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  #1  
Alt 20.10.2009, 10:31
Benutzerbild von Rudolf
Rudolf Rudolf ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Hallo Stefan,
nachdem ich von Dir nur Vorwürfe wahrgenommen habe, du aber andererseits eine sachliche Debatte willst, habe ich mir die Frage erlaubt, welchen konstruktiven Beitrag du denn leisten möchtest, weniger zum Umgang mit Krebs, sondern zum Thema hier.
Die Sache mit meinem Bruder steht an anderer Stelle.
Das, was du als „Krebspersönlichkeit“ beschreibst, meine ich nicht. Es geht eher in Richtung „pessimistische Lebenseinstellung“. Ich möchte aber hier nicht weiter darauf eingehen. Es sei denn, es wünscht jemand.
Im übrigen:
Rauchen kann zu Krebs führen, Lungenkrebs, Nierenkrebs u. a.
Kein Raucher muß Krebs bekommen.
Auch Nichtraucher können Krebs bekommen:
- meine 1. Schwiegermutter 1980 Lungenkrebs,
- ich 2000 Nierenkrebs.
Das Forumsthema ist hier ja
Positive Erfahrungen und Gedanken.
Hier fand ich u. a. den letztlich sehr schönen Bericht einer Frau, deren Mann an Krebs starb, als sie 39 J. alt war. In ihrer Trauer und vielleicht auch Enttäuschung oder Wut sagte sie: mir kommt kein Mann mehr ins Haus, jeder würde im Vergleich mit IHM schlechter abschneiden. Und dann, keine zwei Jahre später, schickte sie ihrer Freundin per SMS ihre neue Handynummer. Diese kam nie an, aber abends rief ein Mann bei ihr an. Sie telefonierten, telefonierten . . . und wenige Wochen später trafen sie sich erstmals. „Ich lebe wieder, ich liebe wieder, ich kann wieder lachen,“ schreibt sie begeistert.
Kann man sich an diese Freude nicht anschließen?
Die Trauer um ihren Mann wird vielleicht nie ganz enden, aber daneben kann neues Leben sich entfalten.
Das Unterthema heißt
Krebs als Chance,
als Chance zu irgend etwas.

Diese Chance kann sich kaum auf den Krebs selbst beziehen, wie die Chance zur Heilung.
Diese Chance auf körperliche Heilung liegt außerhalb des Krebses. Vielleicht in Arzneimitteln, vielleicht in dem, was man Glauben nennt, vielleicht in einer Spontanheilung oder einem Wunder.
Krebs als Chance
bezieht sich auf etwas, das
trotz Krebs möglich ist oder
mit Krebs oder vielleicht sogar erst
wegen des Krebses.
Sicher ist, daß zahllose Betroffene und auch Angehörige ihren Blick auf das Leben und auf die Welt verändern. Der Tod rückt plötzlich ins Bewußtsein, die Endlichkeit des Lebens.
Du beschreibst es ja selbst. Schwerpunkte ändern sich.
Mancher wird religiös oder spirituell, ein anderer philosophisch.
Und mancher ändert nur seinen Speiseplan.
Mancher setzt sich andere Lebensziele als bisher.
So habe ich Stephans Beiträge verstanden, als Wunsch.
Weisheit und Liebe als erstrebenswertes Ziel.
Das ist etwas, zu dem man viele Jahre braucht.
Und niemand wird je sagen: ich bin angekommen.
Nicht jeder hat die Chance, die Stephan beschreibt.
Aber denen, die sie haben, kann man sie ja nicht vorenthalten oder verbieten.
Für mich ist das ganze Leben ein Lernvorgang. „Reif werden zum Tode“ ist der Titel eines Buches von Elisabeth Kübler-Ross.
So verstehe ich mein Leben. Es ist ein langer Weg, er kann schmerzhaft sein, seelisch und körperlich.
Vor etlichen Jahren fiel mir ein Büchlein in die Hände: „Mein Freund der Krebs.“
Der Titel scheint absurd, aber der Autor schreibt darin nichts über Krebsart, Behandlung, Erfolge. Er beschreibt ausschließlich Gedanken und Verhalten, zu denen er und auch seine Frau angeregt werden. Und bezeichnet dies als Geschenk eines Freundes, meint aber auch, daß ein Freund wissen sollte, wann er zu gehen hat. Über den Autor habe ich nichts finden können. Ich habe den Eindruck, daß er nicht lange überlebt hat und daß seine Frau diesen Text, der in Form eines Briefes an sie geschrieben ist, posthum veröffentlicht hat, als Vermächtnis.
„Entscheiden Sie sich für das Leben,“ sagte die Psychologin zu einer Frau, die gerade ihre deprimierende Diagnose erhalten hatte und sehr verzweifelt war. Ihr war es außerordentlich hilfreich. Ich stelle mir auch vor, daß diese Psychologin sehr wohl weiß, wem und wann sie es sagen kann und wem nicht.

Ist dies ein Einzelfall? Vielleicht.
Jeder Krebs ist ein Einzelfall, so wie jeder Mensch.
Ich möchte das respektieren, jeden Menschen einzeln in seinen Nöten, Hoffnungen und Freuden.
Ich grüße Dich,
Rudolf

Geändert von Rudolf (20.10.2009 um 10:43 Uhr)
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  #2  
Alt 20.10.2009, 15:21
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Hallo Rudolf,

Zitat:
Zitat von Rudolf Beitrag anzeigen
nachdem ich von Dir nur Vorwürfe wahrgenommen habe, du aber andererseits eine sachliche Debatte willst
Ich bin auch nur ein Mensch. Einer, der den liebsten Menschen auf der Welt, mit dem er sein halbes Leben verbracht hat, hat elendig sterben sehen. Und der damit noch lange nicht seinen Frieden geschlossen hat. Und schon immer impulsiv war, und dafür heute alle x Beiträge von der Moderation verwarnt wird

Zitat:
habe ich mir die Frage erlaubt, welchen konstruktiven Beitrag du denn leisten möchtest, weniger zum Umgang mit Krebs, sondern zum Thema hier.
Wo ist der Unterschied? "Krebs als Chance" als Thema hier betrifft doch den Umgang mit Krebs, was sonst? Nicht den medizinischen, OK, aber der ist ja ohnehin austauschbar. OP, Chemo, AHT, ReHa, usw. - kennt jeder hier, darum geht es mir auch nicht.

Zitat:
Das, was du als „Krebspersönlichkeit“ beschreibst, meine ich nicht. Es geht eher in Richtung „pessimistische Lebenseinstellung“.
Das ist nach meinem Verständnis das gleiche. Die Theorie solcher Persönlichkeitscharakterisierung lautete doch, dass ein "guter", "positiver" seelischer Umgang mit sich selbst auch irgendwie der physischen Gesundheit zu Gute kommt. Das glaube ich auch. Ich kenne Depressionen seit fast 30 Jahren, meine Frau auch. Und sicher ist es so, dass Menschen mit einer derart krankhaft pessimistischen Lebenseinstellung tendenziell auch physisch ungesund leben.

Der Zusammenhang zwischen klinischen Diagnosen, die man als Laie im Ganzen grob unter „pessimistische Lebenseinstellung“ fassen kann, wie (larvierte / reatardierte / latente / endogene / exogene usw.) Depression, Borderline, vegetative Dystonie, bipolare Störung, dementia praecox (Schizophrenie), Psychose usw. usf. fassen kann, und einer selbststörerischen Lebensweise... der ist einfach da. Menschen, die über lange Zeit seelische Not leiden, sind nunmal anfällig für Alkoholismus, exzessiven Tabakkonsum, Drogenmissbrauch u.a.

Dass das über die Jahrzehnte nicht gesund ist und Krebs ähnlich fördern kann wie andere Krankheiten, finde ich schlüssig. Nur: die medizinische Wissenschaft und Statistik sagt im Detail etwas anderes. Dass Rauchen LK fördert, darüber gibt es sicher kaum noch Diskussionen. Aber genau so wenig darüber, dass Rauchen BK (an dem meine Frau gestorben ist) nicht fördert. So what?

Wenn die Welt gerecht wäre, hätte ich längst LK bekommen müssen, aber nicht meine Frau an BK sterben...

Zitat:
Hier fand ich u. a. den letztlich sehr schönen Bericht einer Frau, deren Mann an Krebs starb, als sie 39 J. alt war. In ihrer Trauer und vielleicht auch Enttäuschung oder Wut sagte sie: mir kommt kein Mann mehr ins Haus, jeder würde im Vergleich mit IHM schlechter abschneiden. Und dann, keine zwei Jahre später, schickte sie ihrer Freundin per SMS ihre neue Handynummer. Diese kam nie an, aber abends rief ein Mann bei ihr an. Sie telefonierten, telefonierten . . . und wenige Wochen später trafen sie sich erstmals. „Ich lebe wieder, ich liebe wieder, ich kann wieder lachen,“ schreibt sie begeistert.

Kann man sich an diese Freude nicht anschließen?

Die Trauer um ihren Mann wird vielleicht nie ganz enden, aber daneben kann neues Leben sich entfalten.
Natürlich. Mir geht's nicht anders. Ich kenne die Frau, die ich nach meiner Frau am meisten auf der Welt liebe, seit fast 10 Jahren. Und praktisch zeitgleich mit dem Tod meiner Frau ist nach ebenso langen über 20 Jahren ihre Ehe zerbrochen. Sie ist einsam, und ich auch. Die würde ich vom Fleck weg heiraten, und meine verstorbene Frau wäre sehr glücklich darüber. Die hat aber erstmal die Schnauze von Männern voll, sowas kommt ihr nicht mehr ins Haus. Abwarten, wie das in 1, 3, oder 5 Jahren aussieht. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt

Zitat:
Für mich ist das ganze Leben ein Lernvorgang. „Reif werden zum Tode“ ist der Titel eines Buches von Elisabeth Kübler-Ross.

So verstehe ich mein Leben. Es ist ein langer Weg, er kann schmerzhaft sein, seelisch und körperlich.
Meine Frau war auch Kübler-Ross-Fan. Kein Wunder, schließlich war sie im Erstberuf Krankenschwester und damit immer nahe am Thema Tod und Sterben, schon lange, bevor sie Krebs hatte. "Reif werden zum Tode" klingt mir etwas zu pathetisch. Ich würd's eher formulieren wie meine Mutter: "Man wird alt wie 'ne Kuh, und lernt immer noch dazu."

Und je älter man wird (ist zumindest bei mir so), desto weniger weiss man vom Leben. Zumindest lösen sich mit zunehmendem Alter all die Sicherheiten, Überzeugungen, Vorurteile und Vernunftgründe, mit denen man sein Leben früher so bequem gedankenlos gestalten konnte, immer mehr in Luft auf. Und irgendwann steht man dann ganz nackig und hilflos da

Viele Grüße,
Stefan
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  #3  
Alt 21.10.2009, 00:12
Benutzerbild von Rudolf
Rudolf Rudolf ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Hallo Stefan,
einerseits freue ich mich über Deine Offenheit, andererseits bin ich teif betroffen und kann nicht spontan antworten.
Laß mir etwas Zeit, deine Geschichte im Forum nachzulesen, und laß mir Zeit, vielleicht eine Antwort zu finden.
Was ich inzwischen gefunden habe, ist, daß Ihr 2 ganze Jahre gekämpft habt. Und doch vergeblich. Jedenfalls vordergründig, hinsichtlich der physischen Heilung.
An dieser Stelle des Forums geht es ja eigentlich um Hoffnung für vorläufig oder dauerhaft überlebende Patienten. Du bist in einer völlig anderen Situation und was hier so geschrieben wird, kann Dir kaum keine Hilfe sein.
Du als Hinterbliebener, Trauernder willst etwas völlig anderes. Ich weiß nicht, ob ich Dir überhaupot nützlich sein kann.
Daß Du Deine Wut und Enttäuschung loswerden mußt, hinausschreien, ist verständlich. Und im Grunde überlebenswichtig.
Inwieweit dieses Forum da mitmacht, ist eine andere Frage. Aber auch das gehört vielleicht zu seinen Aufgaben.
Ich frage mich auch, welcher "Zufall" Dich hier in diese abgelegene Ecke des Forums gespült hat? Und warum?
Also laß mir Zeit,
vielleicht hat ja auch die Moderation noch etwas Geduld.
"Hochachtungsvoll",
Rudolf
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  #4  
Alt 21.10.2009, 09:35
töchterchen_maya töchterchen_maya ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

wo ist die toleranz der nichtgläubigen??? rosarote glaubensbrille? DAS find ich NICHT tolerant!
ist doch toll, wenn menschen an etwas glauben, an was auch immer! und wenn man an nichts glaubt, dann ist es doch auch okay - immer dieses hickhack!

@ rudolf & stefans: ich lese hier schon seit geraumer zeit mit und ich lese gerne mit! noch schöner finde ich aber, dass ihr jetzt eine ebene gefunden habt, ich hatte immer das gefühl ihr sprecht aneinander vorbei!

liebe grüße
maya
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  #5  
Alt 21.10.2009, 10:46
Benutzerbild von nikita1
nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

»»»

Solange es uns gut geht - sind wie optimistisch. Bestimmt wird das hier kein Krebserkrankter bestreiten. Heute morgen bin ich aufgewacht und habe sofort an alles mögliche gedacht, nicht etwa an den Krebs. Das war vor ein oder zwei Jahren noch ganz anders. Da drehte sich alles um die Krankheit und die Angst davor.

Nun habe ich im Grunde zwei Möglichkeiten : ich nehme es dankbar hin oder ich versuche es erklärbar zu machen.

Letzteres ist ein weites Feld.

1.
Kerze anzünden und Chemo:
So lese ich seit Jahren ( auch in diesem Thread, Seite 3), dass eine Userin ihre Seele und ihren Körper von dem Chemogift bewahrt hat und gerade aus diesem Grund trotz sehr schlechter Prognose, Metastasen und was weiss ich - bei bester Gesundheit , aufgefangen in Gottes Händen unter uns weilt - und diesen Fakt bei sich jeder bietenden Gelegenheit in "leife" den anderen unterjubelt.
Nun, es ist ihre Art, das Unerklärliche (wenn es denn wahr ist) - erklärbar zu machen.

Ich habe die Chemo durchgezogen, eine Radiotherapie obendrauf und bin auch "gesund" . Krebs interessiert sich also einen Schmarren, ob man jeden Tag ein Kerzlein anzündet oder nicht....

2.
Vogel-Strauss-Taktik:
Einige stecken ihren Kopf in den Sand, wollen Normalität und kommen gar nicht mehr ins Forum hier. Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss.... Wahrscheinlich die beste Taktik von allen....

3.
Das Helfer/Wissens-Syndrom:
hatte ich auch schon , mein Mailfach quoll über, tagtäglich recherchierte ich im Net, es gab keine Seite über Krebs , die ich nicht gelesen habe. Das Wissen gab mir Erleichterung und "Macht" über meine Krankheit.

4.
Verzweiflung , Stress, Depression - trotz guter Nachsorgeergebnisse:
Kenne ich auch, man traut dem Braten nicht...wer weiss, wie lange die Glückssträhne anhält ???? Krebs ist heimtückisch.....

Die eine "Krebspersönlichkeit" gibt es nicht, jeder reagiert anders. Die Lebensumstände sind bei jedem anders, einer hat Kinder, der andere nicht, einer wird von Familie und Freunden aufgefangen, der andere nicht....einer bekommt finanzielle Schwierigkeiten oder wird , falls er denn arbeitet, unterstützt oder gemobbt... all das zählt, wenn wir über die Krankheit als Chance diskutieren. Mit dem Bewusstsein vor Augen, dass das Leben endlich ist, geht demnach jeder anders um.


Am wichtigsten scheint mir unsere eigene Einstellung zu sein, manch einer klappt die dunkle Seite im Buch des Lebens schnell um - und schreibt ein neues.
Der andere schreibt gar nicht.


«
__________________
Liebe Grüße
Nikita


Tapferkeit ist die Fähigkeit, von der eigenen Furcht keine Notiz zu nehmen.
George Patton

Geändert von nikita1 (21.10.2009 um 10:59 Uhr)
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  #6  
Alt 22.10.2009, 12:26
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teddy.65 teddy.65 ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Hallo ihr Lieben,

nun habe ich mir einige Zeit Gedanken gemacht ob ich meine Krebserkrankung als Chance gesehen habe, oder sehe. "Nein, habe ich nicht" war so der erste Gedanke, der mir durch den Kopf ging.

ABER ich habe nach der Diagnose ganz bestimmt Entscheidungen in meinem Leben getroffen, welche ich ohne Krebs weder hätte treffen müssen noch wollen.

Manches wurde in meinem Leben seit der Diagnose vor fast genau 5 Jahren schöner und intensiver, weil ich meinen Blickwinkel ändern konnte, doch einiges wurde auch schlechter und ist seitdem eine Belastung. Ich hätte auf diese Erfahrung gerne verzichtet, doch es kam so wie es kam. Ich hatte keine Möglichkeit zu wählen, ob ich "Krebs als Chance" ergreifen möchte und genau das ist (für mich) der große Unterschied zu anderen Chancen die das Leben bietet. Ich hatte keine Wahl!
__________________
glg
Sabine

Rektum CA Nov. 2004, OP im Feb. 2005 mit Anlage eines endständigen Colostomas, Chemo bis Sept. 2005. Es geht mir gut
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  #7  
Alt 22.10.2009, 20:09
Benutzerbild von Conny44
Conny44 Conny44 ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Hallo alle zusammen,

ich lese hier seit einigen Tagen mit. Leider habe ich die gelöschten Beiträge nicht mehr mitbekommen.

Aber ich finde bei fast allen Beiträgen irgend etwas, womit ich mich teilweise identifizieren kann.
Was mir aber schon lange in diesem Forum aufgefallen ist, ist die strikte Unterscheidung zwischen Betroffenen und nur Angehörigen. Hier in diesem Thread kommt noch hinzu - Gläubige und Nichtgläubige. Wie wäre es, wenn wir noch einen Unterschied machen zwischen den einzelnen Krebsarten und deren Prognosen oder aber zwischen den leichten und schlimmen Schmerzen. Ist es als Angehöriger nicht auch ein riesengroßer Unterschied, ob ich die Mutter oder den Vater oder aber ein KIND oder Freund/Ehemann versorge? Dann wieder könnte man unterscheiden, ob man diese bereits verloren hat oder gerade auf dem Weg dahin. Und selbst unter diesen Angehörigen gibt es Unterschiede, ob ich meinen Mann oder eine andere ihren Mann gehen lassen musste, je nach dem, wie das Zusammenleben sich gestaltete.

Was soll das ganze? Es ist schier unmöglich, Vergleiche anzustellen nach dem Motto: „Ich habe ja viel mehr durchgemacht als du“. Woher will wer das eigentlich wissen? Das geht nicht. Im Übrigen hätte ich mein Leben dafür gegeben, hätte ich meinen Mann dadurch retten können. Eine andere hätte dies eben nicht getan.

Der besch.. Krebs meines Vaters hat mir und meinem kranken Mann die Möglichkeit gegeben, uns über dieses Forum kennen und wahnsinnig lieben zu lernen. Darf man das Chance nennen? Wäre mein Vater und mein Mann nicht krank gewesen, wäre es niemals zu dieser Begegnung gekommen. Dadurch durften wir beide die größte Liebe unseres Lebens erfahren. Aber leider nur 1 Jahr lang mit ebenfalls allen Höhen und Tiefen, die es bei einer zum Tode führenden Krebserkrankung nur gibt.

Ich habe neben meinem Vater alles verloren, was mir am Wichtigsten war und sitze nun hier, bin körperlich ein Wrack mit heftigsten Depressionen und Schmerzen, arbeitsunfähig und gehe bald kaputt vor Trauer.

Ich weiß nicht, ob sich einer der jetzt hier schreibenden Krebserkrankten, welche NICHT auf dem Todesbett liegen, vorstellen kann, wie es ist, einen geliebten Menschen rund um die Uhr zu pflegen, ihn aufzubauen und machtlos gehen lassen muss. Ich habe mit Bestimmtheit nicht die körperlichen Schmerzen durchgemacht wie mein Mann, aber dafür andere nicht vergleichbare!!!!! Auch was Angehörige (auch da gibt es ja wieder Unterschiede) leisten müssen, ist ebenfalls Schwerstarbeit; ohne die wären die Betroffenen (auch hier nicht jeder gemeint) arm dran.
Wenn ich lese, dass bei einem Angehörigen irgendwann nach einigen Jahren es weitergeht, dann ist das die Erfahrung des Schreibers, aber nunmal nicht auf mich oder andere übertragbar.

Und deshalb lässt sich KEIN Schicksal miteinander vergleichen, egal in welcher Position man sich befindet, ob gläubig oder nicht, ob betroffen oder angehörig.

Und ich kann Juttas Beitrag nur voll unterstreichen.


Allen einen schönen Abend!
__________________
Traurige Grüße von Conny (& Jörg - seit 15.5.08 nur noch in liebevollen Gedanken)

Ein Millionär und ein Bettler haben statistisch gesehen jeweils 1/2 Million!
Soviel zu Statistiken!

_____________________________________________________
mein geliebter Mann: BSDK 06.06.1959 - 15.05.2008
mein Pa: BSDK 17.01.1941 - 08.07.2007
meine Mutti: Akute Leukämie 18.11.1941 - 30.03.2011
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  #8  
Alt 23.10.2009, 12:24
Stefans Stefans ist offline
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Beiträge: 425
Standard AW: Krebs als Chance

Hallo Conny,

Zitat:
Zitat von Conny44 Beitrag anzeigen
Was soll das ganze? Es ist schier unmöglich, Vergleiche anzustellen nach dem Motto: „Ich habe ja viel mehr durchgemacht als du“.
Natürlich ist es das. Aber andererseits sind wir alle hier nur Menschen. Denen nunmal, das liegt in der Natur der Dinge, nur die eigenen Erfahrungen wichtig und prägend sind. Ist immer so: die eigene Erkältung ist um Längen intensiver und schlimmer als der Krebstod des Nachbarn, an dem uns persönlich nichts liegt. Und wir können als Menschen IMHO nicht anders, als unsere persönlichen Erfahrungen auf andere zu übertragen. Und damit auch Vergleiche anzustellen.

Damit sind Missverständnisse und Streit vorprogrammiert. So ist das Leben eben, wenn Menschen sich miteinander unterhalten... kompliziert, erst recht in diesem "gesichtslosen" Medium. Vieles an Zwistigkeiten hier würde nicht auftreten, wenn wir ein einer Runde "von Angesicht zu Angesicht" säßen. Da würde ein kurzes "war nicht _so_ gemeint, ich erklär's nochmal" wohl das meiste abfangen.

Geht bei der virtuellen Kommunikation aber kaum. Das Beste, was man da IMHO tun kann, ist, die Dinge sacken zu lassen und mit etwas Abstand zu sehen. Klar, kann ich auch nicht immer. Und vermeintliche "Angriffe" nicht persönlich zu nehmen - denn persönlich kennen sich hier ja wohl die wenigsten. Ich versuche, da nicht nachtragend zu sein. Nach dem Motto: "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich" ;-) Ich lese auch selten die Lebensgeschichten oder gesammelte Äußerungen anderer hier nach. Und es ist wahrscheinlich, dass ich jemanden, den ich hier gerade böse angepflaumt habe, in einem anderern Forum später vehement verteidige. Weil mir seine Meinung da eben nachvollziehbarer ist als seine Meinung hier. Und ich mich nicht mehr dran erinnern kann, dass das ja genau dieser Idiot x ist, der damals zum Thema y sowas völlig Unerhörtes von sich gegeben hat...

Für den Glaubensbegriff in diesem thread bin wohl ich verantwortlich. Aber ich meinte damit nicht den Unterschied zwischen Glauben und Nicht-Glauben im religiösen Sinne, sondern den zwischen Glauben und Wissen = persönlicher Erfahrung und Tatsachen. Im Zusammenhang mit der Äußerung (von IIRC Stephan, da mag ich mich aber irren), dass nach seiner Erfahrung die Krebspatienten, die er kennt und die noch leben alle Spiritualität leben. Und ich habe nur darauf hingewiesen, dass die Begriffe, die er verwendet, allgemeingültig sind. Aber die Umstände, aus denen er sie ableitet, alles andere als objektiv.

Jeder mag an das glauben, was er will. Mir geht es aber gehörig gegen den Strich, wenn Menschen ihren Glauben (= die Überzeugung, dass die Art, wie sie leben und mit etwas umgehen, für sie richtig ist) verallgemeinern. Wenn jemand glaubt, dass er den Krebs bezwungen hat mit seiner Spiritualität, seiner Entscheidung für das Leben oder mit sonstwas... gerne.

Dann kann ich dazu nur feststellen, dass die Wirksamkeit persönlicher Strategien (ob Spiritualität, gesunde Ernährung, Sport, Religion, Depression oder sonstwas) bei Krebs offenbar abhängig ist von der Art der Tumorzellen. BK überleben nach 5 Jahren 2/3 der Kranken, spirituell oder nicht. LK überleben nicht mal ein Zehntel davon - ob spirituell oder nicht. Angesichts solcher Tatsachen verallgemeinernd von "Krebs als Chance" oder "Entscheidung für das Leben" zu reden, finde ich nach wie vor anmaßend. Eine beleidigende Missachtung all jener, die nicht das "Glück" haben, einen Krebs mit recht hoher Überlebenswahrscheinlichkeit bekommen zu haben oder zu den Überlebenden "ihrer" Krebsart zu gehören.

Viele Grüße,
Stefan
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  #9  
Alt 22.10.2009, 21:39
Myositis Myositis ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Liebe Conny,
auch ich, als meist stille Mitleserin, teile deine Meinung. Leid und Schmerz sind nicht vergleichbar. Danke für deinen Beitrag, du sprichst mir aus dem Herzen.
LG Myositis
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  #10  
Alt 26.10.2009, 14:21
Benutzerbild von maja-s04
maja-s04 maja-s04 ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Zitat:
Zitat von Jinxx Beitrag anzeigen
Hallo Conny,
ich finde einfach nicht, dass eine Krankheit gleichbedeutend mit einem "Kampf"ist, den man beginnt, gewinnt oder verliert. "Nicht geschafft" hört sich einfach nur negativ an - zu wenig angestrengt oder so, wie ne Prüfung.
Und ja, ich glaube auch, wenn man "austherapiert" ist, greift man nach vielen Strohhalmen, das ist doch völlig natürlich. Das geht aber am Thema vorbei; hier ging es eher um "Krebspersönlichkeiten" und um die angebliche "Schuld", die jemand durch seine seelische Befindlichkeit an seiner Krankheit trägt.

LG Jinxx


Hallo Jinxx,

als ich krank war habe ich auch nicht gekämpft, auch mein Vater nicht, aber mein Sohn Lukas hat gekämpft.
Er hatte noch so viele Träume.... er wollte so sehr leben!

Kampf - was versteht man unter Kampf? http://de.wikipedia.org/wiki/Kampf

Mit Kampf kann auch eine große Anstrengung gemeint sein, mit dem Ziel, sich selbst zu beherrschen, Widrigkeiten zu überwinden oder in einer Situation zu bestehen (zum Beispiel "gegen den Wind ankämpfen", "um Anerkennung kämpfen").

Ich habe meinen geliebten Sohn (20 Jahre alt!) an Leukämie verloren, meinen wunderbaren Vater an Lungenkrebs - Krebs als Chance?????? Was für eine?????? Ich musste zusehen wie mein überalles geliebtes Kind Monate lang leidet und dann stirbt. Für mich ist das Leben stehengeblieben! Die Trauer macht mich krank, die Trauer nimmt mir oft den Atem.....

Krebs als Chance????


Traurige Grüße
Maja mit Lukas immer im Herzen




__________________
Ich liebe DICH wahnsinnig mein ENGEL!
In ewiger, inniger Liebe
DEINE Mutti

www.lukas-benedikt.de
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  #11  
Alt 20.10.2009, 12:03
Ilse Racek Ilse Racek ist offline
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Blinzeln AW: Krebs als Chance

Hi Rudolf

Da muss ich Dir natürlich Recht geben


Lieben Gruß
__________________
Ilse
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  #12  
Alt 20.10.2009, 12:47
Benutzerbild von Jogilein
Jogilein Jogilein ist offline
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Standard AW: Krebs als Chance

Liebes Hallo,
eine genauere Differenzierung dieses Themas ist mit Sicherheit sehr wichtig. Danke Jutta, Danke Rudolf.
Ob jemand bei entsprechend längerer Lebenszeit seine Chance als Betroffener/als Angehöriger auch nutzt, bleibt selbstverständlich jedem selbst überlassen.
Ich persönlich denke, dass eine hoffnungsvolle positive Einstellung sehr viel zum körperlichen/seelischen Wohlbefinden beitragen kann.
Alles Gute u. Liebe, Jogilein.
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