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Alt 21.12.2005, 10:03
Siri1981 Siri1981 ist offline
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Registriert seit: 07.10.2005
Beiträge: 24
Standard AW: Trauerarbeit

hallo liebe nicole

wenn ich deine zeilen so lese, dann erkenne ich darin genau die gefühle, die mich zur zeit auch beschäftigen...

bei mir ist es meine mama, die am 05.11 dieses jahr für immer eingeschlafen ist... am 03.10 kam sie ins KH, wir erhielten die diagnose "leberkrebs im endstadium"... danach durften wir sie noch 4 wochen und 2 tage begleiten, bevor sie den kampf gegen den krebs dann endgültig verloren hat...

auch mir geht es heute (immerhin erst knapp 7 wochen nach mamas tod) verhältnismässig gut... ich konnte von anfang an gut schlafen, konnte normal essen (damit hatte ich nur die ersten 2 wochen nach der diagnose sehr grosse mühe) und auch sonst habe ich das gefühl, dass mein leben relativ gleich verläuft wie vor dem 03.10...

die 4 wochen, als mama im KH lag, waren für mich mitunter die schlimmsten tage und wochen meines lebens... jeden tag war ich bei ihr und habe ihren zerfall hautnah miterlebt... ich habe sie leiden sehen, habe mitbekommen, wie sie täglich dünner geworden ist und jeden tag an dem es ihr schlechter ging, habe ich mir gewünscht, dass ihre qualen endlich ein ende haben mögen...

es war eine schlimme situation, einerseits will man den geliebten menschen natürlich unbedingt bei sich behalten, auf der anderen seite will man aber auch, dass das leiden des menschen endlich ein ende findet...

ich bin der überzeugung, dass ich für mich persönlich, einen grossen teil der trauerarbeit schon VOR mamas tod geleistet habe... ich weiss auch nicht wie ich es erklären soll, aber als mama noch da war, ging es mir deutlich schlechter als NACH ihrem tod... als ich am 05.11 am morgen den anruf aus dem KH erhielt war meine erste reaktion nicht schmerz und trauer sondern ganz ehrlich erleichterung... erleichterung darüber, dass mama es endlich geschafft hatte... der schmerz kam dann zwar etwas später doch noch, und auch heute gibt es noch immer momente, die mich sehr, sehr traurig machen... und doch: der grosse zusammenbruch ist ausgeblieben!!! ich kann relativ gut über meine gefühle sprechen (mit meinem partner und meiner familie und freunden) und obwohl die meisten wohl auch einen zusammenbruch von meiner seite her erwartet hätten, so ist er (zumindest bis jetzt) ausgeblieben...

vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass ich persönlich der überzeugung bin, dass uns nichts auferlegt wird, dass wir nicht im stande wären zu tragen... verstehst du was ich meine? ich bin kein wirklich gläubiger oder religiöser mensch und doch glaube ich, dass jeder von uns von irgendwoher eine kraft erhält, die einen alles durchstehen lässt...

wenn mir noch vor 4 monaten jemand gesagt hätte, dass meine mama am weihnachten nicht mehr da sein wird, dann hätte ich voller überzeugung gesagt, dass ich das nicht überleben würde... ich wäre sicher gewesen für mind. 3 monate nicht mehr arbeiten zu können... und nun ist es doch ganz anders... vielleicht sind wir menschen einfach tatsächlich so gestrickt, dass wir uns an eine jeweilige situation einfach raschmöglichst anpassen können, so schlimm sie vielleicht auch sein mag?!

was ich dir, liebe nicole, eigentlich sagen wollte ist: jeder hat seine eigene art mit seiner trauer umzugehen... jeder verarbeitet trauer auf seine weise... hast du dir denn schon mal überlegt, dass die kraft, die du hast, vielleicht von deinem papa kommt? meinst du nicht, dass er enorm traurig darüber wäre, wenn er mitansehen müsste, wie du leidest, wie du dein leben und deine familie vernachlässigen würdest, nur weil du das gefühl hast, dass es so sein müsste??? ich bin sicher dein papa möchte das nicht, genausowenig wie es meine mama möchte... auch sie hätte niemals gewollt, dass mein leben nur noch aus schmerz und trauer besteht... sie war immer so ein fröhlicher und positiver mensch, und sie war mir damit immer ein vorbild!

glaub mir nicole, du bist kein schlechter mensch, nur weil du nicht dem zusammenbruch nahe bist... du bist nicht abnormal nur weil du dein leben weiterlebst - im gegenteil, dein papa hätte sich sicher nichts anderes gewünscht! und du trauerst ja durchaus, einfach auf deine eigene art und weise - und diese kann niemals falsch sein, denn es ist DEINE art zu trauern...

ich wünsche dir liebe nicole alles, alles liebe und gute für die zukunft und viel kraft und mut die bevorstehenden und vielleicht auch schweren festtage zu überstehen... ich persönlich bin der überzeugung, dass dein papa und meine mama in diesen tagen bei uns sein werden, genauso wie an jedem anderen tag der noch folgen wird auch... sie sind ganz einfach in UNS... in unseren gedanken, in unserer seele und in unseren herzen!!! dort werden sie für IMMER und EWIG einen festen platz haben, und dort werden wir sie auch immer wieder fühlen...

fühl dich lieb gedrückt

Siri
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  #2  
Alt 21.12.2005, 10:52
bubble bubble ist offline
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Registriert seit: 21.12.2005
Beiträge: 4
Standard AW: Trauerarbeit

Hallo Nicole,

auch ich funktioniere im Grunde auch heute noch wie ein Roboter.
MEin Dad war 2003 wegen Beipässe im KH und stand mindestens drei mal auf der Kippe.
Er hat sich durch die Willensstärke meiner Mum erholt.
Als er wieder einigermassenm FIt war, ging es mit meiner Mum Bergab.
Sie bekam immer weniger Luft und es wurden bösartike Krebszellen im Herzbeutelwasser festgestellt.
Chemo usw...
Mama war eine Kämpfernatur und hat alles über sich ergehen lassen. Durch die Medikamente(Kortison) bekam Sie Osteroporose.
Und wie der Teufel es so will, verrenkte Sie sich.
Es wurden Wirbelbrüche festgestellt und Sie kam ans liegen, für 6 Wochen.
Der Krebs, der sich von der Lunge ausbreitete, konnte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr behandelt werden.
Mama starb Anfang März an Lungenkrebs und Sie hat bis zur letzten Sekunde gekämpft.
Paralle zu der Sache mit Mama, mußte ich mit meiner Kleinen(habe drei Kinder)
von Arzt zu Arzt rennen, da Sie einen erheblichen Entwicklungsrückstand aufwieß.
Die Diagnose kam einige Wochen später.Sie ist mehrfach geistig und körperlich Behindert.( rettsyndrom-- www.rett.de)
Leider bin ich ein Mensch,der von Kind an alles in sich reinfrißt und somit im Grunde so weitermache, wie vorher. Ich sage von mir selber ich bin kalt und total abgestumpft.
Ich könnte zwar weinen, aber der innere Schweinehund läßt es nicht zu.
Auch ich gehe hin und bereite bei meinem Dad die Wohnung und bei mir die Wohnung für Weihnachten vor.
Auch wenn ich mir selber keinerlei Weihnachtvorfreude eingestehe,es könnte auch ausfallen, es wäre mir egal.
Aber der Kinder wegen und für meinen Mann und meinen Dad ´funktioniere´ich.

Ich glaube das muss irgendwie so sein.
Irgendwann bin wahrscheinlich auch ich bereit,zu meiner Trauer zu stehen.
Aber jetzt kann ich das noch nicht wirklich.

liebe Grüsse
bubble
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