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  #1  
Alt 11.10.2021, 09:46
Dirk_Berlin Dirk_Berlin ist offline
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Standard AW: Zwei Prognosen, die unterschiedlicher nicht sein könnten...

Leibe Plaspoo,

ich wünsche Dir ganz viel Kraft in der schweren Zeit.

LG Dirk
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  #2  
Alt 11.10.2021, 10:31
Beccamaus Beccamaus ist offline
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Standard AW: Zwei Prognosen, die unterschiedlicher nicht sein könnten...

Liebe Plaspoo, ich war jetzt 3 Wochen nicht hier und es tut mir leid das zu lesen. Bei meinem Papa hat es genauso angefangen, er wurde unruhig, ist gestürzt und hat dann durch die Medikamente nur noch geschlafen.

Es tut mir im Herzen weh, dass du bald mit 3 kleinen Kindern allein bist, deine Kinder ohne Papa aufwachsen müssen und vor allem dein Mann ohne euch ist. Das Leben ist so unfair, so viele Menschen sterben derzeit an Krebs und die ganze Welt kennt nur noch Corona :-( Aber der Glaube, dass es ihn endlich besser geht und er, halt nur auf eine andere Weise, immer bei euch ist, ohne Schmerzen, sollte euch ein wenig trösten.

Die Frage was du nachts machen sollst, kann dir wohl keiner beantworten. Ich bin Krankenschwester, habe viele Menschen begleitet, bei meinem Papa habe ich es nicht gekonnt und nicht gewollt. Ich wollte ihn einfach nie so vor mir sehen, wollte diese Bilder nicht im Kopf haben. Ich würde meinen Kindern diese Bilder auch nicht vorsetzen wollen. Ich weiß es ist normal, es gehört zum Leben dazu, aber ich kann nur von meiner ganz persönlichen Meinung sprechen. Du sollst dich da zu nichts gezwungen fühlen weil manche der Meinung sind, dass muss so und so sein. Hör einfach auf dein Herz. Schade ist das dein Mann nie über das was er möchte gesprochen hat, aus diesem Grund weist du auch gar nicht, was er wollte. Mein Papa wollte allein sein, dass hat er immer betont. Er war auch schon zu Lebzeiten ein Mensch, der Krankheit oder Schmerzen mit sich selbst ausgemacht hat. Aus diesem Grund hatte ich zu keinem Zeitpunkt ein schlechtes Gewissen bei der Sterbephase nicht dabei gewesen zu sein. Ich war jeden Tag da, selbst an dem Tag vor dem Tod. Papa hat sich nachts, ganz heimlich und schnell, davon geschlichen. Genau so, wie er es wollte....
__________________
Mein Daddy
* 04.08.1947 25.06.2018

ED: 03.04.2017 (metastasierendes Lungenkarzinom (Adeno))


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Geändert von gitti2002 (11.10.2021 um 14:28 Uhr) Grund: NB
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  #3  
Alt 11.10.2021, 12:20
plaspoo plaspoo ist offline
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Standard AW: Zwei Prognosen, die unterschiedlicher nicht sein könnten...

Hallo, Beccamaus, er hat sich tatsächlich wieder berappelt und kämpft wie ein Stier... sie wollten ihn heute sogar in den Sessel setzen. Ich war kurz da umd jab mit ihm gesprochen.

Ich hab so gemischte Gefühle und so ein schlechtes Gewissen, weil ich mich einfach nicht wohl fühle, ihn so zu sehen. Er war schon immer eher der Mensch, wie du auch deinen Papa beschreibst, der sowas mit sich ausmacht. Ganz zu Beginn unserer gemeinsamen Zeit, wir waren noch kein Paar, aber ich war schwanger..., da gab es lange Funkstille von seiner Seite. Es war die Zeit der Erstdiagnose. Später hat er gesagt, er wollte mich nicht zusätzlich belasten... so war, und ist, er immer gewesen. Ich weiß nicht, wie oft ich ihn gebeten habe, mich in Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen, meistens hat er mich vor vollendete Tatsachen gestellt.

Es tut mir im Herzen weh, ihn im Krankenhaus und jetzt im Hospiz so zu sehen, am Liebsten würde ich erst wieder was von ihm hören, wenn er gegangen ist... das geht nicht und gewisser Weise will ich das auch gar nicht... schließlich hab ich ihm mit dem Wissen um seine Krankheit und was damit zusammenhängt, vor mehr als 5 Jahren "in guten, wie in schlechten Tagen" versprochen. Ich will später auch nichts bereuen.
Aber ich gehe auf dem Zahnfleisch, ich bin sehr dünnhäutig, geh schnell an die Decke, oft müssen es die Kinder ausbaden, dass ich einfach nur schlechte Laune habe und ich weiß nicht, wie ich das ändern kann... ich versuche krampfhaft nicht zu weinen, weil ich angst habe, dass sich dann ein Loch unter mir auftut, aus dem ich nicht rauskomme.

Es tut mir echt gut, das hier alles mal nieder zu schreiben. Ich bin für alle nur die "starke" Frau, dabei fühl ich mich so schwach wie noch nie und würde mich am liebsten einfach unter meiner Decke verstecken...
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  #4  
Alt 11.10.2021, 12:40
Beccamaus Beccamaus ist offline
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Standard AW: Zwei Prognosen, die unterschiedlicher nicht sein könnten...

Ich finde es nicht gut , dass du nicht weinst. Was ist so schlimm an diesem Loch unter dir? Warum willst du die starke spielen? Du wärst sicher ein wenig belastbarer, wenn du dir selber erlaubst, Druck abzubauen indem du weinst. Du setzt dich so unter Druck. Warum ist weinen verboten, ich habe im Bett meines Papa´s gelegen und bitterlich geweint. Man sollte alles das tun, was einem in diesen Moment richtig vorkommt. Keine leeren Versprechungen, kein überspielen der Gefühle. Für die Kinder ist es auch wichtig zu erkennen wie es Mama geht. Wenn deine Kinder sehen das du weinst, können sie deine Gefühle doch auch viel besser einordnen. Deinen Mann und dir hilft es vielleicht, endlich nochmal über alles zu sprechen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, klärt unausgesprochenes. Vielleicht fällt es dir dann einfacher, ihn zu besuchen. Aber nimm dir diese Zeit, ihn zu besuchen, du wirst es sonst sicher eines Tages bereuen :-(
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Mein Daddy
* 04.08.1947 25.06.2018

ED: 03.04.2017 (metastasierendes Lungenkarzinom (Adeno))


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  #5  
Alt 11.10.2021, 20:50
Christin12 Christin12 ist offline
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Beiträge: 141
Standard AW: Zwei Prognosen, die unterschiedlicher nicht sein könnten...

Liebe Plaspoo,

vielleicht wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, um dich krankschreiben zu lassen.
Du merkst ja, dass du an deine Grenzen gehst. So bleibt dir auch mehr Zeit,
um bei deinem Mann zu sein.
Ich schließe mich Beccamaus an: Besuche ihn, so oft es geht. Sage ihm,
dass du ihn liebst ..., sage alles, was dir auf der Seele brennt. Erzähle ihm von schönen gemeinsamen Erlebnissen, vielleicht könnt ihr gemeinsam lachen, dass Leid für einen Moment zur Seite schieben?
Versuche alles so zu machen, dass du nichts bereust.

Es kommt danach sicher ein "hätte ich doch ...". Dann ist es zu spät.
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  #6  
Alt 11.10.2021, 23:03
plaspoo plaspoo ist offline
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Standard AW: Zwei Prognosen, die unterschiedlicher nicht sein könnten...

Hi, ich weine nicht, weil es sich einfach falsch anfühlt, wie aufgesetzt, wenn es nicht von selbst kommt, und ich hab das Gefühl, ich kann es nicht stoppen, wenn ich es forciere. Wenn es kommt, z.B. als ich mit den Kindern geredet habe, dann kommen schon einige Tränen, das blubbert so hoch, aber ich weine nicht, versteht ihr, wie ich meine?
Ich kann mit meinem Mann leider nichts mehr besprechen. Dazu ist er inzwischen zu verwirrt und man versteht ihn auch kaum noch. Als ich es wollte, vor ein oder zwei Wochen, hat er sich geweigert, "er ist ja noch nicht tot", war seine Meinung da. Ich habe ihm einen Block und Stift gegeben und ihn gebeten, wenn er schon nicht drüber reden möchte, dann soll er bitte aufschreiben, was er denkt, was wichtig für ihn ist.

>Warum willst du die starke spielen?< Will ich ja gar nicht, aber ich will auch nicht die Schwache "spielen", ich fühle mich so schon schwach genug...

>Druck abzubauen indem du weinst< Ich habe nicht das Gefühl, dass das bei mir Druck abbauen würde...

>Versuche alles so zu machen, dass du nichts bereust.< Das versuche ich tatsächlich...


Das klingt alles so diffus und chaotisch, ich hab als Krankenschwester schon so viele Menschen beim Sterben begleitet, oder Todkranke und Verstorbene gesehen, und ich konnte immer gut damit umgehen, aber bei meinem eigenen Mann macht mich das fertig, ich will es nicht, ich will ihn so nicht sehen, ich will nicht in dieser Situation sein, ich will nicht ständig Zeit freischaufeln, um ihn besuchen zu können, weil es eigentlich nicht in den Tagesablauf passt und ich andere Sachen zu tun habe, ich will seinen Kindern nicht erklären müssen, dass der Papa nie wieder heim kommen wird, ich will nicht eine Beerdigung organisieren, ohne dass ich weiß, wie er es sich vorstellt...
Ich fühle mich wie ein kleines trotziges Mädchen, dass mit dem Fuß aufstampft und dem ich so gerne eine Ohrfeige geben würde, dass sie endlich wieder normal tickt und sich gefälligst zusammenreißt, um es ihm so angenehm wie möglich zu machen und ihm und den Kindern das Beste zu bieten, was ich bieten kann, eben ohne Rücksicht auf meine Gefühle, die müssen warten!
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  #7  
Alt 12.10.2021, 08:07
Beccamaus Beccamaus ist offline
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Standard AW: Zwei Prognosen, die unterschiedlicher nicht sein könnten...

Das sind sehr harte Gedanken die du da formulierst, ich empfehle dir auf jeden Fall dieses furchtbare Erlebnis danach professionell aufzuarbeiten. Wie gesagt, bleibe zu Hause (ich habe leider keine Ahnung warum du dich dagegen so wehrst, ich wäre schön längst krank), dann brauchst du dir keine Zeit frei schaufeln, du kannst die ganze Zeit bei deinem Mann bleiben während die Kids im Kiga/Schule sind. Wenn er nicht drüben reden wollte, dann ist es so. Dann musst du das beste draus machen und darüber hinaus das planen wo du denkst es wäre das richtige. Immerhin kennt ihr euch und du wirst instinktiv schon alles schön planen. Aber diese Gedanken würde ich noch beiseite schieben, genieße die Zeit mit deinem Mann, die Wärme und die Nähe. Was würde ich für geben, dass ich es nochmal genießen könnte, auch wenn mein Papa die letzte Zeit verwirrt war, sie spüren dennoch das da wer ist, der einen nah steht. Geh einfach mal in den Wald, schreie einmal alles aus dir raus, vielleicht geht es dir dann besser, sich slebst ohrfeigen, geht leider schlecht :-)
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Mein Daddy
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