OP oder nicht? - Seite 30 - Krebs-Kompass-Forum seit 1997

Geliplie · #**436** 27.10.2015, 21:19

Denke an dich... Aber das weißt du. Es fällt mir derzeit schwer, hier zu schreiben. Schön, dass wir eine andere Art des Kontakts noch gefunden haben. Bin bei dir. Deine

LiebesHerz · #**437** 27.10.2015, 22:49

Ich danke Dir Geli.
Dass ich dir gedanklich ebenfalls beistehe weißt Du....

Meine Mutter war auch heute Nachmittag recht gut gestimmt. Wach, hat ein ganz bißchen erzählt, aber dann wieder ganz durcheinander. Auf jeden Fall viel besser als gestern.
Ich habe mir dann spontan einen Abend in einem sehr netten italienischen Restaurant hier gegönnt. Alleine. Das war richtig schön!! Ich habe alles bestellt worauf ich Lust hatte, egal was es kostet. Es hat so gut getan!

Ich hoffe auf weitere Besserung morgen..

Jana

berliner-engelchen · #**438** 28.10.2015, 12:53

Jana, das macht du gut: nimm dir alles, was du brauchst, um weiter gut durchzuhalten.
Tante muss alleine durch, das musst du selbst ja auch .....
Italiener und Konditor mit einer guten Konfisserie Abteilung sind GOLD wert in solchen Zeiten. Schonungslos raus mit dem Geld fürs Wohlbefinden.

Alles gute und liebe weiterhin vom

chen

LiebesHerz · #**439** 29.10.2015, 17:54

Ihr Lieben,
liebes Engelchen,

das mit der Boutique wurde nix, meine Mutter sollte auf die Palliativstation verlegt werden und ich wollte sie da nicht alleine lassen. Da mein Vater einfach nicht ans Telefon ging, bin ich dageblieben... Ich war sehr wütend auf meinen Papa und hab mich ganz schön alleine gefühlt.. Wenn man ihm den kleinen Finger gibt... Er kam dann doch noch, wollte aber gleich wieder fahren als er sah, dass ich noch da bin. Da hab ich ihm aber die Meinung gegeigt! Er musste dann auch zum Arztgespräch dableiben. Auch da wollte er flüchten... Es ist typisch für ihn.. Auf ihn war nie Verlass. Er macht vieles richtig, aber man weiß nie, ob er am nächsten Tag noch zur Verfügung steht...

Die neue Station ist ein Traum! Ich habe tief durchgeatmet als ich dort war. Endlich Ruhe... Schöne Farben, schönes Licht, wunderschöne Zimmer mit Terrasse. Sehr warmherzige Menschen... Ein toller Arzt.
Nach ein paar Stunden Aufenthalt dort, konnte meine Mutter plötzlich aufstehen und mit der Schwester ins Bad! Heute war sie zwar ein bißchen wackelig und blieb lieber im Bett aber sie ist geistig viel viel klarer; meine Mama ist wieder da!
Sie schläft nicht mehr ein und erzählt wieder ein wenig. Besuch von zwei Freundinnen hatte sie auch. Ich bete, dass jetzt nicht wieder eine Blutung oder sonstwas kommt. Einfach mal ein kleines Bergauf... Das wäre so schön!
Man kann als Angehöriger kommen und gehen wie man möchte, auch dort schlafen. Es ist wunderschön und ich weiß sie jetzt gut aufgehoben.
Großer Stein vom Herz gefallen!

Dennoch habe ich mich heute sehr schwer getan, wieder nach Hause zu fahren. Ich kann mich nicht teilen. Egal wo ich bin, ich habe das Gefühl, es ist nicht richtig. Erleichtern würde es mir wenn ich wüsste, es gäbe einen Menschen den sie genauso gerne um sich hat wie mich. Klingt arrogant, aber es ist nunmal so, dass ich für meine Mutter der wichtigste Mensch bin. Die ehe mit meinem Vater ist lange zerrüttet. Meinen Bruder liebt sie, aber es ist eben nicht so eng. Ich habe das Gefühl, dass soviel Verantwortung auf mir lastet und es fällt mir schwer, diese abzugeben. Meine Mutter will auch keinen Besuch außer Familie und zwei Freundinnen. Es fragen soviele an, sie möchte aber nicht. Sie möchte auch kein Telefon. Das alles macht es mir sehr schwer. Ich kann nicht jeden Tag bei ihr sein, aber sie auch noch nichtmal hören zu können, finde ich brutal.
Werde meinen Vater beauftragen, dass er mich anruft wenn er da ist und sie mir dann ans Telefon holt.

Ich habe meinen weg noch nicht so ganz gefunden...

LiebesHerz · #**440** 30.10.2015, 20:48

Ich bin traurig heute.
Meine Mama verschließt sich so. Gestern war ja ich da und danach noch mein Bruder bis abends. Heute Vormittag und den ganzen Nachmittag mein Vater. Sie steht nicht auf, isst nicht, redet kaum. Als er aber gehen wollte bat sie ihn noch zu bleiben. Sie sagte sie habe Angst vor den ganzen Schläuchen (Blasenkatheter, Pleuradrainage, ZVK). An ihr Handy geht sie nicht.
Es ist, als habe sie einfach zu gemacht. Es ist so brutal weil ich derzeit überhaupt nicht weiß was in ihr vorgeht. Meine Mutter hat nie wünsche geäußert, sich immer zurückgenommen und nun wird dieser Rückzug noch intensiviert. Ich fühle mich so hilflos!
Der Arzt versuchte sie heute zu motivieren indem er sagte sie wolle doch nach Hause und das sei doch das Ziel. Aber sie tut nichts dafür. Sie kann sitzen, sie tut es aber nicht. Es ist, als dämmere sie in einer Glocke vor sich hin.
Manchmal blitzt die alte Mama durch so wie gestern, aber dieser Zugang gelingt nur wenn an sehr lange bei ihr ist.
Ich bin mir sehr sicher, dass körperlich sehr viel mehr möglich ist und ich glaube auch nicht dass sie kurz davor ist zu sterben, dafür arbeiten ihre Organe gut genug. Aber dieser geistige Rückzug ... Mit dem komme ich irgendwie nicht klar. Wahrscheinlich ist es ihr weg, damit fertig zu werden und wahrscheinlich muss ich es einfach akzeptieren, aber es fällt mir so schwer.
Ich will nicht, dass sie einsam ist und Angst hat. Aber alles was es ihr leichter machen würde (Besuche, Telefon, Bücher, Radio, Fernseher) lehnt sie ab.

Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Was kann ich tun? Kann man überhaupt was tun?

Ich bin dankbar für jede Meinung...

Jana

Stadtkatze · #**441** 30.10.2015, 21:25

Hallo Jana,

ich versuche mich in die Situation deiner Mama ein wenig reinzuversetzen. Ich denke sie wird halt auch ihre Phasen durchmachen (nach Kübler Ross) und dazu gehört wohl auch das zurückziehen, sich isolieren, doch wieder Mut und Kraft schöpfen, traurig sein, hoffnungsvoll - oder auch hoffnungslos ...

Vielleicht hilft es dir, wenn du das bedenkst. Wie man sie motivieren könnte weiß ich auch nicht, du kennst sie sehr gut und weißt was ihr Freude macht und ihr wichtig ist. Da sie danach fragt ob jemand länger da bleiben könnte - ist ihr ev wichtig nicht allein zu sein? Vielleicht würde sie das nie so direkt äußern? Meine Mutter sagt auch nicht was Sache ist, was sie sich wünscht - man sollte immer Gedanken lesen können. Ich würde mich vielleicht auch Rat bei einem Psychoonkologen holen - weil die einfach die meiste Erfahrungen in diesem Bereich haben.
Aus meiner beruflichen Erfahrung weiß ich, dass Patienten meistens Angst haben, aber dies äußerst selten wirklich direkt sagen.
Ich hoffe es geht trotzdem bald ein wenig aufwärts mit ihr.

Viel Kraft

mausi69 · #**442** 30.10.2015, 22:47

Liebe Jana

Du wirst den Zustand deiner Mama akzeptieren müssen, du musst es annehmen.
Es ist ihr Weg auf dem du leider nur liebevoll begleiten kannst.
So wie du es schilderst, hat sie angenommen das sie gegen diese sch... Krankheit nichts mehr ausrichten kann.

Sie fängt an Stück für Stück Abschied zu nehmen, das erklärt warum sie keinen Besuch ausser der Familie mehr zu lässt.

Ich weiß wie schwer das alles ist, aber versuche es ein wenig aus der Sicht deiner Mama zu sehen, ist zwar schwer aber du wirst sie verstehen.

Ich drück dich mausi

LiebesHerz · #**443** 01.11.2015, 20:49

Ihr Lieben
Danke für eure Worte die mir immer soviel bedeuten...!

Ich weiß dass ich es akzeptieren muss, sie nicht drängen kann und darf. Die Schwestern verhalten sich diesbezüglich auch sehr respektvoll ihr gegenüber und machen nur das was sie dürfen (zB Füße massieren ;-)), sie wird zu nichts gedrängt.
Insgesamt geht es ihr ok, nur eben dass sie partout nicht aufstehen will und sich komplett im Bett versorgen lässt (und das passt eigentlich so gar nicht zu ihr).
Schlimm für mich ist, dass ich sie tagelang nicht sprechen kann wenn ich nicht hinfahre. Das ist kaum auszuhalten.
Ich rufe täglich die Schwestern an und erkundige mich nach ihr, lasse sie grüßen. Und wenn ich Glück habe, kann ich ein paar Worte zu ihr sagen wenn mein Papa bei ihr ist. Sie gibt das Telefon aber schnell wieder weg.
Wie geht es mir? Ich kann es gar nicht sagen... Es gibt Augenblicke in denen kann ich Glück empfinden, trotz der schweren Zeit. Das sind zB Spaziergänge in der Sonne, kuschelstunden mit meinem Mann etc. Ohne diese Augenblicke in denen ich wirklich Glück empfinde würde ich die zeit nicht durchstehen. Dann wieder diese Ängste. Diese Panik. Trauer. Was mache ich ohne meine MAMA??? Wie wird es sein, NIE WIEDER ihren stimme hören zu können? Wie kann ich leben ohne ihre Liebe??? Gerade nachts ist es schlimm und ich wache auf und kann nicht mehr einschlafen, wälze mich. Und diese Erschöpfung! Ich bin den ganzen Tag todmüde. Als würde Blei durch meine Adern fließen. Und ich bin extrem unkonzentriert. Verlege Dinge, vergesse Dinge.
Morgen muss ich wieder zur Arbeit. Kann mir das noch nicht vorstellen. Mal sehen. Ggf. muss eine Lösung her. Freistellung etc.

Wie lange kann meine Mama eigentlich auf der Palliativstation bleiben? Weiß das jemand?
Was kommt danach? Hospiz?
Eigentlich war das Ziel, sie wieder fit für zu Hause zu bekommen... Davon ist sie weit entfernt.... Ich weiß es gibt auch ambulante Betreuung, aber mein Papa packt das nicht glaube ich.

Traurige Grüsse,

Jana

LiebesHerz · #**444** 03.11.2015, 21:23

Bei uns gibt's nicht viel neues.
Mama stabil, aber immernoch nur im Bett und keiner weiß warum. Sie ist wach, sie hat Kraft. Sagt, ihr sei schwindlig. Wäre mir auch nach Wochen in der Horizontalen. Geht nicht ans Telefon, lässt sich alles machen, auch Dinge die sie eigentlich problemlos kann. Wer eine leichte Wut aus meinen Zeilen heraushört hört richtig. Ich bin natürlich nicht wirklich wütend auf sie als Person, ich bin vielmehr wütend über die Hilflosigkeit mit der man als Angehöriger vor dem Bett steht! Wütend auf den Krebs der mir meine Mama nimmt!
Was mich halt verunsichert ist die Tatsache dass sie bis auf den Schwindel und den leichten Aszites überhaupt keine Symptome hat. Keinerlei Schmerzen, keine Übelkeit, mittlerweile wenig Müdigkeit. Ich habe überhaupt nicht das Gefühl dass sie "in der letzten Phase ist". Aber ich erkenne sie einfach nicht wieder.
Morgen fahre ich wieder hin, ich werde berichten..

Eure jana

Lella · #**445** 03.11.2015, 22:31

Liebe Jana
Schon lange habe ich hier nicht mehr geschrieben, aber immer mitgelesen, verfolge Deinen Weg mit. Es tut mir leid, dass es Deiner Mama zur Zeit nicht so gut geht... Dein Bericht hat mich an meinen Schatz erinnert, gerne möchte ich Dir dazu etwas sagen.
Auch bei ihm war es so, dass er immer antriebsloser wurde, oft den ganzen Tag im Bett lag, sich nicht aufraffen konnte. Auch ich habe den starken, aktiven Mann, der über einen unbändigen Willen verfügte, kaum mehr wiedererkannt. Und ich war oft genervt, wütend, böse. Auf die Krankheit, irgendwie auch auf ihn. Ich hab mir immer gedacht, er müsste sich doch nur mal in den Hintern kneiffen, etwas tun, den Kreislauf in Schwung bringen, dann würd er schon wieder in die Gänge kommen. Ich dachte oft auch, dass es einfach an der Psyche lag. Erst jetzt begreiffe ich langsam, dass er es einfach nicht mehr konnte... Körperlich nicht mehr konnte. Ich weiss nicht mal, ob er sich dessen so bewusst war, sber wenn ich an seine traurigen Augen denke, wenn ich mit ihm "geschimpft" habe, dann muss ich davon ausgehen... Dieser Gedanke macht mich unendlich traurig und ich wünschte mir, ich wäre nachsichtiger mit ihm gewesen. Sei es auch mit Deiner Mama. Vielleicht schafft sie es einfach nicht...
Liebe Jana, ich wünsch euch nur das Beste und dass sich Deine Mama bald wieder erholt. Und Dir wünsch ich alle Kraft der Welt.
Liebe Grüsse
Lella

heidilara · #**446** 03.11.2015, 22:59

liebe jana,

könnte es nicht auch eine depression sein, in kombination mit der grunderkrankung könnte ich mir das verhalten deiner mama so ganz gut erklären. bei mir reicht schon die depression allein, dass ich so bin, ich steh eigentlich nur meinen hunden zuliebe auf u geh raus, ohne die beiden würd ich auch im bett bleiben.
nur so als versuch einer erklärung

alles liebe
heidilara

Geliplie · #**447** 03.11.2015, 23:43

Hallo liebe Jana ...
Die 5 Sterbephasen.. Die kennst du? Das soll nicht heißen, dass deine Mama stirbt!! Hörst du! Aber .. Mir hat es geholfen damals

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Elis...r-Ross#/search
Mir hat Es geholfen, zu begreifen.

Bin bei dir!

LiebesHerz · #**448** 04.11.2015, 00:45

Meine Mama ist tot.

Ich habe es eben erfahren. Von meinem Papa am Telefon. Friedlich eingeschlafen.

Ich sitze hier. Starre ins Leere. Ich hab meinen Mann noch nicht geweckt. Er schläft so schön. Und einer von uns muss ja wach sein um nachher Auto zu fahren..
Er hat heute Geburtstag. Sie starb kurz vor Mitternacht.

Ich schreib einfach mal...

Ich bin so leer.
Die Angst ist weg.
Noch gar nicht so große Trauer.
Schock.
Ich war nicht da
Warum war ich nicht da?
Warum hat es keiner vorher gemerkt?

Auch für die Schwestern war es jetzt sehr überraschend.
Sie sei einfach plötzlich eingeschlafen.
Hoffentlich hatte sie keine Angst.
Meint ihr, sie hatte Angst?

Was mach ich denn jetzt?