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  #1  
Alt 16.07.2003, 09:45
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Standard Von shalom: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Hallole,

ich schreibe hier als Neuling im Forum.

Mein Eindruck in Kürze:

Sehr einfühlsames Umgehen miteinander, Austausch von Informationen, Hoffnungen, Trauer.

Wenn ich darf, möchte ich etwas zum Umgang mit Hoffnung, Trauer
und Tod sagen.

Meine eigene Betroffenheit:

Vor genau 3 Jahren habe ich nach 30jähriger Ehe meine Frau
im Alter von 56 Jahren verloren (papilläres Mesotheliom). Nach einer kurzen Operation im April 1996 (Entfernung des betroffenen Rippenfells) wenig Beschwerden. Drei wunderbare Jahre in Hoffnung und Intensität, danach mächtige Rückkehr der Krankheit und nach 1.5 Jahren die Erlösung. Ich habe die medizinischen Details und den zeitlichen Ablauf in vielen Beiträgen sehr gut nachvollziehen können.

Unser Umgehen mit der Krankheit und dem Sterben:

1996 nach anfänglichem Schock (Krebs, aber welcher? Adeno oder Mesotheliom) und vielen medizinischen Untersuchungen der Hinweis in der Klinik für Tumorbiologie in Freiburg 1999(!!),
daß es seit 1997 einen speziellen Tumormarker gibt, der Adeno-CA und Mesotheliom auseinanderhalten kann.

Sehr große Offenheit zwischen uns und dem onkologischen Chefarzt unserer Klinik im badischen Raum; Hoffnung trotz eingeschränkter Chancen durch Chemobehandlung; wir haben mit dem Chefarzt wirklich ALLES besprochen.

10 Monate vor ihrem Tod Beginn der vielen kleinen Abschiede von
Tätigkeiten, Hobbies; Klarheit verschaffen im Verhältnis zu ihren Geschwistern; schwer für mich: Meine Frau machte sich
Gedanken, daß ich glücklich weiterleben möge. Ich habe mich ganz darauf eingestellt, ihre Wünsche zu erkennen und zu erfüllen, ganz für sie dazu sein.

Enge Freunde haben uns sehr, sehr geholfen (seelisch) und
mit Taten ( z.B. 2 Wochen vor ihrem Tod 24 Stunden Tag-/Nacht Wachdienst im Krankenhaus ).

Wir sind wirklich Hand in Hand den schweren Weg GEMEINSAM gegangen bis zu der GROSSEN TÜR, sie ging hindurch, ich blieb zurück.

Nach ihrem Tod:

Systematisch bin ich die vielen (für Sie doch immer mühsamer werdenden) Spazierwege gelaufen: Alleine, mit vielen Tränen,
im lautem Gespräch mit ihr, obwohl sie nicht mehr bei mir war.
Aufsuchen von gemeinsam besuchten Orten und Plätzen incl. des Hospizes, indem sie die letzten zwei Tage ihres Lebens war.
Wenige Tage nach Ihrem Tod: Entfernen der Kleider, Schuhe. Hier half die beste Freundin meiner Frau. Entfernen der mfangreichen medizinischen Dokumente.

Mein Fazit ( Trauer,Krankheit, Tod):

Trauer braucht Zeit; der Trauer muß ich mich stellen; über
Trauer muß ich reden können; der geliebte Mensch lebt überall in Erinnerung weiter, aber man muß sich nicht jeden Tag Schmerzen zufügen durch Anschauen, Fühlen z.B. von Kleidung.

Da wir/ich vor/nach dem Tod meiner Frau viele Möglichkeiten zum offenen Gespräch hatten, bin ich nicht in eine der sich anbietenden Gesprächsgruppen für Angehörige von Krebskranken / Trauergruppen gegangen. Ich habe es mir aber überlegt, es zu tun.

Ich habe NICHTS verdrängt, ich habe keinen "SCHREIN" der Erinnerung aufgebaut.

Wenn überfallartig Szenen der Vergangenheit als "Trauerwolken"
über mich kamen: Ich habe Sie kommen lassen, die Wolken angeschaut, sie gefragt, wo sie denn gerade herkommen und sie wieder ziehen lassen.


Mit lieben Grüßen
shalom
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  #2  
Alt 16.07.2003, 10:18
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Standard Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Die Liebe, zu Deiner Frau, die Vorbereitung und die Zeit danach,
spricht aus jedem Deiner Worte.
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  #3  
Alt 16.07.2003, 10:41
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Standard Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Liebe Jutta,

es waren die schwersten, aber auch die schönsten gemeinsamen Jahre. Angst vor dem Tod habe ich nun nicht mehr, er ist Bestandteil des Lebens. Er ist unabänderlich, Fragen nach dem
WARUM hebn wir uns nur ganz am Anfang gestellt. Es war so vorbestimmt. Die verbleibende Zeit wurde sehr intensiv erlebt.

Nun genieße ich jeden Tag der eigenen Gesundheit, freue mich über das Leben, denke voller Dankbarkeit an das gemeinsam Erlebte. Das Leben macht Sinn, wenn man es mit Sinn füllt. Das tue ich.

Mit lieben Grüßen
shalom
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  #4  
Alt 16.07.2003, 22:14
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Standard Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Hallo

auch ich habe meinen Mann vor 4 Monaten am 10.03.2003 durch diese grauselige Krankheit "Pleuramesotheliom" Rippenfellkrebs verloren.Wir waren 31 Jahre verheiratet. Im Januar 2001 hat man bei ihm diese Krankheit festgestellt und ausser Röntgen und mal Ultraschall nichts gemacht- Im letzten Jahr im Juli haben die Ärzte hier in Norddeutschland meinen Mann aufgegeben. durch Zufall habe ich einen Bericht über die Thoraxklinik in Heidelberg gelesen und man hat uns dort aufgenommen, obwohl ich den Ärzten gesagt hatte, wie schlecht es meinem Mann zu der Zeit ging. Doch hier ist man noch Patient und nicht nur eine Nummer, in Heidelberg ist immer ein Arzt zur Stelle, die Schwestern sind mehr als hilfsbereit.
Ich hatte das Glück, dass ich meinen Mann in den letzten Monaten nach Heidelberg begleiten durften, so war ich immer bei ihm und wir haben eine wundervolle Zeit in Heidelberg gehabt.
Wir haben sogar Pläne gemacht für Urlaub und Renovierungsarbeiten an unserem Haus, obwohl er diese Sachen nun nicht mehr selbst machen konnte. Doch es gibt ja Handwerker.
am 31.12.2002 sind wir sogar mit beiden Sauerstoffgeräten - er hatte ein elektrisches und eine tonne zum auffüllen der tragbaren Geräte - zu meiner Mutter nach Wattenscheid gefahren, sie hat Sylvester immer Gerburtstag und es war sein Wunsch sie zu besuchen. Wie er das alles geschafft hat, ist mir heute oft noch ein Rätsel. doch es war ein wunderschöner Jahreswechsel. Unsere alte Dame hatte gar nicht mit uns gerechnet und hat sich auch sehr gefreut.
am 06.01.2003 hatte er Geburtstag und auch dieser Geburtstag war so schön, es haben so viele Freunde und Bekannte angerufen und sind auch vorbeigekommen. Als man uns dann am 16.01.2003 in Heidelberg sagte, dass bei dem Tumorwachstum ein Stillstand eingetreten wäre und auch die Lunge wieder mehr Volumen hatta, da haben wir uns so gefreut und gehofft, dass wir es nun geschafft hätten. Die nächste Kontrolluntersuchung sollte am 16.03.203 sein.
Leider kam alles anders. anfang Februar kam Wasser im Bauchraum dazu und auch die Tumore wurden wieder größer. Vom 27.02. bis 05.03.2003 waren wir noch einmal in Heidelberg. Doch auch hier konnte niemand mehr helfen. Mein Mann wußte, dass er mit dieser Krankheit nicht alt wird, doch hatte er gehofft, dass er noch ein paar Jahre damit leben würde.
Zum Glück hat er noch erlebt, dass die Berufsgenossenschaft seine Krankheit als Berufskrankheit anerkannt hat. so sagte er mir immer, bist Du einmal gut versorgt.
Seine sorge galt immer anderen, er war immer für andere da, hat immer allen geholfen.
Im Juni 2000 hatte er Altersteilzeit beantragt, um früher aus dem Berufsleben auszuscheiden. Im November 2002 hätte er mit der Arbeitsphase Schluß gehabt, es war alles so schön geplant. Doch der Krebs war stärker und in der Nacht zum 10.03.2003 um 3.15 Uhr ist mein Mann in meinen Armen verstorben. Er hat gekämpft bis zur letzten Minute, doch ein Körper mit nur noch 41 kg hat keine Kraft mehr. Jetzt ist es für mich sehr, sehr schwer ohne ihn auszukommen. Wir waren so ein super Team. An und in unserem Haus haben wir alles gemeinsam gemacht. Er war ein wunderbarer Handwerker und hat gerne gearbeitet. Er hat so viele schöne Sachen für und in unserem Haus gemacht.
Jetzt werde ich versuchen alles in seinem Sinne weiterzumachen, aber es fällt mir sehr, sehr schwer.
wir haben eine Tochter, die 24 Jahre alt ist und die ihren Vater sehr vermißt. sie ist von Beruf Gärtnerin und sein Grab ist eine wahre Pracht. Leider wohnt sie nicht mehr in unserem Haus, von daher bin ich viel alleine. Mein Bruder wohnt zwar mit seiner Familie gegenüber, aber das ist alles nicht das richtige.
Vor 14 Tagen hatte ich Geburtstag, mein erster Geburtstag ohne meinen Mann, ein ganz bescheidener Tag. Unsere Tochter hat zwar versucht mich zu trösten, aber es klappt nicht immer so richtig. Ich gehe sehr viel zum Friedhof und rede mit ihm. An manchen Tagen klappt gar nichts und dann sitze ich stundenlang vor seinem Bild und überlege, was er wohl tun würde.
Unser Haus ist sehr groß, Arbeit habe ich genug, die auch mache und gerne mache, denn ich will unser Haus, an dem er so gehangen hat unserer Tochter erhalten. aber manchmal klappt es einfach mit der Arbeit nicht. Es wollen mich zwar viele trösten, aber so manches mal ist es besser, sie lassen mich alleine.
anfang August fahre ich nach Heidelberg, wenn wir unsere 1. Jahrestag in Heidelberg haben, will ich noch einmal die Wege gehen, die wir zusammen gegangen sind, noch einmal auf die Station gehen, wo er immer gelegen hat. Vielleicht komme ich dann etwas zur ruhe und werde mit der Situation besser fertig. Ich weiss es nicht, aber ich will es versuchen.
Heidelberg war eine wunderbare Zeit und ich kann nur jedem empfehlen, der von dieser Krankheit betroffen ist, nach Heidelberg zu fahren.
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  #5  
Alt 17.07.2003, 04:09
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Standard Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Liebe Inge,

Trost zu spenden ist eine der schwersten Aufgaben. Die Menschen haben so sehr Angst die falschen Worte zu benutzen, so bleiben sie stumm.

So bleibt nur der Weg, den Trost in uns selbst zu finden, in den Erinnerungen, in einem Zwiegespräch mit unseren Lieben. Irgendwann Dinge betrachten zu können, die ein warmes Gefühl im Herzen geben, wieder ein Lächeln auf das Gesicht zaubern, dankbar zu sein, daß wir die Möglichkeit hatten mit ihnen ein Stück unseres Lebens verbracht zu haben.

Sei offen den Menschen gegenüber, die versuchen Dich zu trösten, sage ihnen, wenn Du lieber alleine sein möchtest, und sage ihnen aber auch, wenn Du das Bedürfnis hast zu reden. Bitte sie um ein paar Minuten ihrer Zeit.

Ich wünsche Dir auf dem Weg der Erinnerungen die Kraft zu finden,
die Du suchst.

liebe Grüße,
Jutta
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  #6  
Alt 17.07.2003, 07:06
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Standard Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Liebe Inge,

bei Deinen Schilderungen kommen sehr viele Erinnerungen hoch, die ich zulasse, weil sie zu mir gehören. Ich wünsche Dir viel Kraft.

Tue das, was Dir deine Seele sagt, tue es spontan. Es wird richtig sein.

Ich bin neben den vielen Spazierwegen, den Besuchen am Grab auch nochmals in den Krankenhäusern und dem Hospiz gewesen, bin quasi nochmals mit meiner nicht mehr lebenden Frau von Stockwerk zu Stockwerk gegangen. Der Start jeweils dazu war schwer, danach ging es mir deutlich besser. Wichtig war für mich, was sich in meiner Seele tat, welcher Druck sich jeweils löste und was sich Schritt für Schritt in mir tat und veränderte.

In den 4.5 Jahren nach Krankheitsausbruch bei meiner Frau habe
ich alles getan, um ihr das Leben zu erleichtern. Erst zwei Jahre nach ihrem Tod konnte ich es zulassen mir einzugestehen,
daß auch ICH Ungeheures geleistet habe, obwohl ich das doch für
selbstverständlich hielt. Nicht nur SIE hat Wunderbares geschafft bis zu ihrem Tod, sondern auch ICH als ihr Lebensgefährte. Auch diese Selbsterkenntnis, dieses Eingestehen, Du hast alles getan, was Du konntest, Du hast es
sehr gut gemacht, tat meiner Seele sehr gut. Wieder konnte ich
damit ein Stück Abschied leisten, meiner Seele sagen: Es ist gut.

Es ist gut alles zuzulassen, was mit Trauer, Tod und Abschiednehmen zu tun hat. Es ist gut, der Seele Raum zu geben, denn sie hat während der Krankheit des Partners sich für ihn verzehrt. Es ist gut zu weinen und laut zu sprechen, es löst die Spannungen der Seele. Es ist auch gut zuzulassen, etwas Neues zu beginnen, jetzt wieder etwas zu geniessen. Es ist auch im Sinne des nicht mehr vorhandenen Partners.

Es ist gut, der Seele Raum zu geben, nach vorne zu sehen, das Leben neu zu ordnen und vielleicht sich auch wieder anderen zu öffnen. Seele und Gefühl werden signalisieren, was zu tun ist und wann es zu tun ist.

Meine Frau und ich haben uns sehr lange auf den Abschied vorbereiten können, schmerzlich war es, aber notwendig: das Loslassen.

Nach ihrem Tod befand ich mich im Zustand des Losgelassenseins, ein wenig hilflos, orientierungslos. Jede Frau, die mir begegnete, wurde mit ihr verglichen. Ich habe das zugelassen, weil es wohl gar nicht anders geht als derartige Vergleiche anzustellen.

Es hat eine Zeit gedauert, bis meine Seele akzeptierte, was mein Verstand schon eher wußte: Behalte deine Frau in Erinnerung, das kann Dir keiner nehmen. Es war einzigartig mit ihr. Nun lasse sie bitte auch gehen, denn sie hat einen Bereich betreten, der für Dich nicht erreichbar ist. Du lebst hier weiter, Du darfst es, Du sollst es, Du darfst sogar Freude am Leben haben. Nimm Dein neues Leben nun in die Hand. Tue das, was Du für richtig hältst, Du bist frei.

Mit lieben Grüßen
Shalom
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  #7  
Alt 17.07.2003, 09:41
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Standard Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Lieber Shalom, liebe Inge

Wenn ich eurere Beiträge lese, berührt es mich sehr und ich lese daraus eine Grösse und Stärke von euch beiden, wie ihr mit der Erkrankung, dem Abschied, dem Loslassen und der Trauer danach umgegangen seid und immer noch umgeht. Ich finde ihr beide habt sehr wohl genau soviel geschafft, wie euere Lieben. Ich bin selbr betroffen, arbeite ehrenamtlich in der Hospiz und Krankenhausseelsorge und es ist eine wunderbare Berreicherung diesen Dienst zu tun und sich selber mit seiner eigenen Vergänglichkeit auseinander zu setzen. Danke für euere Offenheit, ich denke, euere Beiträge hier,können für viele Betroffene und Angehörige Berreicherung sein.
Ich wünsche euch weiterhin alles Liebe, viel Kraft, Freude, wärme, Licht und viele liebevolle Begleiter an euere Seite

LG von Geli
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  #8  
Alt 17.07.2003, 21:45
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Standard Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Liebe Jutta,
vielen Dank für Deine Zeilen. Ja, du hast recht, viele Menschen können mit meiner jetzigen Situation nicht umgehen. Nachbarn, mit denen wir sonst oft und gerne geredet haben, grüßen zwar freundlich vom Auto aus, gehen mir aber ansonsten aus dem Weg. Ich habe schon versucht ein Gespräch anzufangen, aber auch das scheint mir nicht erwünscht.. Wir wohnen in einem kleinen Dorf, es war schwer, vor 25 Jahren, als wir hier hergezogen sind, Kontakte zu knüpfen. Nach der Geburt unserer Tochter war es dann leichter bedingt durch Kindergarten und Schule. Aber jetzt wohnt unsere Tochter 40 km von hier entfernt, sie kommt zwar jeden 2. Tag her, weil sie im Nachbarort ihre Pferde untergebracht hat, aber sie hat auch ihre Arbeit und ihren Verlobten, den sie auch nur am wochenede sieht und muß ihr eigenes Leben meistern, was ihr bisher ganz gut gelungen ist,.
Ich werde mir auch wieder eine Arbeit suchen, aber wer stellt eine 53 jährige "alte Frau" im Büro ein. Ich habe meinen Beruf seinerzeit für meinen Mann aufgegeben und ich bereue keine Minute. Ich bin froh, dass ich es getan habe um immer bei ihm sein zu können. Zur Zeit geht es in meinem Leben noch eetwas chaotisch zu, an manchen Tagen klappt alles, an anderen Tagen gar nichts. aber ich denke, dass ich das alles wieder in den Griff bekomme - irgendwann -. Nochmals danke und viele Grüße von Inge
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  #9  
Alt 17.07.2003, 22:13
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Standard Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Hallo Shalom,
ich möchte auch dir ganz herzlich für Deine lieben Zeilen danken. Es ist gut zu wissen, dass es doch noch Menschen gibt, die mich gut verstehen. Ja, die Erinnerungen sind das schönste was wir von unseren Lieben haben und die kann uns keiner nehmen. Ich fahre oft zum Grab meines Mannes, es ist nicht weit, ich kann auch mit dem Fahrrad hinfahren. Denn wenn ich in den Nachbarort zum einkaufen fahre, ist der kürzeste Weg durch den Kirchweg am Friedhof vorbei. Ich halte jedesmal an und gehe kurz zum Grab, auch wenn ich nur die Blumen in der Vase ordne oder eine Blüte, die vielleicht abgefallen ist aufhebe oder aber auch nur einfach sage, "Hallo Ulli, wollte nur mal nach Die sehen". Danach geht es mir immer etwas besser und es kommt eine innere Ruhe und Zufriedenheit auf.
Mein Mann wußte, dass er mit dieser Krankheit nicht alt wird und wenn ich ihn dann gefragt habe, was wird dann aus mir, wenn Du nicht mehr da bist, dann sagte er immer: Du schaffst das schon, du mußt doch dann für unsere Tochter alles erhalten, wofür wir beide bisher gearbeitet haben. du weisst doch, jeder Tag ist für mich ein Kampf, ich werde es versuchen, aber ich kann diesen Kampf gegen diese Krankheit nicht gewinnen, aber Du wirst es schaffen, du wirst das Leben auch ohne meine Hilfe meistern, denn ich bin immer bei Dir, in all Deinen Gedanken und bei all Deinen Taten. Im Moment fällt es mir noch sehr schwer, dass alles zu glauben, doch ich möchte meinen Mann nicht enttäuschen und bemühe mich, alles in seinem Sinne weiterzuführen.
Ich wünsche Dir auch weiterhin alles, alles Gute, Gesundheit und Zufriedenheit.
viele liebe Grüße von Inge
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  #10  
Alt 17.07.2003, 22:23
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Liebe Geli,
danke für Deine Worte. Ich bewundere Dich und all die Menschen, die in den Hospizen ihren schweren Dienst tun.
Mein Mann ist zu Hause in seiner gewohnten Umgebung in meinen Armen verstorben. Ich bin froh, dass ich bei ihm sein konnte. Wieviele Menschen liegen irgendwo allein in einem Krankenzimmer und niemand ist da, wenn sie sterben. Dann ist es gut, dass es solche Menschen wie Dich gibt, die es vielen Sterbenden leichter machen vom Leben loszulassen.
Ich wünsche Dir auch weiterhin viel viel Kraft für diese Arbeit.
Ganz liebe Grüße von Inge
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  #11  
Alt 18.07.2003, 07:10
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Liebe Inge,

Du wirst es schaffen, das NEUE LEBEN, auf DEINE Weise. Überfordere Dich nicht, Du mußt jetzt keine Stärke mehr zeigen, Du darfst jetzt auch schwach sein und Dich mal ausruhen. Auch das ist in seinem Sinne, denn er möchte, daß es Dir gut geht.

Zeige das auch ruhig Deiner Tochter, erbitte ihr Verständnis, das viele Dinge nun etwas anders laufen werden: in Deiner Schrittgeschwindigkeit, auf Deine ganz besondere Weise. Er hatte seine Eigenart, Du hast nun von ihm die Verantwortung ganz übertragen bekommen.
Sieh das nicht als Last an, sondern als Chance, Deine Fähigkeiten neu auszuloten und neu erstrahlen zu lassen. Aber: Nutze die Chance und tue es Schritt für Schritt, halte inne, wenn Du müde dabei wirst.

Lebe nun Dein eigenes Leben.

Mit lieben Grüßen
Shalom
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  #12  
Alt 18.07.2003, 07:26
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Standard Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Liebe Inge,

Dein Mann hat Dir mit seinen Worten so sehr geholfen Deinen jetztigen Weg mit seiner Hilfe zu gehen. Ich finde dies sehr schön, denn es wird Dir tagtäglich die Gewissheit geben, er ist bei Dir und seine Worte werden Dich durch den Tag begleiten.

Aus seinen Worten wirst Du immer wieder die Kraft finden, den nächsten Tag anzugehen. Durch den tiefen Schmerz und die Trauer spürst Du jetzt sein bei Dir sein noch nicht so stark.

Ich durfte die Erfahrung durch die Begleitung meiner Eltern, und die Schwestern meines Vaters, machen, und die Worte meines Vaters sind immer allgegenwärtig: "Es gibt nichts schöneres für einen Menschen in Liebe und Geborgenheit im Kreise seiner Lieben den letzten Weg gehen zu dürfen".

Jahrelang trug ich den Gedanken in mir, dieses Begleiten auch anderen Menschen zuteil kommen lassen. Doch der Alltag ließ mir nicht die Zeit dazu. Erst nachdem meine Mutter letztes Jahr von uns ging und ich von 2 Jahren meinen Urlaubsanspruch nahm (hatte aus dem Vorjahr noch den gesamten Urlaub gut), meinte mein Arbeitgeber, ist ja schön was sie da tun, aber können wir weiterhin mit ihnen rechnen und ließ mich in die allgemeine Umstrukturierung "fallen". Erzähle Dir das nur, da ich auch fast so alt bin wie Du und der Markt da draußen gnadenlos ist. So werde ich im Herbst meine Schulung zur Begleitung beginnen. Für mich zählt nicht mehr die Tretmühle des Stresses, sondern wieder die Menschlichkeit, die immer mehr verloren geht.

ganz liebe Grüße,
Jutta
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  #13  
Alt 19.07.2003, 14:51
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Standard Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Lieber Shalom,
ich habe gerade deine Beiträg gelesen! Sie machen mir wahnsinnig Mut!
Ich habe im Januar meinen Lebensgefährten verloren, und seitdem ist es bei mir ein ständiges Auf und Ab. Einerseits beginne ich ein "kleines" neues Leben, andererseits lebe ich noch voll und ganz in Erinnerungen.
Es war für mich sehr interessant, als du geschrieben hast, daß du nochmal ins Krankenhaus, Hospiz, und zu all den Orten gegangen ist, die dich an deine Frau erinnern.
Ich hatte schon die gleichen Gedanken, und diese Orte ziehen mich auch irgendwie magisch an. Irgendwie gehört es vielleicht ein wenig zum Loslassen dazu, daß man alles nocheinmal durchlebt.
Diese Orte habe ich in schlimmen aber auch irgendwie in schöner Erinnerung, weil wir die Zeit so intensiv miteinander erlebt haben.
Ich weiß nicht, ob ich es irgendwann einmal schaffen werde sie aufzusuchen, aber
es ist irgendwie schön zu hören, daß es dir inneren Frieden gebracht hat, dies zu tun.
Ich hoffe sehr, daß ich auch bald eine Einstellung bekomme wie du- das man nicht nur funktioniert und traurig in den Tag lebt, sondern das die Freude darüber und die Dankbarkeit an das Schöne bald wieder zurück kommen. Aber ich denke das kann man nicht erzwingen, sondern kommt von innen heraus.
Wahrscheinlich muß ich meinen Schatz mehr loslassen, aber es fällt sehr sehr schwer!

Liebe Grüße, Jenny
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  #14  
Alt 30.01.2006, 11:29
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Wie sehe ich nach mehr als fünf Jahren nach dem Tod meiner Frau die damalige Trauersituation ? Was ist mir aufgefallen ? Was habe ich beobachtet ?

Mir hat ECHTES Mitgefühl sehr geholfen, denn das gab mir die Basis mich verstanden zu fühlen. Mir hat ECHTES MITEINANDER SPRECHEN UND NACHDENKEN sehr geholfen, meinen EIGENEN Weg zu finden.

Letztlich wußte ich jedoch für mich, Du mußt Dir selber helfen oder Dir helfen lassen, denn die mühsame Trauerarbeit kann Dir niemand abnehmen.

Was ich gar nicht wollte: den Stimmungen hilflos ausgeliefert zu sein. Ich wußte, ICH MUSS an mir ARBEITEN, weder ein Therapeut noch eine einfühlsame Trauergruppe oder eine Kur kann mir die Hauptarbeit abnehmen.

Der Therapeut würde mir zuhören, MICH REDEN LASSEN, WAS ICH EMPFINDE. Den Arbeitsweg zur Bewältigung hätte er mir nicht abgenommen.

Eine Trauergruppe wäre für mich wichtig gewesen, wenn ich meine Gefühle nicht hätte ausdrücken können und keine lieben Freunde gehabt hätte, um mich auszutauschen. Beide Dinge aber waren bei mir gegeben, sodaß ich mich mitten in meiner eigenen Trauerarbeit noch zusätzlich mit dem Leid anderer hätte intensiv auseinandersetzen müssen. Das wäre vielleicht gut gewesen, um meinen Gefühlsstand einordnen und mit anderen vergleichen zu können.

Dieses Forum hier hatte damals eine gewisse Funktion für mich, um zu sehen, wie andere Betroffene mit Trauer oder Krankheit umgehen. Das Forum ist für mich sehr wertvoll geworden. Was ich beim Forum nicht kann/konnte: Gefühls-Hopping durch die unterschiedlichen Threads. Mich haben ganz wenige Threads angesprochen und wenn ich meinte, etwas beitragen zu können, so habe ich einen Beitrag geleistet.

Jetzt habe ich die "Fremdhilfe" (Therapeut, Trauergruppe, Forum) angesprochen.

Was blieb nun für mich in meiner Situation übrig ?
(in eine Kur wollte ich nicht und brauchte sie vielleicht auch nicht)

Ich war bereit mich der neuen Situation zu stellen, aber wie ?

Ich kannte das große SCHWARZE LOCH, in das ich kurz nach dem ersten Krankenhausaufenthalt meiner Frau fiel. Ich wollte keine SCHWARZEN LÖCHER mehr haben, keine Ängste mehr vor der mit lieben Dingen meiner Frau gefüllten Wohnung, den geliebten gemeinsamen (zum Schluß sehr schweren) Spazierwegen.

Wäre ich meinen Ängsten nachgegangen, hätte ich unsere langjährige Wohnung verlassen müssen, ich hätte wegziehen müssen, um nicht auf Schritt und Tritt geliebte Wege betreten zu müssen, oder Bekannten antworten zu müssen.

Ich wollte NICHT, dass die Angst gewinnt.

Also habe ich versucht, die Angst beim Schopf zu packen und zu schauen, was die Angst mit mir macht.

Für Freunde und Bekannte hatte ich mir Sätze überlegt, mit deren ich fair und punktgenau auf die Standardfrage "Wie geht es DIR" antwortete. Ich bin dabei niemandem ausgewichen. Meist habe ich ich bei Interesse gefragt, was denn genau erzählt werden soll. Ich wollte mich schützen vor meiner eigenen Offenheit, um mich nicht verletzt zu fühlen.

Die ganze Wohnung war voller lieber Erinnerungen an meine Frau - überall - vor allem viele Bilder und Gegenstände unserer zahlreichen USA Reisen.

Was mir besonders nahe ging, waren die Kleider (Schuhe usw.), die noch ihren Geruch trugen. Ich wollte die wunderbaren Erinnerungen an Sie (meine Frau) behalten, mich aber von den stets Schmerz zufügenden Dingen trennen. Die beste Freundin meiner Frau hat dann kurz nach dem Tod meiner Frau die Kleider in Kisten gepackt und ich habe die verschlossenen Kisten an die Diakonie übergeben. Ich habe ihr Zimmer umgeräumt und eine leicht andere Gestalt gegeben, um nicht jedes Mal schmerzlich an die schweren Krankheitstage erinnert zu werden.

Die gemeinsamen Spazierwege habe ich fast alle nochmals alleine beschritten, es war mit viel Weinen, lautem Sprechen mit meiner verstorbenen Frau, auch mit Klagen (WARUM WIR usw.) verbunden. Jedes Mal habe ich mich NACHHER entlastet gefühlt. Ich bin nach Freiburg in die Klinik gefahren, wo sie AHB Maßnahmen erhielt, um die Krankenhausgänge zu durchlaufen. Ich bin an unserem Wohnort in die Klinik gefahren, in der sie ach so oft in fast jedem Zimmer der Onkologie lag. Ich habe dort im Laufe von Monaten mehrfach geschaut, was meine Seele sagt, wenn ich mich dort aufhalte. Ich bin an einem der Todestage in das Hospiz gefahren, in dem sie 2 Tage war, bevor sie starb.

Alle diese Gänge waren schwer, aber gut für meine Seele, denn ich wollte nicht, dass die Angst gewinnt.

Durch den Tod meiner Frau habe ich die Angst vor dem Sterben und dem Tod verloren. Ich bin dankbar, dass ich sie ein paar Wegschritte begleiten durfte. Es ist eine Bereicherung für mein Leben.

Ich habe vieles neu lernen müssen:

- Geduld mit mir selbst zu haben

- Unterscheiden zu lernen, wer wirklich mitfühlt /mittrauert

- Unterscheiden zu lernen bei Nachfragen wie es mir geht (Rein rhetorische Fragen, Höflichkeitsfragen, Interessensfragen)

- einzugestehen, daß ich selbst bis an die Grenzen meiner Leistungsfähigkeiten gegangen bin und tatsächlich viel geleistet habe (das in mir zuzulassen hat etwa 2,5 Jahre gebraucht; ich war nur für meine Frau da, habe nur funktioniert, um alles für sie Erdenkliche zu tun; ich habe mich dabei selbst gar nicht wahrgenommen)

Shalom

Geändert von shalom (01.02.2006 um 19:20 Uhr)
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  #15  
Alt 01.02.2006, 14:40
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Ich habe ein sehr einfühlsames Gleichnis gefunden, in dem Traurigkeit und Hoffnung einander begegnen (nachzulesen unter www.palverlag.de/Gleichnisse_Seite4.html). Damals hatte ich diesen Thread unter anderem auch mit den Worten Trauer und Hoffnung begonnen.


ZITATANFANG

Die Geschichte von der traurigen Traurigkeit

Als die glutrote Sonne am Horizont dem Tag langsam entschwinden wollte, ging eine kleine zerbrechlich wirkende Frau einen staubigen Feldweg entlang. Sie war wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens.

Fast am Ende dieses Weges, saß eine zusammengekauerte Gestalt, die regungslos auf den trockenen, ausgedörrten Sandboden hinunterstarrte. Man konnte nicht viel erkennen, das Wesen das dort im Staub des Weges saß, schien beinahe körperlos zu sein. Es erinnerte an eine graue aber weiche Flanelldecke mit menschlichen Konturen. Als die kleine zerbrechlich wirkende Frau an diesem Wesen vorbeikam, bückte sie sich ein wenig und fragte: "Wer bist du?" Zwei fast regungslose Augen blickten müde auf. "Ich? Ich bin die Traurigkeit." flüsterte die Stimme stockend und so leise, dass man sie kaum zu hören vermochte. "Ach, die Traurigkeit !" rief die kleine Frau erfreut, als würde sie eine alte Bekannte begrüßen.

"Du kennst mich?" fragte die Traurigkeit vorsichtig? "Aber ja, natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast Du mich ein Stück meines Weges begleitet."

"Ja, aber ...", argwöhnte die Traurigkeit, "warum flüchtest du dann nicht und nimmst reiß aus? Hast du denn keine Angst vor mir ?" "Warum sollte ich vor dir davonlaufen ? Du weißt doch selbst nur zu gut, dass du jeden Flüchtigen einholst. Man kann dir nicht entkommen. Aber, was ich dich fragen möchte: Warum siehst du so betrübt und mutlos aus ?" "Ich ... ich bin traurig", antwortete die graue Gestalt mit klangloser Stimme. Die kleine, alte Frau setzte sich zu ihr. "Traurig bist Du also", sagte sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. "Erzähl mir doch, was dich so sehr bedrückt."

Und die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal wirklich jemand zuhören? Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht. "Ach, weißt du", begann die Traurigkeit zögernd, "es ist so, dass mich einfach niemand mag. Niemand will mich. Dabei ist es doch nun mal meine Bestimmung unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber jedesmal wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich." Die Traurigkeit schluckte schwer. "Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich verstoßen wollen. Sie sagen: Ach was, das Leben ist heiter und fangen an zu Lachen. Aber ihr falsches erzwungenes Lachen führt zu Magenkrämpfen. Sie sagen: Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: Man muss sich zusammenreißen. Und sie spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken, im ganzen Körper. Verkrampft sind sie. Sie drücken die Tränen tief hinunter und haben Atemnot. Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen. Dabei sprengen die aufgestauten Tränen fast ihre Köpfe. Manchmal können sie dadurch nicht mal mehr Sprechen. Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie nicht fühlen müssen." Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen. "Und dabei will ich den Menschen doch nichts Böses, ich will ihnen doch nur helfen. Denn wenn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen ein Nest zu bauen, um ihre Wunden zu pflegen und zu heilen. Weißt du, wer traurig ist, hat eine besonders dünne Haut, und manches Leid bricht dadurch immer wieder auf, wie eine schlecht verheilte Wunde, und das tut sehr weh. Aber nur wer mich zu sich läßt und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden erst wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich Ihnen dabei helfe. Statt dessen schminken sie sich ein grellen Lachen über ihre Narben. Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit und ewiger Enttäuschung zu. Ich glaube, sie haben einfach nur unbändige Angst zu weinen und mich zu spüren. Deshalb verjagen sie mich immer wieder."

Dann schwieg die Traurigkeit. Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz innig und verzweifelt und die vielen kleinen Tränen tränkten den staubigen, ausgedörrten Sandboden. Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkenen Gestalt tröstend in die Arme. Wie weich und sanft sie sich anfühlt, dachte sie und streichelte das zitternde Bündel. "Weine nur, kleine Traurigkeit", flüsterte sie liebevoll, "ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst. Du sollst nicht mehr alleine wandern. Ich werde auch dich von nun an begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr Macht gewinnt."

Die Traurigkeit hörte zu weinen auf. Sie sah zu ihrer neuen Gefährtin auf und betrachtete sie erstaunt: "Aber ... aber, wer bist du eigentlich ?"

"Ich ...", sagte die kleine und zerbrechlich wirkende Frau und lächelte dabei wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen, " ... bin die Hoffnung!

Copyright M.Schumann


Was wir daraus lernen können

Gute wie schlechte Gefühle gehören zum Leben und oftmals könnten wir etwas Schönes nicht genießen, wenn uns negative Gefühle fremd wären. Gewiss: negative Gefühle können schmerzhaft sein. Sie sind jedoch nur Wolken, hinter denen die Sonne scheint.

Entscheidend ist, dass wir die negativen Gefühle annehmen und sie als Lebensabschnitte ansehen, die vorübergehen.

Lebensweisheit

Solange wir uns die Hoffnung auf ein besseres Leben bewahren, haben wir die Chance, ein besseres Morgen, eine bessere Zukunft zu gestalten.
Wir wünschen Ihnen die Kraft und den Mut, Zeiten der Traurigkeit und der Verzweiflung anzunehmen und sich Ihre Hoffnung zu bewahren.


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Geändert von shalom (02.02.2006 um 07:00 Uhr)
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