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#1
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Hallo Hermann,
Duplizität der Ereignisse ... du schreibst von einem Abschiedsbrief. Heute Nachmittag lag ich für ein Mittagsschläfchen auf dem Sofa. Plötzlich kam mir der Gedanke hoch: was hat sie gefühlt, gedacht, als sie wusste, dass sie bald sterben würde? Wie ist das? Wie kam sie damit klar? OK. Wir haben geredet. Nicht viel, jedoch bereits lange davor. Ganz sicher hört oder liest man da nicht immer alle Gedanken und Ängste. Selbst bei allem, was ich weiß ... ich kann es mir nicht wirklich vorstellen, was da im Kopf abgeht. Will ich es wissen? Keine Ahnung. Vielleicht werde ich es irgendwann selbst in ähnlicher Weise erleben. Ja, wir müssen damit klarkommen und uns auch abfinden. Abschließen? Ich denke, du siehst, dass das nicht so ganz geht. Zumal man selbst noch nach Jahren von dem Gedanken daran überfallen werden kann. Sogar wenn man glaubt, abgeschlossen zu haben. Das Gute daran: es ist Trauer um die Verstorbene, was diese Gedanken aufkommen lässt und genau das zu erkennen. Im Gegensatz zu der Trauer um den eigenen Verlust. Beides ist wichtig. Es ist wichtig, beides irgendwann trennen zu können. Ersteres wird bleiben (und sicherlich versöhnlicher werden), das Zweite kann man überwinden. Das hört sich furchtbar traurig an. Ist es ja auch. Weißt du, was ich (und andere auch) mich schon oft gefragt habe? Wer hat es jetzt besser? Sie oder wir? Sie müssen nicht mehr leiden. Wir leiden immer noch. Ein seltsamer Gedanke. Findest du? Liebe Grüße, Helmut
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Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376 http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070 Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise. |
#2
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Hallo Hermann,
das ist etwas, was ich schon oft gelesen und auch selbst erlebt habe: dass Menschen, sobald sie wissen, dass sie sterben werden, sich dann verstärkt Sorgen um ihre Angehörigen machen. Das kann so weit gehen, dass sie dem Menschen, den sie am meisten lieben, schon während der Krankheit bis zuletzt glauben machen wollen, es würde wieder alles gut. Nein, meine Frau hat das nicht gemacht. Nur, ab einem bestimmten Zeitpunkt wollte sie nicht mehr über Konsequenzen mit mir reden. Als ich mit ihr über ihren Pleuraerguss reden wollte, sagte sie nur: "Ich will das nicht wissen!" Mit absoluter Bestimmtheit. Ich musste das akzeptieren. Der eine Mensch ist so, der andere so. Habe daran lange knabbern müssen, um das zu verstehen. Später, danach. Zum Glück gibt es zwischen Menschen, die 35 Jahre zusammen gelebt haben, noch andere Ebenen, um sich zu verständigen. Ob man es nun so oder anders erlebt und durchlebt hat ... ein kräftiges Päckchen ist es allemal. Wie man als Zurückgebliebener dieses Päckchen aufschnüren kann ist individuell. Manche schaffen das nie. Man braucht schon eine Menge Mut, sich daran zu machen und Kraft kostet es auch. Apropos 'Kraft kosten'. Meine Erfahrung ist, dass es zwar zunächst Kraft kostet, man danach jedoch wenigstens ein kleines Stück stärker ist als zuvor. Es lohnt sich. Für uns und unsere Verstorbenen. Männer dürfen nicht weinen. Quatsch mit Sauce. Alles runterschlucken? Warum sollte das so sein? Liebe Grüße, Helmut
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Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
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#3
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Hallo Hermann,
ich finde es sehr schade, dass du dich vollständig zurückgezogen hast. Würde mich freuen, mal wieder von dir zu lesen. Herzliche Grüße Simi |
#4
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Heute träumte ich, dass ich Krebs habe. Ich war ganz ruhig, obwohl ich wusste, dass ich nicht mehr lange leben würde. Angst vor dem Tod hatte ich nicht.
Vor einem Jahr ( am 6. Mai) erfuhren wird, das die zweite Chemo-Therapie für meine Frau erfolglos war. Der Tumor war während der Therapie schnell nachgewachsen. Kurze Zeit später war sie auf der Palliativ -Station. Sie erholte sich etwas, aber die dritte Chemo-Therapie war auch erfolglos und die OP danach auch.Sie hätte gerne länger gelebt. Dieses Jahr macht die älteste Enkelin Abitur. Gerne hätte sie mitgefeiert. |
#5
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Guten Morgen Hermann,
ich kann mich zwar nicht daran erinnern, je solche Träume gehabt zu haben, Angst vor dem Tot an sich habe ich auch nicht mehr. Um ehrlich zu sein, manchmal hatte ich ihn mir sogar gewünscht, mit dem Gedanken gespielt. Es geht vielen so oder ähnlich. Bestimmte Tage haben heute für mich kaum noch eine Bedeutung. Ich weiß noch, dass im ersten Jahr der Gedanke oft schlimm war: heute war dies, gestern war jenes. Das tat weh. Danach verlor das Datum langsam seine Wichtigkeit. Heute müsste ich sogar in den Unterlagen nachsehen, wann ein bestimmtes Ereignis stattgefunden hat. Das hat nichts mit Vergessen zu tun. Ich habe nichts vergessen. Es ist mir nicht wichtig, ob ich an Weihnachten an ein bestimmtes Ostern denke oder an Ostern an die Chemo, eine OP oder anderes. Es gab ja auch gute Tage und Beides vermischte sich mit der Zeit. Wichtig ist, die Erinnerung an den Menschen und sein Leben zu bewahren und damit wieder das Leben zu lernen. Die guten wie die schlechten Tage. Heute wie gestern. Liebe Grüße, Helmut
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Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376 http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070 Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise. Geändert von HelmutL (08.05.2014 um 10:49 Uhr) |
#6
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![]() Zitat:
durch den Verlust meines Partners hat der Tod auch für mich an Schärfe verloren, dann werden wir ja auch älter und können uns freuen überhaupt so alt geworden zu sein. Sicher "geht es vielen ähnlich", aber hilft relativieren dann weiter, wenn man seinen Partner verloren hat? - ich denke nein, es tröstet nicht mal, dass andere auch betroffen sind. Ich möchte die Vergangenheit nicht summarisch betrachten, für mich ist spezielles Gedenken wichtig und trostspendend; mein Mann war der Teil meiner Vergangenheit, den ich am wenigsten missen möchte, deshalb bleibt das Bewahren von Details auch wichtig für mich. Gerade weil man weiß, dass der Verstorbene noch so gern weitergelebt hätte, wird das Herz schwerer. Beste Grüße Geske Geändert von Geske (08.05.2014 um 23:03 Uhr) |
#7
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Hallo Hermann,
da hast du sicherlich recht. Einen wirklichen Einfluss hat man eh nicht darauf. Irgendjemand hat den Spruch in der Signatur: "Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben." Nicht nur früher, auch heute. Das hat sich mir eingeprägt. Was war richtig, was war falsch? Vielleicht hilft dir das hier Liebe Geske, meine Aussage "Es geht vielen so oder ähnlich." bezieht sich eindeutig auf Suizidgedanken, die ich im Satz davor umschrieben habe, und darauf, dass ich keine Angst mehr vor dem Tod habe. Es hat absolut nichts mit Relativierung zu tun in dem Sinne, der Tod meiner Frau Tod wäre dadurch für mich leichter zu ertragen. Du hast recht. Der Tod unserer Lieben wird nicht erträglicher und es macht unsere Trauer auch nicht leichter, wie du sagst, dass auch andere ihre Lieben verloren haben oder an Krebs erkrankt sind. Es macht den Schmerz nicht kleiner, doch es hilft, ihn zu ertragen. Manchmal vielleicht sogar größer, wenn man das Leid der Kranken, der Angehörigen oder der Trauernden sieht und weiß oder ahnt, was passiert und passieren kann. Manchmal hilft es zu erfahren oder zu lesen, wie andere damit umgehen oder dass sie vielleicht sogar schon ihr persönliches Ziel erreicht haben. Genau. Du allein kannst entscheiden und sollst wissen, was für dich richtig ist. Das ist notwendig und gut so. Für jeden. Es ging doch ursprünglich darum, sich z.B. an den genauen Tag der niederschmetternden Diagnose zu erinnern bzw. zu trauern. Im ersten Jahr ging es mir doch genau so. Es gibt sehr, sehr viele Gelegenheiten, solche Tage trauernd zu erleben nach dieser schweren Krankheit. Ich überlege, reduzieren wir unsere Lieben an diesen Tagen auf den Schmerz, den sie erlitten? Ihr Leben bestand doch aus wesentlich mehr als das? In den mehr als 36 gemeinsamen Jahren gab es so viele gute Tage, die zu feiern ein ganzes Jahr nicht reicht? Oder ist es (auch) der Schmerz um uns? Ich weiß, dass kurz vor Weihnachten 2005 alles begann. Ich weiß, dass im Juli 2006 der Horror begann, dass im Oktober 2006 endlich nach vielen Wirren eine Behandlung begann, Hoffnung aufkeimte, in welchem Monat die erste und die zweite OP, ich weiß, ab wann die Hoffnung im Sterben lag. Ich weiß, wann wir dazwischen gute Zeiten hatten und wie wertvoll unsere/ihre damaligen Freunde für sie waren. Was ich nicht mehr mache ist, mich an einem Donnerstag oder z.B. genau am 20.12. zu erinnern, sondern zu jeder Zeit. Dann erinnere ich mich an meine Frau und nicht an das Verlorene, das Leid der letzten Jahre. Ich erinnere dann vom ersten Kennenlernen an bis zu ihrem Tod. Mit allem, was ihr und mein Leben in dieser Zeit ausmachte. Es hat einige Jahre gedauert, bis ich das erreicht hatte und ich kann heute auch mit lächelnden Augen in die Vergangenheit schauen. Sogar am 24. Februar. Ich glaubte, viel verloren zu haben doch heute weiß ich, ich habe vor langer Zeit für viele Jahre ein großes, wunderbares Geschenk erhalten. Es behalten zu dürfen, war mir leider nicht vergönnt. Was ich behalten darf ist die Erinnerung und das zählt für mich. Die Trauer um das, was meine Frau verloren hat und sie in ihrer letzten Zeit erdulden musste, die bleibt. Diese Trauer ist für mich ebenso nicht an ein bestimmtes Datum geknüpft. Sie kommt nicht nur am 24.02. auf. Ich musste lange und hart für diese (meine) Überzeugung schuften sonst wäre nämlich genau das passiert, was ich Eingangs beschrieben habe. Kann man das verstehen? Ich glaube, ja. Man muss es ja nicht übernehmen. Vielleicht später? Wenn nicht, auch gut. Drüber nachdenken? Warum nicht. Mache ich auch so. Jeder hat sein Jetzt selbst in der Hand und stellt damit Weichen für die Zukunft, von der niemand weiß, wo sie hinführt. Liebe Grüße, Helmut
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#8
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Ihr Lieben,
es ist erschütternd zu lesen, was einige hier erlebt haben. Ja, es ist schlimm, man ist der Maschinerie auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, weil man selbst eben kein Medizinstudium hat und somit keine Ahnung. Vieles weiß man leider erst hinterher besser. Wir hatten in allem großes Glück. Und ich glaube fast, das Glück hatten wir, weil Mom außer bei der Diagnose nicht ein einziges Mal im Krankenhaus war. Ich glaube, es lag aber mehr an ihr. Ein paar Mal ging es ihr so schlecht, dass ich sie ins KH gebracht hätte, wenn sie es nicht abgelehnt hätte. Okay, wäre dann aber auch eher eine Palliativsituation gewesen, und da passiert ja eigentlich nichts Gravierendes mehr, zumindest nicht was die Behandlung betrifft. Bin ja fast glücklich, dass es bei Mom nie auf der Kippe stand, ob sie operiert werden kann oder nicht. Es war von Anfang an klar, dass nicht mehr kurativ behandelt wird. Und ja. man fragt sich dann, war denn diese Operation nötig, für den Patienten nötig? Fürs Krankenhaus ist sowas ja immer gut. Aber hinterher möglichst schnell hinaus, man ist schließlich eine "Fallpauschale". Der Patient klammert sich natürlicherweise an Hoffnungen und stimmt zu. Das wissen die doch auch. Ich traue unserem Medizinapparat kein Stück mehr. Ich muss mich demnächst einer Knieoperation unterziehen, werde sie aber wohl ambulant machen, weil ich echt Angst vorm Krankenhaus habe. Also insofern, dass ich mri da nen Keim einfangen könnte, oder überlasteten Ärzten und Schwestern auf die Nerven zu gehen. Der einzige Ort, wo man heute noch gut gepflegt wird, ist das Hospiz. Ist ja aber auch kein Regelangebot unseres Gesundheitssystems. Ist ja eigentlich mehr eine Bürgerinitiative, die auf Spenden angewiesen ist, auch wenn die Kassen den größten Teil tragen. Vorraussetzung ist ja hier auch, dass es zuhause nicht geht, was so sicherlich nicht immer ganz stimmt, es ginge zuhause, nur die Bedingungen sind oft nicht so gut, weil Angehörige einfach mit den Dingen am Lebensende schnell überfordert sind. Ich wars zum Schluss. Und ja, auch ich bin den Pflegern und Schwestern unendlich dankbar, obwohl sie sie nur noch bis zum Tod pflegen konnten. Es sind zum Schluss einfach andere Dinge wichtig. Und jeder sollte diese Möglichkeit haben, am Ende im Hospiz gepflegt zu werden. Dennoch sind es z.B. in Berlin nur 1- 2 %. Kein Mensch sollte in einem überlasteten Krankenhaus sterben müssen. Die wo es gut läuft, sind eher die Ausnahme. Z.B. Mausis Mom, der eine Schwester nachts verweigert hat, den Toilettenstuhl zu benutzen. Da könnt ich echt weinen, wenn ich sowas höre. Und das auf einer Palliativstation? Wie kann das sein? Man darf doch einem Sterbenden keine Wünsche abschlagen. Und dann noch so grundelementare.......bin erschüttert, wenn ich sowas lese. Wenn ich mal von dieser Welt gehe, möchte ich so gehen wie meine Mama. Gut aufgehoben in medizinischer, psychischer und geistiger Hinsicht. Das können Angehörige so in dieser Form zuhause einfach nicht leisten. Und ein Krankehnaus kann das auch nicht. Ein Pflegeheim........naja lassen wir das....... Unsere Regierung sollte sich schämen, dass sie unser Gesundheitssystem so hat verkommen lassen.........Das war früher mal richtig gut.....naja, Kapitalismus auf der ganzen Welt funktioniert halt einfach nicht. Geht auf Kosten des Menschen, und natürlich auf Kosten des Schwächeren, oder sollte man sagen, des Ärmeren.........ziemlich eklig ist das........ Aber lassen wir das, das regt nur auf......... Grüße Tanja
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Meine Mama *21.01.1950 ![]() Adenokarzinom Lunge ED:12.03.2012 Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern, dass man nie beginnen wird zu leben. (Marcus Aurelius) Seid zuversichtlich und stark und lebt Euer Leben mit der Gewissheit, es ist endlich. Kostet das Geschenk des Lebens jeden Tag aus! |
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