Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Allgemeine Themen > Umgang mit Krebs und Krankheitsbewältigung

Thema geschlossen
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 05.04.2010, 13:40
Stefans Stefans ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 425
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Zitat von rafael31 Beitrag anzeigen
Jedoch sind die medizinischen Mittel bereits so weit, dass Betroffenen die Qualen und Schmerzen recht gut genommen werden.
Wer jemanden schonmal unter hohen Morphium-Gaben langsam und qualvoll hat sterben sehen, ist da vielleicht anderer Meinung.

Davon abgesehen geht es bei dem Thema nicht nur um Schmerzen. Sondern um _Würde_.

Viele Grüße,
Stefan
  #2  
Alt 15.04.2010, 01:56
Benutzerbild von HelmutL
HelmutL HelmutL ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 03.03.2007
Ort: Dreiländereck
Beiträge: 2.019
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Hallo Stefan,

du hast recht, wenn du sagst, der/die Überlebende muss mit seinem Gewissen fertig werden. Er MUSS, der oder die Verstorbene nicht. Der oder die ist fein raus. Hört sich jetzt grass an, ist aber de fakto so. Eine absolut nüchterne Feststellung, sonst nichts.

Für mich als Angehörigen ist das ein ganz wichtiger Fakt. Ich selbst bin inzwischen sowohl Vollmachtgeber als auch Bevollmächtigter. Die Dringlichkeit einer Patientenverfügung wurde mit und durch den Tod meiner Frau ganz deutlich. Wir haben sie umgesetzt. Dazu waren auch Gespräche mit den Menschen nötig, welche z.B. für mich später irgendwann vielleicht die Verantwortung übernehmen müssen oder sollen. Intensive Gespräche, denn auch die Bevollmächtigten müssen sich im klaren sein, was da auf sie zukommen kann. Sie müssen sich im klaren sein, ob sie das auch durchhalten können und welche Verantwortung auf sie zu kommt. Zumindest zu dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.

Die Patientenverfügung, auch wenn sie keine spezielle Person zur Durchführung der eigenen Interessen und Wünsche benennt, ist ein Vertrag. Zu einem Vertrag gehören IMMER Zwei. In diesem Fall eben ein Vertrag mit der Gesellschaft im allgemeinen. Die Rahmenbedingungen werden/sind gesetzlich geregelt.

Erkläre ich verbindlich einfach meine Wünsche, ohne jemand spezielles als Bevollmächtigten einzusetzen, dann ist die Gesellschaft angesprochen. Die gesetzlichen Bedingungen für die Erfüllung dieser Wünsche sind gegeben und es besteht eine gewisse Rechtssicherheit für die ausführenden Personen. In diesem Falle stehen die Angehörigen, falls vorhanden, ganz klar aussen vor. Als Verfasser einer Patientenverfügung hab ich also einen gesicherten Rahmen, in welchem ich mich als Vollmachtgeber bewegen kann, ohne von irgendjemandem etwas zu verlangen, was ungesetzlich wäre. Wobei der Vertrag hinfällig wäre, wiederspräche er dem Gesetz.

Setze ich eine andere Verfügung auf, in der ich jemand ganz persönlich als Bevollmächtigten einsetze, so verhält sich das grundlegend anders. Das kann man nicht machen, ohne dessen Einverständniss. Es ist ein Vertrag, auch der Bevollmächtigte muss damit einverstanden sein. Andersrum läuft das nicht. Der Bevollmächtigte muss sich also zu diesem Zeitpunkt sehr genau überlegen, ob er solch einen Vertrag annimmt. Wie immer der auch aussehen mag. Die beiden Extreme hab ich bereits angesprochen.

Per Gesetz hat der Vollmachgeber zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit, diesen Vertrag zu ändern. Das ist auch gut so. Auf der anderen Seite muss ich dann aber auch dem Bevollmächtigten zugestehen, seine Auffassung zum Vertrag zu überdenken und jederzeit ändern zu können. Er kann seine Vollmacht jederzeit abgeben. Dieses Recht muss ihm zustehen, genauso wie o.a. Recht des Vollmachtgebers. Auch diese Art der Patientenverfügung ist keine einseitige Angelegenheit.


Das gesellschaftliche Gewissen ist ihr Gesetzeswerk. Oberste Instanz für mich ist mein Gewissen. Nicht immer und überall muss es mit dem jeweilig gerade gültigen Gesetz übereinstimmen. Wenn sich also in bestimmten Situationen mein Handeln mit meinem Gewissen vereinbart, so tu ich das "reinen Gewissens". Welche gesellschaftlichen Konsequenzen das eventuell nach sich zieht, ist mir in dem Moment völlig egal und ist eine völlig andere Geschichte.

Im Gegensatz zum Sterbenden kann ich, in der Regel, als Bevollmächtigter oder auch als Nichtbevollmächtigter bis zur letzten Sekunde meine Entscheidungen vor meinem Gewissen überdenken. Ich kann(!) den Vertrag erfüllen, ihn abändern, ablehnen oder eben ignorieren. Wie gesagt: vor meinem Gewissen und in meinem Verständnis FÜR UND IM SINNE des Sterbenden.

Auch du hast nicht anders gehandelt und würdest es jederzeit wieder tun, in allen Varianten, die du bereits angesprochen hast.

Es kann jedoch nicht sein, dass da Verträge aufgesetzt werden, die absolut egoistischer Art sind, ohne auch nur im geringsten zu überlegen, welche Konsequenzen dieser Vertrag für andere haben könnte. Zumal diese Verträge ja im Vollbesitz der geistigen Fähigkeiten aufgesetzt werden. Was wiederum bedeutet: nicht nur Rechte sondern auch Pflichten!

Ich habe versucht, diesen Beitrag so nüchtern wie möglich zu schreiben, ohne Emotionen. Soweit das überhaupt geht. Ich hoffe, dass jetzt klar ist, was ich mit dem, zugegeben, provokanten "oder ...... ich gehe!" ausdrücken wollte. Selbstverständliche werde ich mit allen Mitteln versuchen, diesen Vertrag zu erfüllen. Ginge jedoch die Erfüllung des Vertrages, auch Teile davon, in der dann bestehenden Situation gegen mein Gewissen, so müsste ich mich entscheiden. Wie, brauche ich wohl nicht zu erläutern und mein Gewissen brauche ich nicht auf dieser Welt zu verantworten. Dafür gibt es eine höhere Instanz.


Einen schönen Tag wünsch ich euch

Helmut
__________________
Zeit zum Weinen, Zeit zum Lachen.
http://www.krebs-kompass.org/howthread.php?t=31376
http://www.krebs-kompass.de/showthread.php?t=48070

Die von mir im Krebs-Kompass verfassten Texte dürfen auf anderen Homepages und in anderen Foren ohne meine ausdrückliche Zustimmung weder verwendet noch veröffentlicht werden. Auch nicht auszugsweise.
  #3  
Alt 18.04.2010, 19:10
Benutzerbild von corkono
corkono corkono ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 02.06.2007
Beiträge: 264
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Zitat von Stefans Beitrag anzeigen
Wer jemanden schonmal unter hohen Morphium-Gaben langsam und qualvoll hat sterben sehen, ist da vielleicht anderer Meinung.

Davon abgesehen geht es bei dem Thema nicht nur um Schmerzen. Sondern um _Würde_.

Viele Grüße,
Stefan
Ich möchte mich zu diesem Thema einmal kurz einschalten mit einer delikaten Frage:

Mein Vater liegt in einem Dreibettzimmer und uns wurde mitgeteilt, dass er nun im Sterben liegt. Nach meiner Nachfrage bzgl. eines Sterbezimmers gab es nur ein müdes Lächeln, "tut uns leid, aber Sterbezimmer haben wir nicht und die anderen Zimmer sind alle belegt". Außerdem ist heute ja Sonntag und die Verwaltung nicht besetzt (nach meiner Bitte ein Einzelzimmer auf eigene Kosten zu beziehen). Tja, der Tod kennt aber keinen Sonntag ...

Nachdem ich nirgends weiterkam mit meinem Anliegen, zückte ich mein Handy mit den Worten "Okay, dann rufe jetzt die B...Zeitung an, vielleicht können die mir ja ein Einzelzimmer für meinen sterbenden Vater organsieren."

10 Minuten später hat er sein Einzelzimmer bekommen ... aber nur bis morgen früh! Morgen ist ja Montag und dann kann ich ein Einzelzimmer beantragen.

Ist das so üblich in Krankenhäusern? Ich empfinde es als unwürdig zwischen anderen Patienten, die laut telefonieren, Radio hören und viel Besuch empfangen (was auch völlig in Ordnung ist unter "normalen" Umständen) zu sterben.

Für die anderen ist es natürlich auch sehr heftig neben einem Sterbenden mit großen Schmerzen zu liegen.

So, jetzt fahre ich wieder ins Krankenhaus (wechsel mich mit meiner Mutter ab). Natürlich sollte ich eigentlich ganz andere Sorgen haben, als hier diese Frage im Forum zu stellen, aber ich bin immer noch konsterniert und frage mich: was ist morgen?!? Dann geht der Kampf um ein würdiges Sterben im Einzelzimmer weiter.

Sind Eure Angehörigen auch in Mehrbettzimmern gestorben oder habe ich einfach nur zu hohe Ansprüche?

Liebe Grüße

Corinna
__________________

  #4  
Alt 18.04.2010, 19:28
Benutzerbild von suze2
suze2 suze2 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 05.05.2007
Ort: österreich
Beiträge: 2.447
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

liebe corkono, ich kenne es von beiden seiten. mein vater starb in einem mehrbettzimmer (pflegeheim). ist allerdings schon 34 jahre her. ich war damals schlicht zu jung und dumm, um zu begreifen geschweige denn um etwas dagegen zu unternehmen.
als ich 2005 operiert wurde, verschlechterte sich der zustand meiner bettnachbarin. sie wurde SOFORT in ein einzelzimmer verlegt. mich hat das damals beruhigt, denn ich dachte, dass das heutzutage so "mitmenschlich" gehandhabt wird. auch bei einem kollegen war es so - einzelzimmer - gar keine frage. wie ich nun bei dir lese, ist dies aber eben nicht immer so...

ich kann dir keinen rat geben, zumal ich aus Ö bin und mich nicht auskenne, was es in D für möglichkeiten gibt. ich wünsche dir alles gute und deinem vater ein sterben in würde und ohne schmerzen. hat denn das KH eine palliativstation?

tut mir leid, für dich, für euch ...
alles liebe
suzie
__________________
seit 2005 bin ich ein angsthase
  #5  
Alt 18.04.2010, 19:30
Benutzerbild von Kampfgeist
Kampfgeist Kampfgeist ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 08.11.2008
Ort: Sauerland
Beiträge: 249
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Liebe Corinna,

was ist das für ein KH ,und was sind das für abscheuliche Menschen die dort arbeiten .

In Würde gehen, dazu bedarf es doch keiner Zuschauer.Dort sollten wirklich nur die Angehörigen beisein. Du hast richtig gehandelt,sofort mit der Zeitung zu Drohen.
Kannst du deinen Vater eventuell noch in ein Hospiz verlegen lassen ?
Wenn nicht , bestehe auch weiterhin auf ein Einzelzimmer.

Ich möchte dich einfach mal nur in den Arm nehmen und dir viel Kraft wünschen für das alles.

Dagmar
__________________
Ich werde dich immer Lieben

11.10.1959 - 09.09.2009
  #6  
Alt 18.04.2010, 23:52
Benutzerbild von corkono
corkono corkono ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 02.06.2007
Beiträge: 264
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Liebe Suzie und Dagmar,

ich möchte mich bei Euch für Euren Zuspruch bedanken.

Mir wurde heute abend zugesichert, dass mein Vater nicht mehr in ein Mehrbettzimmer verlegt wird. Das könnte ich auch nicht ertragen.

Ich bin total aufgewühlt und von meinen Gefühlen übermannt.

Es tat ihm gut, dass seit heute ganz extrem gegen die Schmerzen gespritzt wurde. Er hatte die letzten Tage so gewimmert und konnte die Schmerzen nur noch schwer ertragen. Heute konnten wir ihn noch mal ohne Schmerzen sehen und das tat gut. Wenn er noch mal die Augen aufmacht, dann lächelt er und drückt meine Hand. Ich habe kürzlich etwas gelesen, was sehr gut zu dieser Situation passt.

Das Sterben eines Menschen bleibt als wichtige Erinnerung zurück bei denen, die weiterleben. Was immer in den letzten Stunden geschieht, kann viele Wunden heilen, aber auch in unerträglicher Erinnerung bleiben ...

... ja, ich bin froh, dass ich es geschafft habe, ein Einzelzimmer für meinen Vater erkämpft zu haben. Alles andere wäre unerträglich für uns alle.

Morgen um 7.00 Uhr bin ich wieder bei ihm.

Liebe Grüße

Corinna
__________________


Geändert von corkono (19.04.2010 um 00:08 Uhr)
  #7  
Alt 19.04.2010, 06:53
Anna74 Anna74 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 17.04.2010
Ort: Griechenland
Beiträge: 22
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Hallo corkono
Viel Gedult musst du aufbringen und viel Kraft!Sei einfach da fuer ihn.
  #8  
Alt 19.04.2010, 17:44
Stefans Stefans ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 425
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Hallo Corinna,

Zitat:
Zitat von corkono Beitrag anzeigen
Sind Eure Angehörigen auch in Mehrbettzimmern gestorben oder habe ich einfach nur zu hohe Ansprüche?
Ja, du hast zu hohe Ansprüche. Du kannst jederzeit ein Einzelzimmer buchen. Kostet halt nur viel extra. Oder du bist Privatpatient, da ist das im Preis drin. Aber "beschweren" kann man sich über ein Mehrbettzimmer andererseits auch kaum... in vielen europäischen Ländern wären die Patienten froh, wenn sie so eine gute medizinische Versorgung bekommen würden wie bei uns. Du willst nicht wissen, wie lange man in Portugal oder Mazedonien auf einen CT-Termin warten muss... In D dauert das maximal 3 Tage. In manchen Ländern dauert das locker 3 Monante...Insofern geht's uns in D noch richtig gut, auch wenn drei Leute im Zimmer liegen und das ziemlich störend ist...

Was du schriebst, erinnert mit an meine Frau. Die wusste, dass sie sterben muss, ein Vierteljahr vor ihrem Tod (dass es ein Vierteljahr war und nicht 1 oder 12 Monate, dass wusste vorher natürlich niemand). Und sie wollte unbedingt Zuhause sterben, was wir zum Glück auch hinbekommen haben. Sie lag im Mehrbettzimmer, und sie sagte immer nur: holt mich hier raus! Ich will "Zuhause", ich will "Alltag" und "Normalität". Und sie wollte eben nicht, dass morgens um 6 die Putzkolonne kommt und sie weckt, und nicht alle 30 Min. Störungen durch Schwestern, Ärzte, Besuch, usw. usf. Und wenn ich die Augen aufmache, will ich nicht Linoleum auf dem Boden und weiß gekalkte Wände angucken, sondern will mein Wohnzimmer sehen, wo ich Zuhause bin. Sie wollte Heimat, Normalität, Ruhe und Frieden. Ihr Zuhause nochmal sehen, Hund, Katze, Garten, Freunde, Familie, Ehemann (und zwar Zuhause, nicht für eine Stunde in der Klinik).

Aber das ist, was fast alle Menschen möchten: Zuhause sterben. Möchte ich auch, wenn es bei mir mal soweit ist. Was denn sonst! Geht aber halt nicht immer, leider :-(

Viele Grüße,
Stefan
  #9  
Alt 19.04.2010, 18:39
Benutzerbild von suze2
suze2 suze2 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 05.05.2007
Ort: österreich
Beiträge: 2.447
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

nur zur sicherheit, die menschen, die ich kannte, die ein einzelzimmer bekamen, waren keine privatpatientInnen, weder meine bettnachbarin bei meiner OP, noch mein kollege. ich denke, dass es aufs spital ankommt - auf die fähigkeit des personals, aber wohl auch auf die ressourcen.
corkono, ich schicke dir noch einen herzlichen gruß und auch an alle anderen, die hier lesen und schreiben.
suzie
__________________
seit 2005 bin ich ein angsthase
  #10  
Alt 19.04.2010, 19:04
Benutzerbild von Wasser13
Wasser13 Wasser13 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 16.04.2010
Beiträge: 138
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Liebe Corinna, nein, nicht zu hohe Ansprüche, wirklich nicht .... Ich bin eher fassungslos, dass man sich a) als Angehöriger sowas seitens eines Krankenhauses sagen lassen muss (kein Einzelzimmer machbar), b) einem Sterbenden solche Szenarien (Bettnachbarn und deren Besucher) nicht erspart bleiben und des gleichen c) die Bettnachbarn in eine sehr persönliche Situation hineingezogen werden (wenn der letzte Schritt der Sterbebegleitung in einer Klinik stattfindet / stattfinden muss - nicht jeder ist in der Lage, einen Sterbenden Zuhause zu begleiten - stehen vielleicht auch noch ungesagte/persönliche Dinge im Raum, Worte, die man mit auf die Reise geben möchte – und dabei haben meines Erachtens „fremde Ohren“ nichts zu suchen).

Liebe Corinna, ich hatte das Glück, meinen Mann in Frieden Zuhause verabschieden zu können, und wünsche Dir/Deiner Familie, dass auch Ihr in einem würdevollen Rahmen „auf Wiedersehen“ sagen könnt und viel Kraft für das Kommende.

Mein Mitgefühl für Dich und stille Grüße … Andrea
  #11  
Alt 20.04.2010, 00:50
Boxerhund1 Boxerhund1 ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 05.06.2009
Ort: Ba-Wü
Beiträge: 202
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Ja, du hast zu hohe Ansprüche. Du kannst jederzeit ein Einzelzimmer buchen. Kostet halt nur viel extra. Oder du bist Privatpatient, da ist das im Preis drin. Aber "beschweren" kann man sich über ein Mehrbettzimmer andererseits auch kaum... in vielen europäischen Ländern wären die Patienten froh, wenn sie so eine gute medizinische Versorgung bekommen würden wie bei uns. Du willst nicht wissen, wie lange man in Portugal oder Mazedonien auf einen CT-Termin warten muss... In D dauert das maximal 3 Tage. In manchen Ländern dauert das locker 3 Monante...Insofern geht's uns in D noch richtig gut, auch wenn drei Leute im Zimmer liegen und das ziemlich störend ist...
hallo StefanS,

hier muß ich jetzt aber heftig widersprechen!
Nein... sie hat keine zu hohen Ansprüche, sie fordert einfach nur die Selbstverständlichkeit. Und zwar die Selbstverständlichkeit einem Sterbenden gegenüber - egal ob Kasse oder privat.

Selbstverständlich kann man sich in so einer Situation über ein Mehrbettzimmer beschweren. Das ist eine Zumutung, das Einzelzimmer nicht automatisch und ohne jede Anforderung zur Verfügung zu stellen. Sowas geht gar nicht!

Es ist mir sowas von egal, was in Portugal oder Mazedonien oder sonst wo auf der Welt "normal" ist. Wir sind hier in Deutschland - und hier gelten unsere Standards und nicht die von Portugal oder Mazedonien.

Daß man einen Sterbenden entweder in ein Einzelzimmer verlegt - oder aber die anderen Patienten in ein anderes Zimmer bringt - wenn es schon im Krankenhaus passieren muß - das sollte wirklich selbstverständlich sein und nicht erst gefordert werden müssen.
Was für eine Art von Menschen arbeiten in einem Krankenhaus, wo das nicht klappt? Was für eine Berufsaufassung haben diese Menschen, die dort arbeiten?

Als meine Mutter auf der Onkologie lag, hatte sie auch nur ein Zweibettzimmer - und nebenan lag eine Sterbende. Mama hat es nicht so mitgekriegt, weil sie nicht mehr so gut sehen konnte und außerdem mit ihrer eigenen Geschichte beschäftigt war. Aber ich hab's gesehen, daß die Frau schon im Leberversagen war - und immer mehr ins Multiorganversagen gerutscht ist.
Nach 3 Tagen wurde meine Mutter dann in ein anderes Zimmer verlegt, weil abzusehen war, daß die andere Frau nun endgültig ihren letzten Weg ging. Und sie sollte das im Kreis ihrer Familie alleine hinter sich bringen können - und meine Mutter mit diesem Sterben nicht auch noch konfrontiert werden.
Da haben sie an beide gedacht... an die Sterbende und an die Schwerkranke.
So muß das sein! So und nicht anders. So ist es menschlich in Ordnung.
Alles andere ist absolut inakzeptabel!

Meine Mutter kam dann ein paar Tage später heim und starb 6 Tage später. Aber wäre sie dort gestorben, die Ärzte und Schwestern hätten auch dafür gesorgt, daß wir/ich mit ihr dort dann nicht von "Bettnachbarn" samt Besucher gestört worden wären. Ich hätte mich SEHR gewundert - und mit Sicherheit auch gewaltig Stunk gemacht - wäre das dann anders gewesen.

Nein... das sind keine ZU HOHEN Ansprüche - das ist eine Selbstverständlichkeit. Jedenfalls in meinen Augen.
__________________
Liebe Grüße, Cori

Als Angehörige kam ich, als Hinterbliebene blieb ich.

Mama: 4.10.1924 - 29.6.2009
  #12  
Alt 20.04.2010, 01:59
anignu anignu ist offline
Neuer Benutzer
 
Registriert seit: 19.04.2010
Beiträge: 2
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Zitat von Boxerhund1 Beitrag anzeigen
Was für eine Art von Menschen arbeiten in einem Krankenhaus, wo das nicht klappt? Was für eine Berufsaufassung haben diese Menschen, die dort arbeiten?
Ist schon sehr anmaßend, oder? Ich finds daneben solche Äußerungen loszulassen! Als ob es Absicht wäre.

Zitat:
Zitat von corkono Beitrag anzeigen
Sind Eure Angehörigen auch in Mehrbettzimmern gestorben oder habe ich einfach nur zu hohe Ansprüche?
In der Regel wird man sich bemühen ein Einzelzimmer für einen Sterbenden zu finden. Wobei man sich teilweise wundert wie lange vermeintlich Sterbende noch leben können. Ich hab bisher fast immer Schwestern erlebt die für den letzten Tag noch irgendwo ein Einzelzimmer aufgetrieben haben.

Eines sollte aber klar sein: es gibt auch gute Gründe warum nicht jeder ein Einzelzimmer bekommt. Anders könnte sich das aktuelle Gesundheitssystem nicht finanzieren.
  #13  
Alt 03.05.2010, 13:15
Stefans Stefans ist offline
Gesperrt
 
Registriert seit: 27.01.2007
Beiträge: 425
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Hallo,

Zitat:
Zitat von Boxerhund1 Beitrag anzeigen
Was für eine Art von Menschen arbeiten in einem Krankenhaus, wo das nicht klappt? Was für eine Berufsaufassung haben diese Menschen, die dort arbeiten?
Die Menschen, die dort auf der Station mit den Kranken arbeiten, sind sicher in den allermeisten Fällen gutwillig und tun, was sie können. Die haben ganz andere Probleme: die arbeiten immer mehr und unter immer schlimmeren Bedingungen, wobei ihnen gleichzeitig das Gehalt ständig gekürzt wird. Von Tarifverträgen im öffentlichen Dienst, wie es sie vor 10-20 Jahren gab, träumt das Personal heute nicht mal mehr

Das Pflegepersonal kann nichts daran ändern, dass Kliniken heutzutage privatwirtschaftlich organisiert sind und Profit erwirtschaften müssen. Das sagen die "Controller" in der Klinikverwaltung, und das sagen die Aktionäre der Klinik AG. Und zur Gewinnmaximierung ist eine maximale Bettenauslastung unbedingt erforderlich. Da gibt es mitunter einfach nichts zu "schieben" und hier mal ein Einzelzimmer freizuschaufeln. Der Patient kann froh sein, wenn er nicht auf dem Flur stirbt, weil kein Zimmer frei ist, und wo jede Minute 2 Leute vorbei laufen und ihn angaffen.

Viele Grüße,
Stefan
  #14  
Alt 28.04.2010, 01:45
danja danja ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 17.04.2010
Beiträge: 58
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Zitat von Stefans Beitrag anzeigen
Und sie wollte unbedingt Zuhause sterben, was wir zum Glück auch hinbekommen haben.
Gut gemacht!!!

Mein Mann wollte auch nach Hause, was wir - dank eines fürsorglichen Arztes - ebenfalls hinbekommen haben.

Ansonsten hatte ich eher das Gefühl, daß Patientenverfügungen in Krankenhäusern nicht so sehr ernstgenommen werden. - Übrigens werde ich meine morgen ändern lassen, und ich hoffe, mein Anwalt ist bereit, sich benennen zu lassen, denn "einfache" Angehörige, die keinen "Druck machen" können, finden hierzulande trotz Verfügung kaum Gehör.

Viele Grüße
danja


P.S. Und ja, Stefan, Deine Signatur ist vollkommen zutreffend.

Geändert von danja (28.04.2010 um 02:07 Uhr)
  #15  
Alt 21.04.2010, 13:34
jakobi jakobi ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 28.07.2008
Beiträge: 30
Standard AW: Sterbehilfe - was meint ihr dazu ?

Zitat:
Zitat von Stefans Beitrag anzeigen
Wer jemanden schonmal unter hohen Morphium-Gaben langsam und qualvoll hat sterben sehen, ist da vielleicht anderer Meinung.

Davon abgesehen geht es bei dem Thema nicht nur um Schmerzen. Sondern um _Würde_.

Viele Grüße,
Stefan
Beides würde ich ebenso bestätigen.
In den öffentlichen Diskussionen zum Thema Sterbehilfe wird einerseits immer wieder betont, daß die Palliativmedizin schon weit sei, es aber andererseits zu wenig Plätze gäbe.

Ich habe zwei meiner nächsten Angehörigen im Abstand von 25 Jahren durch Krebs verloren, und würde eigentlich beschwören, daß sich an dem oben geschilderten Stand der Diskussion in diesen 25 Jahren nicht sehr viel verändert hat, d.h. es gibt heute immer noch keine ausreichende Palliativversorgung für alle Patienten.

Meines Erachtens wird auch der Eindruck erweckt, als sei es mit Hilfe der Palliativmedizin "relativ unkompliziert" möglich, die starken Beschwerden zu lindern, sodaß quasi ein relativ normales Leben bis zum finalen Stadium möglich wäre.
Es wird sicher von Fall zu Fall unterschiedlich sein (können), aber bei Krebskranken sieht es häufig anders aus, und auch bei uns sah es vollkommen anders aus.

Es wird eben Schmerz mit hohen Gaben bekämpft (an der Stelle hat sich mE in den letzten Jahren wirklich etwas geändert- es wird heute viel schneller mit höheren Dosen gearbeitet), die Nebenwirkungen werden mit einem weiteren Mittel bekämpft, woraus sich weitere Nebenwirkungen ergeben, die usw. usw.

Ich habe das Gefühl, es könnte für Sterbende (bzw. um den baldigen Tod Wissende) einfach auch schon erleichternd sein, zu wissen, daß sie selbst entscheiden können, wann es genug für sie selbst ist.

Ich würde Stefans absolut zustimmen, es geht um den Sterbenden und das, was für diesen das Richtige ist.
Als Angehöriger ist man auf völlig andere Weise betroffen, und egal, welche Entscheidung (zu gehen, zu versuchen zu helfen, zu begleiten) man trifft, man ist nicht unbeteiligt; aber weshalb muß ein Sterbender davon abhängig sein, daß es noch Angehörige gibt?

Wann ein Betroffener seine eigene Situation nicht mehr lebenswert findet und sich vielleicht wünscht, dann etwas tun zu können, wird vollkommen unterschiedlich sein. Manchmal wäre es sicher wünschenswert genau in dem Moment jemanden finden zu können, der einem hilft, wenn man es gerade selbst nicht mehr tun kann- aber eben auch erst dann.

Selbstverständlich kann ich alle Bedenken nachvollziehen, und sehe auch keine einfache Universallösung, aber die Vorstellung, als Betroffener frei entscheiden zu können, hat etwas tröstliches.

Gruß
Thema geschlossen

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 19:30 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55