Stammtisch

[Anemone]

Hallo Bruni, Annette, Geli, Marina und alle anderen Lieben vom Stammtisch, die ich nicht genannt habe,

nöö, geregnet hat es hier in Südhessen nicht. Im Gegenteil, ein Wetter wie ich es liebe, Sonne, ab und zu ein paar Wölkchen, ein bißchen Wind, nicht zu heiß.
Ich könnte es genießen, mich freuen an meinem Garten, auf meiner Terrasse dem Unkraut beim Wachsen zusehen, ab und zu eine kleine Radtour - wären da nicht die endlos kreisenden Gedanken.
Kann ich meiner Freundin und ihrem Mann irgendwie helfen? Sie ist jetzt aus dem Krankenhaus zurück, muss jeden Tag zur Bestrahlung. Weder sie noch ihr Mann möchten angerufen werden. Sie reden nicht mal miteinander über die Krankheit. Es wird einfach alles totgeschwiegen.
Leider wohne ich 300 km entfernt, kann sie auch nicht einfach mal so besuchen.
Ich habe eingesehen, dass ich - zumindest im Moment - nichts für sie tun kann. Aus eigener Erfahrung weiß ich ja, wie absolut unfassbar eine solche Diagnose ist. Mein Mann und ich konnten aber miteinander darüber reden und gemeinsam weinen. Das hat uns beiden sehr geholfen.
Nun werde ich einfach warten, ob meine Freunde sich mal bei mir melden.

Was die Arztbesuche betrifft, geht es mir wie Euch. Ich muss mich jedes Mal selbst in den Allerwertesten treten, damit ich die Vorsorge-Untersuchungen machen lasse. Früher war ich da viel gewissenhafter. Außerdem bin ich viel unbefangener hingegangen. Jetzt ist immer Angst dabei - ist alles o.k.? Hat er "irgendwas" entdeckt.
Das Schlimmste war vor ein paar Monaten die Mammografie. Dazu musste ich in eine Klinik, in der mein Mann behandelt worden war. Ich dachte, mir bleibt die Luft weg, als ich da die Treppen raufging. Musste dann auch noch längere Zeit warten, es war einfach nur schrecklich.
Als die Untersuchung dann vorbei und alles o.k. war bin ich fast aus dem Krankenhaus gerannt. Eigentlich müsste ich nun eine alte Tante besuchen, die jetzt dort behandelt wird, gebe aber zu, dass ich zu feige bin, dieses Gebäude zu betreten.
Ach, was habe ich Euch jetzt wieder zugequasselt!! Tut mir Leid.
Im übrigen geht es mir ja ganz gut im Moment. Hatte mir letzte Woche eine schlimme Zerrung in der Bauchmuskulatur zugezogen (eine alte Frau sollte halt nicht denken, sie kann einige Eimer voller Steine in der Gegend rumschleppen...). Es war so arg, dass ich zum Arzt musste (freu, freu, ich liebe Wartezimmer!!). Aber nun isses wieder gut.
Ich wünsche Euch allen, dass Ihr gut durch die Woche kommt, lege ein wenig von meiner Kraft und Zuversicht, die ich trotz allem habe, in unser Körbchen, dazu ein wenig vom südhessischen Sonnenschein.
Bedient Euch bitte.
Viele liebe Grüße, Anemone

[teechen]

Hallo,
ihr Lieben am Stammtisch Geli, Bruni. Anemone, Marina, Annette und an Alle, die sonst sich auch dazusetzen würden. Es ist schön, dass man sich hier etwas von der Seele reden kann. Ich bin auch manchmal nicht in der Lage zu schreiben und bin dann der leise Mitleser. Es geht mir auch manchmal nicht sehr gut, denn das Alleinsein ist oft nicht zu ertragen. Obwohl ich jetzt viel Arbeit im Garten habe, aber zur Zeit mit meinem Fuss nicht alles machen kann.
Ich muss die Orthese noch 14 Tage tragen. Hoffentlich ist alles in Ordnung, wenn ich am 9.8. mit meinem Sohn nach Teneriffa fahre.
Ihr schreibt, dass Ihr die Vorsorgeuntersuchungen vernachlässigt habt, habe ich auch in der Zeit, als mein Mann krank war. Ich habe alles nachgeholt und bei mir war alles OK.
Aber die Angst ist immer dabei, wenn nach dem Befund gefragt wird. Im Augenblick höre ich auch in unserer Nachbarschaft nur noch von Krebs.

Ich wünsche Euch alles Gute in dieser Woche, wir müssen eben das Beste aus allem machen. Unsere Lieben kommen nicht mehr zurück. Es grüsst Euch TEA

[Blue]

Hallo zusammen,

tja, Sommer in Deutschland. Ein bißchen Sonne, ein bißchen Regen. Ob das in diesem Jahr noch etwas wird? Nun, ich werde es erleben.

Liebe Annette,

wer nicht traurig sein kann, hat im Leben nicht getanzt. Und getanzt habe ich viel, auch die Traurigkeit hat Platz in diesem Leben. Manchmal ist alles schwer und kaum auszuhalten. Es kommt einem so vor, als ob sich die ganze Welt gegen einen verschworen hat. Nun bist Du im Urlaub mit einem tollen Buch und ich hoffe, Du kannst Dich wegbeamen und für den Moment in diesem Buch mitleben. Wenn der Urlaub vorbei ist, hoffe ich, daß Dein Akku wieder ein bißchen aufgefüllt ist, sich das eine oder andere klären läßt. Ich bin mir nicht sicher, aber ist das nicht ein versteckter Mangel, wenn der Putz von der Decke fällt? Läuft dann die Garantie nicht länger? Ich weiß es nicht wirklich, aber vielleicht fragst Du mal nach….


Liebe Anemone,

da fällt mir ein, Jürgen hat sich nach der Diagnosestellung auch „eingeigelt“ – wollte niemand sehen. Als dann die Besuche kamen, war er auf einmal in der Position Optimismus und Hoffnung zu verbreiten. Und das ist/war verkehrte Welt. Sicher würdest Du anders damit umgehen – aber vielleicht ist das die Sorge Deiner Bekannten?

Gedanken der Nacht

Loslassen. Was loslassen?
Einen Menschen loslassen?
Heißt das den Menschen vergessen?
Nö. Also, was heißt loslassen?
Die Erinnerung vergessen, loslassen?
Nö.
Die Gedanken zu verbannen, was würden wir jetzt tun, wenn ….
Nö, das verändert sich im Laufe der Zeit
Loslassen, seine Worte zu Situationen vergessen?!?
Nö, auch das verändert sich, weil das Leben sich verändert.
Loslassen? Sich in dem anderen Leben wohl fühlen – ist das loslassen?
Was also loslassen? Das Leben?
Nein, das lass ich nicht los.
Loslassen? Sich am Salz des Lebens wieder freuen können?
Oh, das ging nie verloren, zumindest meist nicht.
Keine Ahnung was man denn loslassen soll.

OK, ich laß den PC jetzt „los“ und wussele mich durch den Tag.

Rowa, bist Du noch da? Laß mal wieder etwas von Dir hören.

Ein schönes Wochenende zusammen und ich hoffe doch auf ein bißchen Sonne – hab meinen Regenschirm irgendwo abgestellt und vergessen. Und nun ist er weg…

Grüßle
Bruni