Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Angehörige

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 09.04.2014, 23:28
Drea2 Drea2 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 24.03.2006
Beiträge: 10
Standard AW: Ich bin so traurig, mein Paps hat schlimmen Prostatakrebs

Lieber Herr Burger,

ich möchte Ihnen gerne berichten, wie es bei uns nach der Diagnosestellung weitergegangen ist mit dem blöden Krebs.

Die Prostata wurde am 07.03 in der Uniklinik in Kiel entfernt. Mein Vater hat sich auf Anraten des Professors / Direktors der dortigen Urologie für die DaVinci-Methode entschieden, weil ihm mitgeteilt wurde, dass es dann kaum Blutverlust gebe und auch nicht allzu große Kontinenzprobleme befürchtet werden müssten.

Aufgrund der bereits im CT sichtbaren vergrößerten Lymphknoten (er hat zusätzlich seit Jahren eine CLL, die Lymphknoten sind durch diese Erkrankung seit geraumer Zeit eh größer als normal) wurden ihm neben der Prostata auch 32 Lymphknoten entfernt.
Die OP hat sehr lange gedauert.

In der Nacht nach der Operation erhielten wir einen Anruf aus der Klinik, weil mein Vater suspekt blutete, so dass man den Bauchraum eröffnen müsse, um nachzuschauen.

Es stellte sich dann wohl heraus, dass bei der OP eine Arterie über der Blase unbemerkt verletzt wurde, die genäht werden musste….aus minimalinvasiv wurden dann zwei OP`s und ewig viele Blutkonserven, die er brauchte.

Glücklicherweise ging danach alles gut, so dass er seit ca. 2 Wochen in der Reha ist.

Die Inkontinenz ist leider voll ausgeprägt, aber er berichtet von langsamer Besserung durch die ganzen Übungen.

Bereits kurz nach den OP`s sagte man uns, dass in "5 Monaten?" die Prostataloge nachbestrahlt werden sollte.
Es wäre ein positiver Schnittrand vorhanden und 2 der 32 Lymphknoten wären befallen.
Dann solle er auch eine Hormontherapie für "2 Jahre" machen.
Das alles wäre aber kein Problem, es würde sich schlimmer anhören als es ist.

Vor ein paar Tagen ist der histologische Befund eingetroffen.
Darin heißt es:
Gleason-Score 5 (90%) und 4(10%) = 9 (nach der Biopsie war es 4+5)
Tumorausbreitung extensiv extrakapsulär
positiver Schnittrand (hier verschiedene mm und Richtungsangaben…apikal, dorsal usw.)
3 von 32 Lymphknoten befallen (3/32)
Samenblasen beidseits befallen
metastasenfreies Fettbindegewebe
tumorfreies Respektat des ductus deferens links

abschließendes Tumorstadium:
C61.9 pT3b pN1 (3/32) L1 V0 Pn1 pR1, Gleason 5+4 = 9
C77.4

Was halten Sie von der Empfehlung, erst nach Monaten mit der Bestrahlung der Prostataloge zu beginnen?
Und wie soll ich die Empfehlung verstehen, eine "2-Jahres" Hormonbehandlung zu beginnen? Warum denn 2 Jahre?

Ich lese mir die möglichen Nebenwirkungen der empfohlenen "androgendepriativen Therapie" durch und stoße auf viele Probleme, die auftreten können…. von Störungen der Blutbildung bis hin zu signifikant erhöhter Mortalität durch kardiovaskuläre Nebenwirkungen.

Da mein Vater durch die CLL eh angeschlagen ist, was die Blutzusammensetzung angeht, habe ich Angst vor dieser ADT.

Ich würde mich über eine Antwort freuen.
Vielen lieben Dank und Grüße aus dem hohen Norden.

Andrea
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 11.04.2014, 19:45
Hansjörg Burger Hansjörg Burger ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 17.08.2005
Beiträge: 294
Standard AW: Ich bin so traurig, mein Paps hat schlimmen Prostatakrebs

Hallo Andrea,

in dem Patientenratgeber, den ich Ihnen in einer früheren Mail gesandt habe, können Sie nachlesen, dass eine Hormonblockade die Zahl der Krebszellen in der Prostata verringern und diese unter Umständen verkleinern kann.

Bei dem schlimmen Befund Ihres Vaters, wird er um eine Hormonblockade, die nach Leitlinie zwei, besser 3 Jahre durchgeführt werden soll, nicht herum kommen.

Die Nebenwirkungen kann er drastisch verringern, wenn er seinen Urologen davon überzeugt, nicht zu der Spritze (GnRH-Analogon) zu greifen sondern erstmals zu einem Antiandrogen, vorzugsweise Bicalutamid. Mit Bicalutamid wird keine chemische Kastration durchgeführt, sondern der Testosteronspiegel des Mannes bleibt erhalten, ist sogar leicht erhöht. Deshalb fallen alle Nebenwirkungen der Kastration weg. Diese Hormonbehandlung ist bis zu einem PSA-Wert von 500 gleichwertig zur Spritze. Mit Bicalutamid wird nicht die Testosteronbildung in den Hoden unterdrückt, sondern die Rezeptoren an den Prostatazellen und damit auch an den Prostatakrebszellen werden blockiert, damit sie kein Testosteron aufnehmen können. An sich der intelligentere Weg als die Kastration mit der Spritze!

Das können Sie auch in dem zitierten Patientenratgeber nachlesen.

Natürlich hat die HT mit GnRH-Analoga kardiovaskuläre Risiken. Deshalb mein Hinweis auf Bicalutamid. Da muss er sich aber gegenüber seinem Urologen durchsezten, die aus alter Gewohnheit als erstes zur Spritze greifen.

Ein bekannter Urologe aus unserer Region hat neulich vor unserer SHG referiert, dass er grundsätzlich wegen der geringeren NW Bicalutamid gibt, auch bei Bestrahlten, obwohl dort die Leitlinie nur GnRH vorsieht. Die Behandlung mit Bicalutamid wirkt in der Regel zwei Jahre, die Ihrem Vater wenigstens in dieser Zeit eine höhere Lebensqualität schenken können.

Alles Gute für Sie beide!

Hansjörg Burger
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 11.04.2014, 21:45
Drea2 Drea2 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 24.03.2006
Beiträge: 10
Standard AW: Ich bin so traurig, mein Paps hat schlimmen Prostatakrebs

Hallo Herr Burger,

schön, dass Sie geantwortet haben! Ich bedanke mich recht herzlich.

Die Empfehlung, aufgrund der möglichen Nebenwirkungen zunächst mit dem Medikament Bicalutamid zu beginnen, hört sich für mich sehr logisch an!
Ich werde dies an meinen Vater weitergeben.

Er hat nämlich bereits am nächsten Mittwoch sein Urologengespräch.

Ist es denn möglich, anschließend noch "zur Spritze" zu greifen und wirkt diese dann ggf. auch noch weiter oder wäre die erwartete Wirkung dann eher nicht mehr zu erwarten?

Wie wäre denn eigentlich die Reihenfolge zu wählen?
Erst die Bestrahlung der Prostataloge und dann das Bicalutamid bzw. die Spritze oder sollte man zeitnah mit den Medikamenten beginnen ?

Ist es denn überhaupt gut, dass man erst nach Monaten mit der Bestrahlung beginnt?
Würden sich die verbliebenen Krebszellen dann nicht bereits weiter stark vermehren im Körper?

Viele Grüße, Andrea
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 12.04.2014, 12:24
Hansjörg Burger Hansjörg Burger ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 17.08.2005
Beiträge: 294
Standard AW: Ich bin so traurig, mein Paps hat schlimmen Prostatakrebs

Hallo Andrea,

ja, das hat er. Wir kennen erstaunliche Verläufe bei einem fortgeschrittenen Prostatakrebs, wenn der Patient alle Möglichkeiten wie Hormontherapie, Chemotherapie und die neuen Medikamente wie Zytiga, Xtandi und Cabazitaxel ausschöpft.

Nach der HT mit Bicalutamid, das in der Regel zwei Jahre wirkt, kann er danach noch die GnRH-Anologa (Spritze) ohne weiteres einsetzen.

Die Hormontherapie kann er neoadjuvant (vor der Bestrahlung) während der Bestrahlugn und adjuvant (nach der Bestrahlung) einsetzen.

Ich würde an seiner Stelle, sofort mit der HT beginnen, und während und nach der Strahlentherpie mit der HT weiterfahren.

Wenn er sofort mit der HT beginnt, spielt es keine Rolle, dass die Bestrahlung erst in fünf Monaten durchgeführt wird. Dafür wird es gute Gründe geben, unter anderem seine derzeit noch starke Inkontinenz.

Liebe Grüße

Hansjörg Burger
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 20.04.2014, 00:55
Drea2 Drea2 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 24.03.2006
Beiträge: 10
Standard AW: Ich bin so traurig, mein Paps hat schlimmen Prostatakrebs

Lieber Herr Burger,

wir haben nun mit dem Urologen über die weitere Therapieplanung nach der Prostataentfernung gesprochen und aufgrund der Vorerkrankung meines Vaters unsere Skepsis gegenüber der HT mit der "Spritze" geäußert.

Der Arzt erklärte uns, dass er dies auch nicht vorhätte, sondern das Antiandrogen Bicatulamid verschreiben wird.

Bevor Papa dies nun nehmen soll, soll jedoch zunächst der PSA-Wert bestimmt und in 3-4 Wochen nochmals kontrolliert werden, weil der Urologe schauen möchte, wie der Wert "fällt", um so den "tiefsten Punkt" (Nadir?) zu ermitteln. Dies wäre wichtig für die weitere Prognose bzw. den weiteren Verlauf der Behandlung usw.

Ist das sinnvoll?

Die Nachbestrahlung soll wohl erst zum Ende des Sommers erfolgen.

Mich wundert auch, dass er dann als Monotherapie nur eine Tablette am Tag (50mg) nehmen soll. Jedoch lese ich überall, dass man dann eigentlich 150mg verordnet bekommt…und so steht es auch im Beipackzettel.

Dort steht auch, dass die Gabe von 50mg eigentlich die verordnete Wirkstoffmenge ist, wenn man eine Kombitherapie mit der Spritze durchführt.

PS: Die OP ist mittlerweile ca. 6 Wochen her und mit der Inkontinenz wird's langsam aber sicher besser! das freut mich sehr.

Beste Grüße und ein schönes Osterfest für Sie!

Andrea
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 21.04.2014, 15:17
Hansjörg Burger Hansjörg Burger ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 17.08.2005
Beiträge: 294
Standard AW: Ich bin so traurig, mein Paps hat schlimmen Prostatakrebs

Hallo Andrea,

die S3-Leitlinie empfiehlt 150 mg Bicalutamid als tägliche Dosis. Darauf würde ich beim Urologen bestehen, außer er hat gute Gründe für seine abweichende Medikation.

Ansonsten klingt die Vorgehensweise des Urololgen plausibel. Eine gleichzeitige Strahlentherapie und Hormontherapie haben den Nachteil, dass die eine Hormontherapie die Strahlentherpie kaschiert, d.h. man weiß nicht mehr, welche Therpie nun eigentlich gewirkt hat.

Ebenfalls für '"Rest-Ostern" gute Wünsche!

Hansjörg Burger
Mit Zitat antworten
  #7  
Alt 09.05.2014, 00:48
Drea2 Drea2 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 24.03.2006
Beiträge: 10
Standard AW: Ich bin so traurig, mein Paps hat schlimmen Prostatakrebs

Herr Burger,
wir haben heute die Nachricht erhalten, dass der PSA-Wert meines Vaters nach der Prostatektomie schrecklich schnell wieder ansteigt.
Ihm ist am 07.03.14 die Prostata entfernt worden. Gleason-score 5+4, 3 befallene Lymphknoten von 32 entnommenen.
Die Voruntersuchungen waren negativ (CT und Knochenszintigraphie)…das hatte ich in den vorangegangenen mails ja schon geschrieben.
Therapieplanung: Nachbestrahlung wegen des positiven Schnittrandes und Hormonbehandlung.
Sie rieten aufgrund der Nebenwirkungen zunächst von der Spritze ab und empfahlen, zunächst mit Bicalutamid 150 mg zu starten.
Das sollte alles auch losgehen, nachdem der PSA-Nadir ermittelt wird.

Nun ist es so, dass der PSA-Wert ca. 6 Wochen nach der OP noch bei 3,9 lag, was meiner Ansicht nach viel zu hoch war.
4 Wochen später liegt der PSA-Wert bei über 6…. :eck:

Mit der Hormonbehandlung wurde noch nicht begonnen, soll nun morgen losgehen (Bicalutamid).
Die Nachbestrahlung der Prostataloge soll erst im Spätsommer starten.

Mein Vater hat Schmerzen im Bereich des unteren Rückens.

Ich denke, dass sich bei dem raschen PSA-Anstieg bereits Knochenmetastasen gebildet haben dürften…sonst würde der PSA-Wert doch nicht so rasch nach der Prostataentfernung steigen….oder ?

Was machen wir den jetzt?
Was kann das alles bedeuten?

Viele liebe Grüße, Andrea
Mit Zitat antworten
  #8  
Alt 09.05.2014, 11:40
Hansjörg Burger Hansjörg Burger ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 17.08.2005
Beiträge: 294
Standard AW: Ich bin so traurig, mein Paps hat schlimmen Prostatakrebs

Hallo Andrea,

die Vorgehensweise bei der Hormontherapie ist gut. Erstmals mit Bicalutamid zu beginnen wegen der geringeren Nebenwirkungen.

Jetzt kommt es darau an, wie der weitere PSA-Verlauf unter Bicalutamid ist.

Eine Behandlung von Knochenmetastasen wird erst begonnen, wenn diese beispielsweise durch die Bildgebung nachzuweisen sind. Aber das ist offensichtlich bei Ihrem Vater noch nicht der Fall.

Jezt sollten Sie ersteinmal den Erfolg der Hormontherapie abwarten! Die Hormontherapie wirkt systemisch, d.h. sie beinflusst alle Prostatakreszellen gleich wo sie sich im Körper befinden.

Gruß

Hansjörg Burger
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 
Themen-Optionen
Ansicht

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 17:03 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55