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  #1  
Alt 20.05.2009, 23:23
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Mein Bruder,
letzte Woche hast Du mir ja einen ganz schönen Schrecken eingejagt.. ich gehe zu Deinem Grab und ganz plötzlich ist da ein Gesicht-Dein Gesicht... Wie unserer Mom versprochen hat der Steinmetz das Foto angebracht, aber so unvorbereitet hab ich dann leider einen richtigen Heulanfall bekommen. Ich wünsche mir, Du lebtest noch in Irland und hättest noch eine gute Zeit bekommen... Wie hast Du von der grossen Küche mit Holztreppe zu euren Schlafzimmern geschwärmt und dem Holzwohnzimmer mit Kamin und dem Garten? Du warst schon so unvorstellbar krank, aber Deine Augen haben dabei immer so geleuchtet, ich weiss, da warst Du glücklich. Ich habs ja mal gesehen und ich war so froh, dass es Dir gut ging. Und jetzt? Wenigstens hast Du ein schönes Grab, viele haben uns angesprochen, eine Frau sagte zu Mom, sie muss jeden Tag davor mit dem Fahrrad stehen bleiben und die Madonna und die Blumen anschauen. Mehr geht ja nicht.Wir können Dir leider nur noch das Grab schön machen und ich weiss noch nicht einmal, ob Du es siehst oder willst-so sind heute meine Gedanken, verbunden mit dem Schmerz, dass Du nie mehr wiederkommst. Ich hab Dich immer verstanden- und Du mich-und das macht es mir heute wieder so besonders schwer. Ich brauche Dich auch bei Mom, die Chemo setzt ihr mittlerweile ganz schön zu. Einerseits bin ich froh, dass Du davon nichts mitbekommst, aber wir haben doch immer so schwerwiegende Probleme zusammen gemeistert.
Bitte gib mir Kraft
Bis wir uns wiedersehen
Deine grosse Sista
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  #2  
Alt 19.08.2009, 20:34
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Mein Bruder,
heute morgen musste ich im Autoradio hören, dass die Messe Gamescom eröffnet wurde und es hat mir wieder einen Schlag in den Magen und ins Herz versetzt. Musste sofort daran denken, wie Du letztes Jahr noch sagtest, nächstes Jahr ist das bei uns, aber ich werde da ja nicht mehr hingehen können... da hab ich noch heimlich gedacht,na mal sehen und dann schiebe ich dich im Rollstuhl hin, egal, aber eigentlich wusste ich es doch auch... Das schöne Wetter, die Stadt in Partylaune, nur halt ohne Dich. Es tut mir so leid, wie sehr wünsche ich mir, Du hättest noch Spass und Freude bekommen. Warum wurdest Du so krank? Ich denke jeden Tag und jede Stunde an Dich, aber der Schmerz hat sich verändert. Er ist nicht mehr so aggressiv und bohrend, aber halt immer da. Gewöhnt man sich dran? Manchmal kann ich nicht begreifen, dass es immer noch all die Dinge gibt, die Du mochtest, z.B. Deine geliebten Landl... puddings, die im Regal stehen, oder Pizzas mit extra viel Käse, oder oder... Alles geht weiter, nur Du bist nicht mehr da.Warum geht das ohne Dich?
Was würde ich dafür geben, Du wärst nochmal bei mir! Und eines ist mir mal wieder bewusst geworden, die wenigsten Menschen können diese Gefühle verstehen und ich muss für mich ganz alleine einen Weg finden, damit klarzukommen. Soll ich Dir aber mal sagen, was an dem ganzen positiv ist? Ich bin viel gelassener geworden und rege mich nicht mehr so schnell auf. Manchmal habe ich so eine Stärke in mir, weil ich weiss, was ich und wir beide zusammen durchgestanden haben, dagegen sind viele andere Dinge doch Peanuts...
Mom geht es im Moment ganz gut, sie hat heute ihre letzte Chemo gehabt und fährt am 02.09. in Reha.Ich am 14.09. mit C. 2 Wochen auf die Kanaren. Mom und ich wollen die Zeit geniessen und Kraft tanken, wer weiss, was dann ist, und dann auch noch die dunkle Jahreszeit. Ich versuche, diesmal meine Ängste besser in den Griff zu bekommen, zumal ich weiss, dass es ja doch nicht zu ändern ist... das habe ich auch durch Dich gelernt.Das Wort Hoffnung schreibe ich trotzdem wieder gross! Ach Sch..., warum kann es nicht mehr so sein, wie damals, als Du gesund warst und in Irland lebtest, wie glücklich hätten wir alle sein können und waren es doch manchmal nicht. Unvorstellbar, oder?
Bitte hilf mir, gib mir Kraft, muss gerade wieder weinen.Weisst Du noch, wie wir von David Bowie ,Wild is the wind' gehört haben? Du im Pflegebett und ich daneben auf der Couch. Eine Woche später kamst Du auf die Palliativstation...
Meine Liebe für Dich endet nie
Deine Sista
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  #3  
Alt 04.10.2009, 11:51
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
wir sind wieder da und im Moment geht es uns ganz gut. Mom hat in der Reha sogar zugenommen und als sie gestern bei mir war, habe ich gedacht, sie ist ja wieder so wie früher... Unheimlich, aber ich muss die Zeit geniessen, in 2 Monaten ist die nächste Nachsorge und wir wissen ja leider, was alles so kommen kann. Wir haben lange gequatscht und auch über Dich gesprochen, da kamen Deine letzten Stunden wieder hoch. Ich hab Mom erzählt, was ich zu Dir gesagt habe, als sie kurz bei der Pflegerin war, weil sie immer noch nicht glauben konnte oder wollte, dass Du gehst. Und drei Stunden später hast Du losgelassen, genau in dem Moment, als ich aufgestanden bin, meine Hand weggezogen habe und Dir über den Kopf gestreichelt habe. Du weisst, ich bin immer noch nicht sicher in meinem Glauben an Gott, aber ich bin so dankbar für diese letzten Stunden und unser Abschiednehmen. Siehst Du, wie sehr wir Dich vermissen? Nächste Woche bekommst Du neue Blumen, diesmal in Weiss und dunkellila, hab schon alles geplant. Wir werden so oft auf das schöne Grab angesprochen, stell Dir das mal vor, aber es ist doch das einzige, was wir noch machen können. Ich würde so gerne mit Dir reden und Deine Stimme hören, manchmal so wie heute kommt es wieder richtig hoch und ich weiss, dass das nie aufhören wird. Mein Bruder, ich hab Dich sehr lieb
Deine Sista
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  #4  
Alt 15.12.2009, 20:20
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
warum ist immer alles so schwer? Geht mir mal wieder garnicht gut, alles ist so dunkel und diese besch... Weihnachtszeit. Ich denke, es ist noch schlimmer als letztes Jahr, da waren Mom und ich in die Sonne gefahren und alles war so weit weg... So viele Gedanken und Bilder kommen hoch, ich sehe Dich noch ganz genau und wie um Du diese Zeit im Leberkoma lagst, und wie wir Weihnachten verbracht haben und Du warst wie ein Kind.Bist nur noch Zuschauer auf der Couch oder im Bett gewesen, wenn Du mal wach warst... Es tut mir so weh. Heute vor 1 Jahr und 9 Monaten bist Du weggegangen, so lange her und doch wie gestern. Verdammt! Es macht mich wahnsinnig, weil ich nicht weiss, wo Du bist und Du mir auch kein Zeichen gibst, träume noch nicht mal von Dir. Und mit Gott die Sache hat sich jetzt für mich auch erledigt, Du warst Dir da ja auch nicht sicher... Mom hat eine Überlebensprognose von 20 % in 5 Jahren... Auch wenn es ihr im Moment ganz gut geht, haben wir natürlich totale Angst... C`s Vater ist ja auch gegangen, aber immerhin nach einem erfüllten Leben mit 82 Jahren, nicht wie Du mit 38 oder Mom, die im Januar 70 wird. Oder unser Vater mit 33 Jahren, drei Monate, bevor Du geboren wurdest. Wie wehleidig bin ich heute? ich hasse mich selbst dafür... Ich vermisse Dich so sehr, heute zerfliesse ich in Selbstmitleid... hab auch noch Ärger auf der Arbeit, will woanders hin, aber mein Chef will mich nicht gehen lassen, bin ja schon 20 Jahre den Stress gewohnt, aber jetzt geht es nicht mehr und zum Glück bin ich unkündbar... er will mir helfen und baggert mich dabei ständig an... da hast Du zu Deinen Lebzeiten schonmal gesagt, pass auf! Ja, hattest mal wieder recht! Ach Mensch, und Mom hat Dir wieder einen kleinen Engel gebracht, siehst Du, wie sehr Du uns fehlst? Mom hat ihre Krankheit nicht einfach so bekommen...BSDK heisst nicht umsonst "Ärgerkrebs". Will schreien, aber ändert nichts.....
Will mit Dir Kerzen für Weihnachten anzünden wie in der Zeit, als wir beide noch Hoffnung hatten und Dich sehen und sprechen, bitte verzeih mir
Vermisse Dich so stark, kann es immer noch nicht begreifen, obwohl wir Abschied genommen haben. Das Weihnachten gibt es für mich so nicht mehr
so wie früher...
Ich weiss, Du würdest ganz gewaltig mit mir schimpfen, aber so bin ich im Momemt halt drauf

Deine grosse deprimierte Sista, die Dich niemals vergisst


Deine grosse
Gib mir bitte Kraft
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  #5  
Alt 02.01.2010, 20:38
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
zum Glück sind die schlimmen Tage vorbei! Wobei ich sagen muss, wir haben sie ganz gut überstanden, lag wohl daran, dass wir die schlimmen Gedanken meistens verdrängen konnten. Hoffentlich bleibt das so. Du warst immer in unserer Mitte, aber sogar Mom konnte mal lachen und manchmal haben wir geweint.Aber dann waren wir froh, denn Du musst nicht mehr leiden. Keine Angst mehr in der Nacht, keine Unruhe, kein Palladon mehr schlucken, was Dir manchmal im Hals stecken blieb,aber Du hast die Stunden bis zur nächsten Einnahme gezählt, nie mehr den Löffel fallen lassen, weil Du zu schwach zum Essen warst...es bei klarem Bewusstsein zu erfahren, wie sehr Dein Körper verfällt und aufgibt. So ist es besser.Hast Du die weissen Rosen von mir gesehen? Wo bist Du? Hast Du den leuchtenden Stern in meinem Küchenfenster gesehen? Nach Jahren habe ich ihn wieder aus dem Keller geholt, hab mir gedacht, wenn Du mal vorbeikommst, in welcher Form auch immer, dann siehst Du, wo Deine Schwester ist... Vermisse Dich. Drück uns die Daumen, dass wir Ende Januar mit C. in die Sonne fahren können, bitte hab ein Auge auf unsere Mom...
Deine Sista, die kämpft und Dich sehr lieb hat
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  #6  
Alt 21.01.2010, 22:23
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander, mein Bruder
es geht mir zur Zeit ganz gut, ich habe schon fast ein schlechtes Gewissen und warte auf den nächsten Knall. Aber ich will und muss auch leben und nicht immer nur traurig sein, ich werde sonst krank, und das wolltest Du nicht.. ich kann die schlimmen Gedanken meistens verdrängen, wenn auch nicht immer... Vergessen werde ich Dich eh nie und Du bist immer in meinem Herz dabei. Heute war ich endlich in der Ausstellung Körperwelten und habe das gesehen, was ich wollte. Ein stark vergrössertes Herz und Milz und eine Metastasenleber. Ich habe mir das ganz bewusst angesehen, denn ich will doch mal verstehen, was Dich so zerstört hat.Die Organe sind so viel grösser und arbeiten nicht richtig, das hat die nette Ärztin in der Notaufnahme auch zu mir gesagt. Und jetzt begreife ich, warum Du so Schmerzen hattest, es war doch gar kein Platz für das alles in Deinem Körper. Es tut mir so leid.
Bitte hab ein Auge auf unsere Mom, am samstag fliegen wir auf die Kanaren, sie ist relativ gut drauf, aber nicht mehr so belastbar wie früher. Geht es dir gut? Leider gibst Du mir kein Zeichen, oder ich sehe es nicht? Vielleicht, weil es mir im Moment ganz gut geht?
Ich komme morgen zu Dir zum Verabschieden und bringe Dir meine Tulpen, ich liebe Dich über alles
Deine grosse Schwester
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  #7  
Alt 13.03.2010, 22:59
Ute K. Ute K. ist offline
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Standard AW: Mein kleiner Bruder Alexander

Alexander,
mir geht es wieder garnicht gut, der Schmerz ist wieder da und ich bin so unruhig und deprimiert. Heute vor zwei Jahren hat die nette Ärztin vom Umzug ins Hospiz gesprochen und Mom ist bald zusammengebrochen. Da war das Wort, vor dem wir so Angst hatten, hat es doch das letzte winzige und eigentlich unsinnige Stückchen Hoffnung weggenommen. Einen Moment lang hab ich geheult, Mom ist auf die Couch geschwankt und Du hast uns getröstet, hast gesagt, nehmt doch nicht immer alles so schwer,wenn es so ist, ist es auch nicht so schlimm... Was solltest Du auch sonst sagen? Mom hat es so weh getan, dass Du durch diese verfluchte Krankheit erst Dein geliebtes Irland verlassen mussest, dann Deine kleine Wohnung und jetzt die Palliativstation, wo Du Dich so wohl gefühlt hast.Nirgendwo konntest Du bleiben, und Mom hat die Ärztin fast angebettelt, damit Du noch dort bleiben konntest. Mom war eben Deine Mom... Am abend haben wir beide im Dunkeln im Wintergarten gesessen, Du im Rollstuhl mit der Bettdecke über Deinen dicken Elefantenbeinen und wir hatten eines der intensivsten Gespräche, was
ich nie vergessen werde.
Ach Shit, ich vermisse Dich so sehr. Ich muss aufhören, kommt nur negatives raus und ich will das nicht. Vermisse Deine Augen und Dein Schnufen, einfach alles. Wenn es geht, gib mir bitte Kraft, ich will doch, das Du stolz auf mich bist.
Hab Dich sehr lieb
Deine Sista
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