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Alt 25.07.2006, 08:10
shalom shalom ist offline
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Ort: Baden-Württemberg
Beiträge: 221
Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Wer meine Beiträge zu meiner eigenen Trauerbewältigung kennt, weiß, daß ich vieles (auch die Trauer) aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet habe und noch immer betrachte.

Geholfen haben mir ganz sicher eine positive Lebenseinstellung, mein Bestreben AKTIV Situationen bestehen zu können und der Wunsch/Wille Situationen (auch der Trauer) nicht restlos ausgeliefert zu sein.

Beim Lesen eines kleinen Artikels über Wut und Aggression

http://www.zeitzuleben.de/go?tk348

kam mir der Gedanke, diese Überlegungen auf TRAUER zu übertragen.

Im Sinne dieses Artikels wurde ich zwar in die Trauersituation hineingeworfen, aber es lag an mir, wie ich damit umging und welche Entscheidungen und aktiven Handlungen ich unternahm, um mit der Trauer umzugehen.

In der Nachreflexion habe ich wohl in der ersten Zeit nach dem Tod meiner Frau instinktiv für mich Aktivitäten ergriffen, die mir weitergeholfen haben. (Zur damaligen frischen Trauerzeit habe ich ganz gewiß nicht an Reflexion über meine Handlungen gedacht!) Ich habe mich wohl Eingebungen folgend daran gegeben, Plätze (Kliniken, Hospiz) und die für sie inzwischen mühsamen Wege aufzusuchen, die wir in sehr schwerer Zeit beschritten haben. Ich habe sehr viel geweint, sehr viel Nähe zu ihr gespürt, sie war unsichtbar bei mir.

Einserseits war ich in großer Trauer, ich wollte nichts verdrängen und andererseits sollte die Trauer mich nicht absolut beherrschen. So habe ich für mich den Schritt gewagt, mich "kontrolliert" in Situationen zu begeben, die mit Schwermut und Tränen verbunden waren. Dabei konnte ich gut verfolgen, was und wie meine Seele die Trauer aufnahm und wie es mir dabei ging. Jedes Mal war es schwer, jedes Mal wurde jedoch auch ein wenig Erleichterung spürbar.

Oder wenn mich einmal Trauerwolken überkommen haben, so habe ich sie betrachtet, mich gefragt, wieso sie jetzt gerade über mir sind, habe geweint und irgendwann war die Wolke weitergezogen. Als Wolkenschieber wollte und konnte ich mich nicht betätigen.

Es eröffnete sich mir ganz allmählich die Einsicht, daß wir alles getan hatten, was WIR tun konnten und das es gut für sie war, die zerbrechliche Hülle verlassen zu dürfen. Wir haben unser gemeinsames Leben als zeitlich befristetes Geschenk ansehen können. Wir wären gerne gemeinsam alt geworden.

Die Entscheidung und Freiheit meiner Frau während der Krankheit und während des Abschieds beistehen zu können war schwer für meine Seele, aber selbstverständlich. Die AKTIVE Entscheidung und Freiheit aus/in der Trauer für mein eigenes weiteres Leben war/ist eine große Herausforderung für mich. Ich lebe bewußt die mir geschenkte Zeit, die mir zusammen mit meiner Frau leider nicht vergönnt war.

LG
Shalom
__________________
Es ist nicht genug zu wissen, man muß es auch anwenden.
Es ist nicht genug zu wollen, man muß es auch tun.


(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel
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