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Alt 28.02.2012, 00:03
Calisi Calisi ist offline
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Registriert seit: 27.02.2012
Beiträge: 2
Standard Zu schnell um es zu verstehen...

Für die Patienten meist gut, für mich als Hinterbliebene sehr schwer.

Meine Oma ist vor kurzem an Leukämie gestorben.

Meine Oma war der positivste Mensch den ich je gekannt habe. Und eine der stärksten Frauen die ich je kennen lernen durfte. Mein Großvater hatte schwer Parkinson und Alzheimer. Und obwohl er ein Pflegefall war, wollte sie ihn nie ins Heim geben. Selbst zu Zeiten wo er am Boden lag und Halluzinationen hatte oder sie nach über 50 Jahren Ehe gefragt hat wer sie denn ist. Es war ihr egal, denn sie hätte ihr Leben gegeben nur damit er nicht in ein Heim muss. Sie hielt dies als Pflicht als Ehefrau.
Ich habe sie später mal gefragt, und sie sagte "Ich habe deinen Opa ein Jahr gepflegt. Ein Jahr voller Trauer, Tränen und voller Stunden wo ich dachte ich zerbreche daran. Doch wenn dein Opa mich Abends mit Tränen in den Augen ansah und mich in den Arm nahm, wusste ich immer ich hatte den richtigen Weg gewählt"
Mein Opa verstarb im Krankenhaus an einer Lungenentzündung. Ich hatte ihn zwei Tage vorher besucht, doch er erkannte mich nicht und mir brach es das Herz.

Es war schwer für meine Oma, und doch hat sie immer den Kopf oben gelassen. Hat sich nie unterkriegen lassen. Denn der Spruch den sie von ihrer Mutter hatte war "Das schaff ich schon, das schaff ich schon, das schaff ich ganz alleine" und sie lebte diesen Spruch regelrecht.
Ich habe meine Oma oft weinen sehen, und doch hat sie immer kurz danach gelächelt und mir einen Kuss auf die Stirn gegeben und immer gesagt "Es kann ja nur alles wieder gut werden"

Vor 7 Jahren erkrankte mein Vater sehr schwer an einer seltenen Herzkrankheit. Die Ärzte hatten ihn damals 3 Jahre gegeben. Aber er hat gekämpft. Und vor einem Jahr kam Lungenkrebs durch Asbesth hinzu. Es läuft eine Chemo nach der anderen und nichts hilft. Mittlerweile ist mein Vater auf die Hilfe seiner Kinder angewiesen. Denn er schafft es nicht mal mehr zum Briefkasten.

Mitte Januar ging es meinem Vater sehr schlecht. Aber er wollte nicht ins Krankenhaus. Er hatte nach einer Chemo Magen-Darm-Grippe bekommen. Sein Hausarzt hat ihn nicht eingewiesen obwohl er Tagelang weder flüssigkeit noch Nahrung bei sich behalten hat (Und ich bin noch immer ein wenig sauer auf den Arzt) Also haben ich und meine Mutter uns abgewechselt ihn zu betreuen. Ich vor der Arbeit, sie nach der Arbeit. Meine Oma war jeden Tag da, aber hatte nie die Kraft sich richtig um Ihren Sohn zu kümmern. Es war sehr schwer für sie, da sie sich auch seit Tagen nicht gut fühlte. Als ich eines morgens um drei einen anruf von meinen Dad bekam, dass er hilfe brauchte, hat er endlich eingesehen das es das Beste ist doch ins Krankenhaus zu gehen. Mein Vater sah aus wie der laufende Tot... und es tat bei jedem Besuch im Krankenhaus weh ihn zu sehen. Meine Oma habe ich immer beruhigt, das alles gut wird. Und ich hatte recht. Er kam wieder ein wenig auf die Beine.

Meine Oma ging es Gesundheitlich immer schlechter. Sie hatte wahnsinnige Schmerzen und war durchgehend schlapp und müde. Eines Nachts hat sie den Krankenwagen gerufen, aber der hat sie nicht mitgenommen "Naja sie haben ja nichts schlimmes" Zwei Tage später das gleiche, sie konnte sich vor schmerzen kaum bewegen, Krankenwagen kam und meinte sie solle zum Arzt wegen Gicht oder Rheuma. Und sie war so tapfer und hat sich zum Arzt gequält. Der Diagnostizierte einen Hexenschuss. Sie bekam eine Spritze.

Sie rief an und sagte ihr ging es immer schlechter und sie hat Angst dien Krankenwagen zu holen weil diese sie doch eh nicht mitnehmen. Also habe ich den Krankenwagen gerufen. Da meine Oma mittlerweile auch keine Flüssigkeit oder Nahrung bei sich behielt. Sie kam sofort auf die Intensivstation. 5 Tage lag sie da. Jeden Tag durfte sie mich anrufen. Denn besuchen wollte ich sie nicht, denn ich lag mit einer normalen Grippe im Bett.
Am Morgen des 5. Tages rief sie an und sagte mir nur das sie mich liebt. Ich hatte ein beschissenes Gefühl. Aber ich sagte mir, da meine Grippe fast weg war das ich sie morgen besuchen würde. Was sollte schlimmes passieren? Sie hatte ja keine vorerkrankungen.

Am Nachmittag klingelte mein Telefon. Mir wurde mitgeteilt das meinte Oma Leukämie hat und nicht mehr lange durchhalten würde. Ich redete nicht lange mit dem Menschen (Arzt? Schwester? Ich weiß es nicht, ich weiß nicht mal ob männlich oder weibleich) weil ich sofort losfahren wollte. Also raus aus dem Jogginganzug und normale Sachen Anziehen. Noch kurz meine Schwester anrufen und ihr das sagen (was sehr schwer ist sowas mitzuteilen denn sie ist hoch schwanger) Es waren keine 20 Minuten vergangen... und ich hatte gerade meine Schuhe angezogen um los zu fahren... da klingelte das Telefon.... meine Oma war tot...

Noch heute sehe ich meine Oma auf dem Sessel bei meinem Vater sitzen wie es ihm schlecht ging, den Kopf leicht geneigt und mit einem lächeln auf dem Gesicht um mir zu zeigen das ich mir keine Sorgen um sie machen brauch.

Noch heute sehe ich sie am Küchentisch sitzen, mit Tränen in den Augen und erstickter Stimme mit den Worten "Eine Mutter darf doch nicht ihr Kind überleben"

Ich hatte 20 Minuten um zu verstehen das meine Oma schwer krank ist.
Ich brauche geschätze 5 Minuten zum Krankenhaus.
Ich wünschte ich wäre vormittag zu ihr gefahren.

Bei jedem Telefonklingeln hatte ich Angst meinem Vater ist etwas passiert... doch dann ist das passiert was meine Oma immer wollte. Vor meinem Vater sterben....

10 Jahre ist mein Großvater tot, 10 Jahre war ich jede Woche mit meiner Oma an seinem Grab... doch heute zum letzen mal. Und statt einer frischen Rose habe ich "Die letzte Rose" von ihrem Mann dazugelegt, die sie seit 10 Jahren aufgehoben hatte. So soll seine letzte Rose doch wieder seine erste Rose für sie sein.

Es ist Februar, meine Oma verstarb plötzlich. Meine Tante ist sehr krank, und mein Vater liegt im sterben.... ich wünschte dieses Jahr wäre bereits vorbei...

Ich habe evtl etwas durcheinander geschrieben, unverständlich oder für manche auch uninteressant. Doch ich habe dieses Forum gefunden, und empfand es als wunderschöne Idee einen Text über sie zu schreiben, der nicht so schnell bei mir verloren geht... Denn das war ihr Leben, und Ihre letzten Tage... Sie hat sich und alles immer geopfert um ihrer Familie beizustehen.
Ich hoffe das ich auch mal so viel Kraft und Stärke besitzen werde wie sie.

Calisi
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  #2  
Alt 28.02.2012, 18:07
Jaecky Jaecky ist offline
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Registriert seit: 20.06.2011
Ort: Land Brandenburg
Beiträge: 455
Standard AW: Zu schnell um es zu verstehen...

Liebe Calisi,

ich möchte dir sagen, dass es mir sehr sehr leid tut, dass du deine Oma verloren hast.

Bei euch ist ja alles furchtbar. Das dein Papa auch so krank ist, tut unheimlich weh. Vor allem machtlos dem ganzen gegenüber zu stehen und nichts machen zu können, ist für mich das schlimmste.

Ich finde deine Oma bewundernswert. Ich wünschte ich hätte diese Stärke, die sie hatte. Wahnsinn, sie war bestimmt eine tolle Frau.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft für deinen / euren Weg und das es deinem Papa doch noch einmal besser geht.

Liebe Grüße
Jäcky
__________________
mein liebster Papa
seit 2006 Multiples Myelom
seit 2009 Myelodysplastisches Syndrom

Nach langem, schmerzvollem Kampf am 25.07.12 um 15.00 Uhr im Kreise seiner lieben Familie eingeschlafen.

Papi, wir lieben dich so sehr! Für Immer und Ewig!

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!!!
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  #3  
Alt 28.02.2012, 22:04
Benutzerbild von Mirilena
Mirilena Mirilena ist offline
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Ort: Schleswig-Holstein
Beiträge: 1.519
Standard AW: Zu schnell um es zu verstehen...

Liebe Calisi,

danke für deine Geschichte! Zum einen macht sie mich traurig, aber irgendwie ist sie dennoch schön. Schön und bemerkenswert, wie deine Oma ihren Mann begleitet und gepflegt hat und das muss unheimlich schwer gewesen sein.

Schade, dass du es nicht mehr geschafft hast, deine Oma zu besuchen, um dich von ihr zu verabschieden, aber wahrscheinlich wollte sie das auch nicht. Sie hat gespürt, dass ihre Zeit gekommen war, ins Licht zu gehen und deshalb rief sie dich an, um dir zu sagen, dass sie dich liebt. Das berührt mich sehr und es zeigt auch, dass sie gespürt hat, wie wichtig sie dir war. Aber sie wollte offensichtlich allein gehen. Vielleicht wäre es ihr sonst zu schwer gefallen... Nun ist sie dein Schutzengel und passt auf dich auf! Und ich bin mir sicher, dass du eine ebenso starke und tolle Frau bist wie sie es war...

Es tut mir so leid, dass du nun auch noch um deinen Vater bangst. Ich drücke ganz fest die Daumen, dass er es schafft!!! Er soll doch schließlich sein Enkelkind willkommen heißen!

Ich kann deine Trauer sehr, sehr gut nachempfinden!!!
Alles Liebe für dich
Miriam
__________________
Mein Papa erhielt am 18.04.11 die Diagnose Lungenkrebs mit Knochenmetastasen und ging am 21.02.12 ins Licht. Alles vergeht, aber die Liebe bleibt...

Hand in Hand - gemeinsam sind wir stark!
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