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  #1  
Alt 10.12.2009, 18:55
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Kerstin22 Kerstin22 ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

Hallo ihr Lieben,
tja, ich weiß auch nicht was ich mit meinen Komilitonen machen soll. Ich kann die Aufgaben auch nicht einfach verteilen, weil ich Perfektionist bin und der ganze Bogen auch für meine erreichten Punkte zählt. Eigentlich würden aber 50% der Punkte reichen. Ich tendiere immer mehr zu 100%. Letztlich lerne ich so auch mehr und bin dann gut auf die Klausur vorbereitet. Heute habe ich den Mathebogen dann abgegeben, auch wenn ich diesmal nicht alle Teilaufgaben gemacht habe. Ich habe ja auch noch anderes zu tun. In einer Woche habe ich übrigens Mathevorlesungen- und Mathebögenhalbzeit vom ganzen Studium. Im Bachelor und Master zusammen muss ich neun Mathevorlesungen belegen und jetzt habe ich 4 1/2 hinter mir. Die zweite Hälfte schaffe ich dann wohl auch noch. Im ersten Semester haben mir die Bögen noch den Schlaf geraubt, inzwischen habe ich verstanden, dass ich das schaffe. Alles eine Frage der Ausdauer.
Dieses Wochenende muss ich noch mal durchpowern, bevor Ferien sind. Ich muss ein Sitzungsprotokoll zusammenbasteln und überarbeiten, weil ich die einzige bin, die in der Arbeitsgruppe den Text gelesen hat, und mit anderen eigentlich mir unbekannten Komilitonen eine Sitzung vorbereiten. Ich werde mal versuchen wenigstens in der Gruppe nicht das Zugpferd zu werden.

Vor einigen Tagen hörte ich ein Telefonat meines Vaters mit einer Verwandten mit an. Es ist immer interessant seine Sichtweise der Dinge zu hören. Er erklärte ihr, dass ich wegen meiner Krankheit im Moment Single bin. Ich glaube diese Erklärung ist zu kurz gegriffen und sehr eindimensional. Warum muss man das überhaupt erklären? Was weiß mein Vater schon von meinen Beziehungen?
Ja, wahrscheinlich verliebt sich kein Mann in eine Mundschutzträgerin, aber ich glaube nicht, dass meine Krankengeschichte grundsätzlich eine Beziehung verhindert.

Gleich gehe ich zum Sport, damit ich diese Woche wenigstens einmal beim Sport war. Morgen kann ich nicht zu meiner Lieblingssportgruppe, weil ich mit zum größtenteils ehemaligen Teilnehmerinnen der Gruppe zusammen essen gehe.

Liebe A.,
das hört sich wirklick krass an wie einige mit dir und der Krankheit deines Mannes umgehen. In Anbetracht eures schweren Schicksals wüsste ich vielleicht auch manchmal nicht wie ich besonders als Gesunder damit umgehen sollte. Mich hat nie jemand wegen meiner Krankheit gemieden. Wahrscheinlich weil ich immer wieder auf der Matte stand und nicht so krank wirkte. Es war dann aber auch komisch, als ich eine neue Krebsdiagnose hatte und manche Uninformierte es nicht als neue Besonderheit ansahen, dass ich wieder Chemo bekomme.
Auf meinem einen Wochenendseminar im November bekam ich einmal als Feedback, dass ich soviel über meine Krankheit spreche. Das war da wohl auch so viel, weil ich da frisch mit Mundschutzdiskriminierungen zu tun hatte und michz neu mit meiner Identität als Stammzelltransplantierte auseinander gesetzt habe.
Vielleicht will ich auch manchmal nur zeigen, dass es nicht selbstverständlich ist, dass ich lebe und einfach mal studiere. Es ist natürlich toll, dass ich jetzt auf den ersten Blick nicht mehr krank aussehe, dass kann aber auch sehr anstrengend sein.
Wenn manche mir meine Krankheit schon nicht mehr abnehmen und mich so indirekt als Lügnerin darstelllen, finde ich das krass und irgendwie voll absurd.

Heute hat mich mal ganz höflich ein Student gefragt, warum ich einen Mundschutz trage. So etwas gibt es auch noch.

Okay, ich geh jetzt sporten!
Liebe Grüße und schönen Abend!
Kerstin
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Morbus Hodgkin, II B mit Riskofaktor, ED 4/06, 8x BEACOPP eskaliert,Bestrahlung, 1. Rezidiv 03/07, 2x Chemo mit DHAP, 20.06.07 SZT; Bestrahlung;Reha, 2. Rezidiv, 18.04.08 allogene SZT, 03.06.08 komplette Remission , 2019: Knoten im Brustkorb, 03/19 ED Peripherer Nerventumor, 6 Zyklen Chemo, Bestrahlung, OP, bestätigte Remission 01/20
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  #2  
Alt 10.12.2009, 19:00
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Kerstin22 Kerstin22 ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

@Chaoskatze: Ich wünsche dir natürlich ein gutes MRT-Ergebnis. Finde ich ja krass, dass die Untersuchung direkt nach der Chemo gemacht wird. ich dachte, die wirkt noch nach. Die Haare fallen ja auch erst so 14 Tage nach der ersten Chemo aus.
Alles Gute!
Ich drücke die Daumen!
Kerstin
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  #3  
Alt 12.12.2009, 20:41
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Kerstin22 Kerstin22 ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

Hallo ihr Lieben!
Im Moment ist mein Schlafrythmus voll aus den Fugen. Vorletzte Nacht, als ich nicht schlafen konnt und mich komisch fühlte, habe ich mal meinen Blutdruck gemessen: 144/99. Laut meinem Brockhaus ist das im Bluthochdruckbereich. Ich nehme mal an, dass das wegen meiner Medikamentenreduktion ist. Meine Haut ist deswegen ja auch sehr schuppig, fast wie Schmirgelpapier. Das Eincremen habe ich schon fast aufgegeben, weil es sowieso nicht hilft.
Heute ist mir was passiert, was mir in den letzten Wochen ab und zu passiert ist. Meine Blase ist ja etwas beschädigt und ich muss nachts auch öfters zur Toilette. Manchmal pinkel ich etwas vor die Toilette, aber ohne es zu merken. Ich bemerke das erst durch die Pfütze vor der Toilette. Ich bekomme das gar nicht mit und es ist mir natürlich auch unangenehm. Da frag ich mich natürlich, ob ich inkontinent werde und das mit 26 Jahren. Ich weiß, dass ich auch schon blasentoxische Chemos hatte. Meine Blase hat ja auch schon 14 Zyklen Chemos gesehen.
So kämpf ich jeden Tag mit anderen Kleinigkeiten. Die Kreativität meines Körpers sind keine Grenzen gesetzt. Ich hoffe, dass das mal irgendwann ein Ende hat.
Gerade fühl ich mich erschlagen und frage mich wie ich bis morgen Abend mein Wochenendpensum schaffen soll. Für den 3. Advent habe ich sowieso keine Zeit, aber wohl für den vierten, denn da hab ich Akademische Ferien.

Euch wünsche ich aber einen schönen 3. Advent!
Kerstin
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  #4  
Alt 12.12.2009, 23:33
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oft-weiß-ich-nich-weiter oft-weiß-ich-nich-weiter ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

Liebe Kerstin ,

wünsche Dir ein erfolgreiches "Rest-Wochenende", an dem Du schaffst, was Du Dir vorgenommen hast
und Dich mit möglichst wenig "kreativen Kleinigkeiten" rumärgern musst.
Wir müssen Deinem Körper mal klar machen, dass er durchaus ein Recht hat, sauer zu sein wg. der ganzen Chemie...,
Du aber auch ein Recht auf Erholung...!
Wird nicht einfach, weiß ich, ist auch etwas gesponnen,
schicke Dir gaaanz liebe Grüße A.
__________________
Betroffener: mein Mann
( Rest entfernt)
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  #5  
Alt 14.12.2009, 02:25
chaoskatze chaoskatze ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

Hallo ihr Lieben,


sorry, dass ich solange nicht geschrieben habe, aber ich brauchte ein wenig Zeit für mich selbst.
Bei dem MRT kam raus, dass es eigentlich ganz gut ausschaut, nur an zwei Stellen nicht so toll, einerseits ein Fleck, könnte eine Narbe sein, aber auch ein Rest vom Tumor, man weiß es nciht; andererseits ein Fleck außerhalb des üblichen Bereiches. Das war vermutlich einkleiner Schlaganfall. Wenns schief geht, könnte das auch ein weiterer Tumor sein.


@Kerstin: Danke! Hach, ich hoffe ja so sehr, dass meine Haare dran bleiben.. gilt bei meinem Medi als häufige Nebenwirkung, bei über 1 Person von 100 Leuten. Ich hoffe....

Ansonsten versuche ich, Unisachen zu klären, zb, ob ich während dem Urlaubssemester einen Schein machen kann. Aber ich zweifle auch stark an mir.. bisschen schwierig gerade, vor allem, weil es so eine Mischung aus akuter Gefahr und Alltag ist. Iwie macht es das schwieriger, damit umzugehen als in den Situationen an sich..
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  #6  
Alt 14.12.2009, 22:01
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Kerstin22 Kerstin22 ist offline
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Standard AW: Krebs und Studium

Hallo ihr Lieben!
Ja, komisch so zwischen Gefahr und Alltag. ich kenne das. Man geht wie andere seinem Alltag nach und auf der anderen Seite muss man für das eigene Überleben kämpfen.

Liebe Chaoskatze, nimm dir soviel Zeit für dich wie du brauchst. Das Ergebnis hört sich doch ganz gut an. Wenn da noch etwas ist, bekommst du das auch noch weg. Jedenfalls schon mal gut, dass der Tumor kleiner geworden ist.

Ich habe mich in den letzten Tagen schon zweimal mal wieder über meinen Vater aufgeregt.
Heute habe ich meinen Eltern ein Gedicht von Robert Gernhardt vorgelesen, in dem er seine Chemo verarbeitete. Mein Vater fand es ganz furchtbar und will nichts mit Krebs zu tun haben. Er will es lieber verdrängen. Das macht mich eher wütend. Ich konnte nicht einfach meinen Kopf in den Sand stecken und letztlich hat er mich ja so mit meiner Krankheit alleine gelassen (was er sonst ja auch getan hat).
Ich konnte nicht nur meinen Kopf nicht in den Sand stecken, ich musste viele unangenehme Behandlungen, ja sogar lebensbedrohliche Behandlungen auf mich nehmen und war ja anscheinend erfolgreich. Ich muss ganz viele Erfahrungen verarbeiten und es wird nicht besser, indem ich mich nicht damit auseinandersetze. Vielleicht distanziere ich mich sogar davon, wenn ich auch mit schwarzen Humor und Zynismus eine Krebserkrankung betrachte. Ich muss mich aktiv damit auseinandersetzen. Wenn ich den Kopf in den Sand gesteckt hätte, wäre ich vielleicht schon tot. Es macht den Krebs auch nicht wieder lebendig, wenn ich mich mit ihm beschäftige. Ich weiß nicht wie man so die Krebserkrankung seiner Tochter verdrängen kann. Er fordert auch immer irgendwelche Leistungen von mir, die ich in meiner Krankheitssituation/Genesungssituation nicht als angemessen empfinde. Als wenn ich gesund und fit bin, indem man mich so behandelt.

Mich faszinieren echt die Gedicht von Robert Gernhard. Der beschreibt unverblümt die Chemos usw. Mich fasziniert wie er Erfahrungen, die ich teilweise mit ihm teile, in hoch poetische Gedichte gießt. Deswegen muss es ja keine Erbauungsliteratur sein. Chemos sind auch nicht erbauuend.

Eine kleine Kostprobe:

5. Mai Beginn der Chemo

Krebskrieger fängt sein Tagwerk an:
Auf denn, Chemie! Heut heißt es: Ran!

Krebskrieger weiß, daß unterliegt,
wer Krebs nur kriegt und nicht bekriegt.

Krebskrieger muss aufs Ganze gehn.
Er stellt die Frage: Wer packt wen?

Packt Mann den Krebs? Packt Krebs den Mann?
Krebskrieger fängt sein Kriegswerk an.


In einem Gedicht erwähnt er auch Navoban und andere Medikamente. Mich spricht es an, dass dort jemand mein Wissen teilt. Warum soll man manches, was einfach so ist, nicht beim Namen nennen?

Ich weiß echt nicht wie man die Krankengeschichte der eigenen Tochter so ignonieren kann, dass es einem unangenehm ist, wenn man mit Aspekten davon konfrontiert wird. Das Krebs auch tödlich enden kann, weiß ich nicht erst seit Robert Gernhardt, der selbst 2006 an Darmkrebs starb. Dies habe ich damals schon als Krebskranke mitbekommen.

Okay, ich schlaf den mal und versuch mich nicht mehr aufzuregen.
Gute Nacht!
Kerstin
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Morbus Hodgkin, II B mit Riskofaktor, ED 4/06, 8x BEACOPP eskaliert,Bestrahlung, 1. Rezidiv 03/07, 2x Chemo mit DHAP, 20.06.07 SZT; Bestrahlung;Reha, 2. Rezidiv, 18.04.08 allogene SZT, 03.06.08 komplette Remission , 2019: Knoten im Brustkorb, 03/19 ED Peripherer Nerventumor, 6 Zyklen Chemo, Bestrahlung, OP, bestätigte Remission 01/20
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  #7  
Alt 14.12.2009, 23:09
chaoskatze chaoskatze ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 06.11.2009
Beiträge: 195
Standard AW: Krebs und Studium

Oh, das Gedicht ist echt nicht schlecht...

Ja, mir hilft auch gerade richtig viel schwarzer Humor.. Besser, als ständig es von sich wegzukämpfen! Und deinen Vater verstehe ich echt nicht...
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