Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 14.01.2009, 19:12
Geske Geske ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.10.2007
Beiträge: 87
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Mit den letzten Beiträgen schlägt der Thread leider wieder einen Bogen zur allgemeinen Unverbindlichkeit. Das bringt auch den Vorteil, dass der Prozess des Sterbens aus der öffentlichen Diskussion herausgenommen werden kann.

Zitat:
Zitat von Cindy 69 Beitrag anzeigen
Ob zu Hause, Heim, Hospitz, ist denke ich, nicht so wichtig. Sind dem Sterbenden zu Hause nicht die allerbesten Möglichkeiten gegeben, ist derjenige in einer Einrichtung sicher besser aufgehoben.
ich denke, es ist nicht "unwichtig" wo man stirbt - und man könnte nach den letzten Beiträgen fast den Eindruck erhalten, dass der "allerbeste" Ort dort ist, wo die Angehörigen am wenigsten belastet werden. Genau an diesem Punkt laufen die Beiträge ins "Nichts", wie so häufig.

Gruß
Geske
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 14.01.2009, 21:13
Benutzerbild von Petzi 59
Petzi 59 Petzi 59 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 21.10.2007
Ort: Gummersbach
Beiträge: 442
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Liebe Geske,
ich habe deinen letzten Beitrag jetzt mehrfach gelesen und dann noch alle deine
anderen in diesem Thread.
Ich frage mich jetzt , und hier sei mir bitte nicht böse, was willst du eigentlich.

Jeder muss doch für sich selbst entscheiden , was und wie alles machbar ist.
Natürlich ist es der Idealfall wenn Angehörige zu Hause sterben dürfen.
Aber es gibt eben auch Situationen wo es nicht geht.
Ich habe beides erlebt.
Mein Stiefvater starb im KH, begleitet von seiner Ehefrau , meiner Schwester
und mir, nach einem fürchterlichen Kampf .Es wäre überhaupt nicht möglich gewesen ihn nach Hause zu holen.

Meine Schwiegermutter starb 4 Monate später , begleitet von meinem Mann und mir zu Hause.
Ganz friedlich und ruhig, nachdem sie sich nochmals bedankt hat........

Was ich dir eigentlich nur sagen möchte, man darf nicht alles über einen Kamm scheren. Und ich habe vollstes Verständniß für Angehörige die sich überfordert fühlen!
Liebe Geske, nichts für Ungut
und liebe Grüsse
Petzi59
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 15.01.2009, 08:49
Annika0211 Annika0211 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 06.02.2008
Beiträge: 884
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hier ist ein Austausch von Informationen und Meinungen entstanden, den ich sehr interessant finde.

Jeder hat die Wahl, sich Detailbeschreibungen – oft gepaart mit Trauer, Unsicherheit, Verzweiflung – durchzulesen oder weiterzuklicken.
Für diejenigen, die es interessiert, finde ich dieses Thema äußerst gehaltvoll.

Ich glaube, dass fast jeder Forumsteilnehmer (Betroffen/Angehörig) schon längst nach dem individuellen Krankheitsbild gegoogelt hat, welches sein Leben grade verändert.
Die dort eingeholten Fakten und Informationen sind oft nicht minder schockierend und meist geben diese Quellen keine Möglichkeit des Austausches, um Fragen zu stellen und Ängste loszuwerden.
Das Thema Sterben und Tod wird wohl in kaum einem öffentlichen Artikel so beschrieben, wie es die Erfahrung eines Angehörigen/Hinterbliebenen wiedergeben können.
Das haben wir hier.
Dieses Forum dient dazu, dass Menschen an ihrem Leiden, ihren Erfahrungen und Gefühlen mit einem geliebten Angehörigen nicht psychisch zerbrechen sollen, weil ein derartig spezieller Austausch im Leben fehlt.
Hier kann man sich verstanden und gehört fühlen, wenn man über Dinge sprechen möchte, die man persönlich oft nicht auszudrücken vermag.
Wir sollten nie vergessen, dass eine lebensbedrohliche Krankheit unser aller Leben verändert hat.
Auch meines. Ich bin eines von fünf Kindern meines geliebten Papas, doch das, was ich mit ihm teilen durfte – und dafür bin ich unendlich dankbar – wird für immer mein eigenes, ganz individuelles Erleben bleiben.

Für mich hat dieses Forum meine eigene Bedeutung.
Hier habe ich gelernt, mich fallen zu lassen mit all dem Schmerz, den ich empfand und noch immer empfinde. Durch die Offenheit vieler lieber Menschen bin ich getragen worden und da angekommen, wo ich heute bin.
Der Verlust meines geliebten Papas hat mir ein Stück aus meinem Herz gerissen – aber die Möglichkeit, sich hier respektvoll austauschen zu können, ohne die Hand vor den Mund halten zu müssen, hat mich gestärkt und aufgebaut. Ich kann hier weinen und auch lachen und vielen meiner Mitschreiber geht es ebenso.

So unterschiedlich und einzigartig die Menschen und die Krankheitsbilder trotz gleichem Namen sind,
so unterschiedlich und einzigartig sind Empfindungen, Ängste und Kraftquellen, Erfahrungen und die mit dem Tod entstehende Verlustbewältigung, die Trauer.
Jeder lebt sie anders aus, jeder geht mit ihr anders um – der eine verschlossen oder überspielend, der andere offen und direkt.

Nicht alle Menschen haben den Vorteil, in einer Familie zu leben, die intakt ist, in der man verständnis- und liebevoll miteinander umgeht. Ergo haben auch nicht alle Kranken einen ganzen Pulk Familie um sich, die sich sorgen und ihn auf seinem letzten Weg begleiten.
Umso wichtiger finde ich Informationen wie die von Stefan, um sich auf Eventualitäten vorbereiten zu können, ohne vor dem plötzlichen Auftreten Angst aus Unwissenheit haben zu müssen.
Wer im täglichen Umfeld könnte einem da sonst helfen (ausgen. medizinische Hilfe)?

Dieses Forum gibt jedem von uns – egal ob Betroffen oder Angehörig/Hinterblieben - die Möglichkeit, das zu schreiben, was ihm auf der Seele liegt, damit die Ängste und die Trauer, die Wut und die Unsicherheit nicht zum dauerhaften Begleiter werden...
__________________
Alles Liebe.
**********************
Papa, für immer in meinem Herzen - 31.12.2007
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 15.01.2009, 11:34
Geske Geske ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.10.2007
Beiträge: 87
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Zitat:
Zitat von Stefans Beitrag anzeigen
Unwichtig sicher nicht, sehe ich genau so. Und der Wunsch der allermeisten Menschen, Zuhause zu sterben, ist nunmal da. Nur: es geht doch (schon gar nicht diesem thread) wirklich nicht um die Frage, dass Angehörige "am wenigsten belastet" werden.
Nein, es geht in diesem Thread - wahrscheinlich - (die Eingangsfrage ließ ja vieles offen) um die Frage, wie schonungslos über das Sterben als Prozess berichtet werden darf - und wo die Pietät der Betroffenen verletzt wird. Da verwunderten mich die Beiträge nach der Frage wo jemand sterbe, sie lenkten vom Thema ab. Ich habe mich besonders an den Passagen "wenn nicht die allerbeste Möglichkeit zu Hause gegeben ist" und "egal wo jemand stirbt" gestoßen. - Hier hommt bei mir der Verdacht auf, das Thema mit solchen Aussagen in die Unverbindlichkeit zu entlassen zu wollen.

Wenn der Level so hoch gehängt wird, dass die Pflege zu Hause nur im "allerbesten Fall" geleistet werden kann, könnten wir uns von häuslicher Pflege fast ganz verabschieden. Solche Vorstellungen haben wenig mit der Realität zu tun. Hier würden pflegende Angehörige nur unter Druck gesetzt und noch mehr verängstigt als sie es ohnehin schon sind.

Beste Grüße
Geske
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 15.01.2009, 11:49
Geske Geske ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 18.10.2007
Beiträge: 87
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Noch einen Nachtrag:
Ich habe den Sterbeprozess meines Mannes hier nicht geschildert, weil in den anderen Beiträgen schon das Wesentliche geschrieben wurde (mir die Beschreibung schwerfallen würde) und die Situation bei uns ziemlich ruhig verlief. Mein Mann wäre mit der realistischen Schilderung seines Sterbens hier im Forum einverstanden gewesen, das hat er mir ausdrücklich gesagt. Er hat als direkt Betroffener auch die Beiträge im Angehörigenforum gelesen und ihn hat es eher geholfen zu erfahren, dass andere Personen ähnliche leidvolle Wege gehen müssen - das solche Situationen zum Leben dazugehören können.

Gruß
Geske
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 15.01.2009, 12:21
Benutzerbild von annika1977
annika1977 annika1977 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.09.2008
Ort: Ruhrgebiet
Beiträge: 368
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo alle zusammen,

ich gehöre nicht zu den Hinterbliebenen, sondern schreibe normalerweise bei Krebs bei Kindern.(mein Sohn hat ein Medullloblastom mit wenig aussicht auf Heilung)

Ich habe mir nun das gesamte Thema durchgelesen und bin froh darauf gestoßen zu sein.
Mir fällt es leichter mit Dingen umzugehen, wenn ich in etwa weiß was auf mich zukommt. Ich neige auch dazu mir eher den schlimmst möglichen Fall auszumalen.
Leider gibt es in meinem Umfeld nur meinen Vater ( altenpfleger) mit dem ich solche Dinge wie den Tod offen besprechen kann. Mein Partner hält es da auch eher wie Vogel Strauss.

Daher nochmal " Danke " für dieses Thema, es war und ist mir eine Hilfe mir über das kommende Gedanken zu machen.

Gruß Annika
Mit Zitat antworten
  #7  
Alt 15.01.2009, 15:51
Maria+Willi Maria+Willi ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 05.08.2008
Beiträge: 248
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo,

ich hätte mir für meinen Lebensgefährten und mich sehr gewünscht, dass er zuhause hätte sterben können. Kann ein Arzt nicht sehen, dass der Mensch kurz vor dem Tod steht? Das würde mich mal wirklich interessieren. Mir jedenfalls wurde nichts davon gesagt und das belastet mich.

LG
Maria
Mit Zitat antworten
  #8  
Alt 15.01.2009, 17:16
Benutzerbild von annika33
annika33 annika33 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 09.04.2008
Beiträge: 1.806
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo,

eingangs wurde geschrieben, dass das Thema Tod, das Sterben an sich, in unserem Land stark tabuisiert wird.

Also angesichts dessen, wie man so miteinander umgeht, wie man über dieses sensible Thema hier schreibt und diskutiert, finde ich das auch nicht weiter verwunderlich.

Ich habe zu dem Thema auch meine ganz persönliche Meinung.

Ich denke, dass das Sterben ebenso einer Individualität unterliegt, wie das Leben, jeder Krankheitsverlauf, jedes Dasein an sich. Und selbst wenn es von den rein medizinischen Vorgängen her, genauso sein würde wie bei Frau/Herrn XY, so ist die Situation und mein persönliches Umgehen damit, wenn es meine Mutter irgendwann betrifft, ein völlig anderes.

Insofern hilft es mir als Angehörige im Vorfeld nicht, wenn ich lese, wie sich jemand zu Tode gequält hat oder persönliche Wege und Erfahrungsberichte aufgezeigt werden. Was allerdings nicht heißen soll, dass ich das kritisiere oder persönlich nicht gutheiße, dass ein solcher Austausch stattfindet. Wiegesagt - ich zeige mit meinem Kommentar nur auf, was ich daraus ziehen kann.

Sterben kann sicher ganz verschieden sein. Ich für meinen Teil möchte alles richtig machen. Alles richtig zu machen heißt in meinem Fall, dem zu folgen was meine Mutter möchte. Kürzlich sprachen wir über das Thema, und meine Mutter äußerte sich dahingehend, dass sie, solange es "vertretbar" ist, zu Hause sein möchte. Auch darin liegt wieder eine Individualität. Wir werden situationsbedingt bestimmte Entscheidungen treffen müssen. Ich für meinen Teil stelle fest, dass nichts wirklich planbar oder vorhersehbar ist. Ich kann mich nicht wirklich auf diese Situation vorbereiten.

Manche Schilderungen die hier gemacht wurden, finde ich insofern abschreckend, als dass aus meiner Sicht auch während des Sterbeprozesses bzw. nach dem Tode, die Privatsphäre nicht automatisch endet.

Dann wird beschrieben, ich benutze mal die Wortwahl "obenraus und untenraus". Es ist nicht so, dass meine Fantasie nicht ausreichen würde, um mir bildlich vorzustellen, wie jemandem das passiert. Es ist nur abschreckend, dies vor dem imaginären Auge zu tun, wenn man jemanden Fremden davorhat. Insofern finde ich solche Schilderungen unangebracht, wenn es anderen Menschen etwas mit auf den Weg geben soll. Sollte sich eine solche Situation ergeben bei einem nahestehenden Menschen, bei dem Menschen wegen dem man hier schreibt, und den man liebt, ist die Perspektive doch wieder eine völlig andere. Gleichzeitig auch die Bereitschaft damit umzugehen.

Das Einzige, was ich inständig hoffe ist, dass sich dieses "über sich hinauswachsen" und "ungeahnte Kräfte entwickeln" zu gegebener Zeit auch bei mir einstellen wird, in unserer eigenen, individuellen Situation.

Liebe Grüße und alles Gute Euch allen

Annika
Mit Zitat antworten
  #9  
Alt 16.01.2009, 10:43
Stefans Stefans ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 425
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo Tantchen, Heike, Anette und alle,



Zitat:
Zitat von Tantchen Beitrag anzeigen
Vielleicht solltest Du in Deinem eigenen Interesse einmal über eine Gesprächstherapie für Dich nachdenken, um Dir selbst diesen furchtbaren Druck zu nehmen und wieder positiv in die Zukunft zu blicken.

Du tust mir jedenfalls sehr leid - Tantchen
Zitat:
Zitat von heike_mike Beitrag anzeigen
Leider weiß ich auch nicht wie man für dich da sein oder dir helfen kann.
Du möchtest zwar Hilfe,doch aber noch nicht jetzt oder nicht öffentlich von hier.
Bei statements wie diesen läuft es mir eiskalt den Rücken runter

Tantchen und Heike... merkt ihr eigentlich, was ihr da veranstaltet? Geske nennt es "Gruppendynamik". Ich nenne es es das, was es ist: eine üble Form des mobbings vom hohen moralischen Ross runter. Und die auch noch - und das finde ich einfach widerlich !!! - unter dem Deckmantel, jemandem helfen zu wollen. Natürlich nur zu dessen eigenem besten.

Wie arrogant, anmassend und überheblich kann ein Mensch sein, dem - wenn er inhaltlich am Ende ist - nichts anderes einfällt, als den anderen für krank zu erklären und öffentlich über ihn zu psychologisieren? Soso, Anette sollte über eine im "eigenen Interesse einmal über eine Gesprächstherapie für Dich nachdenken, um Dir selbst diesen furchtbaren Druck zu nehmen und wieder positiv in die Zukunft zu blicken."

Ich finde, ihr beiden solltet dringend darüber nachdenken, was euch das Recht gibt, so von oben herab über andere Menschen zu urteilen. Was Tantchen meint, sie selbst aber vielleicht nicht weiss (oder nicht wissen will, was auf das Gleiche rauskommt):

"Du brauchst eine Psychotherapie, damit du lernst, dich anständig zu benehmen. Und mich nicht mehr verbal mit dem zu belästigen, was ich nicht hören will. Mir ist völlig schnuppe, ob du positiv denkst oder nicht. Hauptsache, du läßt dich so dressieren, dass du nur noch das Positive äußerst. Weil ich es nämlich nicht aushalte, was ich von dir an Negativem lesen muss."

Und dann noch selbstgerecht zu unterstellen, jemand "möchte Hilfe", und - wie schrecklich - dem (leider von anderen abgelehnten) Samariter sei jetzt gar nicht mehr klar, wie man dem nicht Hilfswilligen denn helfen könne. Und letztendlich Mitleid zu heucheln.

Und natürlich, was sonst, xx mal zu betonen, man habe es ja zigmal im Guten versucht, aber wenn jemand so uneinsichtig sei, nein, dann sei man bei aller Hilfsbereitschaft nicht mehr bereit, darüber zu diskutieren. Und werde sich in diesem thread dazu nicht mehr äußern. Und äußert sich selbstredend alle paar Stunden dazu. Und wenn es nur dazu dient, sich sins selbstgerechte Licht zu setzen, indem man das Forum darüber informiert, man habe xy noch eine PN geschrieben (und hoffe du verstehst sie diesmal richtig). Denke bitte nicht es sind alle gegen dich.

Sorry, aber sowas finde ich schlichtweg hochgradig zum Kotzen. Es gibt nur zwei Dinge, die dabei herauskommen, wenn sich Leute so als "moral majority" aufspielen. Sie selbst haben ihr Ego gestreichelt, indem sie jemanden treten, diesen Tritt aber als hilfsbereites Handreichen verkaufen. Und der Getretene wird mundtot gemacht. Leute wie ihr sorgen dafür, dass ich zu einem thread wie diesem x PMs bekomme, die sinngemäß lauten: "Danke für deine postings. Ich würde gerne selbst etwas dazu schreiben, aber ich traue mich nicht. Da werde ich doch nur unter der Gürtellinie angegriffen." Und leider haben die, die sich nicht trauen, offenbar recht mit ihrer Einschätzung.

Und dabei schämen sich die Moralapostel nicht, auch noch über "Würde", "Respekt" und "Sensibilität" zu schwadronieren. Leute, die es für "würdelos" halten, wenn über physische Details des Sterbens oder über Missstände in der stationären Pflege gesprochen wird. Die haben offenbar kein Problem damit, andere vollkommen respektlos zu behandeln. So selbstverlogen und durchschaubar, dass an ihnen Psychotherapeuten verloren gegangen sind.

Zitat:
Zitat von heike_mike Beitrag anzeigen
ich habe dir noch eine PN geschrieben und hoffe du verstehst sie diesmal richtig.
Kommen dein PMs nicht an, oder warum musst du das hier ausbreiten? Völlig unabhängig davon, was du per PM schreibst. Glaubst du ernsthaft, dass es für Anette bei all dem, was du hier öffentlich über sie rausgelassen hast, eine Möglichkeit gibt, dich "falsch" zu verstehen? Scheinbar ja. Dann solltest du aber nochmal in Ruhe lesen, was du hier über ihre Person alles Würdevolles, Respektvolles und Sensibles vom Stapel gelassen hast. Vielleicht fällt dir dann was auf.

Mir ist zumindest etwas aufgefallen, nicht zum ersten mal in den KK- und anderen Foren. Dass ich froh bin, manche Leute nur virtuell zu kennen. Weil ich die im real life nicht mal mit der Beisszange anfassen würde. Und die gar nicht begreifen können, warum, wo sie doch nur "helfen" wollen. Und erst recht nicht, wieso andere Leute ihre "Hilfe" als genau das empfinden, was sie ist: moralische Repression, um sich über andere zu erheben. Wenn ich mit Apostelfratzen sprechen will, gehe ich in die Kirche. Da sind die überall aufgemalt, und sie sind wenigstens stumm. Da stört mich keiner im stillen, selbstgerechten "Dialog".

Viele Grüße,
Stefan

Anette: Bleib so, wie du bist! Wir gehen dann am besten mal zusammen in Gesprächstherapie. Da wird man uns die Ehrlichkeit schon austreiben. Oder auch nicht. Ich bin schon zweimal aus der Klapsmühle rausgeworfen worden, weil ich es einfach nicht lernen konnte, den Mund zu halten. Und den vermeintlichen Helfern gesagt habe, was ich von ihnen halte und wo sie sich ihren Moralischen und ihr Mitleid hinstecken können - zu ehrlich war wohl auch nicht recht

So, und jetzt bitte fleissig an die Moderation schreiben und meinen Rauswurf anmahnen. Ist doch unerträglich, dass so einer hier schreiben darf. Vielleicht reicht's ja wenigstens mal wieder für eine Verwarnung.
Mit Zitat antworten
  #10  
Alt 16.01.2009, 11:49
Gittina Gittina ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 02.10.2008
Beiträge: 13
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Ich war bis jetzt nur stille Mitleserin. Vor 2 Monaten habe ich meine Ma an diesem schrecklichen Lungenkrebs verloren. Hier im KK fand ich immer viele Antworten auf Fragen, die sonst wohl unbeantwortet geblieben wären.

Was aber im Moment hier abläuft mach mich sehr traurig. So viel Feindseeligkeit in einem Forum in dem man sich Hilfe und Unterstützung erhofft.
__________________
Eine Mutter liebt ohne viel Worte.
Eine Mutter hilft ohne viel Worte.
Eine Mutter versteht ohne viel Worte.
Eine Mutter geht ohne viel Worte und hinterläßt eine Leere,
die in Worten keiner auszudrücken vermag.

für meine über alles geliebte mam
10.03.1931 - 14.11.2008
Mit Zitat antworten
  #11  
Alt 16.01.2009, 14:51
Cinderella80 Cinderella80 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.02.2006
Ort: In der Nähe von Münster, NRW
Beiträge: 178
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo,

auch ich habe einen lieben Menschen auf seinem letzten Weg begleitet.
Meine Schwester starb vor 2 1/2 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Die letzten Tage waren schlimm, denn meine Schwester wollte nicht gehen. Sie wollte leben, sie wollte ihren Mann und ihre beiden Kinder nicht zurücklassen. Sie hat gekämpft bis zum Schluß. Aber das sterben an sich war ganz friedlich. Sie ist ganz friedlich eingeschlafen, mit einem lächeln auf den Lippen!


Soviel zu dem eigentlichen Thema, wodrum es hier eigentlcih geht!

Jetzt muss ich aber auch noch meine Meinung zu dem Gehacke hier los werden.

Ich habe Anettes Beiträge auch gelesen. Ich finde sie nicht aggressiv! Sie hat erzählt, was sie erlebt hat. Und es weiß jawohl jeder, dass es in manchen Einrichtungen solche Zustände gibt...
Und, dass heute immer wieder Leute in Heime abgeschoben werden und dass sich danach keiner der Angehörigen mehr dafür interessiert, ist ja wohl auch bekannt!
Ea ist traurig, aber es passiert!
Warum fühlen sich jetzt manche durch so eine Ausssage angegriffen? Es ist doch hier keinem irgendwas vorgeworfen worden!!!

Stefan: Ich ziehe den Hut vor Dir!

Anette: Lass den Kopf nicht hängen, auch hier gibt es Leute die Dich verstehen!

an alle:
Ich nehm Euch alle herzlich in den Arm!!!


Lg

Cinderella80
Mit Zitat antworten
  #12  
Alt 16.01.2009, 23:35
sanne2 sanne2 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 17.08.2005
Beiträge: 1.083
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo an alle,
dieses aufwühlende Thema "wie stirbt man" kann man einfach nicht verallgemeinern!
Wie ich schon schrieb, bin ich seit Jahren Krankenschwester und habe einige Menschen bis zum Ende begleitet, aber jedes sterben verläuft anders.
Ich weiß nicht wie ich es ausdrücken soll, um nicht zu sachlich und gefühllos herüber zu kommen, denn ich leide immer mit.
Kein Arzt und keine Krankenschwester kann den genauen Zeitpunkt bestimmen.
Hier wurde bereits angedeutet :"Wenn mich der Arzt darauf vorbereitet hätte, dass diese Röcheln auf das baldige Ende deutet, dann wäre ich da geblieben!"
Oder so ähnlich (kann leider bis heute nicht zitieren).
Es deutet eben nicht immer auf das baldige Ende hin. Es kann, muss aber nicht.
Ich habe Menschen begleitet, die beim waschen einfach eingeschlafen sind, ohne Vorwarnung.
Ebenso haben wir auf Station Menschen begleitet, die so sterben mussten wie Stefans Ehefrau.
Wir haben Menschen zum sterben auf Station verlegt bekommen, die sich wieder erholt hatten. Ich weiß, wie unglaubwürdig das klingt, aber es kam vor.
Wie soll man Angehörige "vorwarnen" wenn sie ihre Liebsten zum sterben mit nach Hause nehmen. Soll man Horrorszenarien schon vorher beschreiben, wenn sie nicht eintreten müssen?
Ein sehr schwieriges, sensibles Thema.
Trotz meiner jahrelangen Erfahrung hätte ich auch nicht gedacht, dass meine allerliebste Mutter innerhalb der nächsten 5 Stunden einschläft. Ich dachte, wir hätten mehr Zeit, obwohl auch sie bereits diese rasselnde Atmung hatte, aber diese Atmung kann sich über Tage hinziehen.
Dieser Thread ist für einen Erfahrungsaustausch bestimmt gut geeignet. So kann man sich einiges anlesen, wie das Sterben ablaufen kann, aber nicht muss.
Nur können wir Angehörige eben nicht vorwarnen, weil es immer anders verläuft.
Viele Grüße
Sanne
Mit Zitat antworten
  #13  
Alt 17.01.2009, 11:29
Stefans Stefans ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 425
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Hallo Gitti,

Zitat:
Zitat von gitti Beitrag anzeigen
War schon ein Schlauer,der Herr Hoffmann.
Ist er noch, er lebt ja wohl noch. Zumindest habe ich ihn gerade gestern Abend zufällig beim Zappen im RBB gesehen. Auf selbiger Platte sagt er in dem Lied "Die Mutlosen" u.a.: "Wenn sie erwachen, geht die Ehrlichkeit schlafen."

Das Motto der Abschiedsfeier, die meine Frau sich gewünscht hat und die hier im Frühsommer stattfinden wird, stammt auch von ihm:

Ich will Gesang, will Spiel und Tanz,
will, dass man sich wie toll vergnügt,
Ich will Gesang, will Spiel und Tanz,
wenn man mich untern Rasen pflügt.

In diesem Sinne und in dem meiner Frau wird das eine Feier, wie sie dieses Dorf noch nicht gesehen hat Vielleicht ist sie nicht schön gestorben. Aber sie wird umso schöner verabschiedet werden

Viele Grüße,
Stefan
Mit Zitat antworten
  #14  
Alt 17.01.2009, 14:38
Benutzerbild von gitti
gitti gitti ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 07.09.2005
Ort: Zwischen Kiel und Flensburg
Beiträge: 72
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Stefan,ich bewundere Dich,wie Du mit all dem umgehst,Du kommst unwahrscheinlich stark und gebildet rüber.

Jedenfalls ist das keine Drumherumredetaktik.

Mach weiter so mit Deiner Offenheit,warum etwas beschönigen,wenn es doch Sch..... war und ist!
Mit Zitat antworten
  #15  
Alt 17.01.2009, 17:39
Stefans Stefans ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 425
Standard AW: An alle Hinterbliebene...

Man stirbt wie man lebt.
Das Sterben gehört zum Leben,
nicht zum Tod.

Lautet das Motto auf der Website des ambulanten Hospizdienstes hier in der Nähe. Das gefällt mir. So, wie meine Frau und ich über 20 Jahre lang zusammen gelebt (oder es zumindest versucht) haben, bemühe ich mich auch, darüber zu sprechen. Offen, tabulos, möglichst wenig geprägt von Konventionen, streitlustig, und mit einer absoluten Allergie gegen Denk- und Redeverbote und moralisch erhobene Zeigefinger. Ich weiss, dass meine Frau das genauso sieht. Nichts verschweigen, nichts rauszögern, dem man sich stellen kann, und immer "Butter bei die Fische". Also Klartext, auch wenn es mitunter weh tut, und den Finger auf Wunden legen, die so groß sind, dass sie nun wirklich niemand übersehen kann.

Deshalb finde ich die Entwicklung dieses threads auch nicht schlimm. Für mich gibt es wenige "sensible" Themen. Eher Menschen, die Sensibilität mit dem Tragen von Scheuklappen verwechseln. Die Emotionen dürfen meinetwegen gerne mal hochkochen. Mein Motto: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Der so oft geäußerte Wunsch nach Ruhe, Frieden und Beilegen von Streit verursacht mir Magengrimmen. Weil diese Ruhe IMHO meist nur die vor dem nächsten Sturm ist. Der auf jeden Fall kommen wird; wenn nicht in diesem thread, dann in einem späteren. Und dieses "Gehacke" finde ich nicht immer schön, aber trotzdem notwendig. Damit nicht passiert, was ein guter Lehrer von mir schon vor Urzeiten postulierte: Wo der Klügere nachgibt, regiert die Dummheit

Die Ausgangsfrage dieses threads war: "Möchten wir darüber öffentlich lesen". Lesen = es wissen. In diesem Fall die rein physisch unangenehmen Details des Sterbens. Ich glaube immer noch, dass es gar nicht um diese Details geht - wenn es nur um Gerüche und Körperflüssigkeiten ginge, könnten wir das Thema abhaken mit einem lockeren "wo ist das Problem? Kinder kotzen auch und machen sich stinkend die Windeln voll; wen sollte es stören, darüber zu sprechen; weiss doch eh jeder".

Nein, es geht, umfassender, um das was "wir" vom Tod / Sterben wissen wollen oder lieber nicht. Wissen im Sinne von be-greifen, aushalten, im Herzen ankommen lassen. Nicht das Vernunftwissen. Da sind wir alle schrecklich klug, keine Frage. Jedenfalls, mir ist in letzter Zeit einiges dazu durch den Kopf gegangen. Im folgenden bruchstückhaft und unzusammenhängend...

Wenn ich einen Eindruck davon bekommen möchte, was "wir" wissen wollen, dann schaue ich Fernsehen; bevorzugt Nachrichten. Sehr merkwürdig, die Nachrichten. Offenbar wollen wir sehr wohl etwas über das Sterben wissen. Wir wollen auch Elend, Schmerz, Blut und Leichenteile sehen, an denen sich die Fliegen gütlich tun. Aber nur, wenn sie weit weg sind. Ob Kriegsopfer, Hungersnöte, Tsunami-Wasserleichen - keine Bilder und Schilderungen können grausam und brutal genug sein... solange sie nur so weit weg sind, dass wir sicher sein können, dass sie uns in D nicht betreffen. Ach, wie gruselt's da angenehm; fast wie bei Aktenzeichen xy. Schön zu wissen, dass mir das nicht passieren kann.

Sterben hierzulande ist auch Willkommen. Bei Verkehrsunfällen, Bränden, Zugunglücken usw. Aber, wenn schon hier in D: dann niemals Sterbende, Tote oder gar Leichenteile zeigen. Ein Gebot der "political correctness", das alle Medien befolgen. Bilder von Unfallstellen zeigen maximal eine kleine Blutlache oder ein Relikt (Teddybär, Handtasche...) - aber niemals einen Toten. Und es darf heute auch niemals der Hinweis fehlen, dass die Überlebenden, Angehörigen und Helfer, die das erleben müssen, umgehend "psychologisch betreut" werden. Sehr beruhigend, die Sicherheit, dass sich im Notfall - wenn das Weggucken nun wirklich nicht mehr geht - "Experten" um alles kümmern.

Anderes Sterben wollen wir dagegen gar nicht sehen. In D begehen 10.000 Menschen jährlich Suizid. Jede Stunde einer. Darüber besteht medienübergreifend ein "Schweigegelübde", schon seit langem. Es sei denn, einer ist wirklich promiment, dann dürfen wir den Kokodilstränen freien Lauf lassen. Aber den armen Wicht, der sich mit E 605 zu vergiften versucht hat und der blau kotzt, oder den, der es mit Abflussreiniger versucht hat. Den wollen wir ebenso wenig sehen sie die blaue Zunge des Erhängten und die Schweinerei, die ein mit der Schrotflinte weggeschossner Kopf verursacht. Und schon gar nicht die Leute, die damit zu tun haben. OK, die werden ja alle "psychologisch betreut". Erst recht nicht wollen wir wissen, dass so ein Ende uns allen drohen kann. Mitten in D, jeden Tag. Vom Arbeitsplatzverlust bis zum letzten Flug aus dem 10. Stock ist es mitunter ein kurzer Weg. Lieber nicht dran denken. Da sind wir ganz Kind: ich mach' die Augen zu, dann sieht mich keiner.

Das Sterben, das uns alle betrifft, und das wir beim besten Willen nicht verdrängen können, ohne uns völlig lächerlich zu machen (und uns als Menschen eine emotionale Bankrotterklärung ausstellen zu müssen) - das Sterben an Krankheit oder Alter - das ertragen wir offenbar nur in kleinen Dosierungen, gut verpackt. Im Fernsehen am besten nach 23 Uhr - oder bei Arte, 3Sat usw., wo eh' keiner hinguckt. Und dann am liebsten noch mit dem diese-Sendung-ist-für-Jugendliche-unter-...-nicht-geeignet Hinweis.

Dieses Sterben hierzulande ist schon schwer genug zu ertragen. Erst recht nicht wollen wir "unschöne" Details hören. Nicht, wie Angehörige an Pflege und Sterbebegleitung zerbrechen. Und schon gar nicht, wie in D Menschen sterben müssen, die kein Geld haben, um sich ihren Rest an Menschenwürde kaufen zu können. Im Sozialamts-finanzierten Pflegeheim als Sterbender nachts 12 Stunden in der eigenen Scheisse und dem eigenen Gestank liegen, um mit Tavor oder Haldol kaltgestellt zu werden, wenn man sich darüber beschwert. Oder auf den Flur geschoben zu werden, wenn das Ende nahe ist, damit das Zimmer für den Nächsten frei wird und vorher noch geputzt werden kann? Neinneinnein, das haben wir ja noch nie erlebt oder ganz anders gehört. Und wir wollen das bitteschön auch nicht hören, schon gar nicht miterleben müssen.

Was wir dagegen gerne tun: uns beim Blick über den Tellerrand ereifern. Da gibt es doch Kulturen auf der Welt, wo Sterbende kurz vor ihrem Tod allein in die Steppe gehen, einsam sterben und posthum von Wölfen gefressen werden. Abscheulich, grausam, unmenschlich, inhuman, unzivilisiert. Schön, dass wir so menschlich sind. Wir haben für alles bezahlt. Vor allem dafür, dass wir Sterben und Tod an Fachleute delegieren, um damit bloss nicht behelligt zu werden. Sterbebegleitung, Tod, Leiche waschen, einkleiden... wird alles delegiert. OK, einen letzten Blick auf den geschminkten Toten muten wir uns zu. Das gehört sich schließlich so. Aber die Fäkalien, die posthum ausgeschieden werden, soll doch bitte jemand anders beseitigen, bevor wir dann trauernd an den Sarg treten. Schließlich wollen wir den teuren Verblichenen so in Erinnerung behalten, "wie er war". Und er war natürlich nie hilflos, stinkend und leidend, sondern immer schön und gerade frisch geduscht. Machen wir uns zumindest gerne vor.

Wenn wir uns schon mit dem Tod näher beschäftigen, dann auch Art alter deutscher Tradition. Rational, umgeben von Formularen, Ratgebern und Preisvergleichen. Die Beschäftigung mit Erbrecht, Testament, Vorsorgevollmacht, Erbschein, die Auswahl des "besten" Bestatters und Friedhofs... kein Problem, das sehen wir bei PlusMinus und WiSo oder lesen dazu FinanzTest. Und wenn es Streit gibt, sind wir ja prozesskostenversichert. "Vernünftig" und "normal" finden wir auch, uns schon am Sterbebett über den Nachlass die Köpfe einzuschlagen und das Pflegepersonal in der Klinik des Diebstahls zu bezichtigen. Mutter hatte aber noch eine goldene Kette, die müssen wohl die Schwestern geklaut haben...

Im Abschieben (der Sterben und unserer Verantwortung für sie) und Schuld zuweisen sind wir Weltspitze. Diejenigen, die die Wahrheit tagtäglich erleben, weil sie beruflich damit umgehen müssen (Ärzte, Schwestern, Altenpfleger, Polizisten usw.), die mögen sich ihr Leid professionell wegtherapieren lassen, indem sie wegen ihrer "posttraumatischen Belastungsstörung" zum Psychologen gehen. Hauptsache, wir bleiben von solchen Traumata verschont. Wobei, manchmal ist die Leidenserfahrung anderer auch ganz nützlich. Glücklich, wer eine Krankenschwester in der Verwandschaft hat, die einem sagen kann, dass die Schnappatung kurz vorm Exitus normal und kein Grund ist, doch noch den Notarzt zu rufen.

Man stirbt wie man lebt.
Das Sterben gehört zum Leben,
nicht zum Tod.

Wie meine Frau sterben und ich sie dabei begleiten durfte... das war so, wie wir uns bemüht haben, miteinander zu leben. Nicht ästhetisch, friedlich, schön und harmonisch. Aber aufrichtig, authentisch, mit höchstem Respekt vor dem anderen und dessen Willen und der absoluten Sicherheit, dass wir uns im Notfall jederzeit 100%ig auf den anderen verlassen können. Wir konnten das (wenn auch erst nach über 10 Jahren Partnerschaft, vielen Krisen und harter Arbeit), was eigentlich selbstverständlich bei Menschen sein sollte, die sich das Ja-Wort gegeben haben: unser Leben ohne jeden Zweifel in die Hände des anderen legen. In der Gewissheit, nicht kurz vor Schluss die längst überkommenen Lebenslügen durch Sterbenslügen ersetzen zu müssen, um es irgendwie auszuhalten.

Und so haben meine Schwägerin und ich uns nach Pflege, Sterben, Leichenwäsche, Aufbahrung Zuhause und der letzten harten Übung, beim Einkleiden meiner Frau den Leichengeruch zu ertragen, abschließend entspannt einen auf die Lampe gegossen, dem Foto meiner Frau zugeprostet und sie gefragt: "Na, wie haben wir das gemacht?" Und sie hat geantwortet: "Das habt ihr super gemacht. So, wie ich es wollte. Ein dickes Sonderlob für euch!"

Und in diesem Lob sonnen wir uns zurecht - und können abends ruhig mit der Gewissheit schlafen gehen, es meiner Frau recht gemacht zu haben. Und uns morgens mit dieser Gewissheit im Spiegel anschauen, ohne den Blick abwenden zu müssen. Doch, das haben wir gut gemacht, und damit können wir ohne Reue weiterleben. Den Menschen, die sich angesichts dieses Themas über Respekt, Würde, Sensibilität usw. bei gleichzeitigem aber-darüber-spricht-man-doch-nicht Gehabe erfeifern, kann ich nur wünschen, dass sie ebenso mit sich im reinen sind. IMHO das Wichtigste für die, die weiterleben müssen.

Mir gibt es große Hoffnung, dass bei allem Verleugnen und Nicht-wissen-wollen in unserer Gesellschaft hier so viele Menschen sind, die auch in Krisenzeiten in der Lage sind, dem Leben die Stirn zu bieten. Und darüber zu sprechen. Und meine Frau, wo immer sie auch gerade ist, freut sich darüber genau so wie ich. Das weiss ich genau. Und ich freue mich, dass ich solche Leute nicht nur virtuell kenne, sondern auch im wahren Leben. Z.B. die beste Psychotherapeutin der Welt, mit der ich gestern gesprochen habe, auch über die unangenehmen Details des Sterbens meiner Frau. Die überlegte kurz und sagte dann:

"Ja, aber das gehört zum Leben, oder?"

Viele Grüße,
Stefan

PS: das "wir" in diesem posting ist natürlich absichtlich pauschal verwendet und z.T. böse überzeichnet. Wem's nicht gefällt, der mag das gerne durch ein "ich-bin-das-nicht-und-würde-das-ganz-anders-... ersetzen
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 05:32 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55