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  #1  
Alt 01.10.2006, 22:05
Norma Norma ist offline
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Registriert seit: 06.11.2005
Beiträge: 1.157
Standard AW: Hilflose Lehrerin

Au weia....da kommt ja EINIGES zusammen!

Da die Erkrankung....da die Pubertät....da die nervende Schule...
Oh oh....

Meine Meinung: da hilft unter anderem GEDULD GEDULD GEDULD.

Liebe Lehrerin,

natürlich weiß das Mädchen um ihren Gesundheitszustand (und bei Lungenmetas sind die Überlebenschancen nun mal reduziert, auch wenn es ihr im Moment gut geht).

Und Chemos bedeuten über JAHRE hinweg: Konzentrationsprobleme, Erschöpfungszustände, Müdigkeit....und mal Himmelhochjauchzend und im nächsten Moment zu Tode betrübt.
Für mich: Alles völlig normal!

Im Übrigen glaube ich nie und nimmer, dass die Unfälle tatsächlich mit ABSICHT herbeigeführt wurden....NIE UND NIMMER!
Wer noch nie Chemotherapien erhalten hat, weiß gar nicht, wie schusselig und unkonzentriert man sein kann!

Also in dieser Hinsicht, liebe Lehrerin, befinden sich deine sämtlichen Kollegen auf dem Holzweg.
Und härter durchgreifen? NIEMALS!

Eher mehr Verständnis zeigen, Gespräche führen, die Eltern einbeziehen und vor allem: dem Mädchen das Gefühl geben, dass es KEIN Mitleid ist, was ihr entgegengebracht wird sondern einzig und allein: VERSTÄNDNIS.
Verständnis, wenn sie launisch ist.
Verständnis, wenn sie Mitschüler anmacht
Verständnis, wenn sie sich zurückzieht.

Wie ICH auf solche Verhaltensweisen reagieren würde?
Launisch: Gespräch suchen und fragen, ob SIE sprechen möchte. Vielleicht hat sie schlecht geschlafen (auch eine bekannte -jahrelang anhaltende- Nebenwirkung NACH Chemotherapien).
Oder sie kann überhaupt nicht erklären, warum sie übel gelaunt ist.
Ok...dann kann sie es eben nicht!
Sie soll aber wissen, dass ihr NIEMAND deswegen böse ist!
Dass es für die Lehrerin kein Problem darstellt.
Dass ihr Zustand akzeptiert und toleriert wird und dass jeder Mensch mal schlecht gelaunt ist.

Anmachen der Mitschüler: Ignorieren, so weit es vertretbar ist. Geht sie zu weit: Streitschlichter einschalten (gibt es bei euch doch auch, oder?) und gemeinsam eine Lösung ausarbeiten.
Immer wieder dem Mädchen das Gefühl vermitteln, dass es für alle schulischen Probleme eine Lösung gibt. IMMER!

Am Schlimmsten aber ist ein eventueller Rückzug!
Rückzug bei einer Krebskranken bedeutet IMMER eine schwere Krise!
Die Gedanken überschlagen sich, die Traurigkeit (auch typisch nach Chemo) will kein Ende nehmen, die Verzweiflung nimmt absolut Überhand!
Da hilft meines Erachtens nur noch: vorsichtig in den Arm nehmen, sofern sie das zulässt! Und: auf GAR KEINEN Fall REDEN! KEIN WORT SAGEN! Jedes Wort (auch nicht gut gemeinte Worte!) ist zuviel! Nur DASEIN, einfach DASEIN....das Mädchen nicht alleine lassen.
Das kann manchmal Minuten dauern, manchmal auch Stunden!
Allerhöchstens (wenn es zu lange andauert) leise fragen, ob sie vielleicht nach Hause möchte (in diesem Zustand möglichst nicht alleine gehen lassen!)

Die Weigerung zu essen, ist für mich eine pubertäre Phase. Da hilft nur: in Ruhe lassen oder versuchen, den Grund der Weigerung zu erfahren.

DU?? musst das Mädchen zum Arzt schicken???
WO sind da die Eltern?
Sie ist doch noch minderjährig!

Und dass eine krebskranke Jugendliche Show´s inszeniert oder mit Suizid droht....NEEEEE!!!

Dieses Mädchen schreit nach HILFE!
Sie kann nicht verstehen, warum es ihr nach eineinhalb Jahren immer noch so dreckig geht, warum sie so launisch und verbiestert ist; warum sie von einem Extrem ins Nächste rutscht.

Wie gesagt: bereits ganz "normale" Jugendliche haben mit der Pubertät Probleme....geschweige denn eine Krebskranke Pubertierende.

Damit dieses Mädchen nicht immer mehr ins Schul-Abseits rutscht (distanzieren der Mitschüler, Mobbing) MUSS die gesamte Klasse aufgeklärt werden. Sie müssen WISSEN, dass sie zwar keine Rücksicht nehmen brauchen aber bei Unstimmigkeiten das GEMEINSAME Gespräch suchen sollen.
Dass alle Launen und Querelen keine bösen Absichten sondern einzig und allein in den ungewissen Zukunftsängsten zu suchen sind (und natürlich durch die Pubertät).

Oh du arme Lehrerin (ehrlich und aufrichtig gemeint!), die Situation ist für dich wahrlich nicht leicht! Und ich glaub dir gerne, dass du dich manchmal überfordert fühlst!
Aber glaub mir, wenn dieses Mädchen immer mehr Druck durch Lehrer und Mitschüler erfährt....KANN das ein Wiederaufflammen der Krebserkrankung bedeuten.
Durch Stress und Druck (und durch Verweigerung der Nahrung) kann das Immunsystem angegriffen werden und gerade ein intaktes Immunsystem kann für eine Krebskranke überlebenswichtig sein!
Wissen auch die Wenigsten, leider.

Ich wünsche dem Mädchen alles Liebe und Gute!
Dir und deinem Kollegium ebenfalls!
Und Zukunftsmusik wäre für mich: alle Pädagogen mit mehr Wissen über an Krebs erkrankte Kinder/Jugendliche zu versorgen...

Herzlichst:
Norma (berentete Schulerfahrene ;-) )
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
7 Chemotherapien, Brustabnahme, 30 Bestrahlungen, z.Z. Anti-Hormon-Therapie mit Arimidex
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  #2  
Alt 02.10.2006, 08:05
Benutzerbild von Jörißen
Jörißen Jörißen ist offline
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Beiträge: 315
Standard AW: Hilflose Lehrerin

Hallo
Als mein Sohn im Sommer 05 , nach 8 Monaten Krankenhaus , wegen Pankreascarcinom und Metastasenleber , Op und Chemo , endlich wieder zur Schule dürfte , zeigten nur wenige Lehrer Verständnis für ihn .Er ist heute noch unkonzentriert , war launisch , müde , nicht belastbar usw.
Nur wer schon mal eine solche Zeit mitgemacht hat , weis was in einem vorgeht .Die ständige Angst ist das schlimmste .
Es ist schwierig den richtigen Weg zu finden.
Bei und hat sich die Kinder & Jugendpsychologin des Krankenhauses angeboten in die Klasse zu gehen und dort aufzuklären . Mein Sohn wollte das aber nicht , weil er das Schuljahr wiederholen mußte und in eine andere Klasse kam .
Ich hoffe ihr findet den richtigen Weg
LG Christiane
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  #3  
Alt 02.10.2006, 23:02
Lea75 Lea75 ist offline
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Beiträge: 7
Daumen hoch AW: Hilflose Lehrerin

Vielen Dank für die vielen Antworten!

So habe ich doch den Eindruck, dass ich am richtigen Weg bin und habe viele neue Hintergrundinfos erhalten, die mir und hoffentlich ihr dann auch, weiterhelfen werden.

Ich werde nach den Ferien nochmal das Gespräch mit der Mutter suchen und an einem gemeinsamen Strang ziehen zu können.
- Sie kümmert sich nach ihren Möglichkeiten um ihre Tochter, ist aber alleinererziehend und hat noch einen hyperaktiven lernbehinderten Sohn.

Werde mich jetzt auch noch um medizinische Fachliteratur über die Folgen von Chemo & Co kümmern, die ich meinen Kollegen geben werde. Vielleicht haben sie dann mehr Verständnis.

Ganz lieben Dank nochmal - und euch und/oder euren betroffenen Familienmitgliedern alles Gute!
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  #4  
Alt 03.10.2006, 00:40
Norma Norma ist offline
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Registriert seit: 06.11.2005
Beiträge: 1.157
Standard AW: Hilflose Lehrerin

Liebe Lea,

nur als Tipp: über die Spätfolgen von Chemo und/oder Bestrahlungen gibt es kaum medizinische Literatur.
Konzentriere deine Suche auf der psychologischen Ebene und hier heißt das Zauberwort: "Psychoonkologie".

Nochmals alles Gute!

Norma
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  #5  
Alt 07.10.2006, 20:04
Benutzerbild von struwwelpeter
struwwelpeter struwwelpeter ist offline
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Beiträge: 3.455
Pfeil AW: Hilflose Lehrerin

http://www.waldpiraten.de/

http://www.swr.de/herzenssache/index.html



Hallo Lea75


heute habe ich im SWR eine Sendung gesehen über Projekte, die angeboten werden über - herzenssache.de wäre das evtl. etwas, was Dich interessieren könnte. Auch dort werden viele Hilfen für Krebskranke Kinder angeboten!

Der obige Link führt auf die Seite des " Waltpiratencamps ", dort ist eine Betreuung für jugendliche kranke Kinder - vorwiegend Krebserkrankungen - eingerichtet worden.
Die Kinder werden in allen Bereichen wunderbar betreut, auch psychologische Betreuung von Fachpersonal steht dort im Fordergrund.
Die Probleme, die für ein krankes Kind im normalen Alltag werden dort abgefangen und aufgearbeitet. Schirmherr dieser tollen Sache ist im übrigen Lothar Späth.
Es ist ein Freizeitlager für krebskranke Kinder in Heidelberg. Wäre sicher eine super tolle Sache!
Das Miteinander wird wieder in den Fordergrund für die Kinder treten.
Betreut werden dort in der Regel Kinder bis zu 15 Jahen. Ähnliche Einrichtungen gibt es auch für die Jugendlichen ab 16 Jahren.
Im 2. Link ist eine Initiative des SWR und SR :
HERZENSACHE.DE
Im speziellen Fall von Ihrer Schülerin wäre es eine gute Idee, eine Geschichte über dieses Mädchen - evtl. mit der ganzen Klasse - zu erzählen, ich könnte mir sehr gut vorstellen, daß dort für die besondere Problematik des Mädchens eingegangen wird, evtl. etwas besonderes angeboten wird.
Die Herzensache Broschüre kan im PDF Format (+) geladen werden unter obigem, 2. Link


Tja, und da gerade Ferien sind, kann man sich evtl. mit diesen Einrichtungen in Verbindung setzen und sich nähere Informationen einholen.
Das, was ich in der Sendung gesehen habe, war sehr eindrucksvoll und ebenso bemerkenswert.

Viel Glück weiterhin bei Ihren Bemühungen, sie sind für dieses Mädchen evtl. " Gold " wert.

Alles Gute
struwwelpeter

Geändert von struwwelpeter (23.10.2010 um 14:15 Uhr)
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  #6  
Alt 08.10.2006, 11:15
Lea75 Lea75 ist offline
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Beiträge: 7
Standard AW: Hilflose Lehrerin

Habe übrigens diese Woche zum Geburtstag von meiner Schülerin ein Holzkreuz mit einem sehr schönen aufgedruckten Abendgebet geschenkt bekommen ...
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  #7  
Alt 09.10.2006, 22:05
Benutzerbild von struwwelpeter
struwwelpeter struwwelpeter ist offline
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Beiträge: 3.455
Daumen hoch AW: Hilflose Lehrerin

Liebe Lea75, das finde ich doch schon eine Sensation. Bei den ersten Erzählungen hatte man das Gefühl, das Mädchen kapselt sich ganz ab, mag gar niemandem mehr vertrauen. Sie hat sich ganz klar dazu entschieden, Dir zu vertrauen! Mit dieser Reaktion hast Du nicht gerechnet, um so toller ist natürlich dieses Erlebnis. Es ist doch wieder zu erwarten, daß sie sich mit Dir über die Krankheit austauscht, und evtl. auch darüber spricht, was sie sonst noch so belastet. Ein toller Erfolg, dazu möchte ich ganz, ganz herzlich gratulieren.

Liebe Grüße
Struwwelpeter
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