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  #1  
Alt 06.07.2014, 09:17
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fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Standard AW: Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus

Liebe LSN..
ich möchte Dir gern eine weitere Ansicht von dem Vorfall auf der Autobahn mitgeben:
Wie Du schreibst, hätte das auch ganz böse ausgehen können. Doch Dein Daddy war euer Schutzengel und hat Euch vor Schlimmeren bewahrt.
Liest sich doch schön, oder?
Liebe Grüße, Tine
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  #2  
Alt 06.07.2014, 10:15
Mathias974 Mathias974 ist offline
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Standard AW: Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus

Liebe Luisa,

es ist immer schlimm einen geliebten Menschen gehen lassen zu müssen.
Das wird irgendwann mit der Zeit besser, nur verschwindet es nie, es ändert sich aber.
Du hast niemanden etwas getan und wirst auch für nichts bestraft. Es gibt leider viele Sachen im Leben die einfach keinen Sinn haben. Es hilft dann auch kein Hinterfragen, nach dem warum oder weshalb.
Das mit der Autobahn sollte man nicht überbewerten aber ich möchte dir gerne etwas erzählen, vllt hilft es dir.

Mein Vater ist vor 4 Jahren gestorben, die Lücke ist natürlich auch heute noch da aber anders.
Letztes Jahr hatte ich ein leichtes ziehen im Bauchbereich und ich bin nicht der Mensch der sofort zum Arzt geht. Da es aber schon zu spät für den Hausarzt war und es mir komisch vor kam, entschied ich mich ins Krankenhaus zu fahren. Irgendwas sorgte dafür das ich dahin fahren sollte.
Letzten Endes war es die absolut richtige Entscheidung, denn man diagnostizierte Krebs. Für mich war es naheliegend das da jemand auf mich aufpasst, denn die Schmerzen hatten mit der Krebserkrankung nicht wirklich was zu tun. Komischerweise waren sie auch kurze Zeit später verschwunden.

Es gibt vieles was wir nicht begreifen oder verstehen aber es wird mit der Zeit besser.


Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und Zuversicht.
Mathias
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  #3  
Alt 07.07.2014, 20:07
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LSN LSN ist offline
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Standard AW: Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus

Habe soeben mein Auto wieder abgeholt und mich doch für die Sichtweise entschieden, dass Papsi mich vor Schlimmerem bewahrt hat.

Hatte heute eine Wimper im Gesicht. Eine Freundin nahm sie auf ihren Finger und ich wünschte mir, dass Papa noch lange lebt. Bis mir auffiel, dass das nichts mehr bringt. Und mir ist einfach kein anderer Wunsch eingefallen. Ich wünsche mir bei allen "Wunschsachen" seit 3 Jahren, dass der Krebs nicht siegen wird. Tja, Pech.

Da sieht man wieder mal, wie sehr das alles Besitz ergriffen hat.

Heut ist wieder ein schlimmer Tag mit vielen doofen Gedanken und Tränen.

Papi und ich waren immer so WM-vernarrt. Er hatte sich so sehr auf dieses Jahr gefreut. Wir wollten zusammen zum Brandenburger Tor zum Public Viewing. Ich geh morgen mit Freunden. Und mit meinem Herz mit Papas Asche drin. Ich hoffe, dass wir was zu Jubeln haben.

Ich bin so wütend, dass mein Weltbester Papi gehen musste. Und nicht irgend so ein doofer Papa, der nie für seine Kinder da ist oder sie gar schlägt oder vergewaltigt. Die braucht doch niemand. Aber ich brauche meinen Papi noch so sehr. Bin so hilflos.
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  #4  
Alt 07.07.2014, 22:11
Elisabethh.1900 Elisabethh.1900 ist offline
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Standard AW: Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus

Liebe LSN,
für die morgige Prüfung möchte ich dir viel Erfolg wünschen und schicke noch ein großes Kraftpaket für die Vorbereitung auf das Physikum auf die Reise.
Dein Papa sitzt da oben auf der Wolke und hält seine schützende Hand über dich.

Liebe Grüße,
Elisabethh.
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  #5  
Alt 09.07.2014, 23:34
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LSN LSN ist offline
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Standard AW: Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus

Meine Prüfung hat wieder mal geklappt. Wieder meinem Traum einen Schritt näher. Wieder ein Stückchen Kraft verloren. Wieder vermiss ich meinen Papa mehr und mehr.

Heute kam der Brief vom Nachlassgericht mit einer Kopie des Testaments. Ich hatte Gänsehaut als ich seine Unterschrift sah.

Ich nahm das Ding und wollte es abheften. Und als ob es das Schicksal so wollte, fiel ein Zettel aus dem Ordner.

Nicht irgendein Zettel. Papa hielt damals auf meiner Jugendweihe eine Rede. Und genau die hatte er auch zu Papier gebracht und ich hebe sowas natürlich auf.

Ich hab mich nicht bereit gefühlt dazu das zu lesen. Habe es halb wütend - halb freudig wieder zurück in den Schrank gestopft. Aber noch bevor ich dem Ganzen den Rücken zukehrte, war ich doch zu neugierig.

Also kramte ich den Schrieb wieder raus. Einfach um noch ein bisschen in der Wunde rumzubohren?!

Und so war es wortwörtlich. Die Worte bohrten sich wahrlich durch mein Herz. Ich hatte das Gefühl jede einzelne Zelle zu spüren. Es fühlte sich an wie das intensivste Gespräch mit meinem Papi, das ich je hatte. Das innigste. Ich habe jedes einzelne Worte förmlich inhaliert in der Hoffnung es nie wieder zu vergessen.

Er lies mein Leben von Geburt an bis zu meinem 14. Lebensjahr revue passieren.

Oh Gott, was haben meine Eltern mir für eine tolle Kindheit beschert. Aus jedem Wort sprudelte Papi nur so vor Liebe und Stolz. Aber auch vor Traurigkeit. Traurig darüber, dass er seine Tochter ein Stück weit gehen lassen muss. Darüber, dass ich langsam in die große weite Welt hinaus muss. Darüber, dass ich langsam erwachsen werde. Wenn er damals schon geahnt hätte, wie bald er mich gänzlich ziehen lassen muss. Oder ich ihn?

Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, wie grausam seine Angst am Ende sein musste, Mami und mich zurückzulassen. Mit all den Grausamkeiten und Gefahren auf dieser Erde, vor der uns Papa tagtäglich erfolgreich beschützte.

Klar, er hatte Angst vor dem Sterben. Wer hat das nicht. Aber vor allem galt seiner Angst immer, dass seine Familie allein dasteht. Ohne ihn. Und ich bin mir sicher, dass genau das sein aller letzter Gedanke war. Ich weiß, dass er für jede Minute gekämpft hat, die er nutzen konnte um für uns zu kämpfen. Und ich kann euch gar nicht sagen, was ich alles aufgeben und tun würde, um noch weiter mit Papi zusammen gegen diesen beschissenen Krebs zu kämpfen.

Und nun weine ich schon wieder und versuche jetzt mal ins Bett zu gehen, die Decke über den Kopf zu ziehen und mir vorzustellen, dass das alles nicht wahr ist.

Ich versuche wirklich nicht vor irgendetwas wegzulaufen. Aber ich erwische mich so oft dabei, dass ich Papas Nummer wählen will. Dass Papa durch die Tür kommt.

Geändert von LSN (09.07.2014 um 23:36 Uhr)
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  #6  
Alt 20.07.2014, 19:16
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LSN LSN ist offline
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Standard AW: Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus

Hallo ihr Lieben,

bitte - ihr MÜSST mir sagen, wie ihr dem schmerzhaften Verlust standhalten könnt. Ich bin so verzweifelt.

Hatte ein wunderbares Heimatwochenende. Papi hat uns einen riesigen Pool in den Garten gebaut - das ist immer unser Urlaub, da meine Eltern selbstständig sind und es nur selten möglich ist die Firma allein zu lassen.

Ich rede immer im Präsens von Papsi. Er sagt, er tanzt, er macht ... und im Endeffekt ist er einfach nur tot.

Jedenfalls war ich mit Mami und Hund im Pool - es waren dank Solaranlage wunderbare 28 Grad und wir haben es endlich geschafft uns mal zu entspannen. Abends sind wir zurück zum Haus gelaufen und auf dem Weg kann man die weit entfernte Friedhofskapelle sehen, da sie außerhalb des Dorfes auf einem Hügel steht. Und dann hab ich einen Weinkrampf bekommen und mich nach geschlagenen drei Stunden erst wieder zusammenreißen können. Es zerreißt mir so das Herz. Er hat so hart gearbeitet, um uns so ein Luxusleben zu ermöglichen und nun liegt er da oben auf diesem scheiß Berg und kann es nicht mit uns zusammen genießen.

Ich weiß. "Er hat das für euch gemacht." "Er würde wollen, dass ihr das genießt." Aber ich könnte nur noch kotzen, wenn ich das höre. Es macht mir Gänsehaut. Es ekelt mich an. Es ist einfach zu unfair, als dass solche Sätze geltend gemacht werden können.

Ich hasse dieses Leben, was einem so aufgezwängt wurde. Er fehlt an allen Ecken und Enden. Ich stell mir täglich vor, wie er zur Türe reinkommt.

Meine Eltern haben eine Spedition. Papa ist ab und an auch LKW gefahren. Und dann ruft den Tag ein Fahrer von uns an, der Papis Auto übernommen hat und dann steht dort bei Mama "Ronald LKW ruft an". Ihr glaubt nicht wie sich das angefühlt hat. Es war das Schlimmste. Das machte ihn ganz plötzlich lebendig und man wird bitter enttäuscht, wenn eine andere Stimme erklingt. Und nicht diese ruhige sanfte Papistimme "Hallo Püppi" sagt.

Kurzum - es wird einfach nicht besser, nicht erträglicher, nicht einfach. Keine Silbe. Ich habe eher das Gefühl ich mache Rückschritte.
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  #7  
Alt 20.07.2014, 19:35
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fraunachbarin fraunachbarin ist offline
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Standard AW: Wenn man die Augen zumacht, klingt der Regen wie Applaus

Liebe LSN..
die Trauer hat verschiedene Phasen. Dazu gehört auch die Zeit der Wut, in der auch grad Du steckst. Lebe auch diese Phase aus, sie ist wichtig zum verarbeiten Deines schweren Verlustes von Deinem geliebten Vater.
Ich umärmel Dich mal in Gedanken und wünsche Dir weiterhin ganz viel Kraft.
Tine
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