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  #121  
Alt 14.11.2002, 01:53
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Standard Kübler-Ross und ihr Sterbephasen Modell

Lieber lillebror,

fühle dich verstanden, ich habe es ähnlich erlebt. alles, was bleibt, ist die frage nach dem warum.

ganz liebe grüße
heike
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  #122  
Alt 06.12.2002, 01:02
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Standard Kübler-Ross und ihr Sterbephasen Modell

Hallo Afra,

du fragtest :

"Nur nochmals, ob ich es richtig verstanden habe:
"Trauer" ist also für dich ein Schmerz dessen Vergänglichkeit dir von Anfang an bewusst ist."


Das Wort "Trauer" begegnet mir dort, wo Leute nach Trost suchen. Und wer sucht, hält ihn doch wohl für möglich, sinnvoll und letztlich irgendwie auch für angemessen, nicht wahr ? Das war, was ich meinte.

"Derjenige, um den man trauert, hat aber genau das nicht "verdient". Das müsste doch heissen, eine Verzweiflung die für immer bestehen bleibt, die auch gar keinen Trost finden kann (oder will?), zeugt für die größtmögliche Liebe zu diesem Menschen. "

Die Verzweiflung ist, was bleibt. Trauer, die sich irgendwann in seligen Erinnerungen auflöst scheint mir dann unangemessen, wenn es nur die eigenen Erinnerungen sind, die bleiben.
Angemessen scheint mir, zum Beispiel einer "verflossenen Liebe" nachzutrauern. Eine Zeitlang. Um dann irgendwann neue Wege zu beschreiten. In dem guten Wissen, dass der andere, den man liebt(e), seinerseits auch neue beschreitet. In der berechtigten Hoffnung, dass diese auch für den anderen Gute und Bereichernde sein mögen.
Das ist etwas völlig anderes. Denn es *ist*.

"Kürzlich bin ich ohne meinen Mann weggeflogen.Hab dabei immer ein schlechtes Gefühl (dumm, ich weiß - als ob mir am Boden nichts passieren könnte). Jedenfalls musste mir mein Mann versprechen, dass falls mir etwas zustoßen würde, er nicht ewig trauern sollte. Ich schreibe bewußt *trauern*, denn ich würde wollen, dass dieses Gefühl mit der Zeit schwächer wird. Unbedingt!! Ich würde mir aus tiefstem Herzen wünschen, dass er wieder fröhlich würde, sein Leben genießen und auch eine neue Partnerin finden könnte. Ich weiß nicht ob du ahnst wie wichtig mir das ist. (er hat mir schließlich versprochen sich zu bemühen, falls ich mal vor ihm gehen sollte)"

Ich kann mir schon vorstellen, wie wichtig es dir ist. Nicht "wäre" und "würde", wie du schreibst. IST. Jetzt ! Es ist ein Wunsch, aus deinem Leben heraus. Verstehst du den Unterschied ?
Den Satz "Deine Freundin hätte sicher nicht gewollt, dass du ...... " usw .. hab ich schon oft gelesen. Doch der Konjunktiv ersetzt keinen lebendigen Wunsch. Und tote Wünsche gibt es nicht. Sie wünscht sich nichts, ich glaube nicht an "jenseitiges".
Sich am Konjunktiv zu trösten wäre beliebig, denn es erfüllte nichts weiter, als die *eigenen* Wünsche. Ob das legitim ist, wenn es nichts mehr zu teilen gibt, weiß ich nicht. Doch mir persönlich ist es zuwider.


Lillebror
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  #123  
Alt 06.12.2002, 11:47
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Standard Kübler-Ross und ihr Sterbephasen Modell

Lieber Lillebror,

ich freu mich so, nochmals von dir zu "hören" - hab ich gar nicht mehr erwartet!!

Ich sitze nun schon einige Zeit hier und grüble über deine Zeilen.

Ja, du hast wahrscheinlich recht, mit der Trauer sucht man nach Trost. Irgendwann hat man dann etwas gefunden, das einen tröstet und das Leben geht weiter. Ich denke, das ist dir zuwider.

Doch was ist die Alternative? Ich überlege gerade wie kleine Kinder reagieren, die keine komplizierten Überlegungen anstellen, sondern aus dem Bauch heraus agieren. Na ja, ich merke gerade, da kann man auch nicht wirklich etwas ableiten, da ihnen doch schon sehr früh etwas von Himmel, Engeln... erzählt wird.

Hm,also wenn ich das mit deinen Augen sehe, dann finde ich keine Alternative. Aber dann ist doch eigentlich der hier Zurückgebliebene gleichsam tot!? Ist es so?

>>Ich kann mir schon vorstellen, wie wichtig es dir ist. Nicht "wäre" und "würde", wie du schreibst.<<

Ja, du hast natürlich recht. Ich kann nur sagen wie ich es jetzt - als Lebende - empfinde.

Deine Postings lassen mich übrigens an mir selbst zweifeln. Ich frage mich, ob ich zu einer solchen Liebe, wie du sie empfindest, überhaupt fähig bin.
Denn auch auf die Gefahr hin, dass du dich nun von mir abwendest (was mir sehr leid täte), fürchte ich doch, dass ich zu diesen Menschen gehöre, die einen Weg finden wollen weiterzuleben. Mit allem was zum Leben dazugehört. Und das obwohl ich glaube meinen Vater sehr innig zu lieben!!

Die meisten Leute behaupten von sich nicht an ein Jenseits zu glauben. Trotzdem sprechen sie dann (zumindest) in Gedanken mit dem Verstorbenen.....wozu? Tief drinnen ist da offenbar zumindest eine Hoffnung - wenn nicht mehr.

Du merkst vielleicht schon, dass ich dabei bin einen anderen Weg einzuschlagen. Das hat sich wie folgt ergeben: wie du, bin ich ja lange bei meinem Vater gesessen, während er nicht mehr ansprechbar war. Nun wollte ich aber wissen, wie lang er in dieser Phase noch etwas gespürt, gehört... hat. Immerhin hat er da einmal als meine Mutter in ihrer Verzweiflung seinen Namen richtiggehend geschrien hat, für eine Sekunde die Augen geöffnet - sein Blick ging aber ins Leere.

Ich hab also über Nahtod-Erfahrungen gelesen, auch wenn ich weiß, dass man gewisse Effekte auch durch elektrische Stimulation erzeugen kann.Und von Nahtod ist es nicht weit zum Jenseits. Und ich denke, solange ich das Universum in seiner Unendlichkeit (oder Endlichkeit - eines von beiden muss es ja wohl sein) nicht begreifen kann, ist es vielleicht eine Überlegung wert. Was nicht heißt, dass ich es mir leicht machen will, was du jetzt wahrscheinlich von mir denkst.

Ich hätte eine Bitte an dich: Könntest du mir deine Meinung zu folgendem Beitrag sagen? (lass dich bitte nicht von der Adresse abschrecken):
http://www.jenseits-de.com/g/forums/...ages/3334.html

Noch etwas wollte ich dir schon lange sagen: es stimmt natürlich, dass der Tod schon per definitionem nicht zum Leben gehören kann. Den Satz: "der Tod gehört zum Leben", fasse ich so auf, daß der Tod ja unausweichlich auf das Leben folgt. Und zwar so unmittelbar, sodass man diesen Satz im weiteren Sinn doch akzeptieren kann [lass ein bisschen Milde walten ;-)]

Ich schicke dir ganz liebe Grüße, und hoffe, dass du mir (trotz meiner gedanklichen Richtungsänderung) noch mal schreibst.

Afra
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  #124  
Alt 06.12.2002, 17:15
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Standard Kübler-Ross und ihr Sterbephasen Modell

Hallo Afra,

ich weiß keine Alternative. Kinder reagieren aus dem "Bauch raus" so, dass sie sich den T'd als etwas lebendiges vorstellen, wenn man sie dazu nötigt, ihn sich überhaupt vorzustellen. Wie du ja selbst sehr richtig angefügt hast. Ihn also letztlich als solches doch ignorieren.
--
Was meinst du mit "der hier Zurückgebliebene ist dann gleichsam tot" ?
Ein Teil des früheren Lebens lässt sich durch Dissoziation vom Geschehenen weiterführen. Das *funktioniert* auch bei mir. "Funktionieren" ist das genau richtige Wort dafür. Oder aber, das Geschehene lässt sich umdeuten, wie es ja viele hier tun.
Ich würde weder das eine noch das andere als "akzeptieren" bezeichnen. Das "Umdeuten" ist mir persönlich zu "billig", weil es beliebig ist. Beliebig heisst, es lässt sich mit nichts mehr abgleichen, außer einzig mit den eigenen, persönlichen Bedürfnissen. Ich halte das nicht für illegitim wie gesagt, aber ehrlich gesagt nicht für der Rede wert.

Ich weiß gar nicht, ob es bei all dem um ein besonders hohes "Maß an Liebe" geht, wie du schreibst. Und warum denkst du, ich hielte es grundsätzlich für verabscheuungswürdig, wenn jemand einen Weg finden will, weiterzuleben ?
Ohne mir wirklich sicher darüber zu sein vermute ich übrigens, dass es bei dem T'd eines Elternteils einen vielleicht wichtigen Unterschied gibt. Nämlich den, dass in dem Kind, also dir, etwas doch irgendwie *konkretes* vom Verstorbenen weiterlebt. Darin könnte ein Sinn für Trost liegen, der ebenso konkret eben auch etwas mit *dem anderen* zu tun hat. Eben nicht nur mit den eigenen Bedürfnissen.
Könnte es mir zumindest irgendwie so vorstellen. Doch ich habe keine Kinder und meine beiden Eltern leben und so ist es natürlich ein wenig "theoretisch". Ob dieser Gedanke tatsächlich eine wesentliche Rolle spielen kann wirst du besser wissen als ich.

Du meinst :
"Und von Nahtod ist es nicht weit zum Jenseits."

Wenn man von einem Jenseits ausgeht, mag das so sein. Wenn nicht, muss der Sinn des Begriffs "Nahtod" schon angezweifelt werden. Denn kann man wirklich etwas nahe sein, dass es für einen selbst gar nicht gibt ? Kann man in irgendeinem Moment seines Lebens der eigenen "Nicht Existenz" wirklich näher sein, als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt ? Oder ist nicht die Entfernung zum Nichts vielmehr immer unendlich ? Hm ....

"Ich hätte eine Bitte an dich: Könntest du mir deine Meinung zu folgendem Beitrag sagen? (lass dich bitte nicht von der Adresse abschrecken):

http://www.jenseits-de.com/g/forums/wwteil1/messages/3334.html"


Ich habs vollständig gelesen. Hab leider nicht den Forenbereich finden können, in dem vermutlich die dort angekündigte Fortsetzung steht.
Hoffentlich trete ich jetzt keinem auf den Schlips. Ich find den gelinkten Beitrag etwas "schlicht" und die Schlußfolgerungen zum Teil arg eindimensional, um's mal so zu sagen. Und einige sind in dieser Form auch einfach falsch.

Die Reinkarnations These, die dort u.a. als unumstößliche Tatsache aufgestellt wird für jeden, der genügend "Erkenntnisfähigkeit besitzt", ist reichlich gewagt.
Die Reinkarnationslehre hat ja sowieso immer einen Haken : Nämlich, dass die Bedeutung des "ich"- Begriffs dermaßen aufgelöst wird, dass ein Satz wie "ich werde wiedergeboren" mir eigentlich sinnlos scheint.
Denn wenn ich als Regenwurm "wiedergeboren" werde, der weder meine Fähigkeiten, noch meine Erinnerungen, noch meine Charaktereigenschaften, noch mein Wollen haben kann ..... also nichts von alle dem, was mein "ich" ausmachen könnte ..... worin soll dann noch eine individuelle Zuordnung bestehen können, die dem Begriff "WIEDERgeburt" Bedeutung verleihen würde ?

"Noch etwas wollte ich dir schon lange sagen: es stimmt natürlich, dass der Tod schon per definitionem nicht zum Leben gehören kann. Den Satz: "der Tod gehört zum Leben", fasse ich so auf, daß der Tod ja unausweichlich auf das Leben folgt. Und zwar so unmittelbar, sodass man diesen Satz im weiteren Sinn doch akzeptieren kann [lass ein bisschen Milde walten ;-)]"

Der bewusste Satz hat einfach NULL Sinn. Nach deiner Erläuterung ließe er sich so übersetzen : "wenn man nicht mehr lebt, ist man sofort tot".
Nicht gerade sehr ergiebig in der Form, oder ?
Außerdem folgt der T'd, wenn man ihn als "DAS NICHTS" definiert, auf gar nichts. Nur für die Zurückbleibenden gibt es diese zeitliche Folge: Jemand hat eben noch geatmet und jetzt nicht mehr. Eine "Folge" kann sich ja nur im Strom der Zeit ereignen. Auch das per Definition.
Frag mich nichts dazu, ich hab wie gesagt keine Antworten. Nur Fragen, auf die es im Leben keine Antworten geben kann. Und auch das per Definition.

So ist es sinnlos, über den T'd nachzudenken. Wohl zu jedem Zeitpunkt des Lebens.
Sich ohne es unausweichlich zu müssen Fragen zu nähern, auf die es keine Antworten geben kann ist sinnlos. Es gemusst zu haben und keine Antworten mehr gemeinsam suchen und teilen zu können endlos bitter.

@Heike(Gitti) : danke auch für deine Antwort von vor einigen Wochen. Ich fühlte mich tatsächlich ein bisschen verstanden. Doch es ist mehr, als nur die Frage nach dem "Warum". Alle nur denklichen Frageworte ballen sich zu einer einzigen Frage zusammen, die nur wühlend und zersetzend fühlbar, aber nicht wirklich formulierbar ist.

Lillebror
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  #125  
Alt 06.12.2002, 21:29
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Lieber Lillebror,

>>Was meinst du mit "der hier Zurückgebliebene ist dann gleichsam tot" ? <<

Damit meine ich die Gefühlswelt (außer Verzweiflung). Denn funktionieren ist nicht gleich leben. Es fehlt die Freude.

Viele Menschen finden einen neuen Weg weiterzuleben, indem sie irgendwann wieder positive Gefühle leben können, eventuell einen neuen Partner finden. Ich dachte dieses Verhalten wäre dir zuwider.

Es ist sicher ein Unterschied, ob man einen Elternteil, einen Partner verliert. Mit dem Verlust des Partners, bricht auch gleichzeitig die gemeinsam geplante Zukunft zusammen. Die Leere ist sicher wesentlich größer.
Ja, es ist vielleicht ein kleiner Trost, die Gene meines Vater in mir zu haben. Ein großes Geschenk ist für mich die Niere meines Vaters, die ich in meinem Körper habe. Er hat sie mir vor 7 Jahren gespendet, und durch sie ist ein bisschen von ihm bei mir und lebt durch mich.
Aber was wirklich fehlt, ist alles was seine Persönlichkeit ausgemacht hat. Das ist durch nichts ersetzbar.


Der Begriff "Nahtod" ist nicht so gut.
Doch irgendwie sind wir es gewöhnt das Leben als Lineare zu betrachten. Ein Punkt bei der Geburt (obwohl das Leben ja schon früher beginnt), ein Strich für die Lebenszeit, ein Endpunkt.


Danke, dass du den link gelesen hast. Ich dachte mir schon, dass du ihn simpel finden würdest.

Nochmal zu dem leidigen Satz: "der Tod gehört zum Leben".

>>Der bewusste Satz hat einfach NULL Sinn. Nach deiner Erläuterung ließe er sich so übersetzen : "wenn man nicht mehr lebt, ist man sofort tot".
Nicht gerade sehr ergiebig in der Form, oder ?<<

*schmunzel* naja, wirklich nicht sehr ergiebig!

Über den Tod nachzudenken, muss nicht immer sinnlos sein.
Für mich er bedeutet das, mich jetzt zu Lebzeiten darum zu kümmern, dass im Fall meines Todes für meine Kinder gesorgt ist, und auch sonst alles geregelt ist. Aber das ist ja nicht das, was du gemeint hast.

Leider kann ich dir in den Diskussionen intellektuell nicht gleich viel entgegenhalten - du bräuchtest da ganz andere Diskussionspartner ;-).
Aber ich spüre zwischen deinen Zeilen den Schmerz und die Bitterkeit, und es tut mir weh, dass ich trotz Bemühens keine Möglichkeit finde, dir ein bisschen Licht zu schicken.

Alles Liebe
Afra
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  #126  
Alt 10.12.2002, 01:33
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Standard Kübler-Ross und ihr Sterbephasen Modell

Liebe Afra,

du schreibst :

"Viele Menschen finden einen neuen Weg weiterzuleben, indem sie irgendwann wieder positive Gefühle leben können, eventuell einen neuen Partner finden. Ich dachte dieses Verhalten wäre dir zuwider."

Für mich persönlich schon irgendwie, ja. Schon im Begriff "neuer" Partner liegt Grauen. Doch ich weiß, unsere Sprache ist begrenzt und es gibt keine angemessenen Formulierungen für den T'd, der sowieso jede formulierbare Grenze sprengt.
(Es graut mir auch, wenn ich lese, dass Eltern den T'd ihres Kindes deswegen als besonders beklagen, weil es ihr *einziges* war. Wenn du verstehst was ich meine.)

Aber ich schrieb schon an anderer Stelle, dass DAS nun wirklich rein persönlich ist. Den Weg anderer würde ich in der Beziehung mir nicht anmaßen zu kommentieren. Mit unserem Ausgangsthema und meinem Angriff auf das Phasenmodell von Kübler Ross hat das ja dann auch nichts mehr zu tun.
Denn dort geht es wohl unter anderem darum, die psychische Stabilität von Angehörigen auf Kosten von Kranken zu sichern. (Wie ich noch immer unterstelle.)

Bei einem "Hinterbliebenen" spielt es jedoch keine Rolle, was er tut. Ist ja niemand mehr, für den es wichtig wäre außer er selbst. Ich schrieb ja schon, dass ich nicht recht weiß, was "Trauer" sein soll. Warum erst trauern, um dann "irgendwann", oder "nach einiger Zeit" ...
Warum nicht gleich und sofort ? Welche Wege gälte es erst zu finden ? Alle Wege liegen ja offen rum. Man entschließt sich, weitermachen zu wollen oder nicht. Es geht doch jetzt nicht um "organisatorische Probleme".
Die meisten Trauernden wissen doch schon gleich, dass sie weitermachen wollen. So scheint es mir zumindest bei den Meisten. Wozu dann noch erst stehnbleiben ? Es gibt da auch nichts zu "verarbeiten", worauf eifrige "Trauerpsychologen" ja immer gerne drängen. Denn dazu müsste man wenigstens ansatzweise verstehen können. Vor Leuten, die behaupten den T'd, oder gar seinen "Sinn" zu verstehen, graut es mir am meisten. (Sofern es nicht tiefreligiöse Menschen sind).

Vor vielen Jahren hatte ein naher Freund von mir einen Arbeitskollegen, bei dessen Verlobten per Zufall eine schwere, lebensbedrohliche Krankheit entdeckt wurde.
Da hatten sie gerade ein Baugrundstück gekauft und mit dem Hausbau begonnen.
Ich war dem Paar nur zwei oder dreimal begegnet, aber mein Freund erzählte viel von ihrem Schicksal und ich fragte auch nach. Sie bauten weiter an dem Haus, doch zwei Jahre nach der Diagnose starb die Frau.
Ein halbes Jahr später heiratete der Typ eine andere Frau und zog mit dieser in das Haus ein.

Damals war ich entsetzt über soviel, wie mir schien, abgebrühte Kaltblütigkeit. Wegen dem Haus und wegen der kurzen Zeit und überhaupt ...
Heute seh ich zumindest das mit der "Zeit" völlig anders. Denn ich weiß, dass Zeit keine Rolle mehr spielt.

Ich wusste schon damals in jener Nacht, als es dann plötzlich vorbei war, wirklich von einem Moment auf den anderen, dass es für mich jetzt genau zwei Möglichkeiten gäbe. Diese eine Erkenntnis war trotz Tränen und Verwirrung von ungeheurer Schärfe und Klarheit. Nämlich sofort weiterzumachen und alles umfassend zu verdrängen, oder mit allem Geschehenen verbunden zu bleiben und daran zu zerbrechen.
Ich wusste auch, dass mir jede der beiden Entscheidungen auf gleiche Weise zustünde, denn für sie würde es ohne Bedeutung sein, sowohl die eine als auch die andere. Dass sie nicht mehr *ist* war mir klar, diese betäubende erste Zeit eines "ich-kann-es-noch-gar-nicht- wirklich-glauben" gab es nicht. Wahrscheinlich ist diese eine Gnade.

Ich halte mich weder für besser noch für schlechter als andere dafür, dass ich mich für den zweiten Weg entschieden habe. Ein dritter hätte vielleicht hinter dem Fenster im Gang gelegen, wenn es sich denn hätte öffnen lassen. Dafür ist es nun zu spät.

Verachtenswert finde ich allerdings in der Tat, wenn Menschen ihre persönliche Entscheidung in einer solchen Situation für besser, gesünder oder sonstwie wertvoller halten und dann aber doch keine Antworten haben auf die Fragen, auf die es ankommt. Und bisher ist mir niemand begegnet, der welche hatte, die sich nicht in Religion oder wunschbezogenen Spekulationen erschöpften. Dann sollte man auch nicht belehren wollen oder abstruse Worthülsen wie "Trauerarbeit" erschaffen. Das für mich wirklich eines der dümmlichsten Neuwörter aus dem therapeutischen Modevokabular darstellt.

Du aber hast auch gar nicht zu belehren versucht. An deinen Fragen vermeine ich zwar deine Perspektive zu erkennen, die eine ganz andere scheint, doch nie kam sie als Anmaßung an.
Vielen lieben Dank dafür !

mach's gut

Lillebror
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  #127  
Alt 11.12.2002, 16:22
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Hallo Lillebror,

darf ich auch nochmal? Zwei Sachen, die Du da schreibst find ich sehr interessant, ich "zieh" sie mal zusammen auch wenn Du das nicht so gemeint hast:

>> Bei einem "Hinterbliebenen" spielt es jedoch keine Rolle, was er tut. Ist ja niemand mehr, für den es wichtig wäre außer er selbst. >>

und

>> Damals war ich entsetzt über soviel, wie mir schien, abgebrühte Kaltblütigkeit. Wegen dem Haus und wegen der kurzen Zeit und überhaupt ...
Heute seh ich zumindest das mit der "Zeit" völlig anders. Denn ich weiß, dass Zeit keine Rolle mehr spielt. >>

Was ist mit dem Hinterbliebenen, wenn es noch andere direkt Betroffene Hinterbliebene gibt, also zB Kinder. Spielt es dann auch keine Rolle mehr was der Einzelne tut, oder meinst Du es muß auf die Gefühle und auf die Trauer, der anderen Rücksicht genommen werden? Denn Zeit ist ja relativ, also steckt jeder in seiner eigenen "zeit". Würde mich sehr interessieren.

Kann es nicht sein, dass "ich-kann-es-noch-gar-nicht- wirklich-glauben" bei Dir (und bei mir im übrigen auch nicht) nicht eingesetzt hat weil Du dabei warst, als sie starb (warst Du doch?). Ich meine selbst das Unterbewustsein kann nicht leugnen, was es gerade selbst gesehen hat. Ich glaube das tritt eher ein, wenn jemand plötzlich und völlig unerwartet stirbt und es jemand anderem dann mitgeteilt wird: "Wir haben uns heute morgen noch gesprochen, wie kann er/sie jetzt tot sein?" Gerade weil der Tod so abstrakt ist kann man es nicht "fassen", nicht "begreifen". Und das muß dann erstmal begriffen werden, bevor man sich überhaubt mit Fragen wie "mach ich weiter" beschäftigen kann. Ich glaube schon, das es Menschen gibt die erstmal ein ganzes Stück "Trauer"arbeit leisten müssen, weil vielleicht sehr viel in sehr kurzer Zeit passiert ist oder weil vieles "falsch" gelaufen ist oder oder oder. Das Erlebte zu sortieren und Erinnerungen zu sammeln, das hat schon was mit Arbeit zu tun. Zumindest kann man sich solange mit nichts anderem Beschäftigen. Verarbeiten muß man ja nicht nur den Tod an sich, sondern vielleicht vielles was vorher noch so passiert ist, die Umstände, die Rolle die man selbst gespielt hat. Das hängt doch sehr vom Einzelnen ab.

Zum Thema "der Tod gehört zum Leben" wollte ich nur mal anmerken, das sich mit dem eigenen "Nicht-sein" beschäftigen nur ein Teilaspekt des Themas ist. Ich glaube es geht vielmehr darum zu überlegen, was passiert mit mir, wenn jemand anders stirbt. Wie gehe ich mit Verlust um, und das kann auch Verlust eines Gegenstandes oder des Arbeitsplatzes sein, die Trennung vom Partner und schließlich der endgültige Verlust eines geliebten Menschen. Verlust gehört zum Leben. Jeder "kleine" Verlust bereitet uns ein Stückchen mehr auf einen "großen" Verlust vor. Deswegen, kann es nicht schaden sich damit zu beschäftigen und sinnlos kann ich das auch nicht finden.

Gruß Tanja
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  #128  
Alt 13.12.2002, 04:11
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Hallo Tanja,

Was ist mit dem Hinterbliebenen, wenn es noch andere direkt Betroffene Hinterbliebene gibt, also zB Kinder. Spielt es dann auch keine Rolle mehr was der Einzelne tut, oder meinst Du es muß auf die Gefühle und auf die Trauer, der anderen Rücksicht genommen werden? Denn Zeit ist ja relativ, also steckt jeder in seiner eigenen "zeit". Würde mich sehr interessieren.

Meinst du jetzt einen Fall, in dem der erwähnte Typ Kinder mit seiner verstorbenen Verlobten gehabt hätte ? Natürlich hätte er dann deren Befindlichkeiten angemessen berücksichtigen müssen. Da sein Lebensweg mit dem seiner Kinder ja für sie untrennbar verknüpft gewesen wäre und seine Entscheidungen letztlich auch für sie gegolten hätte. Er ihnen quasi eine "neue Mutter" vorgesetzt hätte, um es mal krass zu sagen.
Und umgekehrt : hätte ich Kinder, hätte ich meinen gewünschten radikalen Rückzug wohl auch zusätzlich aus einer anderen Perspektive zu bedenken gehabt, das stimmt. So ist es wohl gut, dass niemand existentiell von mir abhängig ist.
War denn das der Kern deiner Frage ?

Gerade weil der Tod so abstrakt ist kann man es nicht "fassen", nicht "begreifen". Und das muß dann erstmal begriffen werden, bevor man sich überhaubt mit Fragen wie "mach ich weiter" beschäftigen kann.

Was muss erst "begriffen" werden ? Die Unmöglichkeit des Begreifens ?
Klingt irgendwie paradox.

Wie gehe ich mit Verlust um, und das kann auch Verlust eines Gegenstandes oder des Arbeitsplatzes sein, die Trennung vom Partner und schließlich der endgültige Verlust eines geliebten Menschen. Verlust gehört zum Leben. Jeder "kleine" Verlust bereitet uns ein Stückchen mehr auf einen "großen" Verlust vor. Deswegen, kann es nicht schaden sich damit zu beschäftigen und sinnlos kann ich das auch nicht finden.


Das ist wohl der Punkt, der uns von Anfang an auch in der anderen Diskussion schon trennte. Das Wort "Verlust" verwende ich nie. Und gehört auch zu den vielen häufig benutzten Begriffen, die ich in diesem Zusammenhang abstoßend finde.
Gegenstände und Arbeitsplätze sind potentiell ersetzbar. Diese zu verlieren bedeutet für mich einfach nur persönliche Entwicklung und Veränderung. Dabei GEHT es aber von vorneherein nur um mich ! Ein Auto hat nur einen Wert, wenn ich ihm einen beimesse. Ein Arbeitplatz hat seinen Wert durch den, der ihn inne hat und durch seine Nützlichkeit. Verliere ich den meinen, nimmt ihn ein anderer ein und die Nützlichkeit der Arbeit bleibt erhalten.
All diese Vergleiche passen nicht. Außer man funktionalisiert auch seine Mitmenschen auf die Nützlichkeit, die sie in weitestem Sinne für einen *selbst* haben. Aber das war wohl sicher nicht, was du sagen wolltest.

Ausserdem ist ein falsches Bild entstanden, dass ich wohl der Fairness halber kurz korrigieren sollte, ohne all zu sehr ins Detail zu gehen.
Wir waren kein festes Paar mehr, schon einige Jahre nicht mehr. Im Jahr bevor sie die Diagnose erhielt war sogar unser freundschaftlicher Kontakt, zumindest was die Häufigkeit anging, sehr reduziert gewesen. Doch waren wir immer verbunden geblieben und als sie krank wurde, bewies sich der Wert und die Verlässlichkeit der Verbindung. Ich war in ihrem etwas stürmischen Leben sowas wie eine sichere Boje.
Wäre sie wieder gesund geworden, hätten sich unsere Wege aber wieder räumlich getrennt und auch die Zeit, die wir zusammen verbracht hätten, wäre wieder weniger geworden. Vermute ich zumindest.
Es geht also in *keiner* Weise um "praktischen Verlust". Wäre sie dann nach Australien gezogen und ich hätte aus irgendeinem Grunde sicher gewusst, dass wir uns nie wieder sehen würden, wäre dies etwas *völlig* anderes gewesen.
Hätte aber nach deiner "Verlust"- Denkweise eigentlich fast das gleiche sein müssen, oder ?


Lillebror
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  #129  
Alt 14.12.2002, 01:46
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Standard Kübler-Ross und ihr Sterbephasen Modell

Hallo Lillebror,

das war der Kern meiner Frage. Danke für die Antwort. Das ist im übrigen "fast typisches" männliches Verhalten. Wenn man sich mal umhört kennt fast jeder eine ähnliche Geschichte, von dem was Psychologen sagen gar nicht zu reden.

<< Was muss erst "begriffen" werden ? Die Unmöglichkeit des Begreifens ?
Klingt irgendwie paradox. >>

Das jemand nicht mehr "da" ist ist ja weder unmöglich noch paradox, paradox wird es dann wenn man sich fragt wo jemand ist, wenn er nicht mehr hier ist. Man begreift doch nur was man begreifen will. Und was man selbst gesehen hat kann man schlecht leugnen.
Ich persönlich fand es sogar unbegreiflich, das man morgens aufwacht und auf einmal ist Prinzessin Diana tot. Vielleicht ist sie auch gar nicht tot und lebt versteckt in Bagdad? Weiß ich das? Die Leiche habe ich schließlich nie gesehen. Warum soll ich etwas glauben, was mir irgendwer erzählt, Fehlinformationen/Verwechslungen sind doch möglich. Wieso soll das paradox sein.

Nein, ich wollte das eigentlich nicht als Vergleich setzen. Wenn Jemand der als schlimmsten bisherigen Verlust seinen Arbeitsplatz verliert, wird ihm das besonders "schlimm" vorkommen. Wenn man aber vorher einen sehr nahen Angehörigen verloren hat, wird einem dagegen der Arbeitsplatz als geringer Verlust vorkommen, eben weil man erkennt, das dieser Ersetzbar ist. Zu der Erkenntnis muß man aber doch erstmal kommen. Ich meine das eher als Steigerung, man lernt mit dem "Verlust" umzugehen, um ihn überhaubt ertragen zu können. Und man lernt, "schlimme" Dinge von "weniger schlimmen" Dingen zu unterscheiden.

Trauer hat immer was mit egoismus zu tun. Natürlich geht es auch um "Nützlichkeit", ich habe etwas verloren und dewegen bin ich traurig. Ich weiß nicht, wie das sonst mit Deiner Theorie zusammen past, denn wenn jemand nicht mehr existiert ist es für ihn ja nicht mehr wichtig oder interessant was er gerade "verpast". Also bleibt doch nur der Hinterbliebene mit seinem Verlust??? Was denn sonst?

Du hättest niemals sicher wissen können, das Du sie "in Australien" nie wieder siehst. Du hättest immer als "Notbremse" gewust, Du kannst sie anrufen oder hinfliegen, wenn Dir danach ist.

Selbst in den entlegensten Gebieten der Erde hätte theoretisch die Möglichkeit bestanden sie wieder zu sehen. Nach meiner Theorie, hättest Du nochmal großen Schmerz empfunden, wenn Du erfahren hättest sie sei in Australien gestorben, obwohl sie Dir eigentlich schon vorher verloren war.

Also nochmal zum Verständniss, Du empfindest weder Trauer noch Verlust, aber Du hast Dich zurück gezogen und lebst Dein Leben nicht weiter, als sei nichts passiert??? Warum? Wie past denn das zusammen oder anders, was empfindest Du statt Trauer? Deine intimsten Einzelheiten must Du natürlich nicht enthüllen. Aber vielleicht kannst Du mal umschreiben was Du tust. Der Verlust Deiner Freundin hat Dich doch aus der bisher gewohnten Bahn geworfen, oder nicht?

Gruß Tanja
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