|
#1
|
|||
|
|||
AW: Abschied
Ich danke euch für eure lieben Worte. Der Sonntag war trotz meiner Befürchtungen wunderschön für mich. Als ich ankam, war Jürgens Zustand unverändert. Also habe ich mich an sein Bett gesetzt, seine Hand gehalten, ihn gestreichelt und alles erzählt, was seit unserem letzten Telefonat passiert ist.
Nach einer Stunde richtete er sich auf und war vollkommen klar. Die Worte kamen mühsam und haben ihn viel Kraft gekostet. Er berichtete, daß er in einem Traum wäre und seine Beine bereits im Wasser sind. Das Wasser würde immer mehr seinen Körper umspülen. Schmerzen empfand er keine. Als ich merkte, daß ihn das Sprechen zu sehr erschöpft, habe ich mich endgültig verabschiedet. Wir wußten beide, daß wir einander in dieser Form nicht mehr sehen werden. Er hat mein Gesicht mit beiden Händen umfasst und mich nur angesehen. Fast, als wollte er mein Antlitz in sich aufsaugen. Dann hat er meine Hände geküsst. In mir war in diesem Moment tiefer Frieden. Weil diese Geste unsere Beziehung, die sehr von gegenseitiger Achtung und Respekt geprägt war, wiederspiegelte. Heute geht es mir leider nicht so gut. Obwohl niemand weiß, wie lange der Sterbevorgang dauern wird und er ja noch lebt, kämpfe ich ständig mit den Tränen. Es erscheint mir so sinnlos, wenn ein Mensch mit Anfang 40 sterben muß. Obwohl ich durch mein eigenes Schicksal das Loslassen sehr schmerzlich lernen mußte, ist es doch wieder schwer für mich das Unabwendbare zu akzeptieren. Evche
__________________
Macht hat nur der über mich, dem ich sie gebe. |
Lesezeichen |
Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1) | |
|
|