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  #1  
Alt 21.01.2008, 20:56
hetti1973 hetti1973 ist offline
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Registriert seit: 08.01.2008
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Standard AW: Wir sind so hilflos

es wird alles im rasanten tempo immer schlimmer. heute sollte mein vater die erste behandlung bekommen. am wochenende wurde alles schon immer schlimmer. er hat zwar gott sei dank wieder ein wenig gegessen und ein wenig getrunken, schlafen konnte er aber nicht mehr. er ist auf einem mal in einer total anderen welt. vergangenheit, gegenwart und irgendwelche sachen die er sieht oder glaubt zu tun. dann immer wieder woanders, in seiner heimat und überall und wo weiß ich nicht. fragt uns, wo wir seine autos gelassen haben, wohin wir ihn gebracht haben, ja ist nachts aufgestanden und hat das fenster aufgerissen um zu gucken wo er ist. er kann aber kaum auf den beinen stehen und schwankt immer hin und her. beim herunterbringen zum auto, sind wir fast mit ihm die treppen herab gestürzt, weil er jede hilfe verweigert und total störisch und bockig ist. er steckt die hände in die taschen und will losgehen, wobei er wie gesagt kaum drei schritte schafft ohne gegen die wand zu schwanken. als wir dann beim arzt waren, hat er ihn erst mal versucht eine infusion zu legen (venen gehen gar nicht mehr) und dann zu uns gesagt, er läßt ihn jetzt ins krankenhaus bringen und die beginnen dort mit der therapie, weil er auch eine gefahr für sich selbst ist. er hat uns aber ausdrücklich zugesagt, daß wir ihn wieder nachhause holen können, wenn es nicht anschlägt und wenn ja, und die auch flüssigkeit in ihn hereinbekommen, wird es vielleicht wieder etwas besser. im krankenhaus hat er dann totales theater gemacht, behauptet er wäre festgenommen worden für sachen die er nicht gemacht hat. er hat nach der punktion versucht aus dem bett zu krabbeln, da haben sie ihn jetzt am bett befestigt und in den flur vor das schwesternzimmer gerollt. er hat die ganze zeit auf uns eingeredet, wir sollen polizei holen, seinen anwalt, er hat mich angefleht, ihn loszuschneiden, damit er da weg kann, wo er auch immer gerade war. es war einfach nur furchtbar. meine mama hat geweint und hat immer wieder versucht ihm klar zu machen wo er ist, aber es war nichts zu machen. und er hat mich immer so flehentlich angesehen. ich komme mir jetzt so schlecht vor. was geht nur in seinem kopf vor. seine frau und seine tocher hätten ihn irgendwo zurückgelassen, sich mit den bösen leuten, die ihn festgekettet haben, verbündet. mein papa war nie krank und er war immer so unglaublich stark, im kopf, hat alle lebensaufgaben gemeistert, hatte nichts und hat mit harter arbeit drei alte häuser gekauft und super restauriert. und körperlich, war er auch immer so stark, hat einen amboß mal so eben durch den garten geschleppt und jetzt. ich werde noch total verrückt. wir haben nur noch so wenig zeit und ich habe so sehr gehofft, daß wir in dieser kurzen zeit noch eine schöne zeit mit ihm haben, aber alles was wir tun, kann er gar nicht mehr mitbekommen. wir lächeln ihn an, streicheln ihn, reden mit ihm von schönen dingen, aber er bekommt es nicht mit und erzählt uns irgendwelche horrorsachen und sieht schlüssel in der luft schweben. ich bin so wüten und gerade dabei meinen ganzen glauben zu verlieren. ich weiß einfach nicht weiter.

mariella
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  #2  
Alt 25.01.2008, 12:50
Ela4811 Ela4811 ist offline
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Standard AW: Wir sind so hilflos

Hallo Hetti,

es tut mir so leid und macht mich sehr betroffen als ich Deine Zeilen gelesen habe.

Kannst Du vielleicht mit einem arzt reden, der Euch helfen kann?
Ich habe gelesen, dass am Anfang die Menschen nicht hören wollen und nicht akzeptieren können, dass sie schwer krank sind. Im Grunde weiß man auch gar nicht, was im Kopf vor sich geht. Meine Mam hat immer sich am Kopf festgehalten und sich teilweise blutig gekratzt.

Es ist ein schwere Zeit für Euch alle.

Ich drücke Dich ganz, ganz fest und schicke Dir unendlich viel Kraft!!!

Ich weiß, dass Du das richtige machst (in so einer Situation gibt es nichts falsches) und dass Du immer für Deinen Papa da bist.

Ich denke an Dich

Viele liebe Grüße
Ela
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  #3  
Alt 25.01.2008, 18:58
Ramona73 Ramona73 ist offline
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Beiträge: 13
Standard AW: Wir sind so hilflos

hallo mariella

durch zufall bin ich auf dein thema gestossen. mit bestürzung habe ich deine beiträge gelesen und alte dinge sind in mir hochgekommen...

ich selbst bin im dez07 im krebsforum gelandet, weil mein vater an Plasmazytom/multiples Myelom erkrankt ist und wollte mir Rat holen...doch mein Opa ist vor fast genau 2 jahren in meinen Armen eingeschlafen (gleichzeitig an seinem geburtstag), er hatte auch Lungenkrebs. Es ist nicht einfach loszulassen, doch so wie es mit deinem vater aussieht, klingt das nicht wirklich gut. ich will dir die hoffnung nicht nehmen, manchmal passieren wunder....doch ich denke, hier geht es wirklich nur nur um die Linderung seiner schmerzen... wir wollten damals meinen opa unbedingt in ein hospiz haben, doch bis dorthin haben wir es nicht mal geschafft, denn es ging plötzlich sooo rasend schnell. er hatte aber einen schnellwachsenden lungentumor (es gibt da ja wohl einige Unterschiede), der dann wie expoldiert ist (so sagten das die Ärzte) und das hat den ganzen körper flachgelegt. als ich mit seiner hasuärztin über hospiz sprach, sagte sie, das wäre verfrüht, denn es geh ihm ja noch gut... doch die ärzte der uniklinik warnten uns und tatsächlich hat er nur noch 2 tage gelebt. aber daheim im kreise der familie.sein einfach für deinen papi da, egal wie schwer das ist. deine nähe ist ihm sicher wichtig, auch wenn er zeitweise verwirrt ist... einfach da sein und ihn begleiten...

wie geht es deinem vater heute?!?!

wir kennen uns nicht, doch ich drück dich ganz doll und wünsch dir ganz ganz viel kraft und zuversicht.. ich weiss, das ist nicht einfach, aber du schaffst das.

ramona
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  #4  
Alt 26.01.2008, 19:48
hetti1973 hetti1973 ist offline
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Registriert seit: 08.01.2008
Beiträge: 8
Standard AW: Wir sind so hilflos

hallo

ich danke euch erst mal fürs drücken und die worte.

mein vater ist immer noch sehr verwirrt, lebt irgendwie in der vergangeheit und gegenwart, heute ist er hier und morgen da. wir wissen beim hingehen, nie was uns erwartet. allerdings ist er nicht mehr an sein bett gefesselt. nachdem wir lange auf ihn eingeredet haben und sein fluchtversuch vom badezimmer aus scheiterte, weil der pfleger ahnte, daß es ein trick ist (es ist erstaunlich, daß er teilweise nicht weiß wo er ist, aber doch noch plitsch genug und einen fluchtversuch zu starten) hat er sich endlich insoweit beruhigt, daß man ihn wie gesagt losschnallen konnte und er in ein zimmer konnte. er hat dann sogar wieder angefangen zu essen und vor allem zu trinken. die halluzinationen und verwirrung hängt natürlich auch mit dem austrocknen zusätzlich zusammen. gestern hat er eine dritte chemo bekommen, die wohl auch alles ein wenig zurückdrängt bzw. verlangsamt und er hat jetzt auch keinerlei kopfschmerzen mehr. manchmal versteht er, daß er krebs hat und deswegen da ist und manchmal sagt er auch, wir und diese ganzen deppen (so nennt er ärzte, pfleger und schwestern) sind eben verrückt. fluchtgedanken hat er auch noch, hat er mir gestern mittag die ganze zeit erzählt wie. aber ansonsten war er ganz gut drauf. als meine mama später hin ist, waren sie grad bei der behandlung. danach muß er zwei stunden mit dem kopf nach unten liegen. das war dann natürlich wieder katastrophal. man band ihn wieder fest, weil er dauernd aufstehen wollte. nachdem er wieder aufstehen durfte, packte er wohl alles im zimmer auf das essenstablett und mama sollte das schon mal zum auto tragen, weil sie ja jetzt nach graz fahren wollten. weil sie das natürlich nicht machte, hat er sie dann bemeckert und dann gar nicht mehr mit ihr gesprochen. sie war dann halt wieder ganz fertig, dafür war es ja heute wieder besser. wenn es so bleibt, können wir ihn nach der behandlung hoffentlich mit nachhause nehmen. das krankenhaus weiß schon, daß er zu uns nachhause soll und hat den sozialdienst schon verständigt, die sich mit uns in verbindung setzen werden, zwecks hilfe und wegen der pflegestufe usw. er kann ja dann nicht mehr alleine gelassen werden, sondern es muß rund um die uhr jemand da sein. sicherlich werden meine mutter und ich das viel machen, aber ich denke, ich muß mit ihr auch mal für wenige stunden das haus verlassen, sie muß dann ja auch mal abschalten können (sofern man das kann), weil es ist wirklich schwer, weil er ja überwiegend ein ganz anderer mensch ist und eben auch oft aggressiv. ich hoffe, er nimmt in der zeit dann auch eine pflegeperson an und die nimmt es ihm nicht zu übel, wenn er pausenlos auf sie oder ihn einmeckert. manchmal denke ich, ich oder wir schaffen das nicht, aber eigentlich weiß ich doch, daß meine mama und ich das packen werden. für ihn schaffen wir das und so können wir ihn diesen weg hoffentlich erleichtern, wenn das irgendwie geht.

ich drück euch auch und wünsche euch trotz dem schweren weg, den wir alle gehen einen schönen sonntag.

liebe grüße
hetti
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  #5  
Alt 31.01.2008, 22:39
Benutzerbild von Demako
Demako Demako ist offline
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Standard AW: Wir sind so hilflos

Hallo Hetti, ich selber hatte vor 2 Jahren einen ähnlichen Fall in der Familie. Der Lebenspartner meiner Mutter war an einem schnell wachsende Gliosarkomen erkrankt. Er hatte in sehr kurzer Zeit, 4 Monate eine extreme Wesensänderung, wurde auch aggressiv, erkante die Umgebung nicht mehr und musste nach versuchter Behandlung, in ein Hospiz eingewiesen werden, in dem er bei sehr guter Pflege nach 3 Wochen im alter von 63 Jahren verstarb. Nur zwei Tage vor seinem Tode nahm er noch einmal seine Umwelt real wahr. Leider konnte er danach nicht ein mal mehr schlucken und musste über eine Magensonde ernährt werden. Er schlief dann aber still und ohne Schmerzen ein. Es ist einfach so, das die Menschen die an einer solchen Krankheit leiden keine Kontrolle mehr über ihre Gedanken haben. Das ist aber dir zum trost, nicht Persönlich.
Alles gute Detlef
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  #6  
Alt 03.02.2008, 17:09
hetti1973 hetti1973 ist offline
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Registriert seit: 08.01.2008
Beiträge: 8
Standard AW: Wir sind so hilflos

heute hat uns die ärztin aus dem krankenhaus angerufen und um unser einverständnis für die gabe von morphium gebeten. sie teilte uns mit, daß die weiteren test ergeben haben, daß seine hirnhaut jetzt stark entzündet ist. gleichzeitíg hat sie uns erklärt, daß die gabe von morphium aber auch die lebenszeit verkürzen kann. wir haben aber zugestimmt, weil wir ja sehen wie starke schmerzen er hat. es ist furchtbar meinen papa so leiden zu sehen. sein ganzer mund ist voller blut, alles verkrustet, aber man soll es nicht weg machen sagten die uns, da seine thrombozyten stark vermindert sind und durch die krusten die blutungen gestopt sind. er selber war gar nicht wirklich da, er hat geschlafen und alle paar minuten hat er den kopf leicht angehoben und gestöhnt, dann ist er gleich wieder weg gewesen. ich fühle mich schlecht für diesen gedanken, aber ich denke immer, hoffentlich ist er bald von seinem leiden erlöst.
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  #7  
Alt 03.02.2008, 19:09
Liskatze Liskatze ist offline
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Beiträge: 7
Standard AW: Wir sind so hilflos

Liebe Hetti / Mariella,

mit großer Betroffenheit lese ich Deine Zeilen - für Deinen Vater kannst Du nicht mehr viel tun außer DA zu sein, setzt Euch an sein Bett, seid neben ihm, egal was er sagt und tut.

Aber für Dich bzw. Euch könnte Ihr viel tun - bitte, bitte, bitte habe kein schlechtes Gewissen und fühle Dich bitte nicht schuldig wenn Du Deinem Vater jetzt wünschst, er möge alles schnell hinter sich lassen dürfen!

Genau DAS ist der einzig barmherzige Wunsch, den Du jetzt und in dieser Situation für Deinen Vater haben kannst, jede Hoffnung ist hier fehl am Platz, wünsche ihm "mit aufgereckten Ohren" und von ganzem Herzen, daß er schnell und so schmerzfrei wie möglich gehen darf!

Ich wünsche Dir und Deiner Mutter alle Kraft der Welt, daß Ihr mit der kommenden Zeit einigermaßen klarkommt. Niemand hat sich Eure Situation und die Krankheit für Euren Vater gewünscht, aber jetzt gibt es keine Alternative mehr, als ihm einen schnellen und möglichst ruhigen Übergang zu ermöglichen - wohin auch immer!

Viel Kraft,

Silvia
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