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#1
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AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf
Liebe Grisu,
dieses „zwischen den Welten”-Gefühl kenne ich gut. Ich komme mir zynisch vor, wenn ich über Pläne für die Zeit ohne meinen Vater mache.. denke aber trotzdem darüber nach. Es ist menschlich. Dieses „was mache ich, wenn” hilft mir, mich innerlich vorbereitet zu fühlen. Ein bißchen hilft mir, doppelt zu planen: wenn es ihm die nächsten Tage stabil geht, mache ich A. Sollte es ihm schlechter gehen oder er diese Zeit nicht überleben, werde ich mich um B kümmern. Fühlt sich ein wenig schizophren an, gibt mir aber etwas Rückhalt in dieser unplanbaren Situation. Daß Dein Mann nun so gar nichts mehr planen oder anfangen möchte, macht es sicher besonders schwer. Kannst Du ihn darauf ansprechen? Nicht einfach, so ein Gespräch.. ich könnte mir aber vorstellen, daß es für ihn auch eine Erleichterung bedeutet, z. B. laut zu sagen „ich sehe gar keinen Sinn darin, Dinge anzufangen, ich habe Angst, sie nicht mehr beenden zu können.” Vielleicht ändert sich seine Haltung auch nach einer Zeit und es entspricht ihm gerade jetzt, sich auf sich zurückzuziehen und sich nicht mit Plänen (Verpflichtungen?) zu belasten? Ich finde es gut, wie Du versuchst, mit Deinem Mann im Hier und Jetzt zu leben und ihm mit Pläneschmieden nicht weh zu tun! So hart das ist, Du bist als Angehörige in einer anderen Situation als Dein Mann und denkst über andere Dinge nach als er, und ich finde, das ist Dein gutes Recht. Du wirst sicher manchmal über Therapien und Hilfestellung für ihn nachdenken, wenn er dazu gerade psychisch oder körperlich nicht in der Lage ist. Und manchmal wirst Du eben über ein Leben ohne ihn nachdenken. Das heißt ja nicht, daß Du Dir ein Leben ohne ihn wünschst. Gedanken sind auch ein Experimentierfeld.. Dein Handeln ist das Entscheidende für Euer gemeinsames Leben! Ich bin sicher, da vermittelst Du Deinem Mann all die Zuversicht und Unterstützung, die ihm guttut! Ich weiß nicht, ob ich richtig verstanden habe, was Du meinst, und ob Du mit meinen Gedankengängen was anfangen kannst.. Liebe Grisu, Du bist nicht allein, ich wünsche Dir ganz viel Gelassenheit und Stärke! Euch beiden von Herzen alles Gute Kaffee |
#2
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AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf
hallo! ich versteh schon, was du meinst. ich habe immer versucht, meinem mann eine art von "zukunft" zu bieten. heute, nachdem er verstorben ist, denke ich, ich hab halt in ihm reingeredet. er wusste genau was kommt und hat sich seine eigenen gedanken gemacht. natürlich hab ich ihm nie die hoffnung auf ganz gesund werden genommen, das wäre grausam. jeder mensch denkt und plant für sich, der eine malt sich sein leben so aus, der andere so. meiner hatte zig pläne nach der therapie im kopf..... lass ihn sein leben leben, man weiss eh nicht nicht wie es endet......liebe Grüsse-sanna
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#3
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AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf
Danke für eure lieben Worte...
Kaffee hat es auf den Punkt gebracht mit einem Satz: ich habe das völlig irrationale Gefühl (und deshalb ein unglaublich schlechtes Gewissen), dass wenn ich über ein Leben ohne meinen Mann nachdenke, irgendwie beschleunige, dass dieser Zeitpunkt kommt - als würde ich es mir herbeiwünschen...es geht mir eher darum, das tiefe schwarze Loch, das ich da vor mir sehe, ein ganz kleines bisschen erträglicher zu denken, indem ich den schlimmsten Gespenstern, die da auf mich warten, den Schrecken nehme...das geht nur, wenn ich sie mir heute gelegentlich schon mal anschaue... In den Tag hineinleben, ohne an morgen zu denken, fällt mir schon in guten Zeiten schwer - jetzt ist es eine immense Herausforderung. |
#4
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AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf
hallo! wahrscheinlich liegts daran, dass man auch Angst davor hat, dass zum einen der partner noch viel leid durchmachen muss- das will man ihm und sich selbst ersparen, zum anderen sind diese gedanken doch normal. ich hatte sie auch, als ich die prognose meines mannes wusste, hatte auch ein schlechtes gewissen dabei, so in die richtung mein leben geht weiter, seins wahrscheinlich nicht. dass man sich drüber gedanken macht, was danach kommt ist doch legitim. so, mein kleiner beitrag zu deiner situation. sanna
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#5
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AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf
Liebe Grisu,
mein Mann ist im August 2008 gestorben. Jaa...dieses irrationale Gefühl, von dem Du schreibst, dieses schlechte Gewissen...das kenne ich auch - als ich in "dieser Zeit" ehrlich in mich hineingehorcht habe. Jaa... ich finde es ist ein guter Gedanke, "dieses tiefe schwarze Loch" was Du vor Dir siehst - zu Recht - erträglicher zu machen. Nein...wie "es sein wird"...das wirst Du erleben...doch: Einmal "durchspielen" habe ich als sehr hilfreich empfunden! Gut, den "schlimmsten Gespenstern" einfach mal Paroli zu bieten! Ich habe damals gelernt, jeden Tag "einzeln" zu leben...und irgendwo ein Fitzelchen Schönes hervorzuholen...Mache ich auch heute so. Ich...habe den Partnerverlust leider schon zum 2. Mal erleben dürfen... Nein...ich war nicht "besser vorbereitet" beim 2. Mal... Alles Gute von Morgana
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Die Seele hätte keinen Regenbogen, wenn die Augen nicht weinen könnten. [Indianische Weisheit] |
#6
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AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf
hallo! ja, da kann ich morgana nur zustimmen. man kann seine gedanken und gefühle nicht wegschieben, ist doch menschlich. sanna
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#7
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AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf
hallo grisu!
wie geht es dir? hab mir heute nochmal deinen thread durchgelesen. mir geht es leider genauso. ich plane auch liebend gerne alles. und jetzt??? jeder tag ist anders, wer weiß was morgen wieder ist. dann muß man zum einen mit der krankheit klarkommen. zum anderen muß man sich schon mit vielen dingen auseinander setzen, die man eigentlich viel später machen wollte. rentenantrag, pflegestufe, behindertenausweis,etc. momentan müssen wir nicht nur gegen diese schreckliche krankheit kämpfen, nein, die ämter und behörden legen einem auch noch steine in den weg. da frage ich mich mittlerweille, was noch alles kommt? ich bin heute wieder an einem punkt, wo ich mir denke, warum immer wir? leider gibt es hier auch noch viele andere, die auch die a---karte gebunkert haben. deswegen, dein titel paßt auch zu uns..... wünsche dir was. halt die ohren steif. bis bald. lg nicole |
#8
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AW: Unsere Zukunft löst sich gerade auf
Hallo Nicole,
im Moment hängen wir wieder mal ganz besonders "in den Seilen", weil wir nicht wissen, ob die Tarceva-Behandlung anschlägt. Die Hautreaktionen, die ein Indikator sein können (aber nicht müssen), sind sichtbar, aber längst nicht so stark wie uns zuvor auf Fotos gezeigt worden ist. Bis zum nächsten CT sind es noch etwa zwei Wochen - dann wird sich zeigen, ob es wirkt. Meinem Mann geht es aber ansonsten nach wie vor gut... manchmal mag ich es gar nicht glauben, dass da "unter der Oberfläche" das Grauen lauert. Aber dadurch, dass er zumindest körperlich kaum eingeschränkt ist, haben wir noch eine Menge Möglichkeiten, die Zeit gemeinsam für schöne Unternehmungen zu nutzen, auch wenn wir diese nicht planen... Hast du denn nun deinen Behörden-Marathon geschafft ? Meine Erfahrung aus der Zeit, als der bei meinem Vater anstand, ist die, dass man sich Beistand organisieren sollte. Als unmittelbar Betroffene war meine Mutter oft einfach nur sprachlos, wo ich dann noch eine Menge Zorn entwickeln konnte und auf diese Weise manches durchgesetzt habe, was sonst vielleicht hinten runter gefallen wäre...hast du jemand, der dich unterstützen könnte ? Mir graut es schon davor, wenn diese Phase bei uns ansteht... Ich schick dir ein dickes Paket lieber Gedanken !!
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"Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewißheit, dass etwas einen Sinn hat, egal wie es ausgeht." (Vaclav Havel) |
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