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  #1  
Alt 09.07.2013, 21:24
andreas71 andreas71 ist offline
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Standard AW: Bauchspeicheldrüsenkrebs oder das Tagebuch des langsamen, aber sicheren Abschieds

Hallo Aedan!

Ich bin vor ein paar Tagen aus genau demselben Grund hier aktiv geworden (siehe Thread "Vater hat BSDK").

Die Diagnose ist, wie ich leider vor ein paar Monaten bei meinem Vater miterleben musste, die schlimmste Ohrfeige, die einem das Leben verabreichen kann...

Eines muss aber auch gesagt sein: Metastasen auf der Leber bei BSDK sind eigentlich fast "normal". Die Leber ist im Blutkreislauf das naechstgelegene Organ, und wenn der Tumor streut, ist die Leber das Organ, welches sofort etwas abbekommt. Bei meinem Vater wurde im März BSDK diagnostiziert, bereits fortgeschrittenes Stadium (Tumor über 6 cm), und ebenfalls Metastasen auf der Leber. Seitdem hat er 5 Chemos mit Abraxane erhalten, seit 2 Wochen wird diese ausgesetzt (obwohl nur noch eine Chemo fehlen würde), weil in der 1. Woche Entzündungswerte zu hoch waren und diese Woche er körperlich zu schwach ist, um eine weitere Chemo zu vertragen).

Ich würde Dir gern Hoffnung machen, nur bei diesem Krebs sollte man offen und ehrlich sein: die Chancen stehen schlecht. Es gibt natürlich Fälle, die es schaffen bzw. lange über dem Durchschnitt überleben (suche hier im Forum nach dem User Gerdxx), diese sind aber leider in der Minderheit...

Ich leide unsäglich unter der Situation, habe selbst fast keine Kraft mehr. Mein Vater ist mein ein und alles, und ich muss ihm beim Sterben zusehen.
Heute hatten wir aber nach langer Zeit wieder einen guten Tag, er war im Spital, die Chemo hat er zwar nicht bekommen, weil eben zu schwach, dafür eine Infusion, dafür ging es ihm danach seit langem wieder besser, hat sogar wieder Appetit gehabt und etwas gegessen. Es ist schlimm, wenn solche kleinen Schritte einem den Tag retten... man wird bescheiden.

Grundsätzlich möchte ich Dir aber sagen: jeder Mensch ist individuell. Was anderen passiert, muss nicht Deiner Mutter passieren. Die meisten sterben innerhalb von wenigen Monaten, aber immer wieder gibt es Patienten, die mit dieser Diagnose Jahre leben. Es gibt kein Schema, keine Tipps oder Prognosen.

Ich wünsche Euch die Kraft, diese Situation gemeinsam so gut wie möglich zu meistern. Ich wünsche Euch die Ärzte, welche mit der Materie vertraut sind und die bestmögliche Unterstützung geben. Geniesst die gemeinsame Zeit und möge sie noch lange währen.

Lg Andreas
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  #2  
Alt 10.07.2013, 12:06
Aedan Aedan ist offline
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Standard AW: Bauchspeicheldrüsenkrebs oder das Tagebuch des langsamen, aber sicheren Abschieds

Hallo Andreas,

Danke für deinen Post! Ich weiß es zu schätzen, wenn Leute, die dasselbe erleben/erlebt haben, dazu beitragen, dass man Kraft schöpft! Danke dafür!

Ja, die Diagnose ist wohl die größte Ohrfeige, die ein Mensch von anderen Menschen bekommen kann. Ich bewunderte gestern, mit welch kühler Art, fast schon einer gewissen Arroganz die Ärztin das verkündete. Es glich der gelangweilten Bestellung bei McDonalds und klang nach Schema F. Sicher muss sie solche Diagnosen täglich. bzw öfter stellen, aber auch sie müsste doch wissen, welche Belastung und welchen Schock sowas hinterlässt. Sie wirkte da recht anteilnahmslos. Aber das bringt der Job wohl mit sich und ich möchte das nicht überbewerten und ihren Job machen müssen.

Realistisch sind wir von Anfang an. Wir rechnen nicht mehr vorwärts sondern rückwärts und sind für jeden Tag dankbar, der gut überstanden wird ohne größere Schmerzen und Beschwerden. Ein solches Ereignis rückt die "Problemprioritäten" doch in andere Bahnen. Habe ich vorher noch gesagt ich bin unglücklich weil meine Mathe Klausur bescheiden lief oder der Sport nicht so klappte, ist es nun doch anders.

Mit dem Fakt, dass wir uns alle irgendwann vom Leben verabschieden müssen, Eltern/Freunde/Familie/Partner, komme ich auch gut klar und ich kann nicht sagen dass ich Angst davor habe. Doch die Art WIE macht mir Angst. Es gibt keinen schönen Tod, aber durch solche Diagnosen sind einfach... ich weiß nicht wie ich das nennen soll. Ungerecht? Grausam? Die Frage : WARUM WIR? Stellt sich wohl jeder in dem Moment... Dir, lieber Andreas, wünsche ich natürlich auch ganz, ganz, ganz viel Kraft in diesen Momenten. Und wenn sie einmal versagen sollte, melde dich, dann versuchen wir sie gemeinsam aufzubauen. Oft hilft es doch, mit anderen darüber zu reden/schreiben und Erfahrugnen auszutauschen. Ich wünsche auch deinem Vater alle erdenkliche Kraft, weiter zu kämpfen. Ich bin mir aber sicher, dass er das tut,weil er weiß, was für einen tollen Sohn er hat!!


Tag 1 nach der Diagnose:

Heute ist der erste Tag nach der Diagnose. Die erste Nacht ist geschlafen, obgleich auch mehr schlecht als recht, die ersten Tränen sind getrocknet. Groß verändert hat sich die Situation natürlich nicht, aber das erste positive gibt es schon: Ihr geht es heute ganz gut, nicht soviele Beschwerden und die Sonne scheint. Es scheint, als würde es jemand heute noch gut meinen und das mit dem Wetter belohnen. Der Rest der Familie knabbert natürlich noch dran und jeder geht auf seine Weise mit dem Schmerz um. Der eine fährt zu seinem Freund und rauf auf die Nordsee, die andere trifft sich mit Freunden und bespricht das mit der Tante (ihrer Schwester, die ihr nah steht). Ganz andere versuchen das in diesem Forum zu verewigen und so einen Weg der Bewältigung zu finden. Zuviel Zeit bleibt aber nicht, man muss sich ja schliesslich auch noch um andere Dinge kümmern. Auch wenn heute ein guter Tag ist bin ich mir bewusst, dass auch noch verdammt schlechte und besch*** Tage kommen werden. Aber mittlerweile lernt man, dass JEDER Tag ein Geschenk ist. Darum will ich mich auch gar nicht groß beschweren sondern versuchen das Beste draus zu machen. In diesem Sinne verabschiede ich mich erstmal, sollte sich was ändern melde ich mich wieder! Ich wünsche den Mitlesern und Anteilnehmern die immer nötige Kraft, eine Portion Hoffnung und immer gute Gedanken und Erinnerungen!

Geändert von Aedan (10.07.2013 um 12:10 Uhr)
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  #3  
Alt 11.07.2013, 14:54
Aedan Aedan ist offline
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Standard AW: Bauchspeicheldrüsenkrebs oder das Tagebuch des langsamen, aber sicheren Abschieds

Tag 2:

Heute war der erste Besuch beim Hausarzt nach der Diagnose. habe ich vorgestern doch noch geschimpft, wie anteilnahmslos die Ärztin das verkündet hat im Krankenhaus, kann ich heute nur äußerst positiv überrascht lobende Worte finden: Der Hausarzt hat sich weitüber eine halbe Stunde Zeit genommen und über alles aufgeklärt und auch Folgen für die Zukunft aufgezeigt. Aber von Anfang an:

Es ist definitiv BSDK, da führt kein Weg dran vorbei. Betroffen ist der Kopf. genaue Maßnahmen für die Behandlung kann noch nicht getroffen werden, man will noch Proben oder ähnlich entnehmen. Gestreut hat er ebenso defnitiv, betroffen sind die Leber (komplett) und auch Lunge zum Teil sowie evtl. andere Organe. Es scheint also nicht erst mal eben so losgegangen zu sein. Trotzdem ist die Gefühlslage momentan recht "gut", sofern man in solchen Situationen etwas als gut beschreiben kann. Weitere Daten und vor allem Maßnahmen und ob jene überhaupt noch lohnen (welch grausame Wortwahl, aber das ist nun mal so..) wird dann die nächste Zeit besprochen.
Jetzt aber das Positive, was ich vermerken will: Der Hausarzt, gleichzeitig Arzt für Palliativmedizin, hat uns seine private Nummer und auch Hilfe angeboten. Sollte es der Fall sein, dass keine Chemo oder ähnliches Sinn macht, möchte er unbedingt bis zum Ende dabei sein und zu JEDERZEIT erreichbar sowie da sein und vorbeikommen, wenn etwas ist. Das ist für uns schonmal ein gutes Zeichen und wenn es auch nur so klein ist. Aber dieses Verhalten ist für einen Hausarzt nicht üblich, denke ich. Wer opfert schon freiwllig seine wohl rar gesähte "Freizeit"?? Auch wenn wir ländlicher wohnen und andere Beziehungen zu den Mitmenschen haben finde ich das toll! Das hilft auch uns Angehörigen, bei Fragen und auch wenn man mal überfordert ist zu wissen, dass da jemand ist, der helfen kann.
Fakt ist auch, dass er NICHT will, dass sinnlose Chemo's oder ähnliches veranstaltet werden und unnötig gequält wird. Gesetzt den Fall wird mit Palliativmedizin versucht, das Beste rauszuholen und möglichst schmerzfrei das Ende zu gestalten!

All das sind schonmal gute Nachrichten, obgleich klar ist, dass nicht jeder Tag so gut laufen wird und auch noch viele beschissene Tage folgen werden. Vielleicht hilft das ja nun auch, mal besser zu schlafen, wenn man denn mal schläft. Bisher war doch alles nur von Alpträumen und unschönen Bildern gepflastert, was doch zusätzlich noch an die Substanz geht. Aber auch da gibt's doch bestimmt was von Ratiopharm... Oder weiß hier jemand "natürliche" Mittel gegen soetwas?

Es grüßt euch,

Aedan!
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  #4  
Alt 12.07.2013, 12:08
Altmann Altmann ist offline
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Standard AW: Bauchspeicheldrüsenkrebs oder das Tagebuch des langsamen, aber sicheren Abschieds

Aedan,
D U B I S T S U P E R !!!
Bleibe dabei, wenns auch nicht leicht wird.
Gruss Altmann
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  #5  
Alt 12.07.2013, 23:45
Aedan Aedan ist offline
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Standard AW: Bauchspeicheldrüsenkrebs oder das Tagebuch des langsamen, aber sicheren Abschieds

Hallo

Tag 3:

Heute war ein recht komischer Tag, ich hatte das Gefühl, die Rollen sind vertauscht. Während ihr das eigentlich ganz gut ging, ging es mir schlecht. An sich sollte ich damit ja zufrieden sein, wenn es mir schlecht geht ihr aber dafür gut. Das hat ja auch was. Kopfschmerzen den ganzen Tag, Besuch des unliebsamen Bruders, mit dem ich auch weiterhin kein Wort wechsle und auch nicht werde. Für mich ein Fall vom schlechten Gewissen gerade NUN angekrochen zu kommen und einen auf Besorgnis machen, nachdem man sich sonst Jahre hat nicht sehen oder hören lassen, gefühlt. Er kann von mir auch nicht erwarten, dass ich da auf heile Welt mime. Bin auch stillschweigend weggefahren, als er da war. Aber das ist ja nicht das Thema.
Sie hat heute die Sonne draussen genossen und jedoch auch viel gelegen und gedöst/geschlafen. Sicherlich erste Anzeichen der Intensität, was nun alles einprasselt und das fordert seinen Tribut. Montag morgen ist nun der Termin im Krankenhaus, wo dann etwaige proben entnommen werden und die weitere Vorgehensweise besprochen wird. Dieses Tag könnte sowohl positiv als auch äusserst negativ verlaufen, mal abwarten. Nachdem ich nun also sämtliche Hausarbeiten und Küchenarbeiten erledigt habe, womit sie sich nicht mehr rumplagen soll, nutzt sie die Zeit für Fernsehen, Schlafen, liegen etc. Aber sie friert, was mir komisch vorkommt, angesichts des Wetters von Sonne und zum Teil über 20 Grad. Aber auch das hängt wohl mit dem BSDK zusammen, schätze Ich. Ich freue mich ja schon über jeden Tag, der nicht so voll mit Beschwerden ist. Sie schläft unten und mir graut es vor der nächsten Horrornacht, mit Alpträumen, kaum Schlaf und einem Kopf, der nicht die Fresse hält und alle möglichen Szenarien durchspielt, die eintreten könnten... Grauenhaft. Aber wenn wir ehrlich sind - das wird wohl weder die erste noch die letzte sch*** Nacht sein...

In diesem Sinne, ich hoffe ihr schlaft besser und bis morgen,

Aedan

Geändert von gitti2002 (12.02.2015 um 21:15 Uhr)
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  #6  
Alt 13.07.2013, 12:12
Altmann Altmann ist offline
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Standard AW: Bauchspeicheldrüsenkrebs oder das Tagebuch des langsamen, aber sicheren Abschieds

Hallo,
wollte nur kurz sagen, habe mit Opipramol schlimme Erfahrung
gemacht. Die Restpackung mit 1 1/2 Tabletten weniger habe ich
jetzt glaub ich weggeschmissen.
Kann aber bei jedem anders sein.
Johanniskraut hilft bei so einer schweren Belastung nicht.
Da muss man kurzfristig auf Diazep zugreifen.
Viele Grüsse
Altmann
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  #7  
Alt 13.07.2013, 15:29
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: Bauchspeicheldrüsenkrebs oder das Tagebuch des langsamen, aber sicheren Abschieds

Hallo Aedan,

auch ich finde es bewundernswert wie du versuchst mit eurer Situation klar zu kommen. Schreiben ist aufjedenfall etwas, was mir auch immer sehr geholfen hat.
Als meine Mutter die Diagnose Brustkrebs bekam, war ich 17 und ab da war nichts mehr wie es mal war. Und es wird auch nie wieder so ein.
Trotzdem darfst du durch all das auch dich nicht vergessen. Und es ist gut wenn du dich schriftlich damit auseinander setzt. Man neigt ja oft dazu alles zu verdrängen und manchmal kann man sicherlich auch nur so, den Alltag bewältigen.

Ich finde es toll, dass du deine Mutter unterstützt und begleitest und für sie da bist. Oft verzweifeln wir ja, weil wir das Gefühl haben, nichts tun zu können. Aber ich glaube unseren Angehörigen bedeutet es sehr viel, wenn wir einfach da sind.

Aedan, ich wünsche deiner Mutter, dir, deiner Familie ganz viel Kraft und auch eine Portion Glück für den Weg, der jetzt vor euch liegt.
Ich finde es sehr positiv, dass der Arzt euch so unterstützt - sowas findet man nicht immer.

Ylva
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