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  #16  
Alt 16.08.2007, 08:39
suri12 suri12 ist offline
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Standard AW: Habe Angst ihn zu besuchen - sollte ich?

Hallo meinedrei,

ich habe den Eindruck, dass du tief innen in deinem Herzen weißt, was du tun solltest. Diese Entscheidung kann dir niemand abnehmen. Aber egal, was du tun wirst, wenn du inneren Frieden über deine Entscheidung hast, jetzt und nach dem Tod deines Vaters, dann ist das für dich richtig. Egal was andere dir sagen und was für sie richtig war und ist! Es geht um dich, nur um dich und nicht mehr um deinen Vater, der vermeintlich nicht nach dir gefragt hat. Wer kann schon sagen, wie es in seinem Herzen aussieht?

Ich wünsche dir ganz viel Mut, viel Kraft und inneren Frieden, das für dich Richtige zu tun!

Liebe Grüße
suri
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  #17  
Alt 16.08.2007, 08:55
ricoshiva ricoshiva ist offline
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Standard AW: Habe Angst ihn zu besuchen - sollte ich?

hallo meinedrei

mein vater ist am 28. april diesen jahres gestorben. ich hab ihn NICHT mehr vorher gesehen. hatte diese möglichkeit nicht mehr.
mein vater hat uns als wir klein waren verlassen, sich über die jahre einen dreck um uns geschert. wir hatten über 20 jahre keinen kontakt mehr.
2004 haben wir uns nach langem hin und her wieder gesehen, und seit 2004 hatten wir telefonischen kontakt. ich kann dir folgendes dazu sagen, ich wünschte ich könnte diese frage stellen: "soll ich ihn nochmal sehen"
ich hatte diese möglichkeit leider nicht mehr, hätte es sehr gerne getan.
nütze die zeit die euch noch bleibt. sonst fragst du dich dein leben lang nach dem warum.

ganz liebe grüsse und viel kraft, tina
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  #18  
Alt 16.08.2007, 12:08
sanne2 sanne2 ist offline
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Standard AW: Habe Angst ihn zu besuchen - sollte ich?

Liebe meinedrei,
natürlich ist es ganz alleine deine Entscheidung, wie du dich verhälst!
Aber du würdest hier nicht schreiben wenn du dir ganz sicher wärest, oder?
Du scheinst in deinem Leben sehr viel durchgemacht zu haben, wirkst sehr sensibel. Nun aber meine Frage! Möchtest du dir den Rest deines Lebens Gedanken darüber machen, ob die Entscheidung, deinen Vater nicht zu besuchen die Richtige war?
Genau vor dieser Situation hatte ich auch sehr lange Angst. Ich war in einer ähnlichen Situation. Seit vielen Jahren keinen Kontakt zum Vater, er lernte meine Kinder erst im Alter von 6J und 4 Jahren kennen, aber auch nur, weil wir dachten er wäre an Krebs erkrankt. Deswegen nahmen mein Bruder und ich wieder den Kontakt auf. Aber die Probleme blieben, mein Vater konnte nicht reden, nur psychischen Druck ausüben. Ein falsches Wort und er meldete sich nicht mehr. Wie früher in meiner Kindheit. Es wurde damals zwei Wochen nicht mit einem gesprochen und man erfuhr niemals den Grund. Das wollte ich meinen Kindern ersparen,also wieder keinen Kontakt. Irgendwann brauchte ich ihn ganz dringend!Meine Eltern waren seit langem geschieden. Dann starb meine Mutter an Krebs, mein Mann steckte in seiner Chemotherapie, ich drehte fast durch. Aber als ich ihn anrief und unsere Situation schilderte, war seine größte Angst, finanziell für uns aufkommen zu müssen. Das war noch nie der Fall und tat mir sehr weh. Aber durch dieses Gespräch fand ich meinen inneren Frieden wieder. Ich bin mir zu 100% sicher, dass ich ihn nicht besuchen werde, wenn er mal wieder krank ist. Gerade wurde ihm ein Teil der Lunge entfernt. Auch bin ich mir ganz sicher, dass ich mir bei seinem Ableben niemals Gedanken darüber machen werde, ob meine Entscheidung die Richtige war, denn er ist mir gleichgültig geworden.
Bei dir sieht es anders aus. Du bist am grübeln, welches die richtige Entscheidung ist. Das wird auch nach seinem Tod so bleiben. Willst du dieses auch noch auf dich nehmen? Ich persönlich denke, du machst nichts verkehrt wenn du deinen Vater besuchst, für DICH, für deinen inneren Frieden.
Wärest du in der Situation deines Vaters, würdest du ihn nochmal sehen wollen?
Ich wünsche dir, dass du die für dich richtige Antwort auf deine Fragen findest.
Ich grüße dich ganz herzlich
Sanne

Geändert von sanne2 (16.08.2007 um 12:13 Uhr)
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  #19  
Alt 17.08.2007, 10:05
meinedrei meinedrei ist offline
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Standard AW: Habe Angst ihn zu besuchen - sollte ich?

Hallo,
mein Denken kreist um diese Sache, ihr seid mir eine große Hilfe, danke.

Fakt ist, dass wenn mein Vater nicht krank geworden wäre wir auch weiterhin keinen Kontakt gehabt hätten.

In meinem Leben gab es auch schon einige schwierige Situationen, in denen ich ihn gebraucht hätte und ich hätte ihn immer mit offenen Armen empfangen - von ihm kam nichts.

Natürlich ist seine Situation eine ganz extreme, aber ich habe das Gefühl, dass ich ihm auch hier nicht allzu wichtig bin.
ja... er freut sich, dass ich liebe Briefe schreibe, aber mehr braucht er nicht von mir. Da bin ich mir ganz sicher.

Ich bin mittlerweile so weit, dass ich sagen kann "ja, ich kann damit gut leben, wenn ich ihn nicht mehr sehe".

Es ist sehr wahrscheinlich, dass er bald stirbt. Es tut mir im Herzen weh, dass er nicht mehr weiter leben darf, aber ich bin ihm nichts schuldig und er mir auch nicht.

Ich kann aber vom Herzen her dieses "du musst ihn nochmal sehen, sonst hast du keinen Frieden" nicht auf mich beziehen und gebe auch ganz ehrlich zu, dass seine Krankheit und sein bevorstehender Tod nicht alle Bitternis auslöschen kann.
Muss man nicht auch für seine Versäumnisse irgend wann gerade stehen? Ich kann mich doch nicht fast zwei Jahrzehnte so schlecht benehmen und dann warten alle auf das berühmte "Friede Freude Eierkuchen", wie meine Vorschreiberin auch schon sagte... In guten we in schlechten Tagen? Wo war er in den guten? In meinen schlechten?
Ich denke, dass da auch die Familie rundherum so einen Druck aufbaut, weil halt alles immer so gehen soll wie im Film.

Er hat einen großen Kreis um sich; meine Geschwister, seine Geschwister mit (erwachsenen) Kindern, seine Frau, deren Kinder und Geschwister... da wurde ich immer ausgeschlossen und ich habe nicht das Bedürfnis, meine Rechte als Tochter einzufordern.
Als meine Tante starb, haben sie mich nicht mal angerufen.

Vielleicht muss ich da einfach auch zu mir ehrlich sein und auch zu der Entscheidung "dagegen" stehen.
Hätten wir uns liebevoll im Leben begleitet, wäre es was anderes. Wenn meine Mutter an seiner Stelle wäre - da gibt es gar keine Frage, was dann wäre.

Ich bin ab nächsten Mittwoch wieder in meiner alten Heimat, also in seiner Nähe, werde berichten, ob sich etwas ergeben hat.
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  #20  
Alt 18.08.2007, 18:07
Stina Stina ist offline
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Standard AW: Habe Angst ihn zu besuchen - sollte ich?

Hallo, habe Deine/Eure Geschichte bislang nur still mitgelesen, nun möchte ich mich aber auch einmal zu Wort melden.
Ich denke, Du kannst wirklich nur ahnen, was Dein Vater fühlt oder will.
Schließlich hast Du ihn 17 Jahre nicht gesehen.
Dies muß ja auch einen trifftigen Grund hatte, auf den ja noch nicht eingangen wurde, der mich aber natürlich auch nichts angeht.
Allerdings hat entweder damals DEIN VATER oder DU gedacht, oder auch gesagt, ich möchte Dich nicht wiedersehen oder so ähnlich, sonst wären es ja nicht 17 Jahre geworden.
Allerdings war ich selbst beim Tod meines Vaters dabei, er wartetet nur auf mich, obwohl etliche andere Personen in seinen Sterbestunden um ihn waren, jedoch erst als ich kam und alle anderen gegangen waren, starb er.
Vielleicht wartet Dein Vater nur auf DICH um seinen Frieden mit Dir zu machen?!
Die Entscheidung mußt Du ganz alleine treffen, dies ist klar, Dein Vater kann ja nicht mehr Dich anrufen oder mit Dir reden, aber er spürt, wenn Du bei ihm bist, glaube mir.
Mein Vater war mit seinem Bruder 50 (!!!) Jahre verstritten, richtig schlimm allerheftigst Mein Vater hörte durch Dritte, daß er so krank war, mein Vater meinte, nein, mein Bruder möchte mich nicht sehen, braucht das nicht, ich kenne ihn!
In seinen letzten Tagen ließ sein Bruder durch seine Frau meinen Vater anrufen, sein Bruder wolle ihn noch sehen.
Dies hätte mein Vater NIEMALS gedacht, man kennt einen Menschen nicht in den letzten Stunden, die er noch auf dieser Welt ist.
Sorry, wurde jetzt ein großer Text.
Ich wünsche Dir, daß Du für DICH und DEINEN VATER das RICHTIGE machst.
Viel Kraft dazu und wirklich alles Liebe!
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  #21  
Alt 18.08.2007, 18:51
grobie grobie ist offline
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Standard AW: Habe Angst ihn zu besuchen - sollte ich?

Hallo meine Drei,

Ich kann Dich GUT verstehen.Ich hatte mit meinem Pap 25 Jahre keinen Kontakt.Erst letzten Dezember ging es wieder los.Und ich kann Dir gar nicht sagen,wie froh ich bin,über meine Angst,und meinen Schatten gesprungen zu sein.In Gesprächen haben Pap und ich festgestellt,das wir uns vieeeeel ähnlicher sind,als wir beide annahmen - vielleicht haben wir uns deswegen nie verstehen können(telefonate an Geb hatten wir öfter.Nur haben wir uns nach 5 Min angezickt)Beide beleidigt,beide fühlten sich ungerecht behandelt,und beide unglaublich verletzt.Seit letztem Monat weiss ich,das mein Pap an (BSDK) Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt ist.Ich habe seine Angst u Sorge von Anfang an mitbekommen - und ich bin froh,ihm beistehen zu dürfen.Ich hätte mir nie verziehen,wenn ich ihn jetzt nicht auf diesem harten Weg begleiten könnte.
Vielleicht bleibt uns nicht mehr viel Zeit,wer weiß?Aber ich bin da.Und das tut ihm und mir gut.Natürlich könnte ich mich auch erst an seinem Grab verabschieden,(das dachte ich jahrelang)aber nun bin ich froh,das es doch anders kommt.

Ich kann also gut verstehen,wie du dich fühlst - auch wenn ich nicht in Deiner Haut,oder in Deinem Kummer stecke.Aber was auch immer Du tust - ich glaube,du solltest nicht zuviel denken - tu einfach,was dein herz dir sagt.Höre nicht auf Deine Angst - die hat dein Pap sicher auch.Auch wenn du es nicht weisst.....

Meine Oma sagte immer - du bereust am Ende deines lebens nur das,was du NICHT getan hast...

Ich wünsche Dir alles,alles gute

Elke
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  #22  
Alt 18.08.2007, 19:25
Juliane1979 Juliane1979 ist offline
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Standard AW: Habe Angst ihn zu besuchen - sollte ich?

Hallo meinedrei,

beim lesen überkam mich vornehmlich das Gefühl, dass Du einfach nicht hinfahren willst. Dann fahr nicht. Es ist ein wenig, als würdest Du Dich hier rechtfertigen und Rechtfertigung suchen (à la: "es sind viele um ihn rum, ihm reicht es ja auch per Post, er fragt nicht danach,mich zu sehen usw..")
Du schreibst, Du kennst Deinen Vater sehr gut und weißt, dass ihm das reicht per Brief "Bye Dad" zu sagen. Ich kann mir das bei 17 Jahren Funkstille beim besten Willen nicht vorstellen, dass man jemanden dann noch kennt, aber wenn es Deinem Vater und Dir reicht - wo ist das Problem. Dass Dein Bruder Dich drängt?...nunja, er scheint seinem Vater (oder sich selbst) einen Wunsch erfüllen zu wollen, vielleicht ist dort weit weniger Verbitterung vorhanden als auf Deiner Seite. Wie auch immer - sofern Dein Gewissen Dich nicht drängt, lass es besser.
Komisch, dass es scheinbar nicht mal im Angesicht des Todes möglich zu sein scheint, zu vergeben und zu vergessen - ich würde es Dir aber, auch für Dich, von ganzem Herzen wünschen.

Grüße
Juliane

Geändert von Juliane1979 (18.08.2007 um 19:28 Uhr)
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  #23  
Alt 18.08.2007, 23:40
meinedrei meinedrei ist offline
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Standard AW: Habe Angst ihn zu besuchen - sollte ich?

Liebe Juliane,
es gibts nichts (mehr) zu vergeben. Aber es ist verdammt hart zu vergessen, zumal ich ja noch immer ausgeschlossen werde.
Nicht falsch verstehen - ich bin nicht beleidigt oder so - aber irgend wann will man halt den Hintern auch nicht mehr hinhalten, dass alle reintreten können.

Habe mir alle Antworten und Anregungen durchgelesen und auch in mich rein gehorcht.

Ich muss mich um alle Infos kümmern und alles einfordern. Mein Bruder stellt sich das alles so schön vor - dass ich ihm seinen Wunsch erfülle und sozusagen ans Sterbebett eile. Er wünscht sich das so, mit Hand halten und verabschieden usw. Er kann glaub ich auch schlecht akzeptieren, dass mein Vater einfach auch nicht den Wunsch hat, mich zu sehen. Das kann er irgendwie nicht vor sich zugeben.

Die Realität kann auch so sein, dass ich ihm nicht so viel bedeute wie manche gerne hätten und auch er mir fremd geworden ist.
Es ist nicht immer alles so fein und sauber.

Klar sind das Rechtfertigungen vor mir selbst, aber die kommen ja nicht von ungefähr, die Gedanken - warum ich ihn nicht besuchen sollte bzw. es sein lassen könnte.

Meine Geschwister, Tanten, seine Lebensgefährtin usw. sehen ihn täglich und niemand denkt daran, mich auf dem laufenden zu halten, ständig muss ich anrufen und fragen - dann bekomme ich auch noch zu hören "du, ich kann jetzt nicht reden, mich nimmt das so mit"...
Ein exclusiver Club.
Ich weiss, das klingt bitter, aber ich wohne 600 km entfernt und habe 4 kleine Kinder unter 8 Jahren - ich kann mich nicht so einfach ins Auto setzen.

Je mehr Zeit verstreicht, desto saurer werde ich auch mit meinen Geschwister, die mich so hängen lassen. Ich habe keine Ahnung, wie es ihm denn nun geht, wie er sich fühlt, wie er die Medikamente verträgt, ob er viel schläft, ob er sich verständlich machen will, ob er Angst hat...

Wenn ich versuche, das rauszuhorchen, dann habe ich manchmal fast das Gefühl, sensationsgeil zu sein, denn so richtig wollen sie die Situation auch nicht rausrücken, da wird auch viel verdrängt und keiner traut sich so recht, Tacheles zu reden.

Dann erbittert es mich, wenn sie sagen "komm doch mal her, es würde ihn freuen".
NEIN... es würde IHN (meinen Bruder freuen) - ob es meinen Vater freut???
Wieso geht ihr immer davon aus, dass???

Ich bin mir nicht sicher und werde am ausgestreckten Arm hängen lassen.

Heute saure Grüße, trotzdem danke
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  #24  
Alt 19.08.2007, 00:11
AndreaU AndreaU ist offline
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Standard AW: Habe Angst ihn zu besuchen - sollte ich?

Hallo Meinedrei,

auch ich möchte Dir meine Meinung sagen.

Meine Mutter ist am 6.6.07 verstorben. Wir hatten schon immer ein sehr schwieriges Verhältnis, meine Mutter hat mich und meine Familie auch mal 5 Jahre lang total ignoriert, nur weil ich gewagt hatte ihr in einem Brief ausmeiner Sicht die falschen Dinge in meiner Jugend mitzuteilen.

Meine Mutter war ein total unsicherer Mensch und hatte jegliche Kritik sofort damit verbunden, daß niemand sie liebt.

Aber das wußte ich damals nicht bzw. ich hätte es damals - es ist über 15 Jahre her - auch nicht verstehen und entsprechend reagieren können.

Jedenfalls unser Verhältnis war seit ich 9 Jahre alt und sie mit meinem Bruder schwanger war, sehr gespannt. Die guten und schönen Tage waren in der Minderheit während die schlechten Tage, an denen ich nicht schlafen konnte vor lauter "habe ich wieder was falsches gemacht" überhand namen.

Jahre später habe ich mcih dann mit Hilfe einer Therapeutin befreit. Sehr mitgeholfen haben mein Mann und meine zwei Kinder - zwar unbewußt, aber einfach dadurch, daß sie da waren.

Wenn wir (meine Mutter und ich) uns gesehen haben, dann war das wie wenn ich jemand aus der Verwandtschaft treffe. Meine Tante, die jüngere Schwester meiner Mutter, stand mir weitaus näher.

Dezember 03 dann die Diagnose kleinzelliger Lungenkrebs. Ich habe es von meinem Bruder erfahren - meine Mutter hätte mir nichts gesagt.

ICH habe dann während der folgenden Chemo und Bestrahlungen oft angerufen und mich darum gekümmert Informationen zu bekommen. Von meiner Mutter kam nichts zurück - gut sie hatte mit der Krankheit selbst genug zu tun.

Nach Bestrahlung und Chemo trat bei meinen Eltern wieder der Alltag ein - was bedeutet, daß sie von sich aus nicht bei mir angerufen haben, sie auf Geburtstage nicht gekommen sind (die 100 km Entfernung sind ja viel zu viel),jeder hat sein eigenes Leben gelebt.

Erst als an Pfingsten 2006 dann bei meiner Mutter Hirnmetastasen aufgetreten sind hat sie nach deren Behandlung (Bestrahlung und Cortison) ihr Verhalten um180 ° gedreht. Sie hat sich auf einmal für mich interessiert, sie konnte darüber reden, daß sie während meiner Erziehung nicht alles richtig gemacht hat (ich bin mit 17 ausgezogen, weil es einfach nicht mehr ging).
Aber diese Zeit, die alten Geschichten aufzuarbeiten, war viel zu kurz.

Sie hat ein paar Andeutungen gemacht über ihre Erfahrungen in ihrer Jugend, die wohl dazu beigetragen haben, daß sie wurde, was sie war. Aber wir haben es nciht mehr geschafft, diese Sachen wirklich zu bereden und zu beleuchten.

Ich steh jetzt da und habe noch mehr Fragen als vorher - die mir jetzt wirklich niemand beantworten kann.

Ach ja, nachdem die Hirnmetas festgestellt wurden, bin ich sozusagen ein Fixpunkt geworden. Ich war jede Woche mindestens ein Mal,meistens zwei Mal bei meinen Eltern, habe mich um Ärzte, Pflege etc. gekümmert. Und - was mich persönlich wirklich überrascht hat nach unserer Vergangenheit - ich war betroffen über ihr Schicksal und ich war verzweifelt - das hatte sie nun wirklich nicht verdient.

Jetzt,nachdem meine Mutter 2 Monate und 10 Tage tot ist warte ich noch immer auf die "richtige" Trauer. Es fühlt sich so an wie früher, man hat einfach keinen Kontakt,sieht sich evtl.auf dem nächsten großen Familienfest aber sonst ..l...

Meinen Vater rufe ich fast täglich an - manchmal habe ich schon den Eindruck es ist ihm lästig mir zu erzählen, was er den Tag über gemacht hat.....

Was will ich damit sagen - außer mir mal alles von der Seele zu schreiben - :

Wie Du Dich nach dem Tod Deines Vaters fühlen wirst kann Dir keiner vorhersagen. Es wird Dir auf jeden FAlll schlecht gehen.

Entweder weil Du nicht zu ihm gefahren bist - also eine "schlechte" Tochter bist - oder aber weil Du zu ihm gefahren bist und die erhoffte Versöhnung nicht stattgefunden hat oder nicht mehr stattfinden konnte.

Von daher, Du hast Dein Bestes versucht, er hat Dich nicht gerufen - also - meiner Meinung nach kannst Du ohne schlechtes Gewissen zu Hause bleiben.

Liebe Grüße
und sorry für den Erguß

Andrea
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  #25  
Alt 19.08.2007, 01:46
meinedrei meinedrei ist offline
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Registriert seit: 13.08.2007
Beiträge: 16
Standard AW: Habe Angst ihn zu besuchen - sollte ich?

Liebe Andrea, wieso sorry...? Danke.
Bei mir muss ja auch erst mal alles reifen und ich drehe täglich die Gedanken hin und her.
Schau, es ist so hart, besonders in dieser Zeit, nicht dazu zu gehören.

Nun muss ich noch eine Katze aus dem Sack lassen... ich habe es bisher nicht erwähnt, weil ICH es nicht so empfinde - er ist mein Adoptivvater.
Meinen Erzeuger kenne ich nicht, er hat meine Mutter verlassen als ich 10 Monate alt war.
Als ich 5 Jahre alt war, wurde ich von meinem "jetzigen" vater adoptiert. Ich spreche von ihm (und denke von ihm) nur als meinem Vater, ich hatte ja keinen anderen.

Zu seinen eigenen Kindern hat er Kontakt, auch da war nicht immer alles leicht, aber ich denke nicht, dass er mit ihnen so gebrochen hätte wie mit mir.
Ich will keine Schuldzuweisungen machen, aber ich habe nie die Tür zugeschlagen sondern ich bin meisten gegen geschlossene Türen bei ihm gerannt.

Und nun sitze ich vor diesem ganzen Trümmerhaufen und denke - ich bin halt doch nicht sein richtiges Kind, denn sonst hätte er mir doch zu verstehen gegeben, dass er mich braucht oder ich hätte es gefühlt.

Das tut weh, trotz allem, und besonders schmerzt mich, dass seine "richtige" Familie um ihn herum ist und ich irgendwie nur am Telefon rausquetschen kann, was los ist.

Meine Geschwister schließen mich nicht mit Absicht aus, aber sie sind gedankenlos und können sich nicht vorstellen, wie es ist, das alles mitzubekommen und doch kein Teil zu sein.

Sie sind ja die richtigen Kinder - ich bin das Adoptivkind, aber ich hatte das selbe Elternhaus wie sie... zeigt sich nun der feine Unterschied?

SIE werden von seiner Lebensgefährtin angerufen und informiert, wenn sie ihn mal ein paar Tage nicht gesehen haben.
Sie verarbeiten die Info und denken nicht weiter... ich hänge dann nach ein paar Tagen am Telefon und frage "und? was kam raus? wie gehts weiter?" und habe dann auch noch das Gefühl, lästig zu sein.

Diese Bitternis kam erst vor ein paar Tagen, denn als es ihm noch nicht gar so schlecht ging, da war es ja ok, wenn man vielleicht 1 Mal pro Woche was gehört hat.

Aber nun sagt man mir, dass die Chemo abgebrochen wurde; er ist jetzt vom Palliativzentrum in die Onkologie aufgenommen worden...
ja, und dann???? wie gehts ihm? aus, ende, keine Info mehr.

Ich würde gerne (täglich) wissen, wie sich sein Zustand ändert, aber wenn ich dann z.B. höre, wer sich alles bei ihm versammelt (Tanten und Cousinen, Geschiwster usw), dann schmerzt es schon, nicht zu ihm "eingeladen" worden zu sein. Nicht von ihm und vor allem auch nicht von seiner Frau, die ihn doch am besten kennen müsste?
Von ihr kam auch nie ein "könntest du dir vorstellen, ihn zu besuchen? er würde sich freuen".

Ich erinnere nur an unseren Termin, den mein Bruder vorantrieb, als sie sagten... uuuhhh... das wäre aber schlecht, das Wochenende.
Wenn sich meine Tochter, die ich seit 17 Jahren nicht gesehen habe, ankündigt, dann ist mir das wichtiger als ein Besuch bei meiner Schwester, die ich sowieso öfters sehe. Sie sind die Woche davor noch seine Schwägerin besuchen gefahren, die wohnt in Köln, 550 km entfernt, also ging es ihm da nicht so schlecht.

Klingt eingebildet, aber ich finde, das hat doch Berechtigung.

Vielleicht kämpfe ich nur so mit mir, weil mich die Zurückweisung schmerzt.
Dabei fühle ich nicht anders als die meisten Töchter fühlen würde, wenn ihr Vater so krank ist - ich leide, ich weine, er tut mir so leid und ich bedaure all diese verpassten Gelegenheiten.

Langsam frage ich mich, ob vielleicht ICH den Besuch brauche.

Sorry für all diese wirren Postings, aber es dauert seine Zeit, bis sich die Gedanken sortieren.

Danke fürs zuhören.
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  #26  
Alt 19.08.2007, 07:54
Sunshine77 Sunshine77 ist offline
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Standard AW: Habe Angst ihn zu besuchen - sollte ich?

Hallo,

Ich hab ja hier bisher immer die Meinung vertreten, daß man nach manchen Zerwürfnissen keinen persönlichen Abschied braucht denn es gibt einfach Verhältnisse wo alles zerrüttet ist und kein Interesse von allen Parteien besteht auch mal selbstkritisch ihre Fehler einzugestehen und ggfs. zu verzeihen. Dieses Happy End daß jeder Mensch sich im Leben wünscht gibt es leider nicht immer.

Wenn ich jetzt deine Zeilen so weiter verfolge beschleicht nun aber auch mich das Gefühl, daß bei dir doch sehr vieles NICHT geklärt ist. Du wirkst auf mich in der Tat sehr gekränkt (was verständlich ist) und leidest doch stark unter dem "ausgeschlossen sein". Aber weißt du was, ich denke jetzt wo man einen wichtigen Teil deiner Vorgeschichte kennt, ist das nicht nur ein Problem was direkt mit dem Sterben deines Vaters zusammenhängt. Seine schwere Erkrankung ist nun nur der Anlaß wo all diese vergangenen Gefühle in dir hochgedrängt werden, denn im Endeffekt scheinst du dir doch lange eine Versöhnung gewünscht zu haben, ein wirkliches Zeichen von ihm daß auch du ihm wichtig bist. Dieses kam nicht und wirbelt nun alle möglichen Gefühle in dir auf was verständlich ist, denn die Zeit rennt für eine Entscheidung die getroffen werden muß. Aber wie du selber sagst, hängst nicht nur du mittendrin sondern auch die restliche Verwandschaft und auch bei denen kommen nun Dinge auf den Tisch aus vergangen Zeiten die bewältigt werden müssen. Therapeutische Hilfe vieles im nachhinein aufzuarbeiten wäre da vielleicht überlegenswert.

Du schreibst als du mal hinwolltest haben sie wg. dem Termin rumgedrückst. Ich kann dich verstehen, daß dich das gekränkt hat aber mal ehrlich; du weißt nicht was den Tag anstand und du selber hättest doch vielleicht gerade nach all den Jahren auch nicht die bereitschaft gezeigt alles für eine Aussprache zu verschieben wenn sie dich denn angerufen hätten, oder? Das hat vielleicht was mit selbstschutz zu tun, dem anderen Zeigen daß man offen für das Gespräch ist aber nach all den Jahren auch nicht bereit ist alles zu verschieben. Das würde ich garnicht mal zu persönlich nehmen, es sei denn du hast damals wirklich gespürt daß kein richtiges Interesse von ihm bestand.

Ich glaube dein Interesse an einer Versöhnung ist größer als du es dir vielleicht selber eingestehen möchtest, denn immerhin schreibst du du wärst gerne täglich informiert, es quält dich nicht Teil zu sein von dieser Entwickelung und du willst wissen was los ist. Diese Gedanken habe ich z.B. was meinen Vater betrifft fast garnicht und somit spüre ich daß das was zwischen uns z.B. war abgeschlossen ist. Bei dir ist es aber anders, denn wenn es abgeschlossen wäre würdest du dich selber nicht so quälen mit dem Wunsch nach tgl. Infos sondern würdest es einfach auf dich zukommen lassen (meine Meinung).

Unter diesen Gesichtspunkten kann ich mir durchaus vorstellen, daß du diesen Besuch mehr brauchst (egal wie traurig oder auch negativ er verlaufen wird für dich persönlich) um für dich einen richtigen Abschluß zu haben. Aber wenn du jetzt hinfährst, was erwartest oder erhoffst du dir persönlich davon? Denke das solltest du für dich klären um eine evtl. Enttäuschung (die ja durchaus möglich ist angesichts der Vorgeschichte und was du dir bewußt sein solltest) abzumildern. Wenn du hinmöchtest, dann sag das z.b. deinem Bruder und sag wann du kommst. Sollte es dann wieder Einwände seitens der Familie geben, dann frag (auch wenns schmerzlich sein kann) warum nicht und versuch mal tacheles zu reden, denn viel Zeit bleibt nunmal vermutlich nicht.

Dir viel Kraft,
Sunshine
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  #27  
Alt 19.08.2007, 10:31
AndreaU AndreaU ist offline
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Standard AW: Habe Angst ihn zu besuchen - sollte ich?

Liebe Meinedrei,

nachdem Du jetzt noch weitere Einzelheiten erzählt hast denke ich auch, daß es durchaus für Dich wichtig ist, ihn noch einmal zu sehen. Du hoffst - so empfinde ich Deine Zeilen - am Schluß noch einmal auf eine positive Zuwendung so in dem Sinne "natürlich bist Du auch mein Kind".

Wenn man deine Erzählungen aber liest, dann ist dies eher unwahrscheinlich. Ich könnte mir vorstellen, wenn Du kommst, dann gibt es kein Hurra, sondern ein "ach ja, Du kommst also auch" - so mit dem Hintergrund, es ist recht wenn Du kommst, aber es wäre auch recht, wenn Du nicht kommst.

Wie könntest Du damit umgehen?

Die Anregung von Sunshine, daß Du Dir therapeutische Hilfe suchst kann ich nur unterstützen. Bei mir selbst ging das von rund 13 Jahren fast von alleine. Ich wollte abnehmen (115 kg bei 165 cm) und mein Hausarzt hat mich zur Untrstützung zu seiner Frau (auch einer Ärztin aber mit Psychoausbildung) geschickt. Bald kamen wir neben den ganzen Abnehmritualen auf meine Kindheit zu sprechen und sie war die erste, die zum einen meine Gefühle ernst nahm (die Ereignisse waren als ich zwischen 10 und 17 war und meine Empfindungen waren, weil nie darüber gesprochen wurde, noch auf dem selben Stand, also pubertär), sie hat mir aber auch nahegebracht, was meine Mutter z.B. dazu gebracht haben könnte zu reagieren, wie sie damals reagiert hat. Das hat mir geholfen, mit diesem Thema nahezu abzuschließen - ganz wird es nie gelingen.

Was hat denn bei Dir vor 17 Jahren dazu geführt, daß der Kontakt abgebrochen ist?

Ach ja, zur therapeutischen Begleitung: Es ist nicht sicher, ob Du so schnell wie es jetzt anläßlich der Krankheit Deines Vaters nötig ist, einen angenehmen Ansprechpartner findest. Aber fange an Dich um diese Hilfe zu bemühen. Egal wie Du Dich entscheidest, was auch passiert, Du brauchst jemanden der unvoreingenommen (das wären weder Deine jetzige Familie oder Deine Freunde) mit Dir die Dinge aufarbeitet und Dir hilft das ganze abzuschließen.

Ich wünsche Dir sehr, daß Du für Dich die Entscheidung triffst, mit der Du am besten weiterleben kannst.

Liebe Grüße
Andrea
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