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  #1  
Alt 29.09.2007, 00:12
Benutzerbild von Linnea
Linnea Linnea ist offline
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Standard AW: Hodgkin - mein neuestes Sammlerstück

Liebe Ina, liebe Beate und liebe Hope, die Du mir im "September" geschrieben hattest,

ich danke Euch sehr für Eure lieben Antworten. Es tut so gut, immer wieder Eure echte, herzliche Anteilnahme zu spüren, was auch immer geschieht...

Zur Zeit scheine ich irgendwie in einen Ereignishagel hineingeraten zu sein: ein einschneidendes Erlebnis jagt das andere, es geht Schlag auf Schlag. So schnell wie es mir hier ins Seelengärtlein hagelt, kann ich gar keine Schutzdächer bauen. Aber nicht, daß Ihr denkt, die Eiskörner könnten mir alle Pflanzen vernichten: da gibt es auch einige ziemlich robuste Gewächse. Das Unkraut vergeht sowieso nicht und die empfindlichen Pflänzchen - tja, in deren Fall ist wohl der grüne Daumen meines Spezialisten gefragt.

Liebe Ina, meine gestrige Formulierung war leider sehr unpräzise: Ich möchte mir nicht eine solche Schuld zuweisen (das hoffe ich jedenfalls), denn ich kann Dir nur zustimmen: wir haben es nicht in der Hand, welche Ereignisse wie aufeindertreffen. Mein nicht ausgeführter Gedanke dahinter war vielmehr, was für ein wahnwitziger Umstand es doch ist, daß meine Eltern, die fast immer wenige Auto-Minuten von meiner Großmutter entfernt waren, ausgerechnet an ihrem Todestag hunderte von Kilometern durch Deutschland fuhren, weil ich die Krebserei habe. Dazu kam der Gedanke, wie es wohl für meine Mutter gewesen sein muß, diese Strecke zwischen ihrer krebskranken Tochter und ihrer sterbenden Mutter zurückzulegen. Aber vielleicht hast Du recht, liebe Beate, und die Traurigkeit über Omas Alleinsein während des Sterbens quält nur die Zurückbleibenden. Es ist ein schöner, tröstlicher Gedanke, daß meine Großmutter diesen Zeitpunkt so gewählt haben könnte. Ich danke Dir für diesen Denkanstoß!

Heute vormittag habe ich wieder erleben können, was für unterschiedliche Gefühle doch gleichzeitig in einem blühen können. Unser Großer war in der Schule und ich wollte die Gelegenheit nutzen, ein paar Tränen zu vergießen. Du hast ja so recht, Beate, die müssen raus... Daher habe ich mir eine CD aufgelegt mit einer Musik, die mich immer sehr anrührt. Es wirkte auch prompt, aber zugleich konnte ich sehen, wie unsere Kleine, die vorher ganz vertieft in die Neuordnung unserer Kerzenreste-Sammlung gewesen war, sich plötzlich aufsetzte und in dieser Haltung zur Musik zu tanzen begann, wobei sie über das ganze Gesicht strahlte. Eine solche Kinder-Freude überträgt sich ja so unmittelbar, so daß in meine Traurigkeit ein ganz glücklicher Klecks gegossen wurde. Das war schöööön!

Ihr Lieben alle, habt eine gute Nacht mit erquickenden Träumen!
Liebe Ina, ich hoffe Du kannst einschlafen, nach diesem Freudewirbel!

Herzliche Grüße sendet Euch
Eure Linnea

PS: Liebe Ina, ich sehe eben Dein hinzugekommenes Westpaket: Vielen Dank!!!
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- Christine Busta -
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  #2  
Alt 29.09.2007, 00:38
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Noddie Noddie ist offline
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Standard AW: Hodgkin - mein neuestes Sammlerstück

Hallo Linnea,
erstmal ganz lieb in den Arm genommen und getröstet.
Es gibt Zeiten da fragt man sich "wie soll ich das alles verkraften".
Da sind so Momente mit Deiner Kleinen die die einem die Kraft geben.
Dich ganz lieb knuddel
Ulli
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auf das unser Krustentier für immer verschwindet !!!!
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Morbus Hodgin 2 a ,August 06
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  #3  
Alt 29.09.2007, 22:01
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hope38 hope38 ist offline
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Standard AW: Hodgkin - mein neuestes Sammlerstück

Du liebe Linnea!
Du scheinst auch ein Menschenschatz zu sein. Deine Worte sind so lieb und so berührend!
Ich denke auch, daß Deine Großmutter es genauso wollte, wie sie dann gestorben ist. Aber ich kann auch sehr gut verstehen, daß Du darüber nachdenkst,wie sich Deine Mutter wohl gefühlt hat...überhaupt, wie sich unsere Mütter fühlen, schon allein mit der Situation, daß ihre Kinder krank sind...

Ach, was Du schreibst über Deine Kleine, da mußte ich so schlucken. Weißt Du, liebe Linnea, genau das ist es, was für mich sooo schwer ist. Meine Kinder!!! Wenn ich mein Herz so traurig fühle, wenn diese schwere Hand sich um meinen Hals legt, dann sehe ich meine Kinder, meine Kleine (2), wie sie, in ein rosa Kleidchen gesteckt (von ihren Schwestern), die Haare zu einem ordentlichen "Dutt" hochgesteckt und da steht sie und dreht sich dann ganz langsam zur Musik, ihre Augen strahlen, ihre Lippen lächeln, sie sieht so schön aus, so wunderschön- und mein Herz, Linnea, mein Herz zerspringt. Freude und Traurigkeit reichen sich die Hände... Das sind Momente,die mich an den Rand meines Verstandes bringen, manchmal noch ein Stück weiter... Und dann könnte ich schreien "ICH WILL ES NICHT VERLIEREN, DIESES LEBEN...noch nicht...."

Ach ja, Linnea, ich wünsche Dir alles alles Liebe. Ich werde Dich hier öfter noch besuchen kommen,wenn ich darf!!!

Mach´s gut,

hope
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  #4  
Alt 30.09.2007, 17:27
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Linnea Linnea ist offline
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Standard AW: Hodgkin - mein neuestes Sammlerstück

Hallo Ihr Lieben,

ach, es tut immer so gut, Eure Zeilen zu lesen! Ich bin jedes Mal ganz gerührt, daß Ihr Euch so lieb um mich kümmert und soviel Anteil nehmt!

Liebe Ulli, wie schaffst Du es nur immer, in ein paar Worten so viel Herzlichkeit unterzubringen? Deine Kraftknuddler wirken bei mir wie ein hochdosierter Energie-Coctail (ich bin schon ganz süchtig danach). Und dabei hast Du doch selbst gerade schwere Trauerarbeit zu leisten. Nochmals hier: Mein herzliches Beileid! (ich habe Dir auf Deine schwarzen Gedanken geantwortet).

Liebe Hope, nun hat die Schilderung Deiner Kleinen mich zum Schlucken gebracht: Du beschreibst die Situation so anschaulich und dann das Gefühl, daß es einen innerlich schier zerreißt - das kenne ich inzwischen nur zu gut. Du hast es so schön ausgedrückt: Freude und Traurigkeit reichen sich die Hände. Auch ich habe das Gefühl, daß diese beiden zunehmend ineinander verflochten sind, kaum mehr "pur" auftreten. Und zusammen haben sie eine so gewaltige Intensität. Aber wem sage ich das? Übrigens: Ich freue mich sehr, wenn Du gelegentlich hier hereinschaust!

Meine Schwester Mareka, die mich hier ganz lieb unterstützt, hat vorhin unseren Großen zu einer Kindergeburtstagsfeier gefahren. Da wir selbst kein Auto haben, genießt er es immer sehr, sich nicht selbst aufs Fahrrad schwingen zu müssen. Jetzt wird die Kleine noch einmal in ihrem Wagen ausgefahren, bevor es dämmrig wird und Mareka wieder zu ihren Lieben nach Hause fährt. Zum Mittag hatte sie die Kinder mit Frikadellen beglückt (sie hat selbst zwei süße Mädchen und weiß, was Sympathien schafft ). Sogar die Kleine hat 1 1/2 Frikadellen gemuffelt. Sie sah hinterher unbeschreiblich aus...

Mit meinem Appetit hapert es wieder ein bißchen. Wegen der Chemo schmeckt sowieso nichts, und da meine Seele ihren ungenehmigten Zweitwohnsitz im Magen nicht aufgeben will, fühle ich mich immer so voll. Also drücke ich mir so viele Kalorien rein, wie mit purer Verstandes-Esserei möglich ist. Meine Onkologin ist sowieso schon immer hinter mir her, daß ich zunehmen soll. Ich sehe ja auch ein, daß 52 kg auf 1,80m keine gute Basis sind. Aber während ich nach meiner ersten Schwangerschaft die überschüssigen Pfunde einfach nicht loswerden konnte (da mußten erst die Krebse kommen), erinnern sich meine Fettzellen jetzt offensichtlich nicht an ihre Hamster-Aufgabe. Wahrscheinlich könnte ich mich den ganzen Tag über mit Schokolade vollstopfen, ohne daß sich das auf der Waage großartig bemerkbar machen würde (für manche eine Traumvorstellung, ich weiß).

Apropos Schokolade (ein Schmankerl am Rande): Neulich saß ich in einem Wartezimmer neben zwei Damen, die sich miteinander unterhielten. Die eine erheiterte mich sehr mit folgender Äußerung: "Also meine Schwester, die ist kerngesund, obwohl sie soviel Schokolade ißt, also davon würde sogar eine Honigbiene Diabetes bekommen!"

Gestern habe ich Antwort von einem Studienfreund aus meinen Mediziner-Tagen bekommen, der inzwischen seinen Facharzt in Hämatologie macht und entsprechende Kollegen an der Hand hat. Der hatte sich also, nachdem ich ihm meine Unterlagen geschickt hatte, ein bißchen umgehört, und obwohl noch keinem meine spezielle Krebs-Kombi untergekommen war, waren sich wohl alle befragten Fachleute einig, daß sie eine Radiatio dringend empfehlen würden. Naja, da kann ich mich ja schon mal mit dem Gedanken an Maske etc. anfreunden...

So, Ihr Lieben, mehr schaffe ich jetzt nicht zu schreiben... Ich wünsche Euch alles Gute. Ina, Du weißt, ich denke morgen fest an Dich!

Viele liebe Grüße,
Eure Linnea
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- Christine Busta -

Geändert von Linnea (30.09.2007 um 18:04 Uhr)
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  #5  
Alt 30.09.2007, 18:12
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Noddie Noddie ist offline
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Standard AW: Hodgkin - mein neuestes Sammlerstück

Hallo liebe Linnea,
wenn ich mir die schwarzen Gedanken wegschreiben kann geht es wieder.Was mich an der ganzen Geschichte so geschockt hat war glaube ich das mir erstmalig bewust wurde das es auch meine Beerdigung hätte sein können.
Aber mir geht es wieder gut also keine Sorgen machen, ansonsten schiempft klein Ulli mal mit Dir .
Mein Enkelchen war gerade hier und hat die letzten dunklen Gedanken weggelächelt.
Wenn die Bestrahlung sein must ist auch nicht so schlimm, hauptsache das Sammelsorium verschwindet.
So liebe Linnea fühl Dich in den Arm genommen und lieb gedrückt .
Deine Mondscheinfee
Ulli
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  #6  
Alt 01.10.2007, 23:04
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Linnea Linnea ist offline
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Hallo liebe Ulli und Ihr anderen lieben Menschen,

es ist gut, liebe Ulli, wenn Du Dir die schwarzen Gedanken von der Seele schreiben kannst. Ich mache hier ja auch in mancherlei Hinsicht eine "Schreibtherapie". Und heute sitzen auch ein paar ziemlich dunkle Gesellen in meinem Köpfchen.

Ich habe kürzlich gelesen: "Im Umgang mit körperlich Behinderten entpuppt sich so mancher als geistig Behinderter." Und ich habe gedacht: Ist schon blöd, wenn man beide Rollen in sich vereinigt, also der geistig Behinderte ist, weil man mit seinen eigenen körperlichen Einschränkungen nicht klarkommt. Ach Mist, manchmal fühle ich mich so wahnsinnig unfähig im Hilfsbedürftig-Sein. Ich mag das Gefühl nicht! Es macht ja auch tausendmal mehr Spaß, anderen zu helfen. Und dann der Gedanke, mit Schwäche nur solange umgehen zu können, wie sie mich nicht selbst betrifft... da baut sich dann so ein Seelenmisthaufen vor mir auf, ein Problem ergibt das nächste - ätzend!!!

So, daß mußte auch mal raus... Vielleicht habe ich demnächst wieder Lichtgedanken...

Liebe Grüße an alle hier von
Eurer Linnea
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  #7  
Alt 01.10.2007, 23:16
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Noddie Noddie ist offline
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Ach Linnea,
wie bekannt kommen mir Deine Worte vor.
Du bist da nicht alleine ,glaube mir. Ich habe mich gehast wenn ich keine Kraft mehr hatte. Das war für mich glaube ich schlimmer als die Chemo, zu akzeptieren das ich Hilfe annehmen muste. Das ich den Haushalt liegen lassen muste weil ich höchstens die Kraft hatte vom Bett zum Stuhl zu krauchen.
Auch heute fällt es mir noch schwer zu akzeptieren das ich nicht mehr alles kann ,sondern anderen das Feld überlassen muß.
Aber es geht und sehe es nicht als Schwäche sondern als Schritt zur Genesung .
So Dich ganz lieb knuddle (heute mal vor Mitternacht )
Ulli
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