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  #1  
Alt 18.10.2013, 09:13
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fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Standard AW: Mami! Warum? Du fehlst mir!

liebe sternschnubbe..
mein aufrichtiges beileid zum tode deiner mama.
ich wünsch dir dolle viel kraft für die schwere zeit der trauer und hoff, du findest hier einen guten raum für dich und deine trauer.
stille grüße von tine
__________________
MISS YOU MAMA
24.02.1944-15.10.2012
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  #2  
Alt 18.10.2013, 13:46
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Standard AW: Mami! Warum? Du fehlst mir!

Danke liebe Tine für deine Anteilnahme!


Hallo Mami,
vor 4 Wochen bist du also nun von uns gegangen. Jetzt ist es 13 Uhr und genau jetzt vor 4 Wochen saßen Lydi und ich bei dir. Du lagst schon seit morgens im Koma, damit du dich erholen kannst. Dein Blutdruck war schon sehr schlecht. Ich habe ganz sanft deinen Fuß gestreichelt und Lydi deine Hand. Wir durften dir doch nicht zu Nahe rücken, weil doch die Ansteckungsgefahr so groß war! Dabei lagst du schon m Sterben und man hat es uns nicht gesagt. Hast du meine Worte noch gehört, wie ich zu dir sprach? Ich habe dir noch gesagt, dass du Omi sagen sollst, sie darf dich noch nicht holen, denn wir brauchen dich doch noch! Ich habe dir gut zu geredet und habe so dolle an dich geglaubt. Der Monitor hat immer wieder gepiept, wenn er mal wieder keine Sauerstoffsättigung bekam. Und auch wenn der Blutdruck wieder ein Stück fiel. Draussen habe ich dann immer gesehen, dass auch eine Krankenschwester auf den Monitor schaute. Sie wusste, dass du dabeiwarst ein Engel zu werden.
Mama, ich bin doch noch dein Kind und brauche dich hier.

Mama, erinnerst du dich noch an den Anfang. Heute vor 7 Wochen, dein erster Freitag nach Diagnose, im Krankenhaus. Du wolltest nicht allein sein. Du hattest Angst. Und du wolltest die Nacht nicht allein sein, weil du immer so schlecht geschlafen und ganz viel Unsinn geträumt hast. Und außerdem warst du der Meinung, ass du fast gar nicht schläfst. Also habe ich die Nacht bei dir verbracht und einem harten Stuhl geschlafen. Du musstest die Nacht auf Toilette weil dir ein Entwässerungsmedikament verabreicht wurde. Aber n der Zwischenzeit hättest du tief und fest geschlafen. Nicht einmal die Schwester, die deine Chemo gebracht und wieder weggenommen hat, hast du mitbekommen. Und weil ich deinen Schlaf beobachtet habe, hast du von da an besser geschlafen, und dich sich gefühlt.

Mama, jedes Mal wenn ich dich besuchen war unzwar täglich, hast du dich beim Abschied bedankt. Ich habe dir immer gesagt, dass du das nicht musst! Ich habe nur gesagt, dass du gesund werden sollst und dich wahnsinnig lieb habe!

Mama, um 13:30 Uhr bist du von uns gegangen. Es war wie im Film. Immer wieder das Piepen des Monitors und die Linien. Der Blutdruck fiel, die Sauerstoffsättigung zeigte Fragezeichen. Und auf einmal fiel auch deine Herzfrequenz. Die Kurve sah die ganze Zeit gut aus und auf einmal fiel die Kurve und Zahl daneben sank. Mama ich habe dich an geschrien, du sollst bleiben. Mama, warum hast du nicht auf mich gehört? Warum nicht? Und dann, wie im Film, ein langer durchgehender Piepton, ein langer Durchgehender Strich und die Maschine war aus!

Mama, du hast bestimmt das gleiche in dem Moment gedacht wie wir: NEIN, NEIN, NEEEEEEEEIIIIIIINNNNNNN! Und dann nur noch Sch***eeeeeeee! NEIN!
Mama, es tut so unheimlich weh und kann die Situation noch immer nicht begreifen. Ich habe doch gar keinen Filmvertrag unterschrieben, wie kann ich denn in so einem Film mitspielen???

Mama, es tut so weh. Du fehlst mir so sehr. Lediglich der Gedanke, dass du keine Schmerzen hattst, beruhigt mich! Aber wieso hast du uns verlassen? Warum war Omis Kraft dich zu holen stärker als unsere Kraft dich hier zu behalten? Wir hatten doch so viele Pläne!

Wahrscheinlich würdest du jetzt mit deinem zweiten Block Chemo anfangen. Wir wissen ja noch nicht einmal das Ergebnis aus der ersten Knochenmarkpunktion! Du durftest nicht einmal raus! Mama, du hast soviel verpasst und wirst noch soviel verpassen. Aber ich werde dir alles berichten, falls du mal nicht zuschauen kannst, weil du dort oben gerade Kaffeekränzchen mit Lydis Schwiegermama hältst oder dich grad um eines der kleinen Kinder kümmerst, die viel zu früh starben. Ich denke eh, dass du da oben als Kindergärtnerin Gebrauchst wirst. Aber ich brauch dich auch, Mama!

Mami, ich brauche dich. Mami, du fehlst mir. Mami ich vermisse dich so sehr. Mami ich hab dich so lieb und kann deinen Verlust nicht ertragen und will ich auch nicht. Ich Sitze hier bei dir und warte, dass du reinkommst. Wenigstens noch einmal! Noch einmal möchte ich von dir in den arm genommen werden. Noch ein letztes Abschiedswort. Wir konnten uns ja nicht verabschieden, wir wussten ja nicht dass du ins Koma gelegt wirst und nicht wieder aufwachen wirst!

Mama, ich könnte ich mich ins hundertste und tausendste schreiben!
I h vermisse dich. Ich hab dich super lieb.

Ruhe in Frieden mein liebstes Mutschipu!
Deine tief traurige Tochter! Dickes Küsschen nach oben! :
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Die Trauer hört niemals auf,
sie wird ein Teil unseres Lebens.
Sie verändert sich und wir verändern uns mit ihr.


Mami
am 06.02.1958 geb.
Diagnose Leukämie: am 26.08.2013
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Papi
am 06.03.1956 geb.
tödlich verunglückt und
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  #3  
Alt 19.10.2013, 22:34
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Sternschnubbe Sternschnubbe ist offline
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Standard AW: Mami! Warum? Du fehlst mir!

Guten Abend Mami,

ich höre gerade "Nearer my God to Thee". Die Instrumental Version, die wir auch auf deine Beerdigung spielten. Mama, immer wieder lasse ich die letzten Minuten mit dir Revue passieren, um nochmal zu überlegen, ob das wirklich so stattfand, oder ob ich vllt nicht doch was übersehen habe. Ich glaube, ich war mehr auf den Monitor fixiert, als auf dich. Tut mir leid! Und ich sehne mir irgendwie den Moment zurück, wo du nochmal hübsch hergerichtet wurdest und wir nochmal Abschied nehmen konnten. Der Moment war so toll, denn ich hatte dich Wochen vorher nicht mehr berührt. Manchmal deine Hand oder so, aber ich hatte immer Angst dich anzustecken, denn du warst doch noch isoliert. Und bie der Abschiednahme konnte ich dich noch einmal knuddeln, streicheln, umarmen und dich küssen. Deine Haut war so weich. Und wenn man hier so liest, wieviele Menschen immer unter Schmerzen gehen und das im Gesicht danach erkennbar war! Ich danke dir sehr, dass du so friedlich und irgendwie glücklich gagangen bist. Ich meine, keine Ahnung, wie es dir die ganze Nacht lang ging und kurz bevor du ins Koma gelegt wurdest. Aber weisst du, warum du friedlich aussahst? Weil du die Hoffnung hattest geheilt zu werden und mit dieser Hoffnung ins Koma gelegt wurdest. Dass du von dort nie wieder erwachst, wussten wir ja alle nicht.

Ach Mama, es schmerzt so sehr. Kaum bin ich wieder hier in Berlin (ich bin gut angekommen, aber das weisst du sicher. Hast mich bestimmt beobachtet) geht es mir viel schlechter. Ich bin hier nicht so gut abgelenkt und allein und damit muss ich mich vor niemand anstrengen. Es ist schon komisch Mama, wir alle leiden, aber sind wir zusammen zeigen wir uns kaum den Schmerz. Papa und Lydi zeigen sich echt stark. Ich kann das immer gar nicht so.

Lydi, Milli und ich waren heute wieder bei dir auf dem Friedhof. Milli hat für dich gesungen. Hast du es gehört? Und hast du dir die Kerze angeguckt? Alles gemalte kommt von Milli. Keine Ahnung woher sie weiß, dass die Kerze für Traurigkeit steht, aber sie wollte eine traurige Mama, Papa und Katze auf der Kerze sehen. Naja, ich denke Milli vermisst dich auch! Du warst doch ihre einzige Lieblingsomi! Sie wird so schnell groß. Kann von Woche zu Wochen in besseren Sätzen sprechen. Du wärst stolz! Ach Mama....

Morgen ist es dann genau ein Monat her, dass du für immer eingeschlafen bist! Und trotzdem kann ich es nicht glauben. Aber ich vermisse dich so schrecklich. Möchte dich anrufen. Ich darf es nicht! Warum?

Ich hab dich lieb Mama. :
Gute Nacht!
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Mami
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  #4  
Alt 20.10.2013, 10:29
blue_eyes blue_eyes ist offline
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Standard AW: Mami! Warum? Du fehlst mir!

Liebe Sternschnubbe!

Auch von mir mein aufrichtiges Beileid. Es ist sehr sehr schwer einen geliebten Menschen zu verlieren. Ich kenne diese quälenden Fragen und diese Gefühle. Mein Papa ist am 06.10.13 für immer eingeschlafen. Ich warte auch täglich, dass er wieder kommt.
Es ist, als würde die Welt stehen bleiben und sich nicht mehr weiterdrehen. Als würde man in Trance alle Dinge erledigen, aber selbst nicht wirklich mehr da sein.
Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft.

liebe Grüße
blue_eyes
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Papa, du fehlst mir so sehr!! 06.09.1948-06.10.2013
Es ist ein Abschied für länger, aber nicht für immer - irgendwann sehen wir uns wieder!
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  #5  
Alt 20.10.2013, 17:09
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Sternschnubbe Sternschnubbe ist offline
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Standard AW: Mami! Warum? Du fehlst mir!

Hallo Blue-eyes,

ich möchte auch dir mein aufrichtiges Beileid aussprechen. Es ist so schlimm und du beschreibst es genau richtig. Die Welt steht still, und doch dreht sie sich weiter und der Verstand völlig wirr, fragt immer wieder nach dem geliebten Menschen.

Auch dir wünsche ich alle Kraft der Welt, die Zeit zu überstehen, soweit man das "Überstehen" will...
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Mami
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  #6  
Alt 20.10.2013, 17:12
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Sternschnubbe Sternschnubbe ist offline
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Standard AW: Mami! Warum? Du fehlst mir!

Hallo liebe Forum-Leser,

auch wenn ich nun schon paar Einträge hier geschrieben habe. Vor einigen Tagen begann ich mit der gesamten Geschichte, aber wie ihr gleich sehen werdet, ist die trotz der „nur“ 4 Wochen sehr lang und habe somit paar Tage gebraucht, alles zusammen zu schreiben. Denn Tränen hielten mich ab. Aber ich wollte für interessierte Leser einfach einen zusammenhängenden Text über „meine“ Geschichte schreiben. Verzeiht mir die vielen Worte, aber ich sprudle nur so vor Worten und möchte der ganzen Welt mitteilen, was mit meiner Mama - meinem Ein und Alles – dem besten Menschen auf der Welt – geschah.

Meine Mama ist ein wunderbarer Mensch gewesen und sie war stark und immer für jeden da. Leider wurde sie im Sommer immer schwächer und wir fragten uns, warum? Die Hausärztin kam leider auch nicht gleich drauf, so dass weitere 2 Wochen vergingen (26.08.13) bis Mama ins Krankenhaus kam, wo dann Leukämie (AML) diagnostiziert wurde. Das war ein sehr großer Schock für uns und wir kamen die ersten Tage überhaupt nicht klar. Unsere Mama, der Beste Mensch der Welt kann so etwas doch gar nicht bekommen. Durch ein Gespräch mit dem behandelnden Oberarzt wurden uns unsere Ängste aber schnell genommen, so dass wir positiv nach vorne blickten und nur an das gute Ende glaubten und sehr viel Hoffnung hatten. Mama ging es auch innerhalb von Tagen besser.
Da ich eigentlich in Berlin wohne, wurde ich krankgeschrieben um bei meiner Mama in der Heimat zu sein. Selbst meinen Urlaub habe ich abgesagt um jeden Tag bei meiner Mami zu verbringen. Es war auch auf eine gewisse Art eine sehr schöne Zeit. Mama hat sich wohlgefühlt. Endlich war sie behütet und umsorgt, denn sonst war es ja ihre Aufgabe. Mama überstand die Chemo soweit gut, aber ihre Werte erholten sich nicht. Trotzdem machte Mama einen fitten Eindruck und sagte oft genug selbst, dass sie sich nicht krank fühle. Die Worte taten gut. Wir haben auch sehr viel gelacht und ganz viele Pläne geschmiedet für die Zeit, wenn sie wieder gesund ist. Sicherlich gab es auch schlechtere Tage, wo sie schwächer war. Aber in der Erinnerung bleibt ihr Lachen und ihr starker Wille! Sie sagte immer, dass sie 90 werden will und es auch wird!
Mama und Papa hatten am 16.9. ihren 35. Hochzeitstag und sie war so glücklich, denn auch die Liebe ist irgendwie neu entfacht.
Am nächsten Tag fing dann ihr Fieber an. Die Ärzte wussten nicht, wo es herkam und glaubten an die letzten Auswirkungen der Chemo. Sie bekamen das Fieber kurzfristig runter, doch leider stieg es immer wieder auf 39 und sogar 40 Grad Fieber.
Am Donnerstagabend hieß es dann plötzlich – zum Glück war ich da – dass Mama auf Intensivstation soll. Aber nur prophylaktisch. Also einmal ne Runde Nährstoffe und am nächsten Tag wieder auf Station zurück. Ich durfte sie nochmal auf ITS besuchen. Hier stellte sich leider schnell raus, dass es nicht nur bei einer Nacht bleibt, denn sie hatte eine kleine Lungenentzündung. Aber ich hatte mir keine Sorgen gemacht, denn mit solchen Komplikationen hatten wir ja irgendwie gerechnet.
Mama warf noch das Wort „Sepsis“ in den Raum. Zu dieser Zeit wusste ich aber nicht, was das heißt. Irgendwie hatte ich dann schon sehr viel Angst, wie Mama da wieder lag mit all den Schläuchen und auch der Beatmungsmaske, da sie eine schlechte Sauerstoffsättigung hatte. Aber da sich Mama sicher war, dass sie das schafft und so äußerte, glaubte ich an sie.
Am nächsten Morgen fuhr ich mit Papa ins Krankenhaus. Die Ärztin empfing uns mit den Worten: „Wir mussten sie ins künstliche Koma legen und es sieht schlecht aus!“. Ich musste sofort anfangen zu weinen. Aber ich dachte mir immer noch. Gut, dann machen sie Mama nun gesund. Im Koma konzentriert sich der Körper auf das Wichtigste: Gesund werden und nicht um Angst oder andere Gefühle. Es war schrecklich, wie Mama da mit den Maschinen lag und schlief. Ich bat dann um ein Gespräch mit dem Oberarzt. Das war um 12 Uhr. Hier wirkte er sehr bedrückt und wusste selbst nicht so ganz. Er war offensichtlich selbst vom Verlauf schockiert. Mama hatte eine schwere Sepsis. Vermutlich durch Darmbakterien verursacht. Und ohne Abwehr, kein Gegner! Lunge, Leber und Niere angegriffen. Wir bejahten noch am Leben erhaltende Maßnahmen, denn Mama wollte Leben! Er sagte, dass das Wochenende entscheidend ist, wenn sie es überlebt. Ich konnte nicht mehr und musste nur noch weinen. Aber ich glaubte an Mama und die Kraft ihres Willens.

Danach waren meine Schwester und ich allein bei ihr, denn meine Tante und Papa sind nach Hause. Wir wussten ja nicht, dass alles schnell geht. Es war so grausam in diesem Iso-Raum mit all den Geräten und dem Monitor. Da lag sie und schlief und irgendwie auch nicht. Meine Schwester saß auf der rechten Seite und hielt ihre Hand. Ich ging erst an die linke Seite, aber da von dort die ganzen Schläuche kamen, stellte ich mich ans Fußende und berührte ihren Fuß. Der war kalt, trotz dessen dass sie starkes Fieber hatte, aber das ist wohl so im Koma. Ach man, da lag sie also und wir starten auf den Monitor. Meine Schwester meinte immer wieder, dass der Blutdruck sinkt. Ich verneinte es. Aber es fiel mir auch so schwer, mir die Zahl zu merken um dann Minuten oder gar nur Sekunden später zu vergleichen. Im Nachhinein habe ich kein Zeitgefühl mehr. Irgendwann wurde mir dann aber doch klar, dass der Blutdruck sank. Er erreichte Werte, eigentlich hätte es mir klar sein müssen, dass es zu Ende geht. Aber ich bin ja kein Arzt und hatte sehr große Hoffnung. Also standen wir an ihrem Bett und haben uns unterhalten. Wir haben mit Mama gesprochen und auch miteinander über Mama. Wir sagten ihr, dass Lydi doch zwei Tage später Geburtstag hat und das schönste Geschenk wäre, wenn sie wieder wach wird!

Und zwischendurch war immer wieder dieses Piepen des Monitors. Meist war es dann die Sättigungsanzeige, die ein Fragezeichen zeigte. Ich dachte es läge an der Maschine, aber ich glaube es lag wirklich an der nicht vorhandenen Sauerstoffsättigung, weil einfach kein Blut ankam. Das muss man sich mal vorstellen. Da ist das vergiftete Blut – die Organe warten darauf, dass sie ernährt werden und stattdessen kommt dieses Blut mit Bakterien. Das fressen die Organe auch und auf einmal merken die Organe, dass sie damit nicht weiterarbeiten können und versagen. Damit auch die Lunge… und dann kann auch die Lunge kein Sauerstoff, trotz Beatmungsgerät nicht mehr geben bzw. nimmt das Blut einfach nicht genügend auf und am Ende der Kette steht das Fragezeichen auf dem Monitor. Das Fragezeichen, welches mir mit dem PIEP Angst und Schrecken und Panik einjagte.

Aber dann – ich erinnere mich verschwommen und doch klar und irgendwie auch nicht – ich weiß es nicht – ich höre nur noch mehrere Pieptöne des Monitors. Schaue nach draußen auf den Gang und warte auf Hilfe. Die Schwester guckt auch auf den Monitor und läuft den Gang nach links. Ich denke, sie holt einen Arzt. Aber es kommt keiner. Stattdessen schaue ich auf die Herzfrequenz. Die gesunde Kurve wird schwächer. Die Zahl daneben sinkt. Aufatmen, sie steigt kurz wieder. Nein, sie sinkt wieder. Sie sinkt weiter. Oh nein, die Zahl, wo eben noch eine 120 stand, da steht nun eine 90. Und ich renne, oder auch nicht, im Zimmer, auf und ab. Ich schaue nach draußen. Warte auf einen Arzt. Spreche mit meiner Schwester. Spreche zu Mama. Ich schreibe Mama an. Ich halte ihren Fuß nicht mehr. Mir wird kalt und heiß. Ich habe Angst. Mein Herz stockt…. Die Linie der Herzfrequenz ist gerade. Der Ton eintönig. Kurz vorher ist so ein Spucken von Mama, bzw. des Beatmungsgeräts erkennbar. Und dann die Frage im Kopf: „Sie ist doch nicht? Sie ist doch nicht? Nein, sie kann doch nicht?“, “Wann fängt die Scheiß-Linie wieder an Kurven zu schlagen?“… und die Schwester kommt rein und meinte nur „Sie haben ja gesehen, was passiert ist!“. Ich habe nur noch geschrien, gebrüllt, MAMA gerufen, NEIN… ich schmiss mich auf den Boden, ich brach in mich zusammen!

Da war nun das Unfassbare, das NIE Vorstellbare, das Unbegreifliche geschehen. Mama’s Herz, das doch eigentlich als stark und unverwundbar galt, hörte in dem Moment einfach auf zu schlagen. Sie verließ einfach die Erde und stieg als Engel auf. Weißt du Mama, dass die Sonne schien und es zugleich regnete. Irgendwo gab es deine Himmelsleiter – ein Regenbogen, der dich nach oben begleitete. Aber Mama, wieso bist du überhaupt ins Licht?

Immer wieder frage ich mich, warum? Einfach nur warum? Warum bist du gegangen? Warum konntest du nicht einfach bleiben? Warum waren unsere Worte, mein Flehen nicht stark genug? Warum? Tausendmal WARUM???

Mama, ich vermisse dich so unendlich sehr. Komm doch bitte wieder!
Heute bist du nun genau einen Monat nicht mehr unter uns und es kommt mir vor, als war deine Diagnose vorgestern und gestern bist du ins Licht. Die Welt steht quer, bitte hilf mir doch!!!

Zum Abschied noch ein Lied für dich Mama - http://www.youtube.com/watch?v=YsBJ3...rpYwoTgnMf3Scj ... ich finde es sehr schönes und passendes Lied. Und ich hoffe wir werden uns wiedersehen....

Ich habe dich so unendlich lieb und bin so unendlich traurig
__________________
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Mami
am 06.02.1958 geb.
Diagnose Leukämie: am 26.08.2013
ein Engel seit dem 20.09.2013

Papi
am 06.03.1956 geb.
tödlich verunglückt und
ein Engel seit dem 03.02.2014

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Geändert von Sternschnubbe (20.10.2013 um 17:14 Uhr)
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  #7  
Alt 21.10.2013, 22:49
elisabetz elisabetz ist offline
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Beiträge: 127
Standard AW: Mami! Warum? Du fehlst mir!

Liebe Sternschnubbe,

ich habe deine Worte gelesen und geweint.
Es tut mir so leid, dass du deine Mami so schnell verloren hast.
Ich vermisse meinen Vater sehr, der vor zwei Monaten gestorben ist. Ich kann bis heute nicht glauben, dass er tatsächlich weg sein soll...

mich hat berührt wie du den Tod deiner Mutter beschrieben hast. Ich war auch beim Sterben meines Vaters dabei. Es beschäftigt mich sehr, immer wieder gehe ich diese halbe Stunde nachts an seinem bett durch, erlebe sie immer wieder...

leider kann ich schlecht darüber reden, weil die wenigstens Menschen diese erfahrung gemacht haben... und es doch auch so persönlich und so schmerzbehaftet ist. Mein Vater starb auch (naja eigentlich am Krebs) an einem Kreislaufzusammenbruch... er wurde ohnmächtig, bewusstlos, hatte eiskalte Hände, sein Blick ging ins nichts. Meine Mama hat seine Augen geschlossen und dann haben wir noch eine halbe Stunde mit ihm geredet, seine Hand gehalten, geküsst, er hat sie mir sogar noch gedrückt... irgendwann wurde sein atem seltener... bis er ganz aufhörte.

Danke auch für deine Worte von der Abschiednahme. Ja, ich wollte meinen Papa auch nicht gehen lassen, er lag so friedlich im Bett, wie im Schlaf, und ich wollte ihn nicht gehenlassen, ich wollte ihn noch dabehalten...

jetzt weine ich wieder...
ich wünsche dir alles Liebe, viel Unterstützung und Anteilnahme in deiner Trauer
Elisa
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