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  #766  
Alt 31.01.2006, 00:59
Liz und Willy Liz und Willy ist offline
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Standard AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972

Darling Daddy

Bin so um 21.00 heim gekommen, total erschöpft, Willy liegt in der Uniklinik und mami ist im FPS. Nachdem Willy endlich aufs Zimmer kam, musste ich kurze Zeit später ihn alleine lassen und nach Mami sehen. Auf dem Heimweg noch einkaufen, Gott sei Dank haben die Läden am Bahnhof bis 22.00 UHr offen. Als ich dann daheim war, musste ich erstmal ne Runde schlafen, bin ja heute Nacht erst um 5.00 eingeschlafen und um 6.30 hat Willy mich geweckt.

Als Willy in der Klinik ankam, hatte er 40,8°C Fieber. sie waren schockiert und handelten sehr schnell, um danach um so langsamer zu werden. Es ist ne Pneumonie, mehr Sorgen machen ihnen aber der Linksdrang beim Laufen und die Krämpfe die er seit Mitte letzter Woche hat. Bronchoskopie, Schädel Ct und Neurologe sind für morgen geplant. Sie vermuten Hirnmetas.

Der Arzt auf der Notfallstation hat Willy, für das Verlegen auf die Abteilung, eine realistische Frage gestellt, die uns trotz allem sehr schockiert. Er wollte von Willy wissen ob er sich, bei einem Herz-Kreislaufstillstand reanimieren lassen wolle. Willy kreuzte ja an, und das obwohl er seit Jahren eine Patientenverfügung hat. Der Arzt hat mit mir danach gesprochen und gesagt intern ist der Fall an sich schon geregelt, es würde keine REA mehr egben.

Offenbar ist für sie der Fall langsam so deutlich und klar, dass sie uns nun mit solchen Fragen auf den letzten Weg vorbereiten möchten.

Ich muss erst mal das verdauen.... wo bist du Daddy?

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Willy 54 J. LK Pancoast Tumor Adeno. ES 8/02 ED 11/02, Radio-Chemo, Op. 2/03 seither Teilgelähmt, O2-abhängig
Liz MS im Rolli. Gebärm.ca. 8/05
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Alt 31.01.2006, 01:11
Liz und Willy Liz und Willy ist offline
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Standard AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972

SILVESTER 2005 UND NEUJAHR 2006 IN EINSIEDELN


Hallo ihr Lieben

Weil’s so gut tat und auch noch so schön war …..

Blieben wir ein paar Tage länger um dann wieder voll in den Klinikalltag zu stürzen.

Ich habe diesen Bericht nun schon angefangen zu schreiben unmittelbar nachdem wir heim gekommen sind. Jetzt wo ich ihn fertig schreibe, merke ich, dass ich nun die Tage anpassen muss, kann ja nicht gut von gestern sprechen wenn wir schon ein paar Tage daheim sind.

Marc hat in den letzten Tagen bevor wir heimkamen immer wieder mal gelesen, vor allem weil wir ihn regelrecht gelocht haben mit den Fragen wie es euch allen geht, haben wir doch hier im KK einige Sorgenkinder die uns sehr wichtig sind. Er hat aber leider kaum Zeit gehabt, deshalb hat er nicht geschrieben und entschuldigt sich dafür…. Gell Jutta, das nächste mal wird er piep machen!!!



KRAFTSCHÖPFUNGSTAGE IN EINSIEDELN Teil 1.



Etwas aus diesen Tagen heraus zu picken, um das ganze Erlebte irgendwie umfassend beschreiben zu können ist unheimlich schwer, es war nicht nur ein Krafttanken, Ein In-sich-hinein-horchen-und-kehren, sondern ein innerer Frieden, eine Herausforderung, ein neue Grenzen spüren und sprengen derselben und einfach auch mal ein Duett sein. Es war aber auch Tage auf den Spuren unserer Anfänge des Krebsleidens.

….. und es war ein Aufenthalt der mir leider nur allzu deutlich aufzeigte, dass Willy in den letzten 4 Monaten, also seit der St. Gotthardwanderung deutlich abgegeben und abgebaut hat. Das hat enorme Ängste, ja gar Panik in mir ausgelöst. Die bestens bekannte Berg- und Talfahrt hat sich auch hier fortgesetzt, und doch war es schön, ja wunderschön. Es ist halt so, dass auch in den „Ferien“ der Alltag, vor allem die Realität dich immer wieder einholt. Die kann man wirklich nicht einfach so abschütteln. Wäre ja schön wenn es machbar wäre. So paradox wie ständig zwei Herzen in einer Brust schlagen.

Willy ist gestern (Do.) heim gekommen, weil er eine Ganglion-Blockade sich machen lassen musste, um hoffentlich etwas schmerzfreier zu sein, im ersten Augenblick sah es auch danach aus – er konnte die Mittagsraion Morphium weglassen, abends reduzieren wie mit den Docs vereinbart, leider war bereits nachts die Euphorie leider der grossen Enttäuschung gewichen. Heute hat weit mehr schmerzen als er je gehabt hat….. Das tut mir so leid für ihn, denn er hatte so gehofft etwas von den so starken Medis runter zu können, eine Reduktion der Antiepileptika und des Morphiums, statt ein ständiges Erhöhen.

Ich kam erst am Freitag heim, resp. bin direkt zu Mami in die Klinik gefahren und dann erst heim. Sie musste erneut Bluttransfusionen haben, und hat uns ganz bewusst nichts erzählt als wir sie anriefen - wir riefen sie ja mehrmals täglich an. Sie wollte uns nicht beunruhigen und die paar Tage Erholung "verderben". Am Freitagmittag war ich dann wieder in der Klinik, weil sie eine Magen und Dünn- resp. Dickdarmspiegelung machen mussten - Verdacht auf Darm ca. oder M. Crohn. Sie verliert offensichtlich vom Darm Blut was bei ihr die Anaemie die sie nun seit Sommer ausgeprägt hat.

So nun zu unserem Ferienbericht.

Wir haben einige Fotos gemacht und ich werde versuchen diese ins Netz zu stellen damit ihr mit teilhaben könnt.

Um 9Uhr morgens am 30.12. ging es los, nach dem wir uns beiden kleinen Köfferchen gepackt hatten, eines trug er, das andere befestigte ich oben auf den 6 Sauerstoffflaschen in meiner Wanne auf dem Rollator. In der Wanne waren ausser den Sauerstoffflaschen, mein Licht, meine Kamera, das Stativ sowie unser Necessaire und im Sack dran gehängt die Wanderschuhe sowie rein gesteckt in der Wanne unsere Wanderstöcke. Es war wenn man es auf einen Nenner bringen wollte, einfach voll gepackt. Vorne hing eine Umhängetasche (habe ja dort kein Körbchen mehr an meinem neuen Porsche, darin waren alle wärmende Kleidungsstücke wie Schals, Handschuhe, Stülpen etc. drin. Im Körbchen unten waren die Regenschutzsachen verstaut und meine Utensilien für das Undichtsein! Willy trug sein Köfferchen, seinen Rucksack mit dem Sauerstoff und seine Umhängetasche.

So gingen wir in Richtung „ÜBERRASCHUNG“.

Willy wusste immer noch nichts, nur dass wir in Zofingen aussteigen werden, um dort ins Auto einer Freundin zu steigen. Mit ihr hatte ich abgemacht, dass wir ihm sagen, dass wir die Silvestertage bei ihr verbringen werden. Auf diese Tage bei ihr auf dem Bauernhof hat er sich richtig gefreut. Wir bereiteten ihn ja schon seit Wochen darauf vor, dass wir am 30.12 noch einen Ausflug machen werden – so war es für ihn auch nicht abnormal, dass wir nicht gleich zu ihr fuhren.

Nun ging es richtig los, zuerst hatten Willy und ich eine Überraschung für unsere Freundin. Wir gingen die Kirche besuchen die sie schon so schon lange sehen wollte. Die Christkönig Kirche in Rudolfstetten, ja es war eine der Kirchen von Daddy. Sie war begeistert, dass sie nun nicht mehr warten musste bis sie die Kirche sehen durfte.

Danach fing die Überraschung für Willy an.

Der nächste Stop war am Zürichsee, im Kloster wo unsere Freundin und Patin von Marc Nonne ist. Auf dem Weg dorthin sagten wir zu Willy dass wir zu einem Cousin von unserer Freund in Bad Ragaz geladen sind und über einen Umweg, weil wir jemand besuchen wollten in Hinwil auf der anderen Seeseite hinfahren werden.

Als wir bei der Kehrichtverbrennungsanlage in Hinwil vorbei fuhren war es uns schon mulmig, bislang hatte diese Anlage für uns keine Bedeutung, der grosse Klotz stand einfach da, aber mehr nicht. Nun hat sie eine magische Wirkung wir mussten hinsehen und fragten uns wo genau wurde Nicole und Maurice deponiert und verbrannt. Es holt dich immer wieder ein diese Tat.

Kurze Zeit schlief er ein, aber die Neugierde war doch zu gross – er hat immer wieder die Augen aufgemacht. Als unsere Freundin dann sagte, dass ihr Navigationsgerät nur begrenzt das Ziel finden konnte, weil es keinen eigenen Strassennamen hatte, müsse ich sie dann doch lotsen. Willy hat dann gesagt sie soll da vorne links abbiegen und vor Ort wäre es dann eh angeschrieben … ihr könnt euch ja vorstellen wie wir dann im Auto gelacht haben als er ganz kalt mit geschlossenen Augen das sagte, obwohl wir annahmen er schlief und nichts mitbekam – weit gefehlt!!!!! Soviel zur Überraschung, er hats gemerkt noch bevor wir da waren. Und doch war er überglücklich dort zu sein, wir genossen den gemeinsamen Kaffee und den Spaziergang am See entlang sowie den besuch der Kirche. Im Meditationsraum zündeten, wie konnte es anders sein ganz viele Kerzen an und machten Fotos vom „Licht“. Auch auf dem See liessen wir ein paar brennende Kerzen gleiten. Wir durften wunderschöne Szenen im mit dem Schnee erleben die wir natürlich auf Fotos festhielten. Vor allem als die Sonne über dem See runter ging und sich wie im Spiegel darauf reflektierte, nicht nur einmal sondern gleich mehrmals. Das Baumschattenspiel mit der Sonne im Hintergrund und Schnee ringsum mit dem Schilf und See zusammen war so eine traumhafte Kulisse, dass man schon dachte es wäre gestellt und nicht reell, und doch es war die Natur pur. Auf Fotos hätte jeder gedacht, das kann nur ein Profi fotografiert haben und nur mit „Manipulationen“! Weit gefehlt, wir haben die Fotos gemacht.

Nun war es bereits weit nach 16 Uhr und wir wussten es muss weiter gehen.

Wir fuhren los, fuhren über den Seedamm wieder auf die andere Seeseite und hofften, dass Willy nun endlich einschlief. Von wegen, wie ein Kleinkind war er ganz hibbelig.

Als wir dann auf der anderen Seite waren und wir nicht wie erwartet, auch wenn unsere Freundin in alle, aller letzten Sekunde die Spur wechselte nicht in Richtung Chur ging, sah Willy zu mir nach hinten und grinste über alle Backen. Jetzt war absolut keine Chance auf ein Schlafen von ihm.

Als wir bei der nächsten Ausfahrt auch noch ab der Autobahn fuhren, war es aus und vorbei ….

Er wusste wo wir hin gingen und freute sich wie ein kleines Baby.

Ich sass im Auto mit Tränen der Freude ihm den Wunsch erfüllen zu können und er vergoss Tränen seinen Wunsch noch einmal nach Einsiedeln zu fahren.

Wir freuten uns alle sehr darauf nicht zuletzt einfach auch ein paar Tage Schnee zu haben, haben wir doch in Basel nur grün, grün und noch mehr grün!!!!!

Von Schnee ist bei uns weit und breit nichts zu sehen.

Je näher wir zu Einsiedeln kamen, je mehr Schnee sahen wir und je mehr Ruhe kehrte ein, wir alle hingen unseren Gedanken nach und die waren wahrscheinlich sehr ähnlich und doch so individuell, es war einfach super. Auf dem Weg hielten wir rechts noch an einem Bach an wo wir wie damals wie auch jetzt unsere so geliebten Schneepilze vorfanden. Ich musste sie unbedingt fotografieren und verewigen, als „sur plus“ bekam ich noch ein fast gänzlich gefrorenen Bach. Nicht nur als Eisplatte, sondern als zarte Eisblumenplatte auf Wasser. Immer wieder ragen die Schnee und Eisplatten hervor, bedecken den Bach und zwischendurch plätschert das sprudelnde Wasser aus den Eislücken hindurch um zu sagen „he unter dem Eis bin ich – das Wasser – noch da, voller Leben. Es war super schön.

Willy musste unserer Freundin erklären was diese Schneepilze sind….. es waren die Steinbrocken die im Bach lagen die eine dicke Schneehaube oben drauf trugen, so sahen sie aus wie riesengrosse Champignons im Bach oder auf Eis. Ich weiss nicht wie der Bach heisst, aber „Es war mein Pilzlibach“.

Es war bereits dunkel als wir in Einsiedeln ankamen, wir bezogen unsere Zimmer, die zwar eher enttäuschend waren, da sie dringend renovationsbedürftig waren, und doch war das Zimmer sauber, warm und hatte ein eigenes schönes neues Bad drin. In der Zeit als sie das Auto auspackten besorgte ich die Parkkarte für die nächsten Tage im Touristenbüro. Als alles ausgepackt war und das Auto versorgt war, gingen wir mal ins Dorf alles auskundschaften und zum beleuchteten Kloster hoch.

Aus unserem Fenster sahen wir genau auf das Kloster zu fast so wie es in der Webcam auf der Homepage von Einsiedeln zu sehen ist. Wunderschön beleuchtet in seiner ganzen Breite steht das Kloster da und lädt ein zum Nachdenken, Philosophieren, Kraftschöpfen und Innehalten. Ich habe versucht ein Bild davon zu machen, leider hat der Blitz versagt und die Lichter der Klosterbeleuchtung waren nicht stark genug. Aber im Herzen werde ich diesen Anblick nie vergessen.

Das Fenster hatte einen schönen zarten Eisblumenboden, der fast das halbe Fenster ausmachte – eine Seltenheit heutzutage noch Schnee- oder Eisblumen zu sehen. Aber irgendwie symptomatisch, denn die Nachtaufnahmen vom Kloster wie auch die Eisblumen waren nicht einfach zu fotografieren.

Danach haben wir im Hotel-Restaurant Prospekt der Touristik Information nach einem Restaurant gesucht, sind dann auch die Strassen runter und hoch gelaufen um eines zu finden. Willy wollte unbedingt Fondue essen und wir hatten mühe Ausreden zu finden nicht das zu essen, weil wir ja wussten am nächsten Tag würden wir Fondue essen. Wir konnten ihm doch nicht schon erzählen was am nächsten Tag sein wird. So gingen wir zum Italiener! Im Anschluss fing der lustige Teil an, zuerst vergnügten wir uns mit einer nächtlichen Schneeballschlacht so dass wir wie Kinder fast in die Hosen gemacht haben und dann verkrochen wir uns ins Hotelzimmer und spielten Yatzee oder Uno, wie vor Jahren mit unseren Kindern, s war einfach zum abfahren. Wir lachten viel, sehr ausgelassen und redeten über Gott und die Welt bis weit in den Morgen hinein, dazu genossen wir unseren Adventsfeuer, ein feurigen weihnachtlichen Liqueur und Baslerläggerli.

Wohl wissend, dass wir alle Geniesser sind, habe ich das Hotel auch so ausgewählt – es hatte seine eigene Bäckerei und Konditorei – höchste Gefahr - aber ein Genuss morgens zu frischem Duft von Brot, Weggli und Croissants aufzustehen. Das war mir wichtig, so hatten wir die Garantie auch an den Feiertagen frisches Brot zu haben. Einfach nur lecker, lecker, lecker und nochmals lecker.

Samstagmorgen war ein Strahletag, Sonne pur, der Schnee knirschte unter unseren Füssen und überall herrschte Stille in einer doch lebendigen Ortschaft.

So wie ich bin, schaue ich wie Hans-Guck-in-die-Luft sehr oft nach oben, man es ist überraschend was man da oben alles entdecken kann. Die Architekten – die Künstler des Details – die haben früher wirklich wahrhaftig nicht einfach nur ein Dach hingepflastert, sogar die Dachrinnen und Abwasserrohre und Dächer erzählten eine Geschichte – so auch hier – auf dem Dach des Hotels, das in der Planung ist abgerissen zu werden, gibt es aus grün angelaufenem Kupfer Drachen oder Schlangenköpfe aus deren Mund das Dachwasser abläuft. Nur bei diesem kalten Wetter ist es gefroren. So ragt ein langer Eiszapfen aus dem offenen Mund raus. Wie eine Zunge streckt es sich uns entgegen, so nahc dem „Àtsch bätsch ich habe die schönere Aussicht hier oben“!

Das schöne Wetter hielt leider nur bis ca. 15 Uhr an, danach war Nieselregen angesagt, nicht viel und doch für unsere nächste Überraschung für Willy Grund genug um sich Sorgen zu machen, denn das Schlechtwetterprogramm wäre Pfeilbogenschiessen gewesen und das mag ich nicht und wir beide können es nicht mehr, Willy wegen seiner Lähmungen und ich wegen meinen Schwächen in den Armen aufgrund der MS. So bekamen wir Angst, dass unsere nächste Überraschung regelrecht ins Wasser fallen würde.

Wir sind aber als es noch schön war im Schnee spazieren gegangen, erhielten noch Besuch einer Freundin mit ihrem Partner die in der Nähe wohnten. Die Strassen waren vereist, verschneit und sehr, sehr rutschig und doch konnte ich mit meinem neuen Porsche gut fahren, sicher gehen und rutschte fast nie.

Wir gingen ins Kloster und verbrachten ganz lange auf der Bank auf der Willy sass als wir damals für den Gottesdienst vor seiner Operation im 2003 da waren. Das war ein bedeckter, trüber, kalter Wintertag, so richtig scheusslich - mit noch mehr Schnee als heute. Während des damaligen Gottesdienstes froren wir wie die Pinguine auf der Eisscholle. Ich glaube, nein ich bin überzeugt es war nicht einfach nur die Kälte dieser sehr, sehr grossen Kirche und des kalten Winters, sondern eine Kälte die von uns selber aus dem Inneren kam, denn wir lebten damals in einer Phase der Höllenangst, der absoluten Talfahrt, es war kurz nach der ersten Chemo und Bestrahlung und nur 3 Tage vor dem Klinikeintritt für die grosse Operation. Die Kraftspende erhielten wir während des Gottesdienstes als wir das „Vater unser“ sprachen, plötzlich kam von ganz weit rechts oben die wärmende Sonne in die Kirche rein, und traf ausschliesslich nur auf Willy – etwas später auch ein wenig auf meine Schultern. Es war wie ein Engel der zu uns runter kam und sich auf uns setzte, um uns in den nächsten Monaten zu begleiten und zu tragen. Es war ein aussergewöhnliches Erlebnis, dass ich nie vergessen werde, ein Zeichen wurde gesetzt – es gab mir Hoffnung die ich glaubte verloren zu haben. Seither habe ich es nur noch an der Beerdigung von Othmar und Nicole so erlebt. Das Licht des Lebens, der Hoffnung, der Ruhe, des Vertrauens …. Unser Lebenslicht

Da es Alex schlecht ging sind unsere Freunde wieder heim gefahren – leider musste er am Montag in die Klinik.

Wir 3 hingegen gingen am Klosterkirchentor vorbei zum rechten Seitentor wo es zu den berühmten Pferdeställen ging. Das war nebst dem Kloster selbst Willy’s Lieblingsplatz. Auf dem Vorplatz bevor man durch das eigentlich zweite Tor in die Stallungen kommt, war der Boden glatt wie ein Spiegel. Ich rutschte nicht, aber ich nahm mein Doppelpack und liess mein Cadilac stehen, um mit meinem Schatz einen „Rutsch-Walzer“ zu tanzen. Regula konnte nur noch mit uns lachen ab so viel Blödsinn im Kopf…. Wie Kinder die einfach nur das Leben genossen. Sie hatte Angst dass uns etwas passieren könnte, da habe ich ihr nur gesagt „schlimmer kann es eh nicht mehr werden und zudem Willy würde sehr weich fallen da ich ja eine Mehr-breit-als-Dünne bin“ – da fing das Gelächter erst recht an und so tanzten wir zu Dritt eng umschlungen um sicher zu gehen, dass wir nicht fallen. Man tat das gut!

Das letzte Mal als wir hier waren hat er die ganze Zeit mit einem Pferd „geschmust“, kaum hat Willy sich nur ein paar Zentimeter abgewandt, kam er nach und stupste ihn um weiter zu schmusen. Der „Gaul“ war aber nota bene eher als Riesengaul zu betrachten als ein Pferd. Aber gerade das hat Willy so angetan - das Zarte, Verschmuste, Hingebungsvolle, Liebesbedürftige und Vertrauensschenkende in harter Schale. Ganz wie Willy auch ist. Das Foto von damals habe ich in Willy’s „Kraftbuch“ geklebt, ganz vorne auf der Deckblattinnenseite. Heute noch schwärmt er von diesem Pferd. Und er ist wirklich kein Pferdenarr – Tiernarr ja aber nicht explizit Pferdenarr.

Diesmal stand ein grosser Schimmel draussen, ein Prachtsapparat von einem Pferd. Leise frass er vom frischen Schnee in seiner Koppel. Sofort kam er auf Willy zu und legte seinen Kopf auf seine Schulter asl Willy sich weg wandte – Willy drehte sich um zu ihm und begann zu Schmusen, die Schmuse-Time von damals ging wieder von vorne los. Ich bin etwas hinter meinem Willybald gelaufen um fotografieren zu können und sah wie das Pferd ganz sachte auf ihn zu kam, seinen Kopf an Kopf von Willy rieb und signalisierte, dass er nur schmusen will. Willy bekam natürlich weiche Knie und genoss es in vollen Zügen. Er gab ihm Heu zum Fressen und sie konnten fast nicht voneinander loslassen, ich scherzte nur, dass ich diese Freundin vollumfänglich akzeptiere und er weiters, auch vor meinen Augen mit ihr schmusen darf! Lachen mussten wir als ich dann feststellte, dass es keine sie war sondern ein er!!!!!!

Danach liefen wir weiter am vereisten Brunnen vorbei durch das nächste Tor zur Rückseite. Am Brunnen musste ich natürlich anhalten, ne es war schon eher ein innehalten. Ich stand da und fotografierte was das Zeugs her gab. Wassertropfen für Wassertropfen die wunderschöne Furchen, Gruben, Löcher, tanzende Woben und glänzende Perlen hervorbrachten. Ich habe innert weniger Sekunden um die 700 Bilder gemacht.

Wir waren total erstaunt als wir die grossen neuen Reithallen aus Holz hinter dem Kloster sahen. Vor 3 Jahren waren sie noch nicht da. Wir gingen weiter zu den Koppeln ausserhalb des Klosterstallbereichs. Na da ging das ganze Geschmuse gleich weiter, dazu wollte das Pferd die Zotteln von Willy’s Schal anknabbern. Wir alle waren beeindruckt von der ausstrahlenden Stärke, Geduld und Kraft dieser Tiere und mit welcher Anmut und Zuneigung aber auch Vertrauen sie Fremden gegenüber vor uns standen. Genauso wie ich Willy sah, unser Verhältnis ist und die Zeiten die wir in den letzten 3,5 Jahren hinter uns bringen mussten.

Bevor unser Silvesterabend anfing wollten wir uns noch etwas ausruhen, vielleicht sogar schlafen….. aber als wir im Zimmer waren war nichts dergleichen mehr zu spüren, so verbrachten wir die nächste Stunde wieder beim Spielen!!!!! In der Zeit regnete es stärker aber als wir dann losfuhren war es wieder besser. Man war ich froh darüber.

Dann, dann na dann kam der Moment wo wir uns herrichten mussten zum Gehen…….



FORTSETZUNG FOLGT ......
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Willy 54 J. LK Pancoast Tumor Adeno. ES 8/02 ED 11/02, Radio-Chemo, Op. 2/03 seither Teilgelähmt, O2-abhängig
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  #768  
Alt 31.01.2006, 17:42
elisabeth2 elisabeth2 ist offline
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Standard AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972

Hi meine liebe
schön von dir zu hören,lesen ..........hoffe es hält an und du bist wieder öfter hier liebe grüsse auch an den willy elisabeth
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  #769  
Alt 01.02.2006, 10:56
Liz und Willy Liz und Willy ist offline
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EINSIEDELN FORTSETZUNG 1 ....


Willy wusste nur wir gehen mit dem Auto weg.

Es war ja schon am eindunkeln als wir losfuhren.

Wir nahmen warmes Zeug mit, Fotoapparat und gute Laune, ein Loch im Bauch und eine wahnsinnige grosse Vorfreude auf das was kam und das was wir noch nicht wussten was kommen wird. Und, ja und auf die Tatsache, dass es für Willy eine Überraschung sein wird. Es war wie Geschenke unter dem Weihnachtsbaum legen und ganz hibbelig vor Freude darauf zu warten dass deine Liebsten DEIN Geschenk aufmachten um deren Gesichter die Freude zu sehen. Das war das schönste an der Weihnachtsvorfreude aber auch an dieser Vorfreude.

Ich war ganz hibbelig, denn es war ein Silvester der Ruhe, der Romantik und des Aussergewöhnlichen. Genau das passte zu uns. Für mich war es noch mehr, denn ich konnte meinem Schatz einen Wunsch, denn er kaum je ausgesprochen hatte erfüllen. Ich wusste er wird sich freuen und lange danach noch zerren können.

Regula stellte wieder das Navigationssystem ein auf unser für uns bekanntes und für Willy unbekanntes Ziel. Ich war so froh, dass es auf der ganzen Strecke nicht regnete. Gespannt war ich, ja angespannt wie ein Kind vor seiner Geburtstagsfeier. Wir fuhren durch die Ortschaft wo es stattfinden sollte, ich war froh im Netz eine Vogelperspektivenbild vom ganzen gesehen zu haben, so wusste ich in etwa was ich suchen mussten, denn auch hier – nur Gehöftname ohne Strasse. Aber das Lagerfeuer sah man in der dunklen Nacht schon von weitem, die Tipi-Zelte waren auch nicht zu übersehen, trotz Dunkelheit.

Als Regula rechts abbog und langsam auf den schneeversteckten Weg zum Parkplatz fuhr, rannten mir die Tränen runter, denn Willy war plötzlich ganz ruhig – irgendwie waren wir in diesem Moment eine Einheit. Ich spürte unsere innige Liebe, unsere zusammen geflochtene nicht auseinander zu bekommende Zweisamkeit die nun nur noch Eins war - Liebe und Freude pur. Wie sie mit so einer kleinen Überraschung einmal mehr vereint wurde. Es braucht nicht viel zum Glück - viel Liebe, Respekt, Toleranz, Vertrauen und ein offenes Auge für das Einfache und Schöne.

Es war ein Moment der enormen Freude, aber auch Trauer, ein Moment des so oft erlebten scheibchenweisem Abschiednehmens. Ich war aber auch traurig im Wissen unsere Zeit ist eine Zeit auf Raten. Das volle Programm der Berg- und Talfahrt und das Scheibchenweise Abschiednehmen in Minuten durch fluteten mich. Das Wunder des Abends erleben zu dürfen mit dem Wissen es kann das letzte Mal sein. Ich sage bewusst es kann, denn so oft schon hiess es, es wird das letzte Mal sein und doch hat er es immer wieder geschafft. Ich sagte immer zu seinem Vati – Vati du bist unser Stehaufmännchen. Nun gilt das gleiche für Willy.

Er konnte es nicht mehr abwarten sein Überraschungspaket zu öffnen. Er sprang aus dem Auto und weg war er!!! Wie ein Kind das das erste Mal den Strand sah. Sogar im Dunklen sah man seine Augen leuchten.

Wir beide, Regula und ich standen da beim Auto verdutzt - er war schon weg auf Entdeckungstour!

Beim Auto zogen wir uns ganz warm an, wer aber nicht mehr bei uns war, war Willy – er hatte die Husky Hunde gesehen, eines seiner Lieblingshunderassen, er war hin und weg. Er sah nur noch die Hunde, deren leuchtenden Augen die eigentlich genau das widerspiegelten was in ihm vorging, das Leben geniessen und Freude zu haben. Erst nach der grossen Begrüssungszeremonie mit den Huskies sah er eigentlich was im restlichen Überraschungspaket alles noch war, Er „entdeckte“ das grosse wärmende Lagerfeuer und die Tipi-Zelte. Und natürlich den Militärkessel der über dem Lagerfeuer hing mit dem wohlriechendem Glühwein drin.

In der Zeit erledigte ich die ganzen Formalitäten, wobei es an sich nichts gab zu erledigen.

Auf dem Weg zu den Tipis und dem Lagerfeuer zündete ich meine Kerze in der Laterne an und stellte sie in unberührten Schnee. Wie ein Monument leuchtete unser Licht der Freunden. Ein Licht das wir unter dessen überall mitnehmen – am Heiligabend in die Kirche und nun am Silvester in den Schnee. Das Licht der gemeinsamen Kraft muss einfach dabei sein.Ich wollte, dass unser gemeinsames Licht uns an diesem Abend begleitete. Mit der Laterne war ich mir sicher, dass sie nicht ausgehen wird. Kerzennachschub hatte ich im Notfall eh dabei!

Willy ging in Richtung Lagerfeuer wo wir mit einem auf dem Lagerfeuer gemachtem Glühwein begrüsst wurden. Romantik pur.

Es war so schön kein Licht, nur Fackeln und das Feuer, der helle Nachthimmel und unsere Kerze zu haben. Kein Autogeräusch, keine laute Musik, keine Trubel, Jubel, Heiterkeit, einfach ein paar Wildfremde die gemeinsam einen ausserordentlichen Silvester verbringen wollten.

Allmählich knabberten wir uns durch die Häppchen etc. und genossen die Wärme des Lagerfeuers unter einem kalten Winterhimmel, irgendwo im Niemandsland. Weit weg von jeglicher Zivilisation, und doch standen ja die Autos vor der Türe. Ich hatte das Gefühl der Orientierungslosigkeit aber einer wohltuenden Orientierungslosigkeit die in diesem Niemandsland Freiheit, Weite und doch Geborgenheit und Vertrautheit vermittelte und ausstrahlte. Ich kam mir vor wie wenn die Dunkelheit mich wie Engelsflügel umarmte und beschützte, es nahm mir alle Angst der Zukunft…. Wenn diese Gefühl nur anhalten könnte.

Die Besitzer der Hunde und Organisatoren erzählten dann einiges über Huskys, dem weiteren Programm sowie wie und wann es losgehen sollte.

Am knisternden heissen Lagerfeuer, das doch den Schnee nicht zum Schmelzen vermochte war ein kleiner Unterstand. – nicht dass wir ihn jetzt gerade benötigten, er war einfach da, im von der Nacht und vom Feuer hell gelblich erleuchtendem Schnee, bedeckt. mit einer dicken leuchtenden Schneedecke auf darunter ruhendem Eisboden. Alle standen da, redeten miteinander, machten sich bekannt und hielten in beiden Händen den wohlriechenden heissen Glühwein.

Aber erstmal hiess es Schneeschuhe fassen. Die anderen holten die Schuhe, wir unsere eigenen Stöcke und dann streckten wir unsere Füsse hin um uns „anziehen“ zu lassen. Die anderen mussten sie selber anziehen, da wir dies aber nicht machen konnten kamen wir in den Genuss von „Schneeschuhanzieher“!!! Willy konnte es nicht wegen seinen Lähmungen, ich wegen meiner MS und Regula hätte es auch gekonnt, aber ihre eigene MS hat bei der Kälte auch gestreikt. Mit Stirnlaternen, Schneeschuhe, warme Sachen und Stöcke ausgerüstet waren wir nun bereit, aber nicht nur wir, die Huskys waren auch schon ganz hibbelig im Wissen es geht bald los zum rennen und Schnee geniessen.

Es war eine wunderschöne hügelige Landschaft, das hiess auch, dass die erste Strecke erstmal hoch ging und dann würde es fats eben weitergehen. Wobei sie ausdrücklich sagten es wäre nur eine kurze Strecke die es galt hoch zu laufen.

So fing die Gruppe an sich durch den Schnee zu stampfen, man war das ungewohnt mit solchen Schuhen rum zu laufen, es war wie bei Tauchen mit den Flossen gehen zu müssen bevor man endlich im schwerelosem Wasser angelangt war.

Gleich zu Beginn kam das erste Hindernis – es galt ein verschneites Bord zu überwinden das ca. 70cm hoch war. Alle wollten mir, dieser dicken Taigatrommel, helfen auf das Bord zu kommen. Niemand wusste, dass ich es nur schwer schaffte, weil ich MS habe, und die Probleme nicht wegen meines Gewichtes da waren, sondern weil ich in den Beinen nicht mehr die Kraft hatte mich irgendwo hoch zu stemmen. So komme ich auch nicht mehr ein Schemel hoch, nur noch Leitertritte, aber auf einen Stuhl etc. nada, das geht nimmer! Auch wenn ich mal auf den Knien bin komme ich fast nicht mehr hoch, ich kann zwar das eine Beine zum hochstemmen richten, habe aber in den Oberschenkeln nicht mehr die Kraft hoch zu kommen. Ich kann mich ja nur noch mühsam im Bett umdrehen, weil ich auch hier in der linken Seite von der Schulter bis zum Bein die Kraft nicht mehr habe um mich abzustemmen zum Umdrehen. Ich musste die Hilfe dankend ablehnen, witzelte noch und sagte „also wenn jemand stürzt, dann bitte nur ich alleine und nicht dass ich noch jemand mit runter ziehe“. Das habe ich genug erlebt als ich noch nicht den Gehwagen hatte und mich bei Willy einhängte oder nur am Stock lief, plötzlich landete ich auf den Knien und zog Willy mit ins verderben – habe ja so mal meine Kniescheiben gebrochen. Ich musste für mich einen Weg heraussuchen, um da hoch zu kommen. Na das fing ja schon gut an, kaum losgelaufen und schon ein Hindernis. Mit Abstützen auf meinen Stöcken und auf den Knien mit anschliessender halber, ne ganze Seitenrolle kam ich das Bord hoch – muss ja zum Schreien lustig ausgesehen haben für diejenigen die nicht wussten was mit mir los war. Nun galt es wieder auf die Knie zu kommen und irgendwann und wie wieder auf die Beine! Darunter warne ja immer noch die ungewohnten Schneeschuhe dran!!!! Denn auch ohne Schnee und Eis komme ich nicht mehr aus einem Kniestand hoch. Da war ich froh mich mit meinen Stöcken hochzustemmen und mich an zwei kräftige Männer halten zu können, um mich hochziehen resp. und -stemmen zu können. So das erste Hindernis war nun überwunden - wir konnten endlich nun richtig loslegen.

Es ging erstmal etwas bergauf, nicht schlimm aber doch stetig, danach hiess es sollte es fast eben sein…. Von wegen! Ne wunderschöne aber anstrengende Berg- und Talfahrt war es!

Es dauerte nicht lange und man hat sich an die Schneeschuhe gewohnt.

So da waren wir, auf der Strecke durch die Nacht mit nur 2 kleinen Stirnlampen die brannten aber so viel Licht vom Himmel kommend so dass man alles sah, die Fussspuren, die Bäume, die Bächlein, ja sogar Tierspuren. Das Schattenspiel der Bäume unten in den verschneiten Tälern oder als Silhouetten auf den Hügeln. Eine besondere Welt für sich. Nicht Angst einflössend, sondern einfach schön um es stundenlang bestaunen zu können und irgendwie sogar wirkte es auf mich sehr harmonisch und beruhigend, nur du und die Natur und die Nacht. Niemand hat die Gewalt über dich, nicht das Dunkle drückt und bemächtigte dich und deine Gedanken, sondern einfach die Schönheit, das Versinken in einer atemberaubender Welt die du so noch nie wirklich bewusst miterlebt hast. Es war ausser das Rascheln und Knirschen des Schnees und durch den Schnee laufen einfach ganz still und ruhig, alle waren überwältigt und schwiegen, zogen einfach nur das ein und genossen jede Sekunde. Rechts von mir ging der Hügel weiter hoch als links, links war aber eine Baumlichtung und da drin hörte man das Nachtleben der Rehe. Links oben stand der Mond am Himmel und beschützte uns, hinter uns das orange Licht der Stadt Zürich die eigentlich weit, weit weg war aber doch viel Licht gab. Zwischendurch sah man ein Feuerwerk sich dem Himmel empor kämpfend hoch steigen, schön, ja sehr schön da es ohne Geknalle war, das war zu weit weg m es zu hören.

Nun galt es die Natur pur und uns unter leicht verdecktem Sternenhimmel zu geniessen und sich mit sich selber auseinander zu setzen,
du und die Nacht,
du und die Natur,
du und das Leben,
du und der Tod,
du und das Weiterleben, das Überleben.

Die Ruhe in der Natur, im Schnee die war genau das was ich mich schon so lange danach gesehnt hatte. Ich konnte Kraft tanken, unheimlich viel Kraft tanken, schon nach ein paar wenigen Minuten.

Es nieselte leicht und das Kühle Nass im kalten Wind tat unheimlich gut, weckte mich aber liess mich vor allem spüren, dass ich noch lebte. Ich durfte spüren, dass mich weder Willy’s noch meine Krankheit bislang umgebracht hat. Wir konnten ihnen bis heute trotzen und das werden wir auch weiterhin tun.

Es tat aber auch gut sich an seine Grenzen zu bringen zu lassen und diese wieder einmal zu spüren, ich spürte wie ich lebte und das tat gut denn mehrheitlich leben wir im Moment im Sog der Krankheiten und merken kaum, dass es links und rechts noch ein echtes Leben gibt.

Es war aber auch eine Situation wo ich merkte, dass Willy’s Welt anders war als meine. Wo er weit tiefer im Sog der Klinik und der Therapien steckte als ich, ich konnte abschalten und geniessen, er war weit näher an seinem Tod als ich, denn ohne Sauerstoff ging ja gar nichts mehr. Ich konnte trotz Schmerzen und Lähmungen einfach nur zu Zweit sein, die Herausforderung der Natur die vor mir stand und ich. Willy hingegen wurde mit jedem einzelnen Atemzug an seine Grenzen gebracht. Denn wenn das Atmen schwer ist und man Atemnot hat, kann man leider gar nichts geniessen, denn die Todesangst hat dich voll im Griff. Wie ein Würgegriff der sich nicht löst.

Das Laufen war richtig schön, und es wurde mir bald warm. Ja sehr warm sogar, meine Brille lief an und ich musste sie mir auf den Kopf in die Haare stecken damit ich überhaupt noch was sah.

Willy und Regula liefen vor mir, so hatte ich Willy unter Kontrolle, ach blödsinn, ich musste ihn ja nicht kontrollieren, aber ich hatte ihn im Auge, ich sah sofort wenn etwas nicht stimmen sollte. Das war sehr beruhigend für mich, so konnte ich rasch reagieren.

So liefen wir den Hügel hoch.......

Tief im Schnee leicht einsinkend und Spuren hinterlassend.



FORTSETZUNG FOLGT .....

Alles liebe eure Liz im halben Doppelpack mit Willy im Herzen
__________________
***

Willy 54 J. LK Pancoast Tumor Adeno. ES 8/02 ED 11/02, Radio-Chemo, Op. 2/03 seither Teilgelähmt, O2-abhängig
Liz MS im Rolli. Gebärm.ca. 8/05
Mami 10.4.1934 - 7.9.2009
inoper. Hirntumor 10/07, Blasenkrebs 1/09
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  #770  
Alt 01.02.2006, 12:20
Beate D. Beate D. ist offline
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Standard AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972

Danke. liebe Liz, das du uns bei all deinem Kummer noch an diesem wunderschönen Erlebnis teilhaben läßt! Irgendwie kamen mir gerade die Tränen beim Lesen....ich knuddle dich ganz feste und schließe euch beide ganz feste in meine Gebete ein
Herzlichst Deine Beate, die Freiburgerin
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  #771  
Alt 01.02.2006, 18:49
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Sigi1 Sigi1 ist offline
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Standard AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972

Auch ich meine liebe Liz bin sooo gerührt von euren Erlebnissen das mir die Tränen über die Backen kullerten.
Es ist so wunderbar zu lesen wie ihr die Zeit dort genossen habt.
Trotz eurer Gebrechen die euch ständig einholen seid ihr so zuversichtlich und so eng miteinander verbunden,das grenzt schon an etwas Überirdisches.
Ich wünsche euch von ganzem Herzen das ihr noch viele so schöne Überaschungen machen könnt.
Das ist sooo spannend mit deinen Fortsetzungen,so als ob ich eine Zeitschrift abonniert habe und eine Romanze verfolge, die nie enden soll.
Freue mich schon auf den nächsten Teil.

Sei in den Arm genommen und gedrückt von mir

herzlichst Sigi
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  #772  
Alt 02.02.2006, 11:27
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atebete atebete ist offline
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Standard AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972

Meine liebe Liz,

ich weiß nicht, was ich sagen soll - so wunderschön hört sich Eure Silvestergeschichte an.
Ich kann nur Danke sagen, dass wir sie mit Euch zusammen erleben dürfen.
Take care, viele liebe Grüße an Willy und die Kids samt Anhang.

Eure Beate
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  #773  
Alt 06.02.2006, 01:29
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Standard AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972

EINSIEDELN - FORTSETZUNG 3 ....



Plötzlich blieb Willy stehen, dann Regula und dann auch ich. Das Schlusslicht der Betreuer blieb auch stehen.

Ich ahnte Ungutes….

… und die bewahrheitete sich.

Wir waren noch keine 500m den Hügel hoch gelaufen, als Willy keine Luft mehr bekam.

Er versuchte sich wieder zu fangen, drehte den Sauerstoff aufs Maximum (8lt) und lief nach einer Pause weiter, kaum ein paar Meter weiter musste er sich eingestehen, dass er es nicht schaffen würde die 1,5 Stunden mitzuhalten.

Ich dachte zuerst er wollte sich sein Schal vor den Mund legen, damit er nicht die kalte Luft einatmete.

Leider wurde mir nur allzu deutlich bewusst, dass Willy nun doch massiv abgebaut hatte und er echt nicht mehr in der Lage war den Weg zu gehen. Man musste ja beachten, dass er ja erst knapp eine Woche zuvor nach seiner Lungenentzündung aus der Klinik entlassen wurde. In diesem Moment kam eine Panik in mir hoch. Soll dies doch nun der Anfang vom Ende sein? Nein das wollte ich nicht zulassen und doch wusste ich, es gibt Mächte die sind einfach Mächtiger als unser aller Wille und unsere Liebe.

Ich stand da und wusste nicht was ich machen sollte, sollte ich auf das Erlebnis im Schnee verzichten und mit ihm zurück zum Lager gehen. Sollte ich ihn motivieren, vielleicht mit dem Schal vor dem Gesicht doch weiter zu machen, er braucht ja doch immer wieder mal ein Tritt ins Allerwerteste um weiter zu machen (war schon ein Problem bevor er krank wurde). Oder sollte ich ihn alleine wieder ins Lager gehen lassen im wissen ich weiss nicht wie es ihm wirklich geht, könnte ich da wieder abschalten und den Rest des Weges geniessen so wie er für uns angefangen hatte. Oder sollten wir das Ganze abbrechen und ins Hotel zurückgehen.

Ich wollte ihm keinen Druck ausüben oder gar Schuldgefühle auferlegen, dass er auf Biegen und Brechen die Tour machen muss, ich wollte auch nicht verantwortlich sein, dass er wegen mir es durch gestanden hat und so sich eine Lungenentzündung zu zog. Obwohl ich weiss ja, es gibt nichts, aber gar nichts was diese Lungenentzündungen aufhalten würden.

Meine Gedanken kreisten.

Ich war verwirrt und enttäuscht, ja unheimlich wütend, dass sogar hier, weit weg von der Klinik, die Krankheit unser Leben, mein Traum des speziellen Silvesters, mein Geschenk an Willy durch den Krebs zerstört wurde. Ich hasste ihn, diesen Krebs, dafür, denn er nahm uns alles, wirklich alles was für uns Leben bedeutet. Er war nicht einfach nur im Begriff meine grosse Liebe seit 3,5 Jahren zu zerstören und ihm sein Leben scheibchenweise zu nehmen, nein er war in der Lage das was wir zum Leben brauchten, eben solche Erlebnisse zu nehmen. Ich wollte ihm an sich gar nicht klein preis geben. Sondern ich wollte diesem ständigen Nehmen meines Lebens und das von Willy und den Kids endlich entziehen und einfach das Leben wieder spüren, aber es ging nicht - er war die Macht die uns kontrollierte, die Ohnmacht die Unmacht. Eine Kontrolle die wahrscheinlich nicht nur bis zum Tod, sondern auch danach noch lange andauern wird. Ich bin kein Mensch des Hasses, aber den Krebs hasse ich, ich kann mich nicht damit befreunden, zuviel zerstört er.

Ich musste mir auch eingestehen, dass ich in diesem Moment nicht selber entscheiden konnte, ich musste es Willy überlassen, denn er spürt seine Grenzen und wir müssen uns ihm anpassen. So schlug ich ihm die Vorschläge vor die ich in Gedanken schon durchspielt hatte. Auch wenn ich enttäuscht gewesen wäre hätte ich es verstanden und respektiert wenn er gesagt hätte, er will zurück zum Lager oder gar ins Hotel. Ich wollte ihm keinen Vorwurf machen wenn ich nun auch abbrechen hätte müssen, für mich war wichtig er konnte wenigsten 500m geniessen und hat dieses Erlebnis erleben dürfen, wenn auch nur sehr kurz.

Also entschied ich nichts zu sagen ausser den Vorschlägen und mal abzuwarten was er selber dazu meinte.

Tief im Herzen hat er sich schwerstem Herzen aber schon längst, auch wenn es sich nur um einige Minuten handelte entschieden…

Willy ging zurück zum Lagerfeuer in Begleitung eines Betreuers……

Er wollte nicht dass wir die Tour abbrechen, er wäre ja in Sicherheit, dort gebe es Leute die ein Auto hätten und mich im Notfall holen könnten und andere würden ihn in die Klinik bringen falls was sein sollte. Und, ja wir waren ja immer im Herzen miteinander verbunden, denn ich spüre immer wenn es ganz schlecht geht, da muss ich nicht bei ihm sein, und wir hatten unser Handys dabei.

Er nahm mich in den Arm, küsste mich und sagte mir ganz leise ins Ohr, dass er es nicht mehr schaffte. Ich sagte nur, er soll sich nicht einen einzigen Vorwurf machen, denn das wichtigste im Leben ist es doch es zumindest versucht zu haben und das hat er. Er sagte aber auch ich solle es für ihn geniessen und alle Details ihm erzählen und mit ihm teilen. Das tat mir unheimlich weh, denn ich wollte mit ihm diesen Weg gehen des Entdeckens, einen Weg auf dem ich zu ihm sagen konnte, du schau mal da rüber ist das nicht schön. Ich wollte Fotos machen zumindest und diese mit ihm teilen.

Er kehrte um ….

Lief langsam wieder runter in Richtung Bauernhaus und Lagerfeuer, unseren gemeinsamen Spuren entlang.

Mir wurde sehr schmerzlich bewusst, dass wir irgendwann einmal genau wie jetzt, vor dem Wechsel des Weges, des Umkehrens und Weitergehens stehen werden, und einer wird neue unsichtbare Spuren machen, denn seine Spuren in diesem Leben werden enden im Irgendwo, Irgendwann und Nirgendwo. Und der andere wird alleine den gemeinsamen Spuren wieder zurückgehen in ein Leben ohne den anderen und in ein Leben wo neue Spuren gelegt werden müssen. Mir kommt das Gedicht von den Spuren im Sand und den fehlenden Spuren als Gott uns trägt in den Sinn. Wie wahr sind diese Worte auch ohne Glauben an Gott. Vier Spuren gehen gemeinsam durch das Leben und plötzlich sind es nur noch zwei.

Regula und ich standen da……

…. Ganz allein, ja allein gelassen, einsam und voller Angst und Schmerz. Unsere Herzen schrieen „Warum, warum nur?“ Und doch einmal mehr bekamen wir keine Antwort.

…. wir beide standen da mit unseren Ängsten und Gedanken, wie verlorene Kinder auf dem Rummelplatz oder auf der Skipiste. Nein es war mehr, wir waren wie 2 kleine Insekten auf einem riesen Planeten ganz alleine und wussten wir müssen weiter, wussten aber nicht wohin. Jeder von uns 3en hing seinen Gedanken nach, Willy nahm seine mit und wir beide standen da und versuchten das Geschehene zu fassen um dann die anderen einzuholen.

Mir wurde richtig bewusst wie schwer es auch für Regula sein muss, eine wunderschöne Freundschaft ist am aufkeimen und im selben Moment musste sie Loslassen und Zusehen wie Willy seinen eigenen Pfad gehen muss und wir ihn verlieren werden. Sie realisierte, dass unsere Freundschaft aus dem Jetzt besteht und morgen vielleicht nur noch eine Freundschaft der Erinnerungen und aus Zweien bestehen würde. Es tat so weh.

Ich selber hing den Gedanken nach, dass es einen Schritt mehr in Richtung Abgrund oder Ende war… unweigerlich und unaufhaltsam. Wie ich dieses scheibchenweise Abschiednehmen verfluchte und immer wieder hoffte, dass mich diese Gedanken nicht weiter verfolgten, ja sogar beherrschten. Das einmal mehr Wahrhaben müssen, dass unsere Welt nicht mehr das war was sie war ist die Hölle und doch haben wir in diesen 3,5 Jahren soviel anderes erleben dürfen was wir vielleicht ohne Krebs nie erlebt hätten. Schon paradox dieser Gedanke und diese Erkenntnisse. Es stimmt einfach nicht und war für Fremde oder Aussenstehende nur schwer zu verstehen. Nur Menschen die in der selben Situation sind wissen um was es geht und was ich damit meine.

Ich dachte an Marc und Pascal, die trotz dem Krebs, vergleichbar zu uns ein unbeschwertes Leben führen dürfen, denn vieles was wir denken, fühlen oder spüren und auch erleben ist weit entfernt von ihrem unbeschwerten Leben des Arbeitens, Lernens, Ausgehens und mit Freunden sein, ja sogar im Rahmen ihres Lebens abgenabelt von uns ist.

Mir liefen nur noch die Tränen runter.

Niemand sah sie, spürte wie mein Herz sich wand unter dem Zugeschnürrtsein und wie es schmerzte.

Niemand sah meine Trauer. Trauer zu einem Zeitpunkt wo wir beide ja noch lebten.

Niemand wusste warum, was geschehen war, die meisten haben es nicht einmal mitbekommen was passiert war, denn sie waren weiters gelaufen und schon wieder runter ins nächste Weiher / Tal gelaufen …..

…..sie liefen einfach unbeschwert weiter.

Wir standen da mit dem „Schlusslicht“ der Gruppenbetreuer. Den Besenwischer, der normalerweise die Letzten so mitschleppten und sicherstellten, dass niemand verloren ging.

Er wusste nicht was los war, und ich vermochte ihm noch nicht erklären was passiert war, er merkte aber, dass ich im Moment einfach mit meinen Gedanken alleine sein musste.

Am liebsten wäre ich zu Willy zurück, und doch wusste ich, dass es Willy nicht recht wäre wenn ich nicht ginge. Ich wollte auch für ihn gehen und ihm das Erlebte zumindest erzählen und so mitteilen, ja mit ihm teilen können.

Ich hatte nicht gedacht, dass er diese kleine Strecke nicht mehr schaffen würde. Ich wusste aber auch, dass er von sich selber enttäuscht sein wird, weil er es nicht mehr packte. Er hat doch das Ziel im Sommer noch mal den Gotthard hoch zugehen, es rückt in schier nicht erreichbare Ferne. Es ist ihm doch so wichtig im Frühjahr/Sommer die Wanderung noch einmal zu machen.

Ich kam oben an, sah noch einmal zurück af die Spuren von Willy und wie Willy ganz weit weg als kleiner dunkler Tupf auf dem Schnee seinen eigenen Weg ging …. Ohne mich.

Das Hadern überkam mich und für die nächsten Minuten konnte ich mich dem so richtig hingegeben, ich war selten so nahe und doch so entfernt von dem was man Gott oder Glaube nannte. Es gab nichts zwischen mir und „ihm“, es gab keine Möglichkeit für „ihn“, dass er sich meinen Gedanken und Fragen nicht stellte, denn ich war unter freiem Himmel und oben auf einem Hügel. Es waren nur „er“ und ich da. Und doch meine Fragen blieben unbeantwortet ja ich würde sogar sagen unerhört, einmal mehr. Nur ich war befreit, denn ich legte los, ich lief ja ganz alleine und so konnte ich reden, nicht laut aber doch vor mich hin reden. Ich konnte weinen und meine Angst über das was noch kommen soll wich wieder der Freude die Natur in diesem Kleid und Stimmung zu sehen.

Unten im nächsten Tal oder Tälchen, warteten die anderen auf mich, Regula gab mir Tipps wo und wie ich den doch relativen steilen Hang runter laufen sollte, damit ich es schaffte. Sie wusste ja was mit mir war und dass ich sonst meinen Rollator hatte. Alle anderen wussten das nicht, weil ich ihn im Hotel stehen liess! Ich kam nur mit den Wanderstöcken. So sah niemand wirklich dass ich behindert war, ausser dass ich mich entweder am Stock fest hielt oder an Gegenständen und Wänden entlang schlich. Ich habe bei der Anmeldung nichts gesagt, dass wir behindert sind oder dass Willy Krebs hat, mit dem Ziel einfach als Teilnehmer dabei zu sein wie jeder andere auch und einmal nicht auffallen zu müssen. Im Dunkeln ist das einfacher möglich als sonst.

Als ich da oben auf dem ersten Hügel stand und das Nachtpanorama des ganzen Horizontes sah mit dem in der Dunkelheit hell erleuchteten Himmel war für mich ein lang gehegter Traum in Erfüllung gegangen, ein Traum vom dem ich wusste es war auch meinem Willy sein Traum.

Es gab keine Ecken und Kanten in der Landschaft, der Schnee hatte ja alles so sanft eingehüllt, dass es wie in Watte gepolstert wirkte.........

Ich vermisste meinen Willy an meiner Seite, ich wollte doch so geren diese Schönheit, diese Momente der Einkehrung, der Krafthschöpfung und des Geniessens der Natur mit ihm teilen. und nun stand ich da ganz alleine. ich wie im Sekundenfilm kam mir der Gedanke ob das nun bald auch so weiter gehen will, dass ich alles nur noch im Halben Doppelpeck machen muss und er nichts mehr mit mir teilen kann oder darf. Wird das so sein wenn er nicht mehr bei mir ist.... ich fürchte mich vor diesen Momenten dieser Leere und des Nicht-mehr-mit-ihm-teilen-können. Ein Leben ohne ihn, einfach furchtbar diese Vorstellung.



Fortsetzung 4 folgt .....

Alles Liebe eure Liz und Willy im wieder vereinten Doppelpäggli
__________________
***

Willy 54 J. LK Pancoast Tumor Adeno. ES 8/02 ED 11/02, Radio-Chemo, Op. 2/03 seither Teilgelähmt, O2-abhängig
Liz MS im Rolli. Gebärm.ca. 8/05
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  #774  
Alt 06.02.2006, 12:20
AnRo AnRo ist offline
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Standard AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972

Liebe Liz,
konnte deine Gefühle 1:1 nachempfinden. Auch ich denke bei jeder Unternehmung, die ich alleine anstellen muß - auch wenn sie noch so schön ist - alleine ist es nur die Hälfte Wert. Die Angst, dass es irgendwann für immer so sein wird und die riesige Wut, dass man den endlich gefundenen "für mich Richtigen" verlieren soll...
Ich stehe mit dir im Schnee und umarme dich in tiefer Verbundenheit.
Annette
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  #775  
Alt 06.02.2006, 12:53
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972

wunderschoene worte liz.
traurig,wunderschoen und einzigartig zugleich.

Ylva
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  #776  
Alt 06.02.2006, 15:18
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Sigi1 Sigi1 ist offline
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Standard AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972



Liebe Liz,

du hast dich wieder mal übertroffen...nur diesmal hat es mich noch mehr gerührt...die Tränchen waren wieder da,aber keineswegs schäme ich mich dafür.
Ach, warum spielt das Leben so...ihr habt es doch wirklich nicht verdient.
Wenn ich euch nur helfen könnte, aber mehr wie eine Kerze anzünden und immer in Gedanken bei euch sein geht nicht.
Wäre ich eine gute Fee, so hättet ihr einen Wunsch frei...ich denke einer würde euch voll ausreichen,gell.Das einfach alles so wie Früher wäre.
Ich umarme euch beide

eure Sigi
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  #777  
Alt 07.02.2006, 11:13
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atebete atebete ist offline
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Standard AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972

Hallo Liz,

ich wollte nur einmal

sagen, danke dass wir an Eurem so einfühlsam beschriebenen Silvestererlebnis teilhaben dürfen. Genau wie die anderen bin ich auf die Fortsetzung gespannt.
Weiterhin alles Liebe und gute
Eure Beate
__________________
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  #778  
Alt 13.02.2006, 00:22
Liz und Willy Liz und Willy ist offline
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Standard AW: Bye bye Dad, I love you .... Alfred 16.2.1972

Darling Daddy

Gestern vor 3 Jahren musste Willy für seine Lungen Op. in die Klinik eintreten, nach dem wir echt darum gekämpft haben, dass er überhaupt noch operiert wird.

Wie nun die Erinnerungen wieder hoch kommen, die ganzen Gefühle und Ängste die wir damals hatten und teilweise immer noch haben. Heute ist die Panik weg, es ist zu einem Teil des Lebens geworden mit diese Angst leben zu müssen.

Gestern vor 3 Jahren begann die neue Zeitzählung die Tage noch vor der Operation und die Zeit danach. Er trat ein Tag 2 vor der Operation, und wenige Stunden erfuhren wir, dass dieser Tag 2 Vor der Operation plötzlich zum Tag 3 und Tag 4 und 5 wurde, die Operation wurde immer wieder um einen und wieder einen Tag verschoben.

Es war aber auch die Zeitrechnung des letzten Tages als normales Ehepaar. In der Zeit als er damals in der Klinik lag, schlief ich in seinem Bett, eng auf mich liegend sein vom ihm getragener und nach ihm riechenden dunkelblauen Wollrollkragenpullover, denn ich knuddelte wie ein Plüschtier, irgendwie wollte ich etwas von ihm mir ganz nahe haben. Es war die Zeit des Abschiednehmen einer egsunden normalen Partnerschaft, denn die Befürchtung die ich hatte bewahrheiteten sich, er kam nicht mehr so heim wie er war, und er würde auch nie mehr so sein wie er einmal war, so wie ich mich in ihn verliebte und ihn heiratete. So ist es bis heute nicht mehr möglich ihn so in den Arm zu nehemn wie früher, man muss immer aufpassen, dass man ihm keine Schmerzen verursacht. Auch unsere "körperliche" Beziehung wurde anders, es war plötzlich gar nicht mehr wichtig, es gab weit wichtigeres im Leben als das. Und doch war die Zeitrechnung danach noch erfüllter als sie vor der Op. war. Komisch ist aber so. Ist auch sehr schwer zu erklären.

In der Klinik dann wollten sie die ganz normalen Untersuchungen für eine Op. machen, dann kamen immer mehr und was im Normal für eine Op. nicht in die Routine gehört. Es wurde uns bewusst es handelt sich nicht um einen Routineneingriff.

So wurden neben den Laboruntersuchungen und EKG auch ein neues PET, neues MRT, CT, Angiogramm und vieles mehr gemacht, zudem 22 Blutkonserven für die Op. gerichtet. Es gab Abklärungen und Gespräche mit der Thorax-Chirirugie, Neurodchirurgie, Orthopaeden und der Gefässchirurgie, denn alle 3 Disziplinen mussten mit operieren.

Am Heiligabend liessen die Docs mich wissen, dass er noch 2-3 Monate hat und es nicht mehr operiert wird, keine 3 Wochen vor Weihnachten sagte uns der Pneumologe, dass er für die Operation nur 5-6 Tage drin wäre und er ohen weiteres an der Fasnacht teilnehmen könnte ..... dabei konnte er in Wahrheit am Tag der Basler Fasnacht nicht einmal alleine aufstehen, geschweige denn daran teilnehmen - er war auf den Rollstuhl und Sauerstoff angewiesen und erhielt seine Blutkonserven eingeflösst in die Vene.

Er ging so zuversichtlich rein, in der Annahme er packt es locker vom Hocker.

Die Op. war für den 13.2. geplant.

Operiert wurde dann mit eienr Woche Verzögerung am 19.2.2005 - sie benötigten die Zeit um alle weitere präoperativen Abklärungen zu machen.

Panik kam mir von Tag zu Tag immer mehr auf, in der Hoffnung, dass es nicht hiess sie würden an deinem Todestag operieren - ich hätte es wahrscheinlich nicht gepackt wäre die Op. am 16.2. an deinem Todestag und am Geburtstag deiner Mutter, meiner geliebten Omi gewesen. Auch wenn ich wusste, dass es nur ein Tag von vielen war, so wollte ich nicht, dass an deisem tag etwas mit der Op. schief geht und er vielleicht sogar am gleichen Tag wie du und an der gleichen Krankheit wie du stirbt.

So allmählich wurde mir nur allzu deutlich bewusst, dass es nicht so eine Op. sein wird wie der Pneumologe uns gesagt hatte - er meinte nach 5-6 Tagen sei Willy wieder daheim. Willy trat in die Klinik und brachte die Docs zum Lachen , ja richtig zum Grinsen - so berichtete er wie das ganze anfing als der Arzt die Aufnahme machte und die ganzen Angaben haben wollte. Willy wurde vom Doc gefragt wie er sich im Moment fühlte, seien Antwort war ganz lakonisch "ich bin pumperlgsund, es geht mir sehr gut - ich habe nur Krebs!". Und schon hatte niemand mehr Wind in den Segeln!

In den Nächten bevor er eintrat bereitete ich sein Kraftbuch vor, ein grosses leeres Fotoalbum wo ich die bereits erhaltenen Genesungswünsche, Glücksbringer (der Anfang der Marienkäfersammlung), Gedichte, Kinderbilder, Fotos, Schoggikäfer, Feder, gepresste Blumen etc. eingeklebt. Vorne schrieb ich eine Einleitungsseite mit Fotos von Einsiedeln, der Kapelle in Kärnten und der Kirche in Rudolfstetten. Mein Gedicht an ihn war eingeklebt und ein Couvert mit einem Brief an alle zukünftigen Kraftspender, also den Schreibern. Ich malte ein paar Bilder rien und klebte Fotos dazu von den Kids, seinen Eltern, seiner Schwester und alle die ihn liebten, damit er spürte alle waren da für ihn.

Als er dann in der Klinik sein Zimmer bezog, überreichte ich ihm ein fast leeres Buch - zumindest im Vergleich zum Buch danach!!! Ab dann wurde es von allen unterzeichnet und ausgefüllt. Es füllte sich im Nu zu einem übervollen Buch, welches ich mit einer Kordel nun zu binden muss, damit ja nichsts verloren geht.

Es war das erstemal, dass wir getrennt wurden im Wissen es klönnte auch sein, dass er nie mehr heim kommt. Denn sie beurteilten die Lage immer noch als inoperabel, mussten aber operieren, weil der Tumor nur 2mm vom Rückenmark entfernt war und eine hohe Querschnittslähmung, eine sogenannte Tetraplegie ab Höhe C5 drohte. Ja nun wussten wir es, kaum 14 Stundne vor der Op. wurde uns mitgeteilt, es wird nur operiert, um zu verhindern, dass er mit Beatmung im Rollstuhl sitzen muss. Willy liess diese Info nicht mehr an sich heran, er hatte eine Schutzmauer aufgebaut, ich hingegen war zerstört, lief wie ein verlorenes, verängstigtes und verwirrtes Kind im Trance herum, nahm nichts oder kaum was wahr, was um mich herum geschah.

Ich nahm in diesen Tagen vor der Op. täglich immer mehr von unserem Leben Abschied. Die nächste Phase des "Scheibchenweise Abschiednehmen" begann.

Die Horrorfahrt, die Höllenfahrt des Lebens mit Krebs begann, nachdem ich dachte, dass die Erstdiagnose, Chemo und Bestrahlung schon die Hölle waren. Ich dachte im ernst, wie ein unschuldiges Lamm "Kann es überhaupt noch schlimmer werden?".

Ja es kann und es wurde auch schlimmer....

Diese Erinnerungen werden mich wahrscheinlich bis in meinen eigenen Tod verfolgen.

Daddy darling, und du hast es auch hinter dich bringen müssen, warum nur? Warum nur?

Du fehlst mir sehr, gerade jetzt, naht doch dein Todestag unaufhaltsam zum 34. Male.

I love my darling Daddy, it hurts so much, even after 34 years. Dini Gigaxel
__________________
***

Willy 54 J. LK Pancoast Tumor Adeno. ES 8/02 ED 11/02, Radio-Chemo, Op. 2/03 seither Teilgelähmt, O2-abhängig
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  #779  
Alt 14.02.2006, 11:00
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Sigi1 Sigi1 ist offline
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Meine liebe Liz,

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Sigi
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  #780  
Alt 14.02.2006, 21:57
kimaugust kimaugust ist offline
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Hallo, Liz

eine erschütternde und ergreifende (Teil) Geschichte.

Wo , um alles in der Welt , nimmst Du Deine Kraft nur her ?

(Für Deinen jetzigen Fernsehauftritt drücke ich Dir beide Daumen)

in Demut Jürgen
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meine Schwester Gedenkseite - Place of Memory 2 15.02.2004 00:12


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