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  #1  
Alt 03.02.2015, 09:43
Wind Wind ist offline
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Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

Liebe Astrid,

ich weiß, es ist nicht der rechte Zeitpunkt dafür, aber … ich muss in mich hinein lächeln. Dieses Anhimmeln, welches du beschreibst … fast möchte ich es in meinem Fall als leichte Unterwürfigkeit bezeichnen … ich kenne das so genau. Man selbst ist kurz vor dem Ausrasten und der Andere sitzt da und himmelt. Ich schreie gerade mit dir, denn genau das oder zumindest sehr ähnlich habe ich es auch erlebt. Und ich lächle, weil es sich jetzt … mit Abstand … einfach so skurril anfühlt, dass du genau das beschreibst, was ich damals dachte.
Als ich das erste Mal in der Klinik vor dem Arzt saß … mit meinem ausgearbeiteten Fragenkatalog … hat mich meine Mama gar nicht wirklich zu Wort kommen lassen. Es ging hauptsächlich um ihr Befinden, ihre Situation, ihre Überforderung … verstand ich ja auch alles. Wir wurden alle überrollt, aber es ist nun mal so in der heutigen Zeit, dass Ärzte … die, die ich kennenlernen durfte in der Klinik … nicht die massige Zeit für so ein Gespräch zur Verfügung haben. Man sollte also relativ bald auf die wichtigen Punkte zu sprechen kommen. Nun ja … das erste Gespräch lief also schon mal etwas suboptimal und das war mein erster Schrei-Moment. Von meinen Fragen konnte ich zwar die wichtigsten stellen, aber eben nicht alle. Mein Papa ist bei solchen Gesprächen übrigens nie dabei … wahrscheinlich aber auch, weil er weiß, dass ich da sehr genau frage und allzu genau will er es dann doch nicht wissen.
Die Chemo wurde dann ja direkt gestartet und am zweiten Tag war mein Papa dann ganz doll aufgedunsen und aufgequollen. Wir haben uns alles sehr erschrocken und auf meine Nachfrage, was die Ärzte denn dazu meinen, sagte er, es wäre ja alles gar nicht so schlimm und es gäbe ja Patienten, die die Ärzte mehr bräuchten und er wolle da jetzt nicht auch noch mit seinen Befindlichkeiten daher kommen. Mein zweiter Schreimoment! Ich wollte dann direkt zum Arzt und meine Mama sagte dann ganz kleinlaut:“ Hach, vielleicht haben die gerade keine Zeit und wir brauchen doch erstmal einen Termin. Wir können da nicht einfach einfallen, sonst kümmern die sich nicht mehr so nett um den Papa.“ Mein dritter Schreimoment. Und selbstverständlich konnte ich einfallen … mit Mama im Gepäck … ich auf 180, Mama ganz leise und sich für die Tochter entschuldigend im Hintergrund. Und klar, der Arzt hat uns die Zusammenhänge erklärt … viel Flüssigkeit im Körper und so … alles gut.
Vor dem zweiten offiziellen Gespräch musste ich dann der Mama den Fragenkatalog … selbstverständlich wieder vorbereitet … vorlegen und sie wollte allen Ernstes ein paar Fragen rausnehmen. Das könne man so ja nicht fragen und die würden dann denken, wir zweifeln an, was sie tun und lassen das am Papa aus. Häh???? Schreimoment Nummer vier! Bei dem Gespräch habe ich mich dann aber nicht mehr so von ihr unterbuttern lassen und klar die Führung übernommen. Das war dann ein sehr viel besseres Gespräch und ALLE Fragen wurden beantwortet. Die Ärzte wussten gar nicht, wie schlecht es dem Papa mit der Chemo geht und wie stark er mit den Nebenwirkungen zu kämpfen hat. Naja, die Nebenwirkungen fanden ja auch daheim statt und er hat sich in der Klinik dazu nie wirklich geäußert, immer nur: „Alles gut!“.
Oh Gott … was ein Mega-Text! Aber es hat mich so sehr daran erinnert, wie unsere Arztgespräche liefen. Aber am Ende ist es doch so …. unsere Lieben müssen das Vertrauen in die Ärzte verspüren und sie müssen mit einem guten Gefühl zu den Behandlungen gehen. Und ihre Wahl ist nicht immer unsere, aber auch das müssen wir dann akzeptieren. Aber zwischedurch darf / muss man schreien !!!!!!!
Ich hoffe, euer Onkologengespräch wird erfolgreicher und ich drücke euch dafür ganz doll die Daumen.
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  #2  
Alt 03.02.2015, 16:56
AHoo AHoo ist offline
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Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

Sodele... Onkologe ist abgehakt - ich hab einen Fehler gemacht, der lässt sich jedoch korrigieren - ich habe die Vorsorgevollmacht nicht mitgenommen... wird die Tage dort noch nachgereicht, dann stehen die Chancen besser doch etwas mehr eingebunden zu werden (zumal meine Mutter stark schwerhörig ist und kaum versteht, was die Ärzte erzählen... ob die den Flüstermodus an der Uni erlernen?)... aber insgesamt ist es besser gelaufen, als das Gespräch gestern.

Überweisung zum Chirurgen wegen der Portanlage gab es sofort... also im Anschluss gleich dorthin gewandert, um auch diesen Punkt abhaken zu können... nach ca. sensationell kurzen 20 Minuten erschien auch der Chirurg.. kurzes Gespräch.. Termin zur Portimplantation für Freitag ergattert, alle Voruntersuchungen erledigt, Narkosearzt erledigt, alle Papiere auf Station abgeliefert - Pensum für heute erledigt!

Wenn am Freitag nun alles glatt geht, kann ich gleich am Montag beim Onkologen bescheid geben, wegen des ersten Chemotermins... endlich tut sich was - zum Glück sieht meine Mutter das genauso.


Liebe Wind... ich kann dein innerliches Lächeln nachvollziehen... denn eigentlich ist ja auch zum lächeln... und ähnlich geht es mir, wenn ich die Beschreibung deiner Mutter lese... kommt mir sehr bekannt vor dieses "sich für Tochter entschuldigen wollen"

Ebenso weiß ich, wie wichtig Vertrauen in den/die behandelnden Arzt/Ärzte ist... aber ähnlich wie unsere Eltern früher "allergisch" auf falsche Freunde reagiert haben, regt sich eben nun die Allergie auf "falsche Ärzte"

Und auch wenn ich mit dem schlimmsten rechne (ich nenn mich selber immer eine optimistische Pessimistin), möchte ich doch, dass das beste was geht getan wird, damit der Antritt meiner Mutter zum Kampf sich auszahlt. Hört sich vermutlich ziemlich blöd an ... ich kanns aber nicht besser beschreiben.

Aber mal weg von uns... hast Du was von deinem Vater gehört? Hält das Zwischentief noch an, oder geht es schon wieder langsam Bergauf?
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  #3  
Alt 04.02.2015, 11:17
Wind Wind ist offline
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Beiträge: 352
Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

Liebe Astrid,

das liest sich sehr gut. Ich freue mich sehr für euch, dass das Gespräch so gut verlaufen ist und anscheinend kommt ja nun alles doch sehr ins Rollen. Es ist ein gutes Gefühl, wenn gleich mehrere Dinge zu klappen scheinen, oder? Also Chirurg, Porttermin, Narkosearzt usw.,…
Ich genieße solche Dinge sehr, weil ich dann das Gefühl habe, nicht mehr so hilflos daneben stehen zu müssen. Und wenn dann noch ein Rad ins andere greift, wie es ja gestern bei euch passiert ist …. ganz, ganz wunderbar. Hach … du merkst, ich bin begeistert … und am Ende kannst du meine Begeisterung darüber gar nicht nachvollziehen und denkst, ich bin der totale Volldepp . Aber ich liebe es einfach, wenn Dinge auch mal funktionieren.
Ich werde Freitag an euch denken!
Bei uns läuft es so dahin. Gestern war es etwas besser, es ist im Moment ein ständiges Hin und Her. Aber es konnte ja nicht ewig so toll weitergehen … das war schon klar, aber wenn die Verschlechterung dann kommt, ist alle gute Zeit, die man geschenkt bekommen hat und mit der man gar nicht mehr rechnen durfte, viel, viel zu kurz.
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  #4  
Alt 05.02.2015, 21:04
Bernsteinketterl Bernsteinketterl ist offline
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Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

...was für ein schöner Satz...dann ist alle schöne Zeit die man erleben durfte ein Geschenk...das stimmt...auch wenn sie immer zu kurz sein wird...

...schön zu lesen, dass es bei dir liebe Astrid gerade ein bisschen leichter sein dürfte...genieß dieses Geschenk...und dir liebe Wind wünsche ich, dass du auch ganz bald wieder beschenkt wirst...

Ganz viel Kraft Euch beiden...es ist so eine schwere Zeit!! Bleibt weiterhin so stark...!
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  #5  
Alt 09.02.2015, 06:37
Wind Wind ist offline
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Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

Wie ist die Portimplatation gelaufen?
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  #6  
Alt 09.02.2015, 11:10
Lililit Lililit ist offline
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Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

In welchen fällen wird eigentlich ein Port gelegt?
Würde mich mal Interessieren.
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  #7  
Alt 09.02.2015, 12:29
heaven heaven ist offline
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Beiträge: 467
Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

Hallo Lililit,

ein Port ist eigentlich bei jeder Chemo zu empfehlen. Die Venen werden durch die Chemomedis schon arg belastet und können Schaden nehmen, so das das ständige Anstechen schon sehr belastet. Mit Port ist sehr viel komfortabler. Während der Infusionen hat man mehr Bewegungsfreiheit. Bei mir lief nur 1 Chemo durch die Vene, bis ich den Port legen lies. Meine Venen sind von Haus aus sehr schlecht, so das ich meinen Port wirklich geliebt habe! Bei mir verzweifeln mittlerweile Radiologen, Anästhesisten etc. beim Braunüle legen...

Liebe Grüße von
Heaven (dem Himmel so fern)
__________________
ED 12/2011 Primärtumor Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom (grosszellig) T2a,N2,M1b entsprechend Tumorstadium IV
Dünndarmkarzinom pT3,pN1,R0,G3
Jan-April 2012 Chemo Cisplatin/Alimta
Seit Mai 2012 in Remission Erhaltungstherapie mit Alimta bis Ende Juni 2012-seitdem Therapiepause!
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  #8  
Alt 10.02.2015, 09:46
Lililit Lililit ist offline
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Beiträge: 36
Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

Danke @Heaven für die Antwort. Dann rede ich mal mit meiner Mutter ob es Ihr vielleicht nicht auch lieber wäre.


@Astrid wie geht euch?
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  #9  
Alt 11.02.2015, 11:31
arndt77 arndt77 ist offline
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Ort: L.e.
Beiträge: 74
Standard AW: Im Wechselbad der Gefühle - zwischen Hoffnung und Angst

Hallo Ahoo,
ich habe deine Zeilen gelesen.
Die richtigen Worte zu finden ist schwer, aber es hört sich hier auch nach einem Arztmarathon an. Dass dann der Prof. sich noch aufspielt, kann ich mir vorstellen das einem da der Kragen platzt.

Wir wollen auch manchmal schreien, mit der Klinik hier haben wir Glück.
Zum Schreien zu Mute ist einem, wenn man von der restlichen Familie
etwas allein gelassen ist. Die Armen sind hier nicht vor Ort, die erzählen dann was von sie sind gestresst oder melden sich gar nicht um nach dem Befinden zu fragen. Sie erscheinen dann mal kurz auf der Bildfläche und sind dann wieder weg, da fühlt man sich wie der letzte Ar...

Ein Port ist, wenn ich mich nicht irre, für die automatische Gabe von Schmerzmitteln.
Das ganze ist auch wie eine Art Tropf mit Pumpe, manche sind auch so eingestellt, da kann der Patient auch auf einen Knopf drücken
und es wird nochmal eine Dosis gegeben.
Liebe Grüße und Kraft

Geändert von arndt77 (11.02.2015 um 11:33 Uhr) Grund: Nachtrag
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Stichworte
depressionen, eierstockkrebs, mutter


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