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  #1  
Alt 25.04.2006, 03:35
Elise Elise ist offline
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Registriert seit: 25.04.2006
Beiträge: 4
Standard Liebe Mama

Liebe Mama!

Ich habe dieses Forum entdeckt, als ich nach Informationen über Krebs gesucht habe und habe mir gedacht, es tut mir vielleicht gut, meine Gedanken "von der Seele" zu schreiben.

Immer, wenn ich dich im Krankenhaus besuche, mime ich die starke, unerschütterliche. Genauso, wenn ich mit meinen jüngeren Geschwistern (aber auch FreundInnen von dir, Bekannten und Verwandten) rede. Meine jüngere Schwester S. ist ganz schön fertig und mein kleiner Bruder N. auch, auch wenn er alles nicht ganz begreift.
Doch ich fühle, dass ich es nicht schaffen werde. Ich bin doch erst 21. Ich meine, wir werden die Zeit irgendwie überstehen, irgendwie schaffen wir das! Aber ich habe ständig das Gefühl, zusammenzubrechen, mir ist oft schlecht und schwindlig, ich kann nicht schlafen, habe Angst und versuche, nicht allzu viele Gedanken daran zu verschwenden, was alles geschehen könnte.
Jedes Mal, wenn ich das Krankenhaus verlasse, geht es mir richtig schlecht.

Die Diagnose "Brustkrebs" traf uns schon hart vor zwei Jahren. Doch ich ging davon aus, alles wäre gut, nachdem sie dir die ganze rechte Brust entfernt hatten. Was muss das für ein Gefühl für dich gewesen sein - operiert zu werden - Ungewissheit - und dann aufzuwachen und festzustellen, dass die ganze rechte Brust abgenommen werden musste. Und jetzt - neue Tumore in der linken Brust. Metastasen in der Lunge. Metastasen im Kopf. Es ist so unfassbar, so unbeschreiblich. Ich kann es kaum aussprechen, schreiben oder denken. Begreifen kann ich es sowieso noch nicht. Warum?
Immer öfter sehe ich in letzter Zeit, wie schön das Leben sein kann; ich will, dass die anderen - meine FreundInnen, Bekannte, Familienmitglieder, einfach alle glücklich sind und das Leben genießen! Die Sonnenstrahlen, die Wärme, das Zusammensein mit Menschen, die sie lieben. Ich fühle mich einsam, so einsam. Schon seit letztem Jahr, als ich meine liebe Katze (wegen bösartigem Brustkrebs mit Metastasen - welch grausame Ironie des Schicksals) einschläfern lassen musste, geht es mir schlecht. Aber jetzt.
Hab keine Angst, Mama! Ich werde durchhalten, auch wenn es schwer ist und wahrscheinlich noch schwerer wird! Ich werde mich um S. und N. kümmern, auch um Oma. Und natürlich um dich! Sei stark, Mama! Du bist eine starke Frau, das weißt du! Du hast schon viel geschafft, u. a. S., N. und mich alleine großgezogen, was nicht immer einfach war.... Hab´ keine, oder nicht so viel Angst, Mama. Ich bin immer für dich da und tue alles, was in meiner Macht steht, damit es dir besser geht! Ich hoffe, du fühlst dich nie einsam. Du hast glücklicherweise viele FreundInnen, die dich im Krankenhaus besuchen. Du bist eine liebe, starke Frau, die jeder gerne mag. Auch meine Freundinnen, haben, wenn sie dich kennen gelernt haben, immer gesagt, dass du eine super Mama bist.
Und jetzt bist du so schwer krank. Diese Gedanken finden nur sehr schwer Wege in meinen Kopf. Ich lenke mich ab - mit Studium, Arbeit und allem anderen, du weißt schon. Oft nützt es. Aber manchmal. Am Sonntag war schon wieder so eine blöde Situation, ich hab dir nichts davon erzählt, als ich dich am Sonntag abend besucht habe.... In der Arbeit kamen mein Kollege und ich dummerweise irgendwie auf das Thema Chemo. Es ging um Behandlungskosten, er wusste nichts davon, dass du Krebs hast und hat mir erzählt, wieviel eine Chemo kostet. Ich bin dagesessen und wusste nicht mehr, was ich denken, sagen, tun sollte. Mir ist plötzlich ganz schwindlig geworden. Bin erstmal aufgestanden und hab was erledigt, um mich abzulenken. Aber wie so oft, hätte ich am liebsten geschrien, geweint, gegen die Wand geschlagen oder ähnliches. Mein Kollege hat mich nochmal drauf angesprochen, weil wohl ich irgendwie seltsam war, ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Er war wirklich total lieb, ich hab ihm von deiner Krankheit erzählt. Er kennt sich mit Krebstherapien gut aus und hat mir einiges erklärt. Das war gut, ich bin ihm sehr dankbar dafür. Die Unwissenheit ist nämlich schlimm für mich. Nicht zu wissen, was genau los ist, was passiert, wie es weitergeht. Er hat mir ein wenig davon abgenommen.

Meine FreundInnen, die davon wissen, sagen immer, ich kann jederzeit anrufen, mich jederzeit bei ihnen melden, wenn es mir schlecht geht, usw.. Das ist nett, aber manchmal habe ich das Gefühl, sie meinen es nicht ganz ernst. Ich will nicht ungerecht sein und ihnen nicht auf die Nerven gehen. Sie sollen glücklich sein! Aber so oft wünsche ich mir, dass mich jemand einfach nur sicher in den Arm nimmt und mich vor den Grausamkeiten dieser Welt schützt. Ich gehe gerade durch dich Hölle. Mit dir.

Ich liebe dich, Mama!
Sei stark!
Deine ältere Tochter

Geändert von Elise (25.04.2006 um 03:49 Uhr)
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  #2  
Alt 25.04.2006, 20:12
Benutzerbild von Petsi
Petsi Petsi ist offline
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Registriert seit: 21.04.2006
Ort: Nordhorn
Beiträge: 85
Standard AW: Liebe Mama

Liebe Elise,
Es tut mir so wahnsinnig leid mit Deiner lieben Mama.
Ich kann so gut verstehen, wie Du Dich fühlst. Meine Mama hat auch Brustkrebs und mein Vater hat Darmkrebs.

Ich fühle mich seit den Diagnosen (die allerdings 2,5 Jahre her sind) wie gelähmt. Ich lebe nur noch mit Angst. Vor den jeweiligen Untersuchungen gerade ich regelrecht in Panik. Ich würde so gerne besser damit fertig werden.
Aber ich bekomme meine Angst nicht in den Griff.

Ich finde es wahnsinnig bewunderswert wie Du dich um Deine beiden Geschwister kümmerst. Das hilft Deiner Mama bestimmt ganz ganz viel.

Das mit den Freunden kenne ich. Die sagen zwar immer sie sind für einen da, trotzdem habe ich das Gefühl das sie es alles nicht so richtig verstehen. Aber woher sollen Sie auch.... wenn sie so etwas noch nie mitgemacht haben.

Ich wünsche Dir alles alles Liebe und ganz viel Kraft für Dich und Deine Mama.

Es würde mich sehr freuen wieder von Dir zu hören.

Petsi
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  #3  
Alt 01.05.2006, 23:44
Elise Elise ist offline
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Registriert seit: 25.04.2006
Beiträge: 4
Standard AW: Liebe Mama

Hallo Petsi!

Vielen Dank für deine lieben Worte.
Du hast es sicher auch nicht leicht. Ich wünsche dir viel Kraft! Genieße die schönen Minuten, Stunden und Tage und denke nicht zu oft an die nicht so schönen.

Wieviel ist eine Umarmung wert, wenn man sich einsam fühlt.
Wieviel ein tröstendes Wort, wenn man traurig ist.
Ein Zuversicht spendendes Licht, wenn einen nichts mehr am Leben hält.
Ein mutmachender Traum, wenn die Angst einen frisst.

Viele Grüße
Elise

Geändert von Elise (01.05.2006 um 23:53 Uhr)
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  #4  
Alt 02.05.2006, 00:14
Elise Elise ist offline
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Registriert seit: 25.04.2006
Beiträge: 4
Standard AW: Liebe Mama

Liebe Mama!

Es tut mir so Leid, dass ich ab und zu so schlecht drauf bin, wenn du mir etwas aufträgst. Aber manchmal schaffe ich alles einfach nicht.
Du bist jetzt seit Samstag wieder Zuhause. Am Donnerstag hattest du die zweite Chemo und am Freitag die - vorerst - letzte Bestrahlung. Gottseidank geht es dir einigermaßen gut.
Ich versuche ständig, meine Angst zu überspielen. Ach Mama. Die Haare gehen dir aus, es sieht schlimm aus. Aber es ist nicht so schlimm! Die Haare wachsen nach! Und du hast schicke Mützen und Hüte bekommen! Ich sage dir auch immer, dass das nicht so schlimm ist. Ich mache Scherze mit dir, erzähle dir alles mögliche, was ich so mache den ganzen Tag über und versuche, so gut ich kann, dich aufzubauen.
Aber wenn ich dich sehe, gibt es mir einen schlimmen Stich ins Herz. Könnte ich dir nur irgendwie helfen! Es ist auch irgendwie so, dass der Haarausfall so ein letztes, unübersehbares Zeichen für die Krankheit (bzw. die Bekämpfung der Krankheit) ist. Ich kann - und will - es noch gar nicht verstehen oder begreifen. Ich kann es aber auch nicht ganz unterdrücken, daran zu denken.
Wieso muss das alles passieren? Wieso dir und uns? Das wird sich wohl jeder fragen, der in einer ähnlichen Situation ist und es hat sicher noch nie jemand eine Antwort auf diese Frage gefunden.
Ich fühle mich so schwach. Habe ständig das Gefühl, gleich zusammenzubrechen. Wie muss es dir da nur gehen? Ich hoffe, ich kann dich stützen, dir Kraft geben, das alles zu durchstehen und Mut und Hoffnung zu schöpfen. Das Leben kann so schön sein, auch wenn ein Wolkenschleier die Sonnenstrahlen zurückhält; irgendwann wird es wieder hell! Mama, wir schaffen das. Auch durch die Hölle muss es einen Weg geben und wir werden ihn finden!

Ich liebe dich, Mama!
Deine ältere Tochter

Geändert von Elise (02.05.2006 um 00:25 Uhr)
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