eines Menschen zeigt uns soviel von uns selbst,
auch Positives - wenn wir es wagen, uns genau anzuschauen
und uns selbst anzunehmen. In solchen Momenten wachsen wir,
lernen uns und das Leben mit anderen Augen zu sehen, werden sensibel
für Schmerz, Abgründen in uns selbst und vielem mehr.

Die Krankheit unserer Lieben zeigt uns auch wie man kämpft -
"wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft, der hat schon verloren"
ist das nicht auch außerhalb von Krankheit so?

Die Liebe in uns öffnet Türen und tragen wir die Liebe in uns weiter,
öffnen sich auch Menschen - auch sie werden sensibler, helfen plötzlich
wo sie früher niemals geholfen hätten.

Das Sterben bringt uns uns selbst nahe - näher, als irgendetwas anderes.
Es läßt uns reifen und wird immer eine Lehre für das ganze Leben sein.

Wir sind der Mittelpunkt unseres Schmerzes und das ist für eine Weile
auch gut und wichtig so -
aber wagt man es irgendwann wieder, den Blick zu heben und die Augen
zu öffnen so merkt man - es geht immer noch schlimmer, als es einem selbst wiederfahren ist.

Und dann kann man anderen helfen, weil man die Trauer und den Schmerz selbst durchlitten hat und weiß dass JEDER die Fähigkeit in sich trägt,
wieder aufzustehen und einen Berg um die Welt zu tragen.

Zitat:
Dein selbstloses Handeln und Hilfsbereitschaft verdienen äußersten Respekt.
Ich denke, nicht ich verdiene Respekt sondern die Kinder, die ihre Mutter so früh verloren haben verdienen die Hilfe und auch Liebe, die sie brauchen um weiterzumachen und die ihnen leider sonst niemand zuteil werden läßt. Dennoch danke für die Blumen.

Und ich wünsche Sabrina und allen, die eine solche Situation betrifft, dass
sie jemanden an ihrer Seite haben der ihnen unbürokratisch Hilfe und Unterstützung zuteil werden läßt.

Ich glaube, das nannte man früher "Nächstenliebe" und die kann man auch ohne
die Institution Kirche leben :-)

Zitat:
Ich hoffe, das meine Liebe mir auch Flügel verleiht, im Kampf um und für meinen lieben Mann.
Das wird sie - sei Dir gewiß.


Alles Liebe und Gute für euch,

Angie
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