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  #1  
Alt 23.12.2013, 20:25
ThorstenJ ThorstenJ ist offline
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Standard "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Hallo alle zusammen,

ich möchte an dieser Stelle einen sehr interessanten Aspekt beleuchten, den mir ein ebenfalls betroffener, der selber vor 10 Jahren die Diagnose BSDK erhalten hat, in unserem Gespräch aufgezeigt hat.

Rund eine Woche nachdem ich die Diagnose BDSK erhalten hatte, sprachen wir sehr ausführlich darüber, wie es einem geht, was man macht, wie man sich fühlt, was möglich ist, welchen Wert Statistiken und Prognosen haben etc.
Über Schmerzen, Probleme, Zuversicht, Tiefs, Oprimismus und vieles mehr.

Im Laufe des Gesprächs sagte er irgendwann "man muss daran arbeiten, wieder die Möglichkeit zu haben, auch an etwas anderem zu sterben".

Das war ein für mich im Nachhinein sehr prägender Satz.

Denn:
Sterben müssen wir alle.
Wir schieben es gedanklich nur in einen nicht konkreten Teil unserer Zukunft.
Mit einer Krebsdiagnose tritt die Gewissheit, irgendwann sterben zu müssen, leider sehr deutlich und oft mit einer begrenzten Fristigkeit ins unser Bewusstsein.
Aber: Auch KEINE Krebsdiagnose ist keine Garantie für ein langes Leben!
Jeden von uns kann es erwischen. Jeden Tag.
Selbst verschuldet oder unschuldig.
Schrecklich und schmerzhaft oder friedlich und unspektakulär.
Mit gedanklichem Vorlauf oder ohne.
Der Tod hält sich an keine Reihenfolge und er ist auch nicht fair - er gibt noch nicht mal vor, fair zu sein.

Alle die, die nicht sterbenskrank sind, geben sich also einer Illusion hin, wenn sie den Tod in einen nicht konkreten Teil ihrer Zukunft schieben.
Sie öffnem dem Tor und Tür, dass sie wichtige Dinge in die unbestimmte Zukunft schieben.
Wenn das Haus abbezahlt ist, dann machen wir schöne Urlaubsreisen mit unseren Kindern.
Wenn ich befördert wurde, verbringe ich auch wieder mehr Zeit mit meinen Freunden.
Wenn die Kinder aus dem Haus sind, dann genießen mein Ehepartner und ich das Leben.
Wenn ich in Rente bin, dann widme ich mich endlich meinem Hobby.
Planungen auf sehr wackeligen Beinen !

Menschen mit der Diagnose "Krebs" tun dies nicht mehr. Menschen mit der Diagnose Krebs machen diesen Fehler nur noch selten.
Meistens haben auch Menschen mit Krebs mindestens noch Monate und Jahre und können vieles von dem tun, was sie eigentlich auf die lange Bank geschoben haben.
Auch wenn mancher hier im Forum es nicht wahrhaben will: Menschen mit Krebsdiagnose haben oft einen sehr, sehr wertvollen und schönen Teil ihres Lebens noch vor sich - direkt vor sich - "dank" der Diagnose.
Wenn sie sich dessen bewusst werden, können sie daraus eine Zuversicht und postitive Energie aufbauen, die zu einer positiven Grundstimmung führt, die wiederum die verbleibenden Monate deutlich vermehren kann - oder sogar der entscheidende Faktor für eine Heilung sein kann.

Dass am Ende doch ein schreckliches Leiden stehen kann, steht ausser Frage - AUCH ohne Krebsdiagnose - nach einem Autounfall, einem Arbeitsunfall, Demenz, Parkinson etc. - dann aber meist ohne die Frist, die einem die Krebsdiagnose eröffnet.
Darüber sollte man wirklich sorgfältig nachdenken.
Nein, dass soll nicht heissten, dass man Gott jetzt auf Knien für seine Krebserkrankung danken soll


Und wenn man es dann irgendwann auch noch schafft, Zuversicht aufzubauen, dann kommt eben auch wieder dieser Gedanke ins Spiel:
"sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Niemand kann einem genau sagen, wieviel Zeit man noch hat - auch ohne Krebsdiagnose!
Jeder Krankheitsverlauf ist individuell. Kein Arzt ist ein Gott in weiß. Vielleicht hat man ja doch noch viel mehr Zeit, als einem die Ärzte zutrauen. Dies ist sogar oft so, da Ärzte sich tendenziell pessimistsich geben.
Den Kampf gegen Krebs zu gewinnen, muss ja nicht unbedingt bedeuten, ihn für immer loszuwerden. Den Kampf gegen Krebs zu gewinnen, kann auch heißen, ein paar Monate zu gewinnen. Oder ein paar Jahre. Oder vielleicht sogar ein Jahrzehnt? Oder mehr?
Und wie gesagt: auch KEINE Krebsdiagnose ist keine Garantie für ein langes Leben.
Ein paar Monate oder erst recht ein paar Jahre mehr, bringen einen in die Menge der Menschen, die sich Tag für Tag, Monat für Monat und Jahr für Jahr diversen Gefahren aussetzen, die zum Tode führen können: Am Straßenverkehr teilnehmen; im Urlaub tauchen gehen; Gleitschirm fliegen; die Treppe herunterfallen...

Krebs ist kein Todesurteil. Das Leben an sich ist ein Todesurteil. Das Leben endet immer mit dem Tod. Wir wissen alle nicht, wann oder woran wir sterben werden. Krebs macht nur eine bestimmte Fristigkeit und Ursache (viel) wahrscheinlicher. Aber ob wir daran sterben, wissen wir alle nicht. Vielleicht werde ich nächste Woche auf dem Weg zum Arzt von einem der vielen Geisteskranken im Straßenverkehr überfahren? Vielleicht wäre ich ohne Krebsdiagnose schon vor zwei Monaten auf einer Dienstreise ums Leben gekommen?

Diese Gedanken sind kein konsequent logisches Gedankengebilde - sie sind keine Argumentation, der irgendjemand folgen SOLL.
Sie sollen nur ein Denkanstoß sein für diejenigen, die sich davon angesprochen fühlen.

Thorsten

Geändert von ThorstenJ (23.12.2013 um 20:30 Uhr)
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  #2  
Alt 23.12.2013, 21:50
Nachtrose Nachtrose ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Ja, auch ich fühle mich von den Zeilen angesprochen. Es macht Betroffenen sicherlich Mut. Allerdings leuchtet mir ein, daß es ein individuell weiter Weg ist, bis man zu dieser weisen Einstellung gelangt. Am Anfang steht Schock, Verzweiflung, Angst.....
Sterben müssen wir alle aber leben kann man bis dahin. Und du hast Recht: die Zeitspanne von jetzt bis zum Ende kennt keiner, denn auch ich kann morgen schon unterm Auto liegen. Blöd ist natürlich nur, daß man bei Krebs plötzlich auf eine Einbahnstraße geschoben wird und nicht mehr die Wahl hat abzuzweigen. Aus diesem Weg muß man nun das Beste rausholen. Aber auch am Rande der Einbahnstraße gibt es Lichtblicke.... Lichtblicke auf der eigenen Zeitachse. Und wer sagt überhaupt, daß man nicht mit einem dicken "Strafmandat" doch nochmal wenden kann
Ich hab gehört, daß Menschen am Lebensende nicht bedauern, was sie getan haben, sondern all die Dinge, die sie nicht getan haben im Leben. Somit ist dein Rat sicher der beste Rat: zu leben und alles zu tun, was man sonst auf die lange Bank geschoben hätte. Ich bin ja NUR Angehöriger. Aber ich werde deine Zeilen speichern für den Fall der Fälle. Vielleicht muß ich da mal jemandem Mut machen...... wenn diese Person es wünscht.
Dir wünsche ich weiterhin alles Gute!
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  #3  
Alt 26.12.2013, 17:40
Diaboli Diaboli ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Danke Thorsten, für diese Zeilen, genau das geht mir seit ein paar Wochen durch den Kopf.

Meine Diagnose ist ja gerade mal 7 Wochen alt und vor zwei Wochen pathologisch bestätigt und trotzdem habe ich meiner Umgebung häufig gesagt:

Krebs ist tödlich = irgendwann
Leben ist tödlich = irgendwann

und wenn wir dann über diese Sätze geredet haben, dann habe ich gesagt, ich habe jetzt durch diese Diagnose die deutliche Warnung bekommen, ändere endlich etwas, dein Leben ist endlich.

Nun gibt es in meinem Leben schon noch ein paar Dinge, die ich erst regeln muss, wo ich mich kümmern muss, es ich einfach nur noch das tun kann, was ich möchte, aber ich arbeite daran, dass es relativ schnell erledigt ist und ich mich dann nur noch um die schönen Dinge drehen wird, neben meinen Arztbesuchen und was so die Krankheit von mir verlangt.

Es ist eine Schule, durch die ich gerade gehe, ich, der es nie schnell genug geht, ich die immer irgendwas wuseln muss, die jetzt lernt innezuhalten, zu lesen, einfach Löcher in die Luft guckt, die gute Gespräche mit der Familie führt, weil ich nicht will, dass sich irgendjemand nach meinem Tod Gedanken macht, weil er vielleicht nicht genug getan haben könnte, ich will, dass sie wissen, mein Leben war gut und richtig und prall - niemand hat mir den Himmel versprochen. Aber ich will, dass mein Partner neben der Trauer, die ich ihm nicht nehmen kann, sich nicht noch tausend Gedanken macht und ich will, dass meine Kinder an unsere glücklichen Zeiten denken und wissen, wir haben über alles geredet.

Eine Woche bevor ich ins Krankenhaus gegangen bin, hat mir mein Ältester gesagt, Mama wir haben über alles schon vor gut einem Jahr gesprochen, wir sind bereit und ich habe ihm sagen können, jetzt wird eh noch nichts passieren, aber wenn es denn kommt, so sind wir vorbereitet und hoffentlich so gut wie irgend möglich, aber jetzt lasst uns so leben, wie wir es können und möchten. Und das ist gut so!
Diaboli
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  #4  
Alt 29.12.2013, 18:29
Monika19122013 Monika19122013 ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Hallo Thorsten,

ich seh das eben so. Bin zwar noch keine "bestätigte" Betroffene, aber als "eventuelle" gehen einem auch diverse Gedanken durch den Kopf.

Ich seh die eventl. Diagnose als Wink des Schicksals..einfach mal über sein Leben nachzudenken....manchmal jammert man ja auch auf einem hohen Niveau. Meine Oma hat immer gesagt:" Schau eh du klagst auf die Andern, wie mancher durch's Leben muss wandern!"

Es ist alles auch eine Frage der Einstellung. Wenn mir morgens das Aufstehen schwerfällt, sage ich mir immer, sei froh, dass du aufstehen kannst, bist gesund, hast 3 gesunde Kinder und inzwischen kommen da 2 Enkel zu.

Man hält als gesunder Mensch einfach alles für selbstverständlich.

Ich seh es so: Ich habe wenigstens die Möglichkeit noch Dinge zu klären, die ich schon ewig vor mir her schiebe. Dinge zu tun, die ich schon immer tun wollte aber aus irgendeinem Grund noch nicht dazu gekommen bin.

Die Menschen die einen tödlichen Unfall haben, haben diese Möglichkeit nicht. Oder Menschen die einen Schlaganfall hatten und gelähmt sind...es gibt soviel was ich da aufzählen könnte.

Auch wenn man mit dieser Diagnose eine Schlacht verloren hat, den Krieg aber noch nicht.

In diesem Sinne: Alles Gute
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  #5  
Alt 29.12.2013, 23:15
The Witch The Witch ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Zitat:
Zitat von ThorstenJ Beitrag anzeigen
(...)
Sterben müssen wir alle.
Wir schieben es gedanklich nur in einen nicht konkreten Teil unserer Zukunft.
Mit einer Krebsdiagnose tritt die Gewissheit, irgendwann sterben zu müssen, leider sehr deutlich und oft mit einer begrenzten Fristigkeit ins unser Bewusstsein.
Aber: Auch KEINE Krebsdiagnose ist keine Garantie für ein langes Leben!
Jeden von uns kann es erwischen. Jeden Tag.
Selbst verschuldet oder unschuldig.
Schrecklich und schmerzhaft oder friedlich und unspektakulär.
Mit gedanklichem Vorlauf oder ohne.
Der Tod hält sich an keine Reihenfolge und er ist auch nicht fair - er gibt noch nicht mal vor, fair zu sein.

Alle die, die nicht sterbenskrank sind, geben sich also einer Illusion hin, wenn sie den Tod in einen nicht konkreten Teil ihrer Zukunft schieben.
So weit, so gut. Ich selber habe erlebt, dass derjenige in der Familie, der als einziger Krebs hatte (mein Großvater mit Bauchspeicheldrüsenkrebs) am längsten gelebt hat. Aber: Ich bezweifle, dass dies ...

Zitat:
Zitat von ThorstenJ Beitrag anzeigen
(...)
Wenn das Haus abbezahlt ist, dann (...)
Wenn ich befördert wurde, verbringe (...)
Wenn die Kinder aus dem Haus sind, dann (...)
Wenn ich in Rente bin, dann (...)
Planungen auf sehr wackeligen Beinen !

Menschen mit der Diagnose "Krebs" tun dies nicht mehr. Menschen mit der Diagnose Krebs machen diesen Fehler nur noch selten.
... als "Fehler" zu betrachten ist. Sicher sind solche Planungen in gewisser Hinsicht "wackelig", aber das ist jede Planung - und ich halte nicht viel davon, dass sofortige Bedürfnisbefriedigung das Nonplusultra ist. Es kann in der Tat sehr viel sinnvoller sein, das Haus abzubezahlen als eine Weltreise zu machen, Kinder gescheit aus dem Haus zu kriegen oder zu arbeiten und eben nicht exzessiv nur noch Hobbies zu pflegen. Es kann ja immerhin sein, dass man noch ein paar Jahrzehnte lebt, wie du selbst schreibst. Meiner Meinung nach kann das sogar in bestimmten Fällen sinnvoller sein, wenn die Tage tatsächlich gezählt sind. Das kommt nämlich immer auf die Umstände des Einzelfalles an.
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  #6  
Alt 31.12.2013, 17:18
ThorstenJ ThorstenJ ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Hallo,

ja, da hast Du Recht und das sehe ich auch ähnlich. Niemand soll einfach ohne Zukunftsplanung einfach in den Tag hineinleben.

Was ich sagen wollte: Viele sehen diese Planungen (erst das Haus abzahlen etc.) so, dass sie sicher davon ausgehen, dass sie die anderen Dinge ("dann machen wir schöne Urlaubsreisen") so werden durchführen können.
Und das ist der "Fehler". Man sollte immer auch ernsthaft in Betracht ziehen, dass etwas dazwischen kommt und sich dessen bewusst sein, dass solche Planungen auf wackeligen beinen stehen.
Mann sollte sich in der Gegenwart nicht hauptsächlich kasteien um in eine Zukunft zu investieren.
Sozusagen vergleichbar damit, dass man sein Geld nicht nur sparen und in Lehman-Papiere investieren sollte...

Viele Grüße,
Thorsten
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  #7  
Alt 31.12.2013, 17:46
Cecil Cecil ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

... ist das nicht sowieso ein weit verbreiteter Denkfehler, der gleichzeitig in sich logisch ist (und dem vielleicht auch ich selbst in geringem Maße an hing): "Krank werden immer nur die anderen."?
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  #8  
Alt 04.01.2014, 13:21
evelyn-wieda evelyn-wieda ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Allen ein gutes 2014 mit vielen positiven, starken, lebensfrohen Momenten und ein harzliches Hallo in die Runde.

@ Thorsten
vielen Dank für die guten Denkanstöße und deine Sichtweise, die ich voll und ganz teile. Dein Satz: "man muss daran arbeiten, wieder die Möglichkeit zu haben, auch an etwas anderem zu sterben". Finde ich prägend und unwahrscheinlich aussagekräftig. Weil wirklich keiner und niemand weiß, wann er über die Regenbogenbrücke geht.

Ferner schreibst du: Der Tod hält sich an keine Reihenfolge und er ist auch nicht fair - er gibt noch nicht mal vor, fair zu sein.

Ja, der Tod ist nicht fair, er muss es auch nicht sein, weil er zum Leben gehört, er ist ein Teil davon, auch wenn er das letzte Glied des Lebens ist. Leider ist gerade dieses letzte Lebensglied in unserer Gesellschaft, bei vielen Menschen ein Tabuthema. Der Tod wird meistens tot geschwiegen bis die Wahrscheinlichkeit seiner Bekanntschaft in die Gegenwart tritt und dann löst dieser Gedanke, diese Möglichkeit unwahrscheinlich Angst, Hilflosigkeit und Ohnmacht aus.
Warum ist das so?
Muss man überhaupt Angst haben? Wovor hat man Angst? Warum fühle ich mich so hilflos und ohnmächtig bei diesen Gedanken?

All diese Fragen und mehr habe ich mir gestellt und ich habe Antworten gefunden und mit diesen gefunden Antworten fiel es mir plötzlich gar nicht mehr schwer, den Tod zu akzeptieren.

Nach dieser Phase habe ich alle Dinge geregelt, die ich regeln konnte, die jeder regeln kann und es hat mir die Möglichkeiten eröffnet, mein Leben als wichtig, als einzigartig, als liebenswert und wertvoll zu betrachten. Die Sichtweise auf das Leben hat sich geändert und ist klarer geworden, so dass ich bewusst das Jetzt und Hier genieße und lebe, spontan Dinge tue, ausprobiere und das ich darauf achte, dass meine Wünsche Realität werden.
Trotzdem oder grade deshalb habe ich Zukunftspläne, Träume. Und auch das macht für mich mein Leben lebenswert.

Thorsten, noch einmal Danke!

@ Nachtrose
Du schreibst: "Blöd ist natürlich nur, daß man bei Krebs plötzlich auf eine Einbahnstraße geschoben wird und nicht mehr die Wahl hat abzuzweigen. Aus diesem Weg muß man nun das Beste rausholen."

Ja, das ist so richtig im Allgemeinen, denn meiner Meinung nach beginnt diese „Einbahnstraße“ bereits mit der Geburt. So wäre es einfach schön, dass man immer und von Anfang an versucht, „das Beste herauszuholen“ und den Weg auf dieser Einbahnstraße bewusst zu leben, auf ihr geht es immer nur vorwärts oder man bleibt stehen, jedoch ein Rückwärtsgehen ist nicht möglich, denke ich.

Danke dir für deine Worte.

@ Diaboli
Über deine Worte: "… und ich mich dann nur noch um die schönen Dinge drehen wird, neben meinen Arztbesuchen und was so die Krankheit von mir verlangt."
habe ich lange nachgedacht und festgestellt, dass es für mich nach wie vor Dinge gibt, die mir unangenehm sind oder die ich nicht mag, aber die ich mit einer total anderen Sichtweise betrachte, so dass ich sie gut annehmen kann. Überhaupt finde ich das Leben einfach interessant und spannend und lerne unwahrscheinlich viel dazu – das Leben ist für mich einfach bunter, ja vielfältiger geworden und die Grenzen zwischen schön oder unschön, hell oder dunkel, gut oder schlecht verschwimmen, weil für mich alles in mein Leben gehört.

Außerdem schreibst du: "... ich will, dass sie wissen, mein Leben war gut und richtig und prall."
Ja, das will ich auch. Tolle Aussage! Auf keinen Fall will ich auf Krankheit oder so etwas reduziert werden, sondern ich möchte, dass meine Familie, meine Lieben und Bekannten mich als die Frau in Erinnerung haben, die lebt, genießt, lacht, froh ist, tiefsinnige Gespräche führen mag, glaubt, liebt …

Danke dir dafür!

@ Cecil
Oh ja, genau diesen Denkfehler: "Krank werden immer nur die anderen."?
hatte ich auch und ich hatte meine Zukunftspläne auf verdammt wacklige Beine gestellt.
Peng, brach auch prompt mein damaliges Zukunftshaus zusammen.

Dabei ist es so bekloppt und komisch, dass ich erst mit der Diagnose begann zu leben, ich meine wirklich zu leben, was für mich bedeutet, dass das Jetzt und Hier ganz wichtig ist und ich dieses bewusst erlebe, denn nur im Jetzt lebe ich! Das bedeutet jedoch nicht, dass ich blauäugig in den Tag hinein trudle, sondern meine Zukunft im Auge habe und in sie investiere, aber mit anderen Prioritäten.

Ich danke allen für die interessanten Denkanstöße und die gute Diskussion.
Alles Gute
Evelyn
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  #9  
Alt 04.01.2014, 14:02
Mathias974 Mathias974 ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Hallo zusammen,

in vielerlei Hinsicht stimmen die Aussagen die hier getroffen wurden. Dennoch gibt es gerade bei einer Krebserkrankung gewaltige Unterschiede, alleine schon von Prognosen und Therapien.
Als ich letztes Jahr meine Diagnose bekam, fühlte ich mich als ob ich von einen Bus überrollt wurde. Anfangs hieß es "Sie sind zu jung, sie können das nicht haben", dann kam leider das ich es habe. Dann hieß es "sie haben Glück gehabt", dieses "Glück" äußerte sich dann zusätzlich in Lymphknotenmetastasen. Was die Mediziner doch so alles als "Glück" bezeichnen.
Sicher habe ich Glück, wenn ich bedenke das ca. 70% der an Gallenblasenkrebs erkrankten, nach sechs Monaten bereits tot sind. Ich lebe ja noch und mit viel Glück vllt. auch noch ziemlich lange, nur weiß man das leider nie.
Dann ist es eine Frage was man für Therapien und Operationen bekommt, auch da unterscheiden sich die verschiedenen Krebsarten enorm.

Momentan lerne ich also mein "neues Leben" anzunehmen, mit all seinen tollen Seiten, mit all seinen schlechten Seiten. Ich betrachte nichts mehr als Selbstverständlich und habe ein wenig Egoismus entwickelt, will es nicht mehr jeden Recht machen, will nicht immer zurückstecken, damit es anderen gut geht. Dennoch ist nichts mehr wie es vorher war und die Angst wird immer ein ständiger Begleiter sein. Dabei ist es keine Angst vorm Tod, sondern eher die Angst vorm sterben, denn die kann bei Krebs dann doch schon gewaltige Ausmaße nehmen.

LG
Mathias
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  #10  
Alt 26.01.2014, 16:36
Diaboli Diaboli ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Zitat:
Zitat von Mathias974 Beitrag anzeigen
Sicher habe ich Glück, wenn ich bedenke das ca. 70% der an Gallenblasenkrebs erkrankten, nach sechs Monaten bereits tot sind. Ich lebe ja noch und mit viel Glück vllt. auch noch ziemlich lange, nur weiß man das leider nie.
Lieber Mathias,

wie lange man noch lebt, weiß man doch nie, und ich finde wir sind da besser dran, als die, die so ganz "unbedarft" im Leben stehen. Bitte nicht falsch verstehen, aber für mich ist seit der Diagnose einiges anders geworden, ich bin mir meiner Endlichkeit stärker bewusst geworden. Klar wusste ich es vorher auch, dass mein Leben irgendwann zu Ende ist, aber nun ist es einfach realer.
Ich weiß immer noch nicht wann, aber mir ist klarer, dass es schnell gehen kann, also lebe ich ein wenig bewusster und das lässt mich über gewisse Lebensärgernisse schneller hinwegsehen und ich trete für das was mir wichtig ist, stärker ein. Auch für mich selbst, was ich bisher nicht konnte.

Liebe Grüße
Diaboli
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  #11  
Alt 02.02.2014, 16:53
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RudiHH RudiHH ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Hallo
Ich wollte mich einfach mal bedanken für die positiven berichte.
Gibt Hoffnung!
Danke.
__________________
.
Rüdiger
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Gott gebe uns Gelassenheit, hinzunehmen was nicht zu ändern ist, Mut zu ändern was man ändern kann und Weisheit zwischen beiden zu unterscheiden.

Wir werden Kämpfen!
Denn wer nicht mal versucht zu Kämpfen, hat schon verloren. Herr gebe uns Kraft und lasse uns verstehen.
http://krebs-infozentrum.de/index.ph...sch-Nein-BSDK/
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  #12  
Alt 01.03.2014, 13:31
urbs123 urbs123 ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Lieber thorsten, das ist ja schön, dass ihr das alle so positiv seht. Mir hat die Diagnose unheilbar Krebs meine lebensfreude und vor allem meine Zukunft genommen. Bin 48, wollte mir eine Egentumswohnung kaufen, meinen Job bis 65 machen, einen Freund finden, meine Kinder maturieren sehen, und auch so ungern ich das wollte für meine Eltern da sein, wenn sie nicht mehr alleine können. Jetzt bin ich der LOSER. weiß nicht wann der rezidiv kommt, aber er kommt. habe keine Pläne mehr sondern nur mehr Angst, vor der Armut, kein Job, mein Freund auf 1000 km, vor allem kein Geld.

NEIN die Krankheit ist das Widerlichste was mir widerfahren ist. Sie hat mir meine Eigenständigkeit genommen!! Die Cheomth war schrecklich, nicht wegen der nebenwirkungen, sondern der Unselbständigkeit, der amre Sünder in Büßerkleidung, das mache ich nicht mehr.

Ich finde es toll wie ihr das seht, aber vermutlich habe ihr bessere materielle Absicherung als ich. Ihr seid zu bewundern aber bitte akzeptiert auch, dass es Leute gibt wie mich, die mit der Krankheit nicht zurecht kommen, die es den Gesunden neiden, die ihre Zukunftspläne schmieden.

LG, urbs aus Wien
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  #13  
Alt 01.03.2014, 18:53
The Witch The Witch ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

<oooohhhhhmmmmmm Geduld>Wann ist jetzt gleich nochmal die Diagnose "unheilbar Krebs" gekommen? Warst du nicht letztens noch völlig krebsfrei? (Im Gegensatz zu vielen Anderen hier übrigens.) Und woher weißt du, dass das Rezidiv kommt? Kannst du hellsehen?

Und wenn ich mich richtig erinnere, hast du einen Job. Keine Rede also von Armut und "kein Geld". Jemand, der noch vor kurzem eine Eigentumswohnung kaufen wollte, kann auch nicht materiell ganz so unabgesichert sein.

Warum einem eine Chemotherapie die Eigenständigkeit nehmen sollte, erschließt sich mir auch nicht. Es gibt sogar Leute, die gehen währenddessen arbeiten. Ich habe das nicht getan, mir ging es sehr dreckig dabei - aber mir hat niemand die Eigenständigkeit genommen, im Gegenteil. Ich musste eigenständiger sein als je zuvor.

Was soll das also alles?</oooohhhhhmmmmmm Geduld>
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  #14  
Alt 04.03.2014, 14:32
Mathias974 Mathias974 ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Hallo Urbs,

ich bin auch nicht immer begeistert von meiner Prognose aber man lernt damit zu leben.
Auch ich bin erst 39 Jahre jung aber ich habe den Kampf angenommen, denn ich gehöre nicht zu den 93% die die nächsten fünf Jahre bei meiner Krebsart nicht überleben.
Auch kann ich Dir sagen, dass meine Chemo für mich mehr als hart war und ich habe mir meine Selbstständigkeit nicht nehmen lassen. Ich habe meinen Haushalt alleine gemacht, mich um mein Kind gekümmert und auch um alles weitere.
Das alles war in den 18 Wochen Chemo schwer aber es war machbar.
Es ist die eigene Einstellung die das Ziel vorgibt.

LG
Mathias
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  #15  
Alt 30.05.2014, 19:50
Kerstin40 Kerstin40 ist offline
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Standard AW: "sich die Möglichkeit erarbeiten, wieder an etwas anderem sterben zu können"

Ich finde es toll, wenn an Krebs oder anders lebensbedrohlich erkrankte Menschen es schaffen, die Krankheit als Chance zu sehen usw. Ich würde auch gerne zu dieser Ansicht irgendwann kommen...

Ich habe aber ein Problem mit der Aussage, dass man sich nie sicher sein kann, dass man heute von einem Auto überfahren werden kann usw. usf.

Jemand in diesem Forum hat es treffend geschildert: Menschen, die urplötzlich zu Tode kommen, haben zwar evtl. keine Chance gehabt, irgendwas zu regeln, aber sie haben auch nicht mit ständiger Angst gelebt, dass eine lebensbedrohliche Krankheit mit all ihren Therapien und steinigen Wegen am Ende der Grund für den Tod sein könnte.

Der Unterschied ist, dass über uns Krebskranken ein Damoklesschwert hängt. Diese Aussage fand ich sehr treffend. Natürlich will ich den Krebs bekämpfen und wünsche mir von Herzen ihn zu besiegen. Ich habe keine Wahl.
Natürlich gibt es beim Krebs unterschiedliche Formen und Heilungschancen, da frag ich mich schon, ob ein schneller unerwarteter Tod einem Tod nach qualvoller Zeit, Hoffen und Bangen und schließlich verlorenem Kampf nicht vorzuziehen ist...

Aber niemand weiß wirklich, wie und wann er sterben wird. Ich wehre mich jetzt einfach nur gegen diese Aussagen, dass man sich nie sicher sein kann im Leben - vor allem, wenn sie von gesunden Menschen kommen...
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