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  #46  
Alt 19.06.2010, 01:09
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Wir wollten ins Schwimmbad aber die Narbe störte Sie. Wir waren in zahllosen Geschäften um für Katrin einen passenden Badeanzug oder Tankini zu kaufen, fanden aber keinen der Ihr gefiel. Im Netz dasselbe. Erst im Dezember hatten wir Glück. Wir waren mit Ihren Eltern in Köln auf dem Weihnachtsmarkt und anschließend shoppen. Die Frauen waren bei Douglas, Ihr Vater und ich auf der anderen Seite der Straße in einem Sportgeschäft. Ich sah mich dort für Katrin um und wurde fündig. Ich versuchte Sie anzurufen aber Ihr Handy hatte kein Signal. Ich lief rüber und suchte Sie. Bei Douglas fand ich Sie nicht. Als ich wieder draußen war standen beide vor dem Sportgeschäft aus dem ich eben erst kam. Ich sagte Katrin das ich einen sehr hübschen Tankini für Sie entdeckt habe und Sie ihn unbedingt anprobieren müsse. Katrin war schon angeschlagen und wollte eigentlich nur nach Hause zurück. Erst wollte Sie nicht mit mir kommen aber dann konnte ich Sie doch überzeugen und ging mit mir in das Geschäft. Ich hatte Ihren Geschmack getroffen und Sie probierte ihn der Größe wegen und als Sie mich fragte wie ich ihn an Ihr finde war Sie schon entschlossen den Tankini zu kaufen. In Mainz war Katrin zweimal mit mir schwimmen. Das erste mal schaffte Sie genau 28 Bahnen im 25 m Becken und beim zweiten mal schon über 40 Bahnen. Tunken durfte ich Sie nicht. Der Tankini ist schwarz und mit einem schmalen Streifen in olivgrün umrandet, und jetzt in einem Karton auf dem Kleiderschrank. Sie sah toll aus in Ihrem neuen Tankini. Sie hätte aber auch problelmlos einen Ihrer Bikinis tragen können. Die Narbe konnte Sie nicht entstellen. Sie war so schön wie immer. Die Ärzte hatten wirklich sehr gute Arbeit geleistet.

Die Geschichte stimmt so nicht ganz. Es war so: Ich fand die beiden kurz nachdem Sie bei Douglas an der Kasse waren. Später suchte ich die beiden nochmal vorm Eingang. Ich war alleine an der Kasse, wollte bezahlen aber stellte fest das mein Geld nicht langt und bin zu den beiden um mir das fehlende Geld von Katrin geben zu lassen. Im Anschluß waren wir Essen. Es fing an zu regnen. Als wir aus dem Restaurant kamen hatte es bereits wieder aufgehört. Später waren wir noch bei den Eltern. Ab hier ist meine Erinnerung verschwommen. Ich weiß noch, das wir mit dem Zug zurück nach Mainz gefahren sind. Ihre Mutter hatte uns Kuchen mitgegeben den wir schnell aufgefuttert hatten. Wir mussten anderthalb Stunden auf den Zug warten und Katrin nutzte die Zeit um mir Ihre alte Schule zu zeigen. Ihre Schule liegt direkt am Rhein. Der Sportunterricht musste öfter wegen Hochwasser ausfallen. Es müsste noch ein Foto von dem Tag geben. Ich werde Ihre Mutter fragen. Kann sein das ich mich irre. Wir waren an einem Glühweinstand als ein Pärchen auf uns zukam und um ein Foto bat. Jemand von uns machte es. Vielleicht sind meine Erinnerungen bereits soweit verwaschen das ich beginne alles durcheinander zu weben und sich Erinnerungen vermischen. Vom Weihnachtsmarkt habe ich nicht viel gesehen. Wir waren bloß an einem Glühweinstand und von dort sind wir gleich in die Fußgängerzone. Ich dachte wir sind extra wegen dem Weihnachtsmarkt nach Köln aber dem war wohl nicht so. Es war auf jeden Fall ein schöner Tag und ich konnte Ihre Eltern etwas besser kennenlernen.

Das Album XX hat Katrin sehr gemocht und zum Schluß viel gehört.

Das Intro wurde auf der Beerdigung gespielt.

Wenn ich mir die Lieder anhöre kommen sofort die Tränen. Bei shelter muß ich Rotz und Wasser heulen.

Kennt ihr "Mein neuer Freund" mit Christian Ulmen. Es gibt mehrere Figuren die Ulmen verkörpert. Zwei davon haben wir uns öfter auf DVD angeschaut weil wir es so witzig fanden. Ich glaube das waren Knut und Marcel. Hier einen Link reinzusetzen empfinde ich als unpassed aber es dürfte kein Problem sein bei youtube fündig zu werden, wenn es sich jemand von euch anschauen will.

Bald ist das Johannisfest in Mainz. Ich war letztes Jahr mit Katrin dort. Es war der schönste Tag in meinem Leben. Ich kann da unmöglich wieder hin. Ich will von dem ganzen Trubel nichts mitbekommen.

Wir sind im Juni letzten Jahres zusammengekommen und jeder der vergangenen Tage ist mit so vielen Erinnerungen verknüpft das die Gegenwart unerträglich wird. Ich habe das Gefühl mich zerreist es jeden Tag ein Stück mehr.

Von Heute in 12 Tagen vor einem Jahr bekam Sie die Diagnose. Ich habe mir alle Berichte kopieren und aushändigen lassen. Ich habe die Berichte chronologisch in einen Ordner geheftet. Kürzlich habe ich die gesammelten Befunde wieder rausgeholt und durchgelesen. Ihr Grading lag lange bei Stufe 2. Die höher Stufung wurde Ihr nie persönlich mitgeteilt. Sie mußte es den Berichten entnehmen. Das hinzunehmen war wirklich schwer für Sie und hat Sie lange beschäftigt. Schon lange vor der Diagnose Rezidiv war Sie auf 3 hochgestuft. Auf Ihr Fragen gab es nur verlegene Ausflüchte, die uns Hoffnung machten. Wenn du selbst betroffen bist wagst du nicht direkt zu fragen. Katrin hat das meiste aus dem Netz entnommen und wußte genau was Ihr geschieht. Was hätten die Ärzte auch sagen sollen? Wer nicht fragt oder die Fragen nicht präzise stellt der will es nicht wissen. Nach einer Op im Januar musste ich Ihr sagen das der Tumor deutlich angewachsen ist. Sie hatte eine Schwester und auch Ärzte gefragt aber bloße Ausflüchte gehört und sich damit zufrieden gegeben. Ich wollte Sie aber nicht im unklaren lassen und musste Sie auch wegen der geplanten Reise nach München über Ihren Zustand informieren. Ich kam mir wie Ihr Henker vor. Von mir hat Sie erfahren das die Therapie wiederum nicht anschlug. Wie sagt man so was richtig. Mein Verstand schlug Purzelbaum und ich war hilflos, der Situation nicht gewachsen. Besser man behält es für sich aber das konnte ich nicht. Es war keine Zeit sich noch länger zu beraten. Kristian, unser Freund versuchte Ihren Chemodoc zu erreichen um alles für München klar zu machen während es meine Aufgabe war Sie zu informieren. Wir waren unter extremer Anspannung und wir brauchten für die geplante Fahrt nach München Ihre Zusage. Katrin wollte nach München und hätten wir gewartet wäre München nicht mehr möglich gewesen. Ihre Eltern hatten den Wunsch Sie zu sich zu nehmen. Ich wollte das Sie in der Lage ist sich zu entscheiden und dazu brauchte Sie alle Fakten und es mußte schnell passieren. Ich wollte Sie nie drängen. Es ging mir immer nur darum Ihr alle Möglichkeiten offen zu halten und Ihr bestmögliche Versorgung zu sichern. Es war schon viel zu viel Zeit vergangen. Sie lag noch auf der Intensivstation. Ihre Werte hatten sich gerade erst stabilisiert. Uns lief die Zeit weg und ich brauchte von Katrin eine Entscheidung was München betraf und Sie sollte alle Fakten kennen. Ich bin an Ihr Bett getreten und fragte Sie was Sie vom Arzt gesagt bekommen hat. Sie lächelte mich an und meinte die Op ist gut verlaufen. Ich fragte nach dem Tumor, und Sie, wenn es was zu berichten gäbe hätten die es mir mitgeteilt. Sie sagte, ich hab die Schwester gefragt und die meinte es sieht gut aus. Sie wollte es eigentlich nicht wissen. Ich erzählte Ihr daraufhin das der Tumor schon kindskopfgroß ist. Sie schrie mich an, sagte das könne nicht sein und wollte das ich das Zimmer verlasse. Es war meine Aufgabe und keiner konnte mir das abnehmen. Ich verfluche mich dafür und wünschte ich hätte Ihr sagen können der Krebs ist fort. Sie wollte nicht eingelullt in falscher Hoffnung Ihre letzten Tage verbringen und irgendwann erfahren das es doch keine Hoffnung gibt und schließlich andere Optionen nicht mehr offen stehen. Das war meine feste Überzeugung. Eine Stunde später hatte Sie sich beruhigt. Ich glaube Ihr Arzt hätte mich gerne in den Boden gestampft und ich hätte ihm gerne dabei geholfen. Ich mochte mich selber nicht leiden, ich war mir in der einen Stunde der größte Feind. Jetzt im Rückblick weiß ich das es falsch war Ihr so unvermittelt zu sagen wie es um Sie steht. Ich konnte einfach nicht besonnen sein und abwarten bis Sie bereit war.

Das Sommerkleid das Sie an dem Tag trug als wir zusammenkamen hängt im Kleiderschrank. Ich kann noch Ihren Duft daran wahrnehmen. Ich lutschte heute Morgen ein Bonbon das ich in einer Ihrer Handtaschen fand. Sie fehlt mir heute sehr. Ich vermisse Sie so sehr. Warum mußte Sie bloß so früh gehen? Ein Nachbar hat mir erzählt das Gott die Besten zuerst zu sich holt. Das ist auch kein Trost. Wir waren oft in Laubenheim spazieren gewesen. Sie hatte eine Wohnung in Laubenheim bevor Sie bei mir einzog. Von dort sind wir über die Felder gelaufen und am Rhein entlang bis zur Stadtmitte. Wir hatten uns so viel zu erzählen und ich hörte Ihr so gerne zu. Sie erzählte mir beim spazieren von Ihrer Familie, von Ihrer Kindheit, wie Sie sich Ihre Zukunft vorstellt. Sie wollte alles über meine vergangenen Beziehungen erfahren, ich wollte aber nicht darüber erzählen, Sie aber hat immer weiter gebohrt. Irgendwann habe ich dann doch erzählt. Das hat Sie noch neugieriger gemacht und fragte mich immer mehr aus. Sie war wirklich hartnäckig und bekam letzlich auch alles aus mir raus.

Wenn wir pausierten, irgendwo am Wegrand saßen, stockte die Unterhaltung. Wir küssten uns und waren einfach nur glücklich zusammen zu sein.

Geändert von gitti2002 (04.11.2016 um 00:04 Uhr)
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  #47  
Alt 20.06.2010, 16:37
der_weg der_weg ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Zitat:
Zitat von Katrin&Mark Beitrag anzeigen
Ihr Grading lag lange bei Stufe 2. Die Abstufung wurde Ihr nie persönlich mitgeteilt. Sie mußte es den Berichten entnehmen. Das hinzunehmen war wirklich schwer für Sie und hat Sie lange beschäftigt. Schon lange vor der Diagnose Rezidiv war Sie auf 3 abgestuft. Auf Ihr Fragen gab es nur verlegene Ausflüchte, die uns Hoffnung machten. Wenn du selbst betroffen bist wagst du nicht direkt zu fragen. Katrin hat das meiste aus dem Netz entnommen und wußte genau was Ihr geschieht. Was hätten die Ärzte auch sagen sollen? Wer nicht fragt oder die Fragen nicht präzise stellt der will es nicht wissen. Nach einer Op im Januar musste ich Ihr sagen das der Tumor deutlich angewachsen ist.....
Grading 3 ist aggressiver als Grading 2, also nichts, was geeignet ist, Hoffnung zu machen, vielleicht deswegen die Verlegenheit.
Ob die auch anders behandelt werden (also G3 intensiver), da bin jetzt überfragt, aber sollte es so sein, dann sagt man es natürlich erst recht nicht gern.

Was ich etwas seltsam finde, ist dass sie Dir die Wahrheit sagen und ihr nicht, also eigentlich müsste sie zustimmen, damit sie Dir Auskunft erteilen dürfen.
Eigentlich ist das die Aufgabe der Ärzte es ihr zu sagen, aber das ist sehr, sher schwer, gerade wenn man mekrt, der Patient erwartet eine positive Antwort und würde eine negative gar nicht annehmen. Man fühlt sich denn immer ein bisschen als sei man schuld daran, dass man nicht das sagen kann, dass alles gut wird.
Es wird in der tat oft gerne alles eher schwammig formuliert und wenn man es genau wissen will, muss man direkt nachfragen.
Denn gibts andere Ärzte, die wählen die Hardcore Variante, sagen dem Patienten kurz und sachlich wie es um ihn steht, und verschwinden. Die machen sich denn gern unbeliebt, aber haben ihr Pflicht damit getan.
Ganz schwieriges Thema. Auch für die Ärzte.

Was sollte denn in München denn eigentlich stattfinden, und wozu wurde vorher die OP gemacht ? Ein Ansprechen auf die Chemo könnte man ja auch per Bildgebung beurteilen.
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  #48  
Alt 20.06.2010, 16:52
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Ja, ich weiß. War wohl missverständlich von mir formuliert. Ich hab´s korrigiert. 3 kam ziemlich überraschend. Es war eigentlich nur ein beiläufiger Befund. Ihr ging es zu der Zeit recht gut und Sie hatte sich immer wieder bis dahin gesagt es könnte schlimmer sein und eigentlich habe ich ja noch Glück. Die 3 hat Sie extrem runtergezogen. Sie hatte Fragen. Wieso ist mein Staging plötzlich bei drei? Wieso sagt mir keiner was? Sie war völlig verstört und verängstigt.

Wir waren verlobt zu der Zeit und ich bin in all den Tagen nicht von Ihrer Seite gewichen. Die Ärztin hat keine Sekunde gezögert mir zu erzählen wie es um Sie steht. Ich kümmerte mich um Ihre Angelegenheiten. Wir hatten schließlich ein eheähnliches Verhältnis, lebten zusammen und wollten eigentlich bereits Anfang Januar heiraten. Sie wußte wie wir zueinander stehen. Außerdem waren wir schon sechs Tage später verheiratet. Das wußten wir aber zu dem Zeitpunkt noch nicht. Katrin meinte immer wieder wir haben doch noch so viel Zeit. Dann auf einmal drängte die Zeit und ich fragte Sie ermutigt von Ihrem Bruder mich zu heiraten. Sie sagte ja und wir bereiteten alles für die Hochzeit vor. Ich war schon lange davor mit Ihr verheiratet. Ich war vom ersten Tag, dem Tag als wir uns kennenlernten Ihr Ehemann. Ich will damit nur sagen jeder im Krankenhaus wußte was wir füreinander empfanden und keiner hat mir irgendwelche Informationen vorenthalten. Ich war für alle Ihr Lebenspartner. Der Mensch, der Ihr am nächsten war.

Für ein CT war es noch zu früh. Die neue Therapie war erst angelaufen und man wollte eigentlich noch 14 Tage abwarten. Durch einen Einbruch in die Blase und Darmschlingen die verknotet waren und die folgende Operation war ein CT nicht mehr nötig. Eine Stunde nach OP sagte mir eine Ärztin es ist alles in Ordnung. Ich fragte, und der Tumor. Sie darauf, es tut mir Leid. Wie groß, fragte ich. Und Sie, kindskopfgroß. Das war alles wesentliche. Mehr musste ich auch gar nicht wissen. Bei dem Zellwachstum war abzusehen wie lange Sie noch hatte.

Katrin bemühte sich schon lange um Aufnahme ins Rhinecker Protonen Center. Wir wollten Ihr das möglich machen. Es war nur leider alles schon viel zu spät. Dort hätten sie, wenn wir es früher geschafft hätten hin zu kommen, den Tumor auch nicht aufhalten können. Der Krebs schritt bei Ihr sehr aggressiv voran. Niemand war in der Lage zu helfen. Von Ihrem Chemodoc brauchten wir nur die Zusage für München. Er war auf Tagung und nicht erreichbar. Eine der Stationsärztinnen setzte sich für uns ein. Ich glaube der Chemodoc hätte versucht uns das ganze auszureden. Wir waren völlig im Wahn. Acht Tage später waren wir in München. Hätten wir keinen Druck gemacht wäre nichts passiert. Niemand von uns, Sie eingeschlossen, wollte wahrhaben das alles vergeblich war. München war nur ein Fluchtversuch vor dem unvermeindlichen. Ich hab über München auch schon weiter vorn geschrieben.

Der Einbruch in die Blase kam erst später. Das war soweit ich noch weiß in München. Ich bringe immer mehr durcheinander.

Ihre Eltern wollten Sie zu sich nehmen. Das lehnte Sie ab. Sie wollte kein hoffnungsloser Pflegefall sein. Ich bin als wir von München zurück waren zu Ihrer Hausärztin und habe mich bei Ihr über Für und Wider von Heimunterbringung erkundigt und Katrin davon erzählt. Die Heimunterbringung war immer wieder im Gespräch. Schließlich war Sie erst auf Palliativ und dann im Hospiz in Drais gewesen. Ihr hat es dort gefallen und Sie wurde gut versorgt. Ich glaube es war von Ihr die richtige Entscheidung. Sie wurde dort bestens versorgt. Die Schmerztherapeuten, die Seelsorge, etc. alles an einem Ort. Für die Eltern und Ihre Verwandten war es nicht leicht durch die Entfernung aber sie waren alle bei Ihr und haben Sie in den letzten Tagen begleitet so gut es ihnen möglich war. Ich bin sicher zu Hause bei den Eltern hätte Sie das alles auch gehabt aber es war nun mal Ihr Wunsch nach Drais zu gehen. Ich war zu der Zeit schon außen vor und mußte alles unbeteiligt geschehen lassen.

Schreibt mir doch bitte eine pn, wenn ihr was auszusetzen habt und laßt die Sternchen zu Hause. Ich finde das so albern. Bitte! Im übrigen ist ein Stern immer noch Ausdruck von Anerkennung. Ich würde aber gerne darauf verzichten. Vielen Dank! Ich möchte keine Gefühle verletzen und falls ich das unbeabsichtigt getan habe tut es mir Leid. Bitte äußert euch in meinem Thread oder schickt mir eine pn aber unterlaßt es Sternchen zu geben. Ich will auch nicht das ihr die Wertung pusht. Laßt es einfach. Ich weiß ihr meint es gut aber mir hilft das überhaupt nicht. Ich glaube ich weiß wer mir da regelmäßig ein Sternchen gibt. Vermutlich ist es eine Person von Außen. Ihr würdet dieser Person nur ein Mittel geben ihren Unmut gegen mich auszudrücken, wenn ihr die Bewertung pusht. Also laßt es, bitte. Es wird ihr sicher keinen Spaß mehr machen, wenn keiner mitspielt. Vielleicht täusche ich mich auch. Falls du es sein solltest hätte Katrin über dich ganz schön abgezogen und dir ordentlich Bescheid gestoßen. Wie auch immer, bitte keine Sternchen mehr!

Geändert von gitti2002 (04.11.2016 um 00:05 Uhr)
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  #49  
Alt 21.06.2010, 10:24
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Mein Geburtstag ist in ein paar Tagen. Der Tag als Katrin die Diagnose Gebärmutterhalskrebs bekam. Ich werde meinen Geburtstag nie mehr feiern. Für mich ist dieser Jahrestag von nun an ein Trauertag. Zur Zeit ist mir ohnehin nicht nach feiern und alleine macht es keinen Spaß.

Katrinchen, Süße, ich besuche heute dein Grab. Ich bringe dir Eisbegonien mit und einen Strauß Rosen. Tulpen gibt es leider keine mehr. Eisbegonien stehen für ewige Liebe. Ich werd Sie einpflanzen und ordenlich wässern damit sie gedeihen und du dich lange an ihnen erfreuen kannst. Ich liebe dich, Schatz!

Wir haben nie übers Sterben und den Tod gesprochen. Sie hätte davon anfangen müssen. Ich wünschte wir hätten. Vielleicht hätte uns ein offenes Gespräch übers Sterben unsere Beziehung, unsere junge Ehe bewahren können. Ich denke oft darüber nach. Ein Freund der zur 2ten Garde gehörte, viele fanden sich erst ein als klar war wohin die Reise geht, sprach mit Katrin über das Sterben. Ich neide ihm das sehr. Mir gegenüber wollte Sie sich zu dem Thema nicht äußern. Mit Ihren Eltern hat Sie auch nie übers Sterben gesprochen. Sterben war keine Option und schließlich sah Anfang Januar alles noch ganz gut aus. Katrin baute unwahrscheinlich schnell ab. Die Themen und Gedanken konnten gar nicht mit den Ereignissen Schritt halten und niemand wollte, ich schon gar nicht, Katrin aufgeben. Katrin war drei Wochen auf Palliativ und nur 13 Tage im Hospiz. Also nur etwa 5 Wochen austherapiert und reiner Pflegefall.

Ich beneide die Eltern von Katrin, weil Sie ihre Trauer teilen können. Ich hab niemanden, keinen mit dem ich wann auch immer mir danach ist mich austauschen kann über Katrin. Ich wünsche mir jemanden nicht nur zum zuhören und fürs Verständnis sondern jemanden der genauso betroffen ist, denselben Menschen betrauert und mit dem man sich wirklich austauschen, in Erinnerungen schwelgen kann.

Am 6. Juli findet die erste Sitzung mit meinem Therapeuten statt. Er wurde mir von Katrins Psychologe an der Frauenklinik empfohlen. Er war ganz begierig darauf mit mir einen Termin zu machen. Vielleicht hat der Psychologe von Katrin ein gutes Wort für mich eingelegt. Hätte nie gedacht das ich schon so bald einen Termin bekomme.

Heute gehts zum Jobberater. Ich konnte kaum schlafen und träumte sehr wirr. Katrin kam auch in meinen Träumen vor aber ich erinnere mich nicht genau.

Übermorgen ist es soweit - am 27.06.2010 wären wir offiziell ein Jahr zusammen. Ich würde mich still aus dem Bett schleichen und Ihr Blumen ans Bett stellen, Rosenblätter verstreuen, Kerzen anzünden, Frühstück machen und ans Bett bringen, Ihr die Füße massieren, Sie von Kopf bis Fuß verwöhnen, Ihr die tollsten Komplimente machen und das den ganzen Tag lang. Am Abend gingen wir richtig schniecke essen und danach im Mondlicht am Rheinufer spazieren, an einer der Molen rasten, eine Flasche Wein zusammen trinken und von unserer gemeinsamen Zukunft träumen.

Gerade vom Job-Center zurück. Ich hatte ein gutes Gespräch mit meinem Berater. Ich erzählte von Katrin, über meine Trauer und meine Pläne, die sind allerdings noch nicht ausgereift. Vielleicht bewerbe ich mich im Februar beim ADD in Rheinlandpfalz um eine Lehrerstelle als Seiteneinsteiger fürs Fach Kunst. Mein Berater hätte eine Stelle für mich um die Zeit zu überbrücken. Ich könnte für einen Kunstverein in Halbtagsanstellung arbeiten. Ich wäre mit Kindern zusammen und würde kleinere Kunstprojekte mit Ihnen machen und Sie betreuen. Der Jobberater, übrigens sehr nett, meinte zu mir, ich denke das wäre das richtige momentan. Denken Sie bitte darüber nach und geben sie mir nächste Woche bescheid, fügte er noch hinzu. Ich hab mich bereits dazu entschlossen. Ich werde es auf jedenfall machen. Hier nur rumzusitzen bringt auch nichts und mir ist schon öfter die Decke auf den Kopf gefallen.

Geändert von gitti2002 (04.11.2016 um 00:10 Uhr) Grund: zusammengeführt
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  #50  
Alt 25.06.2010, 13:46
lilysun lilysun ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Hallo Mark,
das finde ich toll , ich freu mich für dich
und ich denke, daß es wirklich das Richtige ist für dich
Und mit Kindern tut sicher auch gut
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  #51  
Alt 26.06.2010, 11:26
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Das Johannisfest ist seit gestern in vollem gange. Auf dem Weg zu Freunden bin ich fast mitten reingelaufen. Ganz in der Nähe von dem Platz an dem wir zusammenkamen. Als ich die Geräusche hörte bin ich umgekehrt und lief einen großen Bogen. Ich nahm fälschlicherweise an das es erst heute losgeht. An meiner Seite war auch noch ein Bekannter mit dem ich an demselben Tag vor einem Jahr ein paar Stunden bevor ich mit Katrin zusammenkam dort war.

Ich weiß noch genau was Sie damals anhatte und welche Handtasche Sie trug. Wir waren etwa eine Stunde auf dem Fest, tranken ein Bier, standen vor einer Livebühne und hörten der Musik zu. Sie wandte sich zu mir und lächelte, keiner von uns sagte etwas und dann passierte es, wir küssten uns. Ich weiß noch keiner von uns wollte den anderen an dem Tag loslassen, wir hielten uns und berührten uns den ganzen Tag. Wir klebten förmlich anneinander, waren vollkommen miteinander verschmolzen, wie eine Person.

Ich liebe Dich, Schatz. Ich liebe Dich. Ich liebe Dich. Ich liebe Dich.

Heute gehts nach Ingelheim. Ich schau mir ne Brutkolonie von seltenen Vögeln an. Freunde haben mich dazu eingeladen. Katrin wird wie immer an meiner Seite sein. Für die Natur war Sie immer zu haben.

Geändert von Katrin&Mark (28.06.2010 um 12:37 Uhr)
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  #52  
Alt 26.06.2010, 12:42
lilysun lilysun ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Hallo Mark,
ich kann verstehen wie nahe die Erinnerungen sind.
Und wie sehr sie dich schmerzen
Aber es ist auch verarbeiten ein stückweit.
Ich wünsch Dir heute eine schöne zeit bei den seltenen Vögeln.

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  #53  
Alt 27.06.2010, 04:56
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Ein Jahr. Es ist genau ein Jahr her. Vor einem Jahr sind Katrin und ich ein Paar geworden. Es war etwa 16.45 Uhr als wir uns trafen. Ich weiß noch wie nervös ich war. Ich hatte mir allmögliche Sätze zurechtgelegt und Szenarien gedanklich durchgespielt um Sie für mich zu gewinnen. Als Sie plötzlich vor mir stand war ich wie betäubt. Sie schien total entspannt und riss die Unterhaltung an sich. Als Sie plötzlich innehielt und lächelnd vor mir stand dachte ich entweder küsst du Sie oder erzählst irgendwelchen Stuss der Sie in die Flucht schlägt. Ich küsste Sie. Einige Tage später erzählte mir Katrin das es Ihr genauso ging. Vier Tage war unser letztes Treffen her und wir hatten in der Zeit nicht mal telefoniert. Beide waren wir in den anderen schon bei der ersten Begegnung verschossen. Ich weiß nicht warum wir so lange gewartet haben. Heute kommt mir das so dumm vor. Ich hatte so große Zweifel und dann ... Wir waren wie füreinander geschaffen.

Geändert von Katrin&Mark (27.06.2010 um 04:58 Uhr)
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  #54  
Alt 28.06.2010, 01:51
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Es kommt mir so vor als ob eine höhere Macht uns das Glück neidete und uns deshalb auseinander riss. Oft hab ich mir gewünscht an Ihrer Stelle zu sein, an Ihre Stelle zu treten. Ich wäre nur zu gern für Sie eingesprungen. Dort wo Sie jetzt ist vergeht die Zeit viel schneller und Sie muß nicht so lange auf mich warten. Ich bin froh das der Tag nun endlich rum ist, um jeden Tag.

Wir übernachteten bei Ihr in Laubenheim. Am Morgen bin ich unter die Dusche, es kam nur eiskaltes Wasser. Katrin suchte Ihre Strumpfhose nachdem Sie mich mit einem riesigen Badehandtuch trocken gerubbelt hatte. Ich suchte meine Socken und Barnie erbrach sich auf meiner Hose. Wir tranken Kaffe und fütterten die Katzen. Während Sie Frühstück machte studierte ich Ihre Bücher und sah mich etwas genauer bei Ihr um. Sie wollte das Frühstück alleine machen. Die Küche war in Unordnung und das war Ihr etwas peinlich. Es war nicht schlimm und ich sagte Ihr das ich das bißchen liegengebliebene Geschirr für Sie gerne spüle, das wollte Sie nicht und schickte mich mit einem Kuss ins Nebenzimmer. An das Frühstück kann ich mich nicht mehr erinnern.

Wir übernachteten nur zweimal in Laubenheim. Das Haus wo Sie zur Miete wohnte liegt am Ortsrand, an einem wunderschönen Grüngürtel und lädt zum Radfahren und Wandern ein.

Sie war oft mit dem Rad unterwegs. Jeden Tag zur Uni von Laubenheim und zurück und am Abend von Laubenheim Richtung Nierstein eine gute Stunde. Ihr Fahrrad wurde geklaut. Ich hätte es gerne zurück. Wahrscheinlich ist es mit Dispersionsfarbe rosa angemalt oder zumindest der Markenname unkenntlich gemacht. Ganz gleich, ich würde es sofort erkennen. Es war ein Taxo, ein Herren-Trekkingrad mit 21 Gängen, bronzefarben. Es stand lange in der Innenstadt. Ich kaufte im Juli für Ihr Fahrrad ein teures Abusschloss, das Sie aber nie benutzte. Sie ließ es am Gepäckträger hängen und verschloss Ihr Rad weiter mit dem alten, viel zu unsicherem billigen Schloss. Es stand seit Anfang November. Ich hatte lange anderes zu tun als mich um das Fahrrad zu kümmern und erst nach Katrins Tod fiel mir ein das Sie Ihr Rad in der Innenstadt abgeschlossen hatte und sah mich danach um aber leider ohne Erfolg. Ich war beim Fundbüro, bei der Verkehrsüberwachung, beim Ordnungsamt. Nichts. Ich könnte den Diebstahl zur Anzeige geben aber ich hab weder Quittung, noch Foto und die Seriennummer hab ich auch nicht. Im Internet war kein Bild zu finden. Ich hab mir sogar schon überlegt ne Fahndungs-Website aufzubauen. Da ich ja ohnehin viel Zeit hab könnte ich auch unkenntlich gemachte Fahrräder fotografieren und auf einer Internetseite mit den Standortangaben posten. Ich lass es lieber, sind eh alles arme Studenten und ein Lehramtsstudent braucht sicher keinen Eintrag in sein polizeiliches Führungszeugnis wegen Hehlerei. Aber wenn ich den erwische der sich Katrins Rad unter den Nagel gerissen hat kann was erleben.

Mein Handy ist kaputt. Es sind noch jede Menge SMS von Katrin drauf. Ich kann Sie nicht mehr sichern, sprich weiter versenden oder fotografieren, anderes geht ja ohnehin nicht. Ich versuchte über die letzten 3 Monate immer wieder an die SMS von Katrin zu kommen aber vergeblich. Bitte schafft euch kein LG an. Ganz speziell kein LG K800 mit touch display. Es wurde die letzten Wochen immer kontaktärmer bis es heute Morgen komplett aussetzte. Ich versuchs noch mit einem update, nerv den Service von LG, wenn das alles nicht klappt sind die SMS verloren. Wieso verkaufen die so einen unausgereiften Schrott?

Heute Morgen fand ich unsere Segenskerze völlig verkrümmt. Ist es bei euch auch so warm? Die Kerze ist jetzt im Kühlschrank und da bleibt sie auch vorläufig. Letztes Jahr hatten wir ähnliche Temperaturen. Wenn ich den Ventilator anschalte ist es einigermaßen erträglich. Katrin mochte das Geräusch vom Ventilator nicht und ertrug lieber die Hitze.

Auf dem Wochenmarkt in Mainz kaufte ich Blumen für das Grab. Ich kaufte viel zu viel. Sie hat ein Urnengrab und es gibt nicht viel Platz zum schmücken. Letzlich habe ich eine Begonie gepflanzt und all die anderen Blumen schmücken nun unsere Wohnung. Ich muß die Blumen morgens und abends gießen sonst überleben sie nicht. Es tut gut sich um die Blumen zu kümmern und ein klein wenig ist Katrin durch die Blumen auch näher bei mir. Ich vermisse es mich um Sie zu kümmern.

Geändert von gitti2002 (04.11.2016 um 00:11 Uhr)
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  #55  
Alt 29.06.2010, 00:08
lilysun lilysun ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Mark, hast Du die Sms auf der Speicherkarte oder tatsächlich im Handy? Du kannst die Karte mal in einem anderen Handy versuchen...vielleicht sind da noch einige Smsen drauf,die auf die karte gegangen sind?
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  #56  
Alt 29.06.2010, 08:27
Benutzerbild von rosa.sputnik
rosa.sputnik rosa.sputnik ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Ich weiss was Du meinst... einen Tag nach der Diagnose meiner Mom hat es meine Festplatte aufgeraucht... (und natürlich hatte ich kein Backup).
Alle Bilder meiner Mom waren weg. :-(((

LG
Jasmin
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Meine Mama: ED 12.11.2008 Kleinzelliges Bronchialkarzinom, T4 N3 M1 (multiple Hirnfiliae)
4 Zyklen Cisplatin und Etoposit, Ganzhirnbestrahlung, dann Tumorprogression, April 09 neue Lungenmetastasen und obere Einflussstauung. Keine weitere Kontrolle, keine Chemo mehr... nur Hoffen auf ein kleines bisschen mehr Lebensqualität...Am 28.07.2009 um 11:26 Uhr Meine Mama ist in meinen Armen für immer eingeschlafen...
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  #57  
Alt 29.06.2010, 19:15
Mariesol Mariesol ist offline
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Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Lieber Mark,

Du beschreibst Deine zeit mit Katrin so gefühlvoll und so warm, dass ich das Gefühl habe Euch zu kennen.
Es tut mir so unendlich leid, dass Du deine Frau so jung verloren hast.
Es wird nie mehr werden wie früher...anders...ganz anders.
Ich verstehe auch deine Gefühle bezüglich Deines Berufes...es geht mir ja ebenso...alles erscheint mir so sinnlos und am liebsten würde ich allles aber auch wirklich alles verändern wollen!

Herzlichst Mariesol

Geändert von Mariesol (29.06.2010 um 19:18 Uhr)
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  #58  
Alt 01.07.2010, 12:09
Katrin&Mark Katrin&Mark ist offline
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Nachbarn meiner Eltern hatten Ihre Tochter bei einem Verkehrsunfall verloren. Es ist schon Jahre her. Die Mutter hatte immer einen Platz in ihrem Auto für die Tochter mit dem Lieblingsplüschtier freigehalten. Sie laß alle ihre Bücher, suchte Kontakt zu ihren Freunden und inhalierte das Wesen ihrer Tochter. Es machte sie so unglaublich traurig nachdem sie alles Wissen über ihre Tochter sich angeschafft hatte. Es machte ihr bewußt wie selbstverständlich wir einander nehmen und wie sehr wir auch wenn wir uns nahe stehen fremd bleiben. Sie hätte sich gewünscht die Zeit zurück zu drehen und mehr Zeit mit ihrer Tochter zu verbringen, vermute ich.

Katrin und ich hatten nicht viel Zeit. Ich hab noch so viele Fragen. Ich war gerade erst dabei sie richtig kennenzulernen. Ihre Interessen, Ihre Anschauungen, Ihre Meinungen, Ihre Irrtümer, Ihre Vergangenheit - all das fehlt mir. Das Leben so zulassen wie Sie es für richtig empfand.

Ihr jüngerer Bruder hat mich angeschrieben. Er erstellt mir eine Liste mit Ihren Büchern. Ich glaube ich werde sogar Ihre Biofachbücher lesen auch wenn ich kein Wort kapiere. Irgendwann gibt es nichts mehr das ich mir aneignen kann. Ich fürchte mich vor dem Tag.

Ich suche immer wieder in Schubladen und Kartons nach Fragmenten Ihrer Identität. Kram Ihre Sachen die schon lange verpackt sind wieder hervor um mich zu erinnern und Lücken zu schließen.

Morgen ist der Tag den ich gerne aus dem Kalender streichen würde. Zum Glück ist mein Handy kaputt und ich bin für keine Glückwünsche zum Geburtstag zu erreichen. Der 2te Juli hat sich bei mir eingebrannt als der schlimmste Tag meines Lebens als ich erfuhr was die Diagnose bedeutet. Heute vor einem Jahr der letzte Tag den Katrin unbekümmert, zwar besorgt aber doch unbekümmert verbringen durfte. Katrin schlief bei mir. Ich war erst umgezogen und noch nicht eingerichtet. Es war alles provosorisch, auch unser Nachtlager. Wir schliefen auf einer 8o cm breiten Matratze nebeneinander. Ich hab noch nie so gut geschlafen. Am Morgen gratulierte Sie mir zum 40ten. Sie konnte so schön grausam sein. Irgendwie kommt es mir so vor als ob ich mit Ihr alt geworden bin. Ein halbes Leben. Gott, wäre das schön wenn Ihr das vergönnt gewesen wäre. Schatz, ich würde so gerne meinen Geburtstag mit dir feiern. Nur wir beide, sonst niemand.

Katrin hat sich so sehr nach dem Sommer gesehnt. Am 24. März hatte mein Schatz das letzte mal die Augen auf. Draußen schien die Sonne und es war ein herrlicher Frühlingstag. Alles stand in voller blühte. Um uns herum das volle Leben.

Ich wäre so gerne mit Ihr wieder Kirschen pflücken gegangen. Wir waren nie im Freibad zusammen. Sie sah traumhaft aus in Ihrem Bikini. Sie war ein Sommertyp. Im August waren wir zwei Tage in Holland an der Küste. Wir haben keinen richtigen Urlaub gemeinsam verlebt. Wir hatten zwar jede Menge Pläne aber keine Zeit. Am Tag unserer Rückkehr sollte Sie Ihren gesammelten Urin in der Klinik zur Untersuchung abgeben. Sie war nicht vorbereitet. Wir hatten zwei Tage nur für uns und wollten uns vom Krebs nicht stören lassen.

Mit Ihren Eltern war Sie dort wo wir waren auch schon als Kind im Urlaub. Sie hatte schöne Erinnerungen daran und wollte unbedingt dort wieder hin.

Ich hab ein gutes Buch entdeckt: Für jetzt und alle Ewigkeit von Liz Nickles Auszug aus dem Prolog:
Manche Menschen glauben, daß der Tod das endgültige Alleinsein ist. Wir werden allein geboren, und wir sterben allein. So denken sie.
Aber da täuschen sie sich. Denn wenn man liebt und geliebt wird, ist man nie allein. Niemals.

Ich werd jetzt in die Stadt gehen und mir das Buch selber zum Geschenk machen.

Das Personal in Drais bat uns Katrin nicht mehr zu streicheln und zu berühren. Sie sagten Sie würde dabei Schmerz empfinden. Woher wollen die das wissen? Ist das bei dehydrierten Patienten die im Sterben liegen immer so. Ich hab es ignoriert, Ihre Hand gehalten und Sie meinen Atem spüren lassen.

2ter Auszug aus dem Buch: Und dann falle ich ins Sonnenlicht. Es ist ein tiefer Sprung, aber ich bin nicht allein. Er ist da, hält immer noch meine Hand. Kann ich überhaupt wirklich fallen, solange mich noch jemand festhält?

Leider ist das Buch schon ausverkauft. Versuchs jetzt über ebay.

Die Arge hat keine Meldebescheinigung an meine Krankenkasse geschickt. Jetzt bin ich sowas von Pleite. Wie kann das sein das die das verpeilen. Für das Buch reicht es aber immer noch.

Ich ernähre mich schon Tage fast ausschließlich von Kirschen. Ganz in meiner Nähe gibt es einen Stand an dem Kirschen für 2,50 das Kilo angeboten werden. Billiger bekommt man die nirgends, es sei den man geht aufs Feld. Frag mich was ein Pflücker verdient. Am gleichen Stand kostet jetzt der Restspargel 6,00 das Kilo. Wieso krieg ich eigentlich immer dann erst Lust auf Spargel wenn die Spargelzeit so gut wie rum ist und der Spargel unerschwinglich teuer ist. Für mich alleine macht es keinen Spaß Essen zuzubereiten. Wir haben uns auf der Buchmesse in Frankfurt letztes Jahr ein Kochbuch gekauft. Katrin hat einmal ein Wirsinggericht aus dem Buch für uns gekocht. Wirsing in Kokosmilch gut gewürzt mit Pepperoni und dazu Reis. Einfach aber lecker. Es ist sehr witzig geschrieben und heißt Das Ox-Kochbuch, Kochen ohne Knochen - Die feine fleischfreie Punkrock-Küche. Es gibt davon mindestens schon drei Bände. Ich werd jetzt wieder anfangen zu kochen. Erstens muß ich sparen und zweitens zehrt die Schwerkraft mittlerweile ganz schön an mir. Das viele Brot und der Trostzucker machen mir auch keine bessere Laune.

Am Sonntag gehts auf Radtour, vielleicht nach Gonsenheim in die Felder, mal sehen. Ich bin schon ein halbes Jahr nicht mehr radgefahren. Davor bin ich soweit ich mich zurückerinnere jeden Tag gefahren. Ich fahre sehr gerne mit dem Rad, das hatten wir gemeinsam. Mein Rad hat ein paar Macken aber die werden Samstag in der Werkstatt eines Bekannten behoben. Der Termin steht erst seit kurzem. Ich brauch wahrscheinlich eine neue Felge, umso mehr ärgert mich der Vorfall mit meiner Krankenkasse.

Geändert von gitti2002 (04.11.2016 um 00:15 Uhr)
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  #59  
Alt 01.07.2010, 19:02
lilysun lilysun ist offline
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Beiträge: 83
Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Mark..denkst Du nicht daß Du das von ihr wusstest was wichtig war? Wie sie war, ihre Art, und wie sie Dich geliebt hat? Ich weiß ,eure Zeit war nicht sehr lange, aber vielleicht habt ihr ja mehr zusammen erlebt und euch besser gekannt als manche die 30 Jahre verheiratet sind?
Zeit ist nicht gleich Zeit.
Und bis in den Kern werden wir den anderen nie studieren können.
Ich denke das ist auch gut so.
Ich verstehe daß Dich diese Fragen quälen, und doch glaube ich, Du kanntest sie vielleicht nicht lange...aber vielleicht besser,als viele viele andere, die sie zeitmäßig länger kannten.
Wie Du von ihr schreibst, zeigt mir daß Du sie wahrgenommen hast.
Sie GESEHEN hast.
Und ich glaube, das ist verdammt viel wert.

Lg, Jen
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  #60  
Alt 02.07.2010, 11:23
Benutzerbild von Rena24
Rena24 Rena24 ist offline
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Beiträge: 197
Standard AW: Katrinchen, mein Schutzengel

Lieber Mark,

auch von mir einen leisen Geburtstagsgruß. Ich kann mir leider vorstellen, wie du dich fühlst. Alle diese besonderen Tage das erste Mal alleine sind wahnsinnig schlimm.

Als mein Schatz im Hospiz lag, habe ich einen ähnlichen Hinweis bezüglich Berührungen bekommen. Die Haut der Patienten ist wohl extrem empfindlich. Ich sollte Andis Hand in meine Hand legen und nicht meine Hand auf seine. Der Druck wäre ihm sonst zu unangenehm...

Alles Gute, Verena!
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