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  #1  
Alt 28.02.2014, 20:54
Triangel Triangel ist offline
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Standard AW: Hospiz - Segen und Fluch?

Hallo Prissi,

wir bekamen an einem Mittwoch vormittag die Info, dass meine Mutter am folgenden Freitag um 11 Uhr aufgenommen werden konnte.

Konkretes Datum, konkrete Uhrzeit... jetzt war es soweit... ich habe den ganzen Nachmittag geweint, weil ich immer wieder daran denken musste, wie schlimm das jetzt für meine Mutter sein muss.
Ihre so liebgewonnene Wohnung verlassen, zu wissen, jetzt geht sie ins Hospiz, wo "man reingeht und wieder rausgetragen wird".

Sie war so tapfer, immer so munter, stets optimistisch, hat so sehr um noch ein bisschen mehr Zeit gekämpft und nun doch das Hospiz.
Es war kaum auszuhalten.

Dann kam der Freitag.
Meine Mutter war schon sehr schwach, konnte selbst ihre Tasche nicht mehr packen.
Ich habe nur das Allernötigste eingepackt unter dem Hinweis, andere Sachen können wir ja immer noch holen fahren (das Hospiz war nur 6 km entfernt).

Irgendwie wollte ich ihr das Gefühl geben, noch mit der Wohnung verbunden zu bleiben.
Wir Kinder haben gesagt, wir können dich ja jederzeit ins Auto packen und wieder herkommen.

Als wir dann gingen, sie also die Wohnung verließ, es war ja doch klar: für immer, da ging sie ohne sich umzuschauen.
Später sagte sie, das gute Gefühl in der eigenen Wohnung hätte ja schon in dem Moment aufgehört, als sie sich nicht mehr selber versorgen konnte.
Was würde ihr denn die eigene Wohnung nutzen, wenn ständig fremde Leute da seien (Pflegedienst, Essen auf Rädern, Therapeuten, Ärzte).

Im Hospiz hatte sie ihre eigene Bettwäsche, das war ihr ganz wichtig. Und sie fühlte sich dort sofort wohl.
War sehr froh, dass sie die Besuche von uns Kindern geniessen konnte, wir also nur für sie da sein konnten und nicht mit Besorgungen und Erledigungen abgelenkt waren.

In dem Hospiz wurde sie liebevoll betreut, so liebe Menschen dort.
Sie fühlte sich "angekommen" und "getragen" und sagte, es würde ihr soviel bedeuten jetzt zu wissen, hier bleiben zu können, kein Krankenhaus mehr, kein nervöser Pflegedienst der vielleicht den Notarzt ruft, sondern jetzt ist alles klar, alles ruhig, alles vorhersehbar, jetzt noch ganz viel schöne Zeit, dann immer schwächer werden und irgendwann einschlafen.

Leider, leider war es dann nach nur drei Wochen schon soweit.

Mein Vater ist an Krebs zuhause gestorben, er hatte es sich so gewünscht.
Meine Mutter nun im Hospiz.
Beide habe ich intensiv begleitet und muss ganz klar für mich sagen, Hospiz ist der bessere Weg.
Dort kann man uneingeschränkter für seine Lieben da sein.
Und die letzten zwei Wochen lag mein Vater im Bett und hat ja auch nichts von "der Wohnung" gehabt.
Aber wie gesagt, nur meine Meinung.

Liebe Prissi, ich wünsche dir - und auch allen anderen hier - dass Ihr einen guten Weg findet, ganz viel Kraft und alles nur Liebe und Gute.

Triangel
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  #2  
Alt 28.02.2014, 22:50
prissi09 prissi09 ist offline
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Standard AW: Hospiz - Segen und Fluch?

ich hab auch genau dieses Bild vor Augen, aus der Wohnung gehen und sich umsehen oder auch nicht. aber wissen, dass es vermutlich kein zurück mehr gibt.

Meine Mama ist so schwach, dass sie kaum mehr laufen kann. So sehr sie ihren Garten liebt, ich glaube, sie kann ihn nicht mehr genießen, aber sagen kann man ihr das natürlich nicht.

Sie quält sich furchtbar und bekommt jetzt auch Atemprobleme. Aber trotzdem gibt sie nicht auf und will erst ins Hospiz "wenn sie stirbt" Dass es bald schon so weit ist, kann sie nicht akzeptieren.

Mein Vater kann bald nicht mehr. Er steht stündlich auf in der Nacht und hilft ihr zur Toilette. Das kann leider auch mein Pflegedienst oder Palliativdienst übernehmen.

Wir haben nun besprochen, dass wir sie anmelden, aber sie entscheidet, ob und wann sie gehen will.
Ich habe sie vorhin im Bett schlafend angesehen und gebetet, dass sie gehen darf und nicht mehr ins Hospiz muss.
Es ist so grausam...
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  #3  
Alt 01.03.2014, 22:25
Wangi Wangi ist offline
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Standard AW: Hospiz - Segen und Fluch?

Ist schon komisch. Ich für mich würde mich sofort für ein Hospiz entscheiden, aber für meine Mutter würde es mir auch schwer fallen. Warum ist das so? ich möchte nicht dass meine Kinder zu mir kommen m ü s s e n, weil sie mich versorgen müssen, sie sollen lieber kommen um mich zu besuchen. Ich glaube aber meine Mutter würde das anders sehen.
Prissi, ich kann deine Zweifel sehr gut verstehen und hoffe mit dir dass dir die Entscheidung abgenommen wird

Gruß Wangi
__________________
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  #4  
Alt 05.03.2014, 01:53
Bine 60 Bine 60 ist offline
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Standard AW: Hospiz - Segen und Fluch?

Hallo prissi,

ich kann deine Zweifel sehr gut verstehen. Ich für mich selber habe entschieden, daß ich nach Möglichkeit in einem Hospiz sterben möchte. Persönlich kenne ich keines, aber ich habe generell nur gutes über die Einrichtung Hospiz gehört (sicher gibt es auch in diesem Bereich gute und schlechte Häuser).

Aber für meinen Mann kam ein Krankenhaus, und dafür hielt er auch ein Hospiz nicht in Frage. Er starb dann zu Hause.
Wir hatten einen SAPV Dienst und ich muß sagen, daß das eine gute Sache ist. Obwohl, meine Ängste und Zweifel konnten diese Menschen auch nicht nehmen. Man ist nicht vorbereitet aufs Sterben ( siehe auch mein Beitrag "So ist meine Mutter gestorben" im gleichen Forum- Palliativ, Hospiz, Fatigue, Übelkeit & Schmerzen ).

Ich wünsche Dir/ Euch für die kommende Zeit viel Kraft.

Liebe Grüße von Sabine
__________________

mein Mann: nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom // cT2a N2 M1b / Stadium IV //ED: 1.6.2012
Metastasen: linke Schulter und BWK-1 seit Juni 2012
Hautmetastase hinter dem Ohr seit April 2013

austherapiert seit 2.7.2013, seitdem wartend und hoffend

verstorben am 27.10.2013, zu Hause, in meinen Armen
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  #5  
Alt 17.03.2014, 16:59
Benutzerbild von carlchen
carlchen carlchen ist offline
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Standard AW: Hospiz - Segen und Fluch?

Möchte auch kurz meine Meinung kundtun.
Jetzt mit ein paar Wochen Abstand bin ich sehr froh über den Weg, welchen mein Mann gewählt hat. Hospiz, nein das wollte er nicht. Dort wäre es ihm zu ruhig. Auch war es ihm wichtig, daß sofort ein Arzt in der Nähe war. Er entschied sich für die Pallativstation. Als ich das erste Mal die Station betrat, war mir ganz anders.
Mein Onkel H. ist hier gestorben, es war sehr schlimm, doch die Zeiten haben sich geändert.
Letztendlich war mein Mann nur 1 Tag! auf der Station. Ich bin mir ja nicht sicher, wieviel Morphium er in sich hatte, denn er wirkte ja fast glücklich.
Er hat viele damit überrascht. Er war ein "zähes Kerlchen", so habe ich mal genannt. Aber bis zu dem Tag, wo man ihm sagte es gebe nichts mehr zu tun, außer keine Angst und keine Schmerzen.
Das war ihm sehr wichtig.
Morgen sind es 5 Wochen, es tut unglaublich weh und begreifen kann ich es nicht. Aber für später, wird es wohl ein Trost sein.
Wir vier, unsere Töchter, seine Schwester und ich waren bis zum letzten Atemzug bei ihm.
LG Carolin
__________________
Dieser Tag - ein Leben

Geändert von carlchen (17.03.2014 um 17:01 Uhr)
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  #6  
Alt 17.03.2014, 17:29
prissi09 prissi09 ist offline
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Beiträge: 188
Standard AW: Hospiz - Segen und Fluch?

Hallo Carolin,

jeder sollte so sein Lebensende verbringen, wie er es sich wünscht und wie es geht.
Meine Mutter wollte nie wieder in ein Krankenhaus. Das Hospiz konnte sie sich leider nicht mehr anschauen. Das habe ich für sie gemacht.
Und dort war es nicht ruhig. Ich empfand es als sehr "schön" dort und ich hatte auch ganz andere Vorstellungen davon.
Die Situation zu Hause war am Ende sehr belastend und wir hätten uns viel mehr "um uns" kümmern können, wäre meine Mama in einem Hospiz gewesen.

Am Ende ist sie zu Hause gestorben, wie sie es wollte und wir waren bei ihr und haben sie begleitet. Vielleicht wäre die Nacht vor ihrem Tod und auch die letzte zwei Stunden noch ein wenig leichter gewesen, hätte sie noch mehr Morphium bekommen. Sie hat schon sehr schwer geatmet und ich dachte, sie hätte Atemnot gehabt. Vielleicht war es aber auch natürlich so.
Wir wussten es nicht besser, aber sie hätte auch keine Arzt mehr sehen wollen. Vielleicht hätte sie mit mehr Morphium auch nicht mehr gemerkt, dass wir alle da waren.

Am wichtigsten ist es, dass man über sich selber noch entscheiden kann und dass wir als Angehörige versuchen, die letzten Stunden oder Tage so angenehm wie möglich gestalten zu können. Ob das immer der richtige Weg ist, ich weiß es nicht...
__________________
Seht die Blumen blühen und denkt an mich.
Ich bin in jeder Knospe, jeder Farbe, jedem Duft.
Mit jedem neuen Frühling bin ich bei Euch,
immer wieder, immer da.

copyright by K.S.
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  #7  
Alt 31.03.2015, 15:29
Löwentochter Löwentochter ist offline
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Standard AW: Hospiz - Segen und Fluch?

Hallo zusammen,
ich heiße Michaela und bin neu hier.
Meine Mutter (64) bekam Anfang Januar die Diagnose schlecht diff. Adenokarzinom in der Lunge mit Fernmetastasen in der Leber, Nebenniere und auf beiden Seiten des Beckens (die wurden zuerst entdeckt). Lebenserwartung ????.
Sie bekam 2x Chemo und 10 Bestrahlungen die leider alle nicht gewirkt haben. (Krhs Aufenthalt war teilweise der Horror)

Nach Gesprächen mit der Palliativ Ärztin hat meine Mutter beschlossen die Behandlung abzubrechen und wir haben, während Sie nach ihrem Krankenhausaufenthalt in der Kurzzeitpflege war (keine Pflege zu Hause möglich, wg. den Metas im Becken kann sie nicht mehr laufen) einen Hospizplatz gesucht.

Ich kann jedem der nicht zuhause gepflegt werden kann und eine begrenzte Lebenserwartung hat, nur empfehlen ins Hospiz zu gehen.

Seitdem die Schmerzmedikation und auch die Medis gegen Übelkeit richtig eingestellt sind, ist meine Mutter ist wieder richtig aufgeblüht und düst mit dem Rolli durchs Hospiz (war vor drei Wochen nicht möglich). Sie kann wieder viel leichter lachen und man hat teilweise den Eindruck sie ist gar nicht krank. Sie genießt alles an Pflege etc was ihr das Hospiz bieten kann (und das ist eine Menge). Die Mitarbeiter sind allesamt top !!!
Mir selber geht es mental und ums Herz rum auch viel besser weil ich jetzt weiß das meine Mutti immer jemanden hat (ich bin voll berufstätig und Mutti ist allein) falls es ihr mal nicht gutgehen sollte.

Ich sage immer 'Mutti ist im 5Sterne Hotel mit ärztlicher Pflege

Ich hoffe dass wir noch viele schöne Wochen und mehr haben

LG
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