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  #1  
Alt 27.11.2007, 22:17
Gabriele M. Gabriele M. ist offline
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Registriert seit: 21.09.2007
Beiträge: 75
Standard AW: Die Hilflosigkeit ist so groß

Hallo ihr Lieben,

ich lese jeden Tag in diesem Forum, doch weiß ich nicht, wie ich anfangen soll zu schreiben. Jeden Tag kommen neue Fälle, jeden Tag neue Töchter, Söhne, Ehepartner mit der gleichen Angst und Verzweiflung, die ich so kenne.

Liebe Kathleen, liebe Bianca, ich würde so gern schreiben, dass ich mich für Euch freue - ich glaube in irgendeiner Ecke meines Herzens tue ich das auch - nur ist mein Herz im Moment schwer und traurig.

Meine Mutter geht den letzten Weg. Wir sind jeden Tag mehrere Stunden bei ihr und begleiten sie. Leider sind uns unsere Hände gebunden, wir können nicht viel für sie tun. Sie magert immer mehr ab, die Schmerzdosen werden erhöht und trotzdem klagt sie über Bauchschmerzen und Übelkeit. Einer der Tumore ist so groß, dass er mittlerweile eine Beule in die Bauchdecke schiebt.

Wenn ich da bin, halte ich ihr oft die Hand, eine Geste, die sie früher nie zugelassen hätte. Wie es um ihre Haare aussieht, ob ihr Nachthemd richtig sitzt - es interessiert sie nicht mehr. Noch vor 3 Wochen hat sie sich ins Bad geschleppt, damit ich ihr die Haare wasche, sie fühlte sich unwohl mit ungewaschenen Haaren, seit Freitag versuche ich, sie zu überreden, dass die Pflegerinnen ihr die Haare im Bett waschen, ohne Erfolg. Sie liegt nur noch, dämmert vor sich hin, ab und zu sieht sie uns aus halbgeöffneten Augen an und flüstert etwas zu dem Gesprächsthema, das wir gerade haben, aber es strengt sie meistens so sehr an, dass sie sofort wieder schläft. Gestern hatte sie wieder einen Fieberschub den man aber mit viel, viel Medikamente wieder gesenkt hat. Wenn sie etwas trinkt wird ihr augenblicklich übel und hin und wieder erbricht sie, obwohl sie eine Magensonde hat. Und das alles erträgt sie ohne ein Wort der Klage. Wie mögen ihre Gedanken aussehen?

Mein Herz hat sich irgendwo verkapselt, sonst würde es das alles nicht aushalten. Wenn ich Mutti so liegen sehe, eine Frau, abgemagert zu Haut und Knochen, herabgezogenen Mundwinkeln, eingefallenen Wangen, dann sehe ich eine fremde Frau. Sie hat nichts mit meiner Mutti zu tun. Doch dann sieht sie mich an, versucht zu lächeln, drückt mir mit aller Kraft sanft die Hand - dann sehe ich wieder meine wunderschöne Mutti, warte darauf dass sie über irgendetwas meckert oder fragt, was ihr Urenkelchen macht - im nächsten Moment dreht sie den Kopf weg und ist wieder die Frau aus Haut und Knochen. Ist das normal? Es ist doch immer meine Mutti.

Vati hat sich auch damit abgefunden, dass wir Mutti zu Weihnachten nicht mehr haben werden. Und wenn wir den Verfall der letzten 3 Wochen bedenken, dann ist es für Mutti vielleicht sogar besser, wenn sie Weihnachten schon ihre Ruhe gefunden hat. Das, was sie im Moment mitmacht hat sie auf keinen Fall verdient.
Wenn ich aus dem Krankenhaus gehe muss ich jedesmal weinen bis es mich schüttelt. Doch auf dem Weg nach Hause, der ja immerhin 30 Minuten dauert, beruhige ich mich und irgendwie ist es, als wenn ich in eine andere Welt fahre.

Zu Hause erwartet mich meine Enkeltochter. Läuft meistens mit ausgestreckten Ärmchen auf mich zu und möchte "musen". Sie legt dann ihr Köpfchen an meine Schulter und umarmt mich mit ihren kleinen Ärmchen. Als wenn sie wüsste, dass Omi Trost braucht. Trotz aller Traurigkeit, die mich jetzt ständig begleitet, ist es schön, dass noch jemand da ist, die völlig rücksichtslos ihr Recht auf Liebe einfordert. Die allein durch ihre Anwesenheit und ihr drolliges Verhalten von der Traurigkeit ablenkt und zeigt, dass es auch noch schöne Dinge gibt.

So lebe ich derzeit in zwei völlig gegensätzlichen Welten.

Da sich bei uns jetzt ein Tag an den anderen reiht, mal etwas positiver aber meistens schlechter als der vorherige, bis Muttis Herz nicht mehr schlagen wird - werde ich wohl nicht mehr viel mitteilen.

Ich wünsche Euch allen - tja was wünsche ich Euch. Habt Eure Mutti noch lange in so guter Gesundheit bei Euch, dass sie an Euer Leben teilhaben kann.

Gabi
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  #2  
Alt 28.11.2007, 12:46
Tristanne Tristanne ist offline
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Registriert seit: 28.08.2007
Beiträge: 119
Standard AW: Die Hilflosigkeit ist so groß

Liebe Gabriele,

ich bin so tief beeindruckt von Deiner gefühlvollen Beschreibung, daß ich weinen muß. Aber ich weine ja sowieso die ganze Zeit. Ich mußte Deinen Weg zusammen mit meiner Mami schon gehen. Sie ist im August an Lungenkrebs gestorben.
Und Deine Gedanken und Wahrnehmnungen waren meinen so ähnlich. Besonders der Rückweg aus dem Krankenhaus bzw. Hospiz nach Hause, so hab ich es auch erlebt.
Leider habe ich keine Kinder für die ich jetzt da sein kann, und die mich brauchen.
Deine Mutter zieht sich immer mehr in ihre Welt zurück, nicht wahr? Doch ich glaube, ihre innere Welt ist reichhaltiger als wir es annehmen können, vermutlich kommen wir da mit unseren Wahrnehmungen nicht mehr mit, so sehr wir uns anstrengen. Und das Bild der (äußerlich) fremd gewordenen Mutter tut so weh. Ja, es ist normal, was in Dir vorgeht!
Du schreibst, ihr könnt nicht viel für sie tun. Doch! Ihr seid da, und das ist alles und das allerallerwichtigste.
Meine Mutter hat sich auch so fürchterlich quälen müssen, sie war auch so abgemagert und sah so angestrengt aus, und weißt Du Gabriele, nachdem sie gestorben war, war sie entspannt und wieder so schön wie früher, als wäre sie niemals krank gewesen. Nur noch viel souveräner und friedlicher sah sie aus.
Wenn man jemanden so liebt, dann kann man nur für ihn hoffen oder beten, daß es ihm bald besser geht.
Ich wünsche Dir ganz ganz viel Kraft für die schwere Zeit.
Sei lieb gegrüßt und gedrückt von Anne
__________________
Mami *12. Juni 1938 †3. August 2007
Danke. Hab Dich so lieb. Für immer.


"Weißt Du, ich glaube nicht, daß man völlig tot sein kann. Wir haben doch auch nicht völlig gelebt".
aus: Thomas Lehr "Die Erhörung"
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  #3  
Alt 29.11.2007, 11:46
markus75 markus75 ist offline
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Beiträge: 15
Standard AW: Die Hilflosigkeit ist so groß

Liebe gabi,
ich glaube ich kann dich verstehen wie du dich jetzt fühlst, meine mutter(57) ist jetzt am mittwoch 21 november mit dem notarzt wieder ins krankenhaus gekommen.
sie hatte trotz ihrer morphium ampullen und einer spritze solche schmerzen das sie es nicht mehr aushalten konnte,da hatte mein vater den notarzt gerufen.
am samstag hatten ich sie dann besucht mit meiner frau und unseren lukas
(7 monate) besucht,oma freut sich immer so wenn sie ihn sieht da war sie noch recht gut drauf so das sie ihren enkel sehen konnte.
sonntag hatte sie noch viel besuch bekommen und hat auch noch soweit alles mitbekommen.
montag hat sie jetzt wohl zum letzten mal ihren enkel gesehen.
in der nacht zu dienstag ist sie im kh auch noch gestürtzt und mußte genäht werden nicht groß aber immerhin.
als wir gestern am mittwoch ins krankenhaus kamen war sie noch schwächer als am dienstag sie hat kaum noch die augen offen halten können.
sie durfte und konnte auch nicht mehr aufstehen ,gegessen hat sie noch ganze 3 teelöffel apfelmus.

sie erkennt uns noch ,aber im nächsten augenblick erzählte sie wieder wirre dinge.
sie sucht z.b. einen putzlappen oder möchte eine neue tischdecke aufdecken.

meine mutter ist auch abgemagert ,sie hat ganz dicke arme und beine weil da überall wasser drinnen ist ,sieht aus wie ein häufchen elend ihre mundwinkel sind nach unten nur wenn sie für einen kurzen moment sie aufschlägt und uns sieht ist wieder ein lächeln in ihrem gesicht.
dann zuckt sie plötzlich zusammen und schlägt die augen auf ich weiß nicht ob sie da schon uns verlassen wollte oder ob das nur der berühmte berg runterrollen ist.
als wir gestern im krankenhaus gehen wollten ist sie in ein einzelzimmer gekommen.(was das für ein zeichen ist kann man sich wohl denken.)
mir ist nun auch klar das dieses jahr weihnachten ohne meine mutter stattfinden wird.
heute ist mein vater wieder ins krankenhaus gefahren,mal sehen wie es ihr heute geht.
telefonieren können wir nun auch nicht mehr mit ihr sie ist zu schwach.

wann wird sie nun erlöst von ihren qualen,morgen werde ich sie wenn er es zuläßt auch nochmal besuchen.

gib uns meiner familie, meinen vater und meinem bruder die kraft um damit fertig zu werden.

auch dir gabi wünsch ich viel kraft um mit allen fertig zu werden.

lieben gruß markus


MAMA WIR WERDEN DICH IMMER LIEBEN.
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  #4  
Alt 29.11.2007, 18:17
Gabriele M. Gabriele M. ist offline
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Beiträge: 75
Standard AW: Die Hilflosigkeit ist so groß

Hallo Markus,

ja, es hört sich leider alles genau so an wie bei meiner Mutti. Nur die Wassereinlagerungen hat sie nicht.
Mutti wird auch jeden Tag schwächer. Sie nimmt nicht mehr teil an der Umwelt. Als ich heute da war habe ich ihr einige nette Kleinigkeiten erzählen wollen - sie hat mir zu verstehen gegeben, dass sie das nicht möchte. Möchte nichts mehr von ihrem Hund, dem Urenkelchen oder sonstigen Dingen hören. Nur als ich fragte, ob sie denn die Haare gewaschen bekommen möchte, machte sie die Augen auf und sah mich an. Ich sagte ihr dann "Mutti ich hab dich noch nie mit so angeklatschten Haaren gesehen". Sie sagte darauf hin ganz leise - ja, können wir machen. Leider haben erst die Schwestern keine Zeit gehabt dann musste gehen, da ich heute Spätschicht habe. Und allein traue ich mich nicht ihr die Haare zu waschen. Hoffentlich geht es Mutti morgen wenigstens so gut, dass wir ihr die Haare waschen können. Ich möchte, dass sie trotz ihrer Krankheit und Schwäche das bisschen Würde behält und ich glaube verstanden zu haben, dass sie mir dafür auch dankbar ist.
Nach der Visite, die ich tränenübeströmt verlassen habe, kam der Doktor noch einmal zu mir. Er sagte, dass Mutti jetzt mit jedem Tag schwächer werden wird. Es wird nicht mehr sehr lange dauern, da wird ihr Körper die Lebensfunktionen einstellen. Mutti drängelt sich aber nicht vor, so dass es noch ein paar Tage dauern wird. Wir haben in 2 Wochen Weihnachtsfeier - bei uns ist in den letzten 2 Jahren zu jeder Betriebsfeier, egal ob von unserer Firma oder der meines Mannes, immer etwas vorgefallen. Krankenhausaufenthalte, OP's, Beerdigungen - also kann ich fast ausrechnen, wann es soweit sein wird.
Der Doktor hat sich auch sehr viel Zeit für ein Gespräch mit mir genommen. Ich habe viel Fragen an ihn gehabt und er ist ein geduldiger Zuhörer und durch seine jahrelange Tätigkeit auf der Palliativstation konnte er mir viele Fragen beantworten.
Für Mutti sind alltägliche Dinge nicht mehr wichtig. Es strengt sie nur an zuzuhören. Durch die Medikamente und die Magensonde ist ihr Mund trocken und der Hals wund. Dadurch kann sie sich nicht mehr mitteilen. Also liegt sie nur noch in einer Art Dämmerzustand zwischen den Welten und geht einen Weg, der uns allen bestimmt ist. Es tut weh, sie so da liegen zu sehen und ihr nicht helfen zu können, es zerreist mir das Herz, treibt mir immer wieder die Tränen in die Augen und der Kloß im Hals nimmt mir die Luft zum Atmen. Ich traue mich kaum noch sie anzufassen, so zerbrechlich wirkt sie.
Wenn ich dann allein bin falle ich sehr oft in eine Hilflosigkeit, die ich kaum beschreiben kann. Ständig kommen mir Erinnerungen, Gedanken, dass es nicht mehr so sein wird wie es mal war, dass viele Situationen sich nicht mehr wiederholen werden, Rituale nicht mehr existieren. Ich muss mich dann jedesmal wieder zusammenreißen. Mutti ist noch nicht tod und ich denke schon in der Vergangenheit. Ist dass das was man Abschied nehmen nennt? Loslassen und dem anderen den Frieden gönnen?

Gabi
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  #5  
Alt 29.11.2007, 18:40
Benutzerbild von mock
mock mock ist offline
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Standard AW: Die Hilflosigkeit ist so groß

Liebe Gabi,

wie gut kann ich jeden deiner Gedanken nachvollziehen. Auch mein Vater hat sich fast komplett in sich zurückgezogen. Er liegt nun seit 10 Tagen in dem Hospiz, wo er sich (dem Anschein nach) auch nicht unwohl fühlt, wobei er heute zu meiner Mutter meinte, dass es ja wohl ganz klar wäre, dass dies sein letzter Aufenthaltsort sein wird.
Letzten Freitag wurde ich von der Hospizleitung angerufen, da man mit mitteilen wollte, dass die künstliche ERnährung eingestellt werden würde, weil mein Papa jedes Mal mit heftigstem Schüttelfrost darauf reagiert hat. Die Schwester erklärte mir, dass der Körper in diesem geschwächten Zustand nicht mehr in der Lage sein würde, die Nahrung zu verarbeiten und es ihn zusätzlich belasten würde. Jedenfall war meine Mutter wohl außer sich, sie verstand es so, dass man meinen Vater nun verhungern lassen würde....
Ich bin dann gleich nach Erlangen gefahren, wo ich meinen Vater in einem schrecklichen Zustand vor fand. Er lag wie ein Embryo zusammengerollt in seinem Bett, war zu schwach um sich mir deutlich mitzuteilen und dämmerte nur vor sich hin.
Ich vermute, dass er nicht loslassen kann, weil er auch so eine große Sorge um meine Mutter mitträgt. Ich habe dann versucht, ihm mit sanften Worten den Übergang "leichter" zu machen. Ich habe ihn beruhigt, dass wir für meine Mutter (sie wird nicht alleine bleiben können wegen ihrer Parkinsonerkrankung) eine Lösung finden werden. Ich habe ihm gesagt, dass er so tapfer gekämpft hat und dass er einschlafen dürfe, dass ich ihn unendlich liebe und ihn immer in meinem HErzen tragen werde.....
Als ich gegangen bin, dachte ich - es bleiben ihm nur noch STunden. Das ist nun fast eine Woche her.
Inzwischen finde ich es fast unerträglich, ihn in diesem Zustand zu wissen. Er war zwar am nächsten Tag wieder ein wenig mehr bei Kräften, aber er muss auch oft sehr große Mengen erbrechen (ich vermute, dass wohl nichts mehr durch den MAgen in den Darm weitergeht) und das schwächt ihn zusätzlich.
Seltsamerweise wollte er vor ein paar Tagen keine Schmerztabletten mehr nehmen. Ich habe in einer Broschüre von dem Hospiz gelesen, dass das oft in den letzten Lebenstagen vorkomme .
Ich HOFFE, dass mein Vater (er ist wieder vollkommen klar bei Verstand), diesen Zustand nicht genauso schlimm empfindet wie ich es tue. Auch er hat keinerlei Interesse mehr an seiner Umwelt. Lediglich bei meiner Mutter spricht er noch ein paar Sätze. Wenn ich bei ihm bin, sage ich ihm, dass er ruhig schlafen solle, ich will nur dasitzen und seine Hand halten und bei ihm sein.
Was mag in solchen Menschen vorgehen? Diese Frage stelle ich mir dauernd. Ich habe ihn auch schon gefragt, ob er viel in der Vergangenheit sei, aber das verneint er .
Ich muss gestehen, dass in mir der Wunsch immer stärker wird, dass er einschlafen soll. Ist das egoistisch von mir, weil ich die Situation kaum noch ertrage? Vielleicht möchte mein Papa ja TROTZDEM noch leben ?!
Nächsten Mittwoch hat mein Sohn GEburtstag. Seine Sorge wird immer größer, dass es an diesem Tag passieren könnte. Auch ich fürchte mich davor.

Liebe Gabi, lieber MArkus, liebe Bianca und wer sonst noch in dieser Situation ist - ich wünsche unseren Lieben inneren Frieden und Schmerzfreiheit, und uns allen Kraft ohne Ende!

Elke
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  #6  
Alt 29.11.2007, 20:46
Kathleen Kathleen ist offline
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Standard AW: Die Hilflosigkeit ist so groß

Liebe Gabi, liebe Elke, lieber Markus,

ich fühle mich so hilfslos, wenn ich Eure Berichte lese. Wahrscheinlich aber nicht annähernd so hilflos wie Ihr im Augenblick, wo Ihr zusehen und geschehen lassen müsst, was man doch auf jeden Fall verhindern möchte, wenn man denn könnte.

Irgendwann werde auch ich ähnliche Zeilen schreiben müssen. Jetzt würde ich sagen, dass ich das gar nicht aushalten kann - aber ich werde müssen. Es ist absolut klar für mich, dass ich den Weg gemeinsam mit meinen Eltern bis zuletzt gehen werde - so wie Ihr. Ich möchte bei ihr sein, ihr Angst nehmen, wo ich doch selbst so große Angst habe.

Zuversicht kann ich Euch leider nicht mehr wünschen, aber Kraft, obwohl ich nicht weiß, woher man diese schöpfen kann...

Wünschen wir uns, dass unsere Mütter und Väter nicht lange leiden müssen und es ein Wiedersehen gibt...

Ich bin in Gedanken bei Euch, Kathleen!
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  #7  
Alt 29.11.2007, 21:26
Gabriele M. Gabriele M. ist offline
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Beiträge: 75
Standard AW: Die Hilflosigkeit ist so groß

Hallo Kathleen,

ich danke Dir für Deine Wünsche und nehme sie auch gern an. Wenn ich früher über diese Krankheit las, sie im Fernsehen sah oder Bekannte daran starben sagte ich, wie alle anderen auch, ist das schlimm und ist das fürchterlich. Jetzt betrifft es mich und ich habe mir nicht vorstellen können, dass es so weh tut und die Hilflosigkeit so lähmend ist. Trotzdem werde auch ich den letzten Weg mit ihr gehen, so bitter er für uns Zurückbleibende auch ist. Auf der Palliativ hat man das Bett im Besucherraum schon hergerichtet aber morgen werden wir sie noch sehen, so die Schwester.

Elke,

das mit dem Essen kenne ich. Der Doktor auf der Palliativ hat mir eine Broschüre, die er selbst geschrieben hat an die Hand gegeben. Ich habe sie meiner Tante weitergegeben, daher kann ich nur schreiben, was im Gedächtnis hängen geblieben ist. Er schreibt: bei Tumorerkranken im letzten Stadium ist es so, dass aufgrund des veränderten Stoffwechsels die Nahrung nicht mehr umgesetzt werden kann. Dadurch ist der Körper nicht mehr in der Lage die Nährstoffe aufzunehmen und zehrt aus. Dies ist auch durch eine vermehrte Gabe von Nährstoffen nicht zu ändern.
Wir müssen uns leider damit abfinden, dass unsere liebsten trotz künstlicher Ernährung auszehren. Das Gleiche passiert mit Flüssigkeit. Ab einem gewissen Stadium möchten die schwer Kranken keine Flüssigkeit mehr und machen dann auch nicht den Eindruck als würden sie es missen. Wir als Gesunde werden diesen Vorgang wohl nicht verstehen, werden ihn aber schweren Herzens akzeptieren müssen.
Auch das mit dem Erbrechen kenne ich. Wir haben gedacht, es müsse doch besser werden, wenn Mutti nichts mehr isst und nur noch künstlich ernährt wird. Das ist aber nicht so. Bitte den Arzt, eine Magensonde zu legen. Nachdem meine Mutti die Magensonde bekam und extra Medikamente gegen die Übelkeit ging es ihr besser, der Gesichtsausdruck war nicht mehr so gequält und ihre Körperhaltung war wesentlich entspannter. Es muss eine fürchterliche Übelkeit sein. Mutti sagte mir, sie sei mit nichts zu vergleichen.
Und das rauf und runter - gestern ging es gut, heute so schlecht, dass man meint, es seien Tage seit dem letzten Besuch vergangen - kenne ich auch. Bei mir ist es so, dass ich jedesmal Angst habe, bevor ich die Tür zu ihrem Zimmer öffne. Vor meinem geistigen Auge sehe ich sie im Bett sitzen, mit meinem Vati scherzen. Sie sieht mich an und sagt, sieh mal, es ist alles wieder gut. Die Ärzte haben gut gearbeitet. Und dann mache ich die Tür auf ...

Gabi
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