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  #1  
Alt 10.08.2013, 02:38
Benutzerbild von Katzensprung
Katzensprung Katzensprung ist offline
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Standard AW: Mutti muss sterben - persönliche Gedanken zum Tod

vielen Dank ihr Lieben, Milena, Moni

Muttis (69) Zustand hat sich in den letzten Tagen extrem verschlechtert. Nachdem sie nachts gefallen ist und mit dem Notarzt ins Krankenhaus kam, hatte sie sich entschieden, sich noch einmal an der Metastase im Nacken/Rückenwirbel operieren zu lassen. Das war am 29.07.
Sie ist nun komplett gelähmt, nur den rechten Arm kann sie noch ein wenig bewegen.

nun holen wir Mutti nach Hause. im Krankenhaus kann man nichts mehr für sie tun. Es wird in der nächsten Woche sein, sobald Krankenbett etc. da sind. Pflegedienst und palliative Mediziner werden nun ganz rasch in die Wege geleitet.

sie möchte gern nach Hause und so soll es sein.
nun wissen wir es alle, das ist der Weg.

in meinem Erleben ist es tatsächlich eine Art "Fortschritt", dass nun Mutter und Vater nicht mehr leugnen "meine Frau wird gesund, wir feiern in 2 jahren goldene Hochzeit" oder Mutti "im nächsten auf Mallorca werd ich aber schlank sein"

derzeit fahre ich jeden Abend ins Krankenhaus, sie füttern. Noch vor Wochen hätte ich nicht gedacht, dass ich das kann, aber man wächst tatsächlich in die Situation hinein. Pa ist tagsüber bei ihr.
Und nächste Woche holen wir sie nach Hause. Im Krankenhaus können sie nichts mehr für sie tun.
Nun wird zügig Pflegedienst und palliative Versorgung für zu Hause in die Wege geleitet.
Sie möchte so gern nach Hause. Und so soll es sein.
Für uns wird es sogar ein wenig "leichter", da die Fahrerei wegfällt. (zum Krankenhaus ca. 1/2 std.)
ich durfte nun endlich eine Putzhilfe organisieren für mein Elternhaus, das haben meine Eltern lange verweigert. auf einmal geht es... nun ist uns allen der Weg ganz klar. Mein Vater ist total neben der Spur, er läuft seit ein paar Wochen zunehmend schlechter, sehr unsicher, wie ein Betrunkener, das wird untersucht. Und zu allem Überfluss hat er nun auch noch eine entzündete Talgdrüse auf der Schulter, die heute ambulant geschnitten werden musste.

Mein Bruder hat den Fakt, dass Mutti zum Sterben nach Hause kommt, erstaunlich gefasst aufgenommen. aber das ist wohl nur nach aussen... auch um ihn mache ich mir sehr grosse Sorgen...

Doch ich lerne viel in diesen Tagen und Wochen.
Wir können nicht ändern, was geschieht, aber die Art, wie wir damit umgehen.
Und ich werde ruhiger, insbesondere im Umgang mit Mutti. Ich muss lernen, mir nicht zu viel Gedanken zu machen. Natürlich bin ich oft verzweift und fühle mich hilflos, aber das darf mich nicht beherrschen.

viel lieber möchte ich die Zeit, die uns noch bleibt, so schön wie möglich gestalten. ich muss lernen, die Dinge auf mich zukommen zu lassen und anzunehmen.

ich will nicht klagen, sondern dankbar sein, für die schöne Zeit.

Der Weg ist nun klar, wir wollen ihn ruhig und besonnen gehen. Ich bin bereit dazu.

sicherlich die härteste Zeit meines bisherigen Lebens.

Geändert von Katzensprung (10.08.2013 um 02:41 Uhr)
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  #2  
Alt 10.08.2013, 08:42
Brigitte 1955 Brigitte 1955 ist offline
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Standard AW: Mutti muss sterben - persönliche Gedanken zum Tod

Liebe Katzensprung,
Für die kommende Zeit wünsche ich dir ganz viel Kraft,
Achte aber auch auf dich selber
LG. Brigitte
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  #3  
Alt 10.08.2013, 14:01
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wildcat2505 wildcat2505 ist offline
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Standard AW: Mutti muss sterben - persönliche Gedanken zum Tod

Auch ich wünsch dir für euren kommenden schweren Weg ganz viel Kraft.
Du wirst irgendwann mit stiller Zufriedenheit und einem Lächeln zurückblicken, weil Du ihr das Abschiednehmen und Gehen zu Hause bei ihren Lieben ermöglicht hast. Viel mehr Liebe geben geht nicht.
Alles alles Liebe für euch
__________________
GlG Rika
mein Mann: Hautkrebs pT3aN1aM1c Klinisches Stadium IV, CL 4 *16.09.1963 - 26.1.13
Nicht die Zeit heilt unsere Wunden, wir gewöhnen uns nur an den Schmerz
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  #4  
Alt 04.09.2013, 02:40
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Katzensprung Katzensprung ist offline
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Standard AW: Mutti muss sterben - persönliche Gedanken zum Tod

Ihr Lieben,

Mutti (69) ist inzwischen komplett gelähmt, ich hab sie die letzten Wochen im Krankenhaus jeden Abend gefüttert. Das sind Bilder, die werde ich mein Lebtag nicht vergessen, wie sie mich anschaut mit ihren schönen blauen Augen. Sie ist immer noch so hübsch! Ich sag ihr das auch, aber sie mag sich nicht mehr im Spiegel anschauen. ok, Ihr Verstand ist recht klar, wird nur ein wenig getrübt von all den Schmerzmitteln Morphin und Palladon.

Hätte mir das Jemand vor einem Jahren gesagt, hätte ich nicht geglaubt, dass ich mit der Situation, meine Mutti zu füttern überhaupt umgehen kann, doch man wächst tatsächlich mit den Aufgaben.

Bis vor wenigen Tagen konnte sie noch den rechten Arm heben, aber die Knochenmetastasen im Nacken lähmen nun alles, fressen den Körper auf. Das wird letztendlich zu einer Atemlähmung führen, soweit muss es hoffentlich nicht kommen...

Sie möchte nach Hause und so soll es sein. wir haben alles vorbereitet. Bett ist da, Pflegedienst, Palliativdienst ... viel zu organisieren...

Ich hoffe nur, sie muss sich nicht lange quälen. Es ist der Horror, was wir durchmachen, also ich kann nicht schlafen und inzwischen ist mein Gesicht ganz verquollen, dabei heule ich gar nicht sooo viel.

Sie tut mir so leid! wir beide, Mutti und wir waren nie ein Herz und eine Seele im Gegenteil, haben oft gestritten.
Wir sind zwei komplett unterschiedliche Frauen.
Ich bin so ganz anders als sie.
Ich bin so realistisch, sie liebt die Märchenwelt. Steckt den Kopf so lange in den Sand, bis es nicht mehr geht.
Ihr Krebs wäre zu einem früheren Stadium heilbar gewesen...

Doch ist unsere Beziehung von grosser Emotionalität geprägt.
Wir sind einander sehr in Liebe verbunden.
Auch wenn wir in unserer Fraulichkeit so anders sind.

Doch nun kommt sie nach Hause.
Das wird eine ganz neue Phase.

Mein Bruder hat sie 2-3 mal besucht, er wirkt erstaunlich gefasst. Ich habe ihn noch nicht einmal weinen sehen, das liegt vermutlich an den starken Psychopharmaka, die er bekommt.
Doch nun war sich seit Tagen nicht bei Ma. Es war der 1., es gab Geld.
Hat er sich wieder Drogen gekauft?

Unser Vater dreht leider völlig durch in blindem Aktionismus. Er schreit mich an, denn ich muss Muttis Auto verkaufen! Schnell!
Las doch mal auf sich zukommen, das sagt man so...

Aber ich bin nun an einem Punkt, wo ich alle noch vorhandene Kraft in mir versammeln muss,
wir werden den Weg jetzt gehen, und ich will nicht wütend sein.

sondern demütig und dankbar,
für die schöne Zeit, die wir hatten.

und unsere letzten Tage mit meiner Mutter noch so schön wie möglich gestalten.

ich hab einen komischen Humor. ich zwinkerte meiner besten Freundin mit Tränen in den Augen zu "Finale".

es ist wie ein Film... ein horror film, aber wenn man die Augen aufmacht ist alles wieder da....

---
ich muss ergänzen: Mutti sollte schon entlassen werden, als sie im Knappschaftskrankenhaus sagten, sie können nichts mehr machen - aber sie wollte noch, dass "etwas gemacht wird" daher bekam sie noch 8 Bestrahlungen im St.Josef. Das ist die Ambivalenz, sie möchte nach Hause, aber noch etwas gemacht haben. doch nun kommt sie wirklich nach Hause...

Geändert von Katzensprung (04.09.2013 um 02:49 Uhr)
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  #5  
Alt 08.06.2014, 05:45
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Katzensprung Katzensprung ist offline
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Standard AW: Mutti muss sterben - persönliche Gedanken zum Tod

Am 7.12.13 ist meine Mutti gestorben, im Alter von 69 Jahren an Nierenkrebs.

Es ist nun ein halbes Jahr her und ich weine nicht mehr jede Nacht.

Es war ein Samstag, sie starb ganz friedlich, es war sehr unspektakulär, ich hatte es mir irgendwie anders vorgestellt - einfach nur ein leiser friedlicher letzter Atemzug.

Am Dienstag zuvor hatte ich sie gefüttert, aber sie mochte kaum essen und wir verabschiedeten und, wie immer, nur mit einem "bis gleich". alles war gut, ich war mit ihr im Reinen.

ich war mit ihr allein, nachdem ich meinen Vater vom Notarzt abholen lies, da er sich ans Herz fasste.
Und in den Stunden, da wir Beide allein waren, wurden wir Beide ganz ruhig und sie ging.

Leben heisst auch: loslassen. Und ich tue mich schwer damit.
doch jeder Tag ist Veränderung, nichts bleibt wie es ist.

ich mag mich momentan nicht mehr mit traurigen Dingen befassen,
das Leiden gehört zum Leben, wie die Freude, ja
aber nun muss ich das Pendel schwingen ein wenig
in die andere Richtung
ich suche, habe und brauche die schönen und lustigen Dinge in meinem Leben...
denn es ist lebenswert.
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  #6  
Alt 08.06.2014, 21:23
Almnixe Almnixe ist offline
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Standard AW: Mutti muss sterben - persönliche Gedanken zum Tod

Liebe Katzensprung,

mein herzliches Beileid! Ihr seid einen schweren Weg gegangen. Du bist sehr tapfer. Die Erinnerungen schmerzen und manchmal will man das alles nicht mehr und man möchte so gern die alte Unbeschwertheit zurück.

Auch ich habe meine Mami in ihren letzten Wochen begleitet. Auch sie war gelähmt und ich habe sie gefüttert. Auch ich war bei ihr, als sie gegangen ist und wir gegenseitig loslassen mussten. Die Gefühle und Bilder während dieser Zeit werde ich auch nie vergessen. Am 10. Juli jährt sich ihr Todestag zum 1. Mal und ich bin auch noch immer sehr traurig. Aber ich kann auch schon wieder ab und zu lustig sein u das Leben ein wenig genießen.

Liebe Grüße, Tina
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