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  #1  
Alt 16.05.2017, 21:30
Annelie1984 Annelie1984 ist offline
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Registriert seit: 16.05.2017
Beiträge: 12
Standard Von stiller Mitleserin zur Hinterbliebenen

Seit Jänner bin ich eine stille Mitleserein, doch jetzt hat der Krebs mein Leben verändert...
Bei meiner geliebten Tante (66) wurde im Juli 2016 durch Zufall Lungenkrebs entdeckt (nach einer Venenentzündung). Genaues Stadium war mir nicht bekannt und eigentlich auch egal, denn ich dachte mir: ok, kriegt sie ein paar Chemotherapien und gut ist es (hört man ja von den anderen immer). Tumor nicht operabel, aber noch nicht gestreut.

Tapfer ertrug sie Chemo um Chemo, oft stimme das Blutbild nicht (thrombos zu niedrig). Nie jammerte sie, meisterte ihren Alltag. Nie im Leben dachte irgendjemand daran, dass es schlecht ausgehen könnte. Sie selbst strotzte nur so vor positiver Energie.

Im Jänner heuer plötzlich Lähmungserscheinungen in der Hand und im Bein. Das CT ergab Metastasen im Gehirn... Und da begann mein Abschied Stück für Stück.
Ich erinnere mich an eine Nacht, wo ich unter anderem auf dieses Forum stieß. Ich recherchierte halbe Nacht und die Berichte waren niederschmetternd. Ich weinte sehr viel und war verzweifelt, aber Wunder gibt es immer wieder.

Es folgten Bestrahlungen und sie war weiterhin voll positiver Gedanken, obwohl sie kaum noch gehen konnte. Sie schmiedete Pläne, als wär sie nicht betroffen. Sie holte sich immer das Positive aus allem raus.

Im März folgte die Einlieferung in eine Lungenklinik zur "stationären Physiotherapie ". Ich glaubte daran, bis wir sie besuchten und auf die Palliativstation kamen. Mir brach es das Herz. Jegliche Hoffnung zerbrach in mir. Sie dachte noch immer das Beste, bis ihr die Ärzte die Augen öffneten.

Sie wurde dann zuhause gepflegt, ihr ging es vor 3 Wochen richtig gut. Vor einer Woche begann ihr sterben. Wollte nichts mehr essen, war ernster als sonst. Und am Freitag ist sie dann nach 24 Stunden mit Morphinpflaster für immer eingeschlafen....

Ich bin sehr traurig, dennoch nicht ständig am Weinen. Das macht mir ein bisschen Angst. Ist es, weil ich davor schon viel weinte? Oder weil ich eine kleine Tochter hab, die mich so ablenkt?
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  #2  
Alt 16.05.2017, 21:45
Clea Clea ist offline
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Registriert seit: 13.01.2017
Beiträge: 561
Standard AW: Von stiller Mitleserin zur Hinterbliebenen

Liebe Annelie,

willkommen bei uns, trotz allem.
Ja, das mit dem Weinen ist so eine Sache.
Ich habe in den unmöglichsten Situationen geweint,
aber da, wo es angebracht gewesen wäre, da nicht.
Am offenen Grab meiner Mutter war ich wie betäubt,
bei Edeka an der Kasse kullern plötzlich Tränen.
Manchmal dachte ich, jetzt bin ich einfach leergeweint,
da kann nichts mehr kommen.
Oft abgelenkt, kommt abends im Bett dann das Nachdenken.
Und dann kommen auch wieder Tränen.
Heute, nach zwölf Wochen, habe ich solche Momente, die mich tagsüber
einfach so überfallen, eigentlich nicht mehr.
Abends und nachts, naja.
Der Alltag mit einem Kind kann einem über manches hinweg helfen.
Lass dich einfach mitziehen. Die Welt dreht sich weiter und gerade kleine Kinder
machen es einem leicht, sich mitziehen zu lassen.
Und ist es anfangs auch wirklich so, dass du gezogen wirst, nach einiger Zeit
wirst du merken, dass du wieder selbst Schritte machst.
Mein aufrichtiges Beileid zum Verlust deiner Tante.
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  #3  
Alt 16.05.2017, 23:10
Annelie1984 Annelie1984 ist offline
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Registriert seit: 16.05.2017
Beiträge: 12
Standard AW: Von stiller Mitleserin zur Hinterbliebenen

Danke für die lieben Worte... vielleicht bin ich auch noch in dem "Verdrängungsmodus". War zwar schon bei ihr im Haus und auch in ihrem Zimmer, aber da sieht ja noch alles so aus, als würde sie bald wiederkommen... seit Jänner könnte sie nicht mehr am Familienleben teilnehmen, so wie früher (Ausflüge, Mittagessen). Daran haben wir uns mit der Zeit auch gewöhnt! Das machts jetzt vielleicht auch ein wenig leichter.

Am Donnerstag ist ihre Beerdigung. Vor der fürchte ich mich. Ich habe mir diese ganzen Szenen schon so oft im Geiste ausgemalt. Mit jedem Mal, wo uns die Hoffnung genommen wurde, hab ich mich irgendwie verabschiedet...

Viele Beiträge im Forum haben mir eine Aussicht gegeben, was passieren könnte. War dann auch so. Bin dankbar, dass sie fast bis zum Ende ansprechbar war und alle erkannt hatte...
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  #4  
Alt 17.05.2017, 09:32
Wolle2 Wolle2 ist offline
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Registriert seit: 23.10.2016
Ort: Berlin
Beiträge: 366
Standard AW: Von stiller Mitleserin zur Hinterbliebenen

Liebe Annelie1984.

Ich möchte Dir mein Beileid zum Heimgang deiner Tante aussprechen und wünsche dir viel Kraft für den morgigen Tag.
Nimm von Deiner Tante noch einmal Abschied. Man ist ohnehin wie betäubt und funktioniert nur noch mehr oder weniger gut.
Du hast noch eine kleine Tochter, um die du dich kümmern musst. Für sie musst Du zwangsläufig stark sein.
Lass ansonsten Deinen Tränen ihren Lauf, unabhängig davon, wann und wo dir danach ist.
Ich hatte siebzehn Jahre Zeit, den Verlust meiner Mutti zu verarbeiten. Trotzdem komme ich noch heute in die Lage, dass mich die Erinnerung an die gemeinsam gelebte Zeit übermannt und dann die Tränen rollen.
Da ich 24 Stunden von fremden Menschen umgeben bin und mein Bewegungsraum auf einen Meter begrenzt ist, kann es durchaus passieren, dass ich dabei erwischt werde.
Bekommt man dann herzige Kommentare in der Art "warum weinen Sie, es gibt keinen Grund", so kann ich nur denken: Wie gut, dass es Menschen gibt, die das so genau wissen. Ein Glück für solche Menschen, dass ich nicht mehr sprechen kann. Eine passende Antwort wäre gewiss.

Viel Kraft für Dich und ein stiller Gruß.
Wolle2.
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  #5  
Alt 17.05.2017, 13:00
Dirk_Berlin Dirk_Berlin ist offline
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Ort: Berlin
Beiträge: 147
Standard AW: Von stiller Mitleserin zur Hinterbliebenen

Liebe Annelie,

mein herzliches Beileid. Ich wünsche Dir viel Kraft für morgen.
Ich kann Dich verstehen. Ich hatte damals auch Angst vor dem Tag der Beisetzung und hatte mir immer gewünscht ihn hinter mir zu haben. Heute wünschte ich, den Tag nochmal mehr greifen zu können und die Nähe und Liebe zu Mam, welche ich an dem Tag gespürt habe, noch mehr aufzusaugen.

Unser Leben geht trotzdem weiter und wir müssen weiterleben. Meine Mam hätte nie gewollt, dass ich jetzt mich verkrieche. Ich denke jeden Tag an meine Mam und vermisse sie auch jeden Tag. Ich gehe regelmäßig zu ihrem Grab und zünde eine Grabkerze an. Das ist für mich sehr wichtig und dann spüre ich immer noch mal die Liebe und Verbundenheit zu meiner Mam. Ich genieße diese Momente immer sehr.

LG Dirk
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  #6  
Alt 20.05.2017, 23:45
Annelie1984 Annelie1984 ist offline
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Beiträge: 12
Standard AW: Von stiller Mitleserin zur Hinterbliebenen

Jetzt ist die Beerdigung auch schon 2 Tage her. Es war eine schöne Beerdigung, wahnsinnig viele Leute waren da. Wir weinten viel, aber das ist ja ok...

Gestern ging's mir nicht gut. Mit der Beerdigung wurde das Ganze endgültig.

Ich war wieder meinen Onkel besuchen. Er und meine Cousine tun mir so unendlich leid, dass es mir fast das Herz zerreißt. Haben jetzt ein riesen Haus für sich alleine, an jeder Ecke lauert eine Erinnerung an meine Tante... und trotzdem wird sie nicht mehr kommen.

Ich hätte ihr schon wieder so viel zu erzählen und würde gerne Ihre Antwort hören. Sehr oft denke ich: "Ui das muss ich ihr dann erzählen oder sie etwas fragen." Ach könnte sie doch bald wieder bei uns sein!!!!! Statt zu ihr ans Bett gehen meine Tochter und ich an ihr Grab. Dort ruht sie erst 2 Tage und es werden noch so unendlich viele folgen
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  #7  
Alt 25.05.2017, 18:34
tatus tatus ist offline
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Beiträge: 94
Standard AW: Von stiller Mitleserin zur Hinterbliebenen

Annelie, von mir auch herzlichen Beileid. Das mit dem erzählen wollen, kenne ich, es passiert so viel und ich denke dann auch, das muß ich meinem Mann erzählen, doch er ist ja nicht mehr da. Ich habe die Seebestattung noch vor mir am Dienstag, je näher der Termin kommt, umso schlechter geht es mir.
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  #8  
Alt 25.05.2017, 20:28
Annelie1984 Annelie1984 ist offline
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Registriert seit: 16.05.2017
Beiträge: 12
Standard AW: Von stiller Mitleserin zur Hinterbliebenen

Das tut mir leid mit deinem Mann die Zeit bis zur Bestattung ist auch eine komische. Wirklich weg ist der geliebte Mensch noch nicht. stell ich mir auch nicht einfach vor, wenn du dann keine "Anlaufstelle" hast, wo du ihn besuchen kannst. Wobei wenn ich am Grab von ihr stehe, kommt mir das immer so unwirklich vor...
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